Dirty Work
Wie schon "Screwed" von 2000 habe ich diese zwei Jahre zuvor erschienene Komödie hauptsächlich deswegen angeschaut, weil sie bei Amazon Prime verfügbar war und weil Norm Macdonald darin die Hauptrolle spielte. Doch wie jene ist "Dirty Work" ein humoristischer wie inszenatorischer Rohrkrepierer. Über die Löchrigkeit der Story und das pubertäre Niveau der "Gags" konnte ich trotz dem schon in der Sitcom "Norm" prächtig harmoniert habenden Duo Norm Macdonald / Artie Lange und Gastauftritten wie von David Koechner und Don Rickles nicht hinwegsehen. Keine Sternstunde in Bob Sagets Karriere, der hier Regie führte.
The Old Oak
Apropos Regiekarriere: "The Old Oak" wird voraussichtlich die letzte Arbeit des großen Briten Ken Loach gewesen sein, und das Drama über ein altes Pub, syrische Flüchtlinge und ein ehemaliges Bergarbeiterstädtchen ist exakt das, was man erwartet. Ein Filmemacher mit minderem Gespür für Realismus und (Zwischen-)Menschlichkeit hätte das stille Ensemblestück womöglich gar zu sehr in Rührseligkeit und Sozialkitsch getränkt. Die Gefahr, dass seine Gesellschaftsportraits in flacher Romantisierung ausarten, bestand bei Ken Loach freilich nie; hier hätte ich mir aber schon gewünscht, dass der Trostlosigkeit etwas mehr trockener Witz, ein My Situationskomik entgegengesetzt worden wäre. Es ist alles so traurig! Obwohl: Möglich, dass ich am Ende von "I, Daniel Blake" noch mehr geweint habe ...
Arsen und Spitzenhäubchen (OT: Arsenic and Old Lace)
Ein bei leichter Überlänge durchgängig flotter, wendungsreicher Spaß ist diese klassische Theaterverfilmung von Frank Capra, in der die nicht immer angebrachte Aufgedrehtheit Cary Grants (der für die Rolle nur die vierte Wahl war, u.a. nach Ronald Reagan) durch die anbetungswürdigen Leistungen von Josephine Hull und Jean Adair als serienmordende Tantchen wettgemacht wird. Ich behaupte, dass keine andere Filmnation als die amerikanische so etwas im Jahre 1944 hätte zustande bringen können.
Der Schacht (OT: El Hoyo)
Gerade läuft Galder Gaztelu-Urrutias Thriller-Satire "Rich Flu" in den Kinos, in der ein Virus weltweit superreiche Menschen dahinrafft. Bereits 2019 hat der spanische Regisseur für Netflix "Der Schacht" gedreht, der ebenfalls mit einer ausgefallenen, wenn auch ähnlich in-your-face-kapitalismuskritischen Prämisse aufwartet. Die Mischung aus "Cube" und "Das Experiment" ist packend, bitter und rätselhaft. Auf die eine oder andere Ekelszene hätte ich verzichten können.
Late Night with the Devil
Hierauf muss man sich einlassen: Bei diesem innovativen Pseudo-Reality-Retro-Horror handelt es sich um die vorgeblich echte Ausgabe einer Johnny-Carson-artigen Late-Night-Show. Das liest sich so abgefahren und kreativ, wie es ist, und man ist gut beraten, 1.) vorab nicht mehr über diesen 2023er Indie-Grusler der australischen Geschwister Colin und Cameron Cairnes zu wissen und ihn 2.) der Immersion und "Glaubwürdigkeit" halber auf Englisch zu genießen. Das Ende oder vielmehr den Epilog fand ich entbehrlich, doch bis dahin hatte ich einen stimmungsvollen Halloween-Abend.
Will & Harper
Endlich was Neues von und mit Will Ferrell! Etwas, womit ich nicht gerechnet hätte, nämlich der Dokumentation eines 17-tägigen Roadtrips durch die USA, während dessen Will und seine langjährige Freundin und Co-Autorin Harper Steele nach deren Geschlechtsanpassung sich selbst, einander und ihre Beziehung besser kennenlernen. Bei aller Ernsthaftigkeit und etlichen right-in-the-feels-Momenten kommt die gewohnte Ferrell'sche Blödelei nicht zu kurz. Außerdem: zahlreiche Cameos von SNL-Kolleginnen und -Kollegen. Wunderbar!
Ghostbusters: Frozen Empire
Man mag Fortsetzungen, Remakes und Reboots von 1980er-Franchises vorwerfen, sich an eine übertrieben nostalgieversessene Generation ranzuwanzen und allzu durchschaubaren Fan-Service zu betreiben. Wenn ein solches Projekt aber gelingt, s. Indiana Jones, besteht angemessener Grund zur Freude. Und Freude hatte ich am neuesten Ghostbusters-Sequel, welches dadurch, dass es zu seinen Wurzeln in New York zurückkehrt und den Original-Geisterjägern mehr Screentime gewährt, tatsächlich gewinnt, ohne jüngere Zuschauer zu verprellen, abzuhängen oder zu verwirren. Ja, Tonfall und Humor wurden behutsam an die 2020er-Jahre angepasst, aber das Ergebnis ist rund. Ich muss dazu sagen, dass mir Paul Rudd noch mit jedem seiner Auftritte gute Laune beschert hat. (Allein den dritten "Ant-Man" konnte er nicht retten, doch dazu mehr beim nächsten Mal.)
Regie führte diesmal nicht Jason Reitman, Ivans Sohn, sondern Gil Kenan (der übrigens auch den dieses Jahr erschienenen, bereits auf meiner Watchlist stehenden "Saturday Night Live"-Film inszeniert hat), beide haben aber wie bei "Afterlife" das Drehbuch verfasst.
The Strange Love of Martha Ivers
Eine raffinierte, fesselnde Noir-Perle aus dem Alten Hollywood, in der Kirk Douglas sein Leinwanddebut und Barbara Stanwyck einnehmend und selbstbewusst die Titelfigur gibt. Mit fast zwei Stunden Laufzeit verhältnismäßig epochal für 1946, aber nie zäh. Wenn man mir gesagt hätte, dass Hitchcock für das oscarnominierte (Best Writing, Original Motion Picture Story), nie in deutschen Lichtspielhäusern gezeigte Kriminaldrama verantwortlich zeichnete, ich hätte es geglaubt.
Der Schacht 2
Zufälligerweise wenige Tage nachdem wir den ersten Teil gesehen hatten, kam die Fortsetzung raus. Die kann man sich meines Erachtens allerdings sparen. Es wird versucht, die Hintergründe des Mysteriums "Schacht" zu ergründen und zu verzweigen, eine Art Mythologie aufzubauen und weiter, höhö, in die Tiefe zu gehen, dabei werden jedoch mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet. Nach dem Studium eines Analyse-Videos und einer Kritik in Textform wurde mir klar, dass nichts klar ist. Die Macher scheinen nicht mal selbst zu wissen, was das alles soll. Ein etwaiger dritter Teil mag die offenen Lücken schließen, aber dass ich daran noch Interesse habe, falls er kommen sollte, bezweifle ich.
An der Machart und der Besetzung gibt es wie schon beim Vorgänger nichts zu mosern.
Der Engländer, der in den Bus stieg und bis ans Ende der Welt fuhr (OT: The Last Bus)
Wie bei "The Old Oak" wäre mir hier eine Prise Leichtigkeit und Drolerie recht gewesen. Doch die Melancholie überwiegt in diesem immerhin kurzen und daher kurzweiligen Roadmovie über einen schicksalsgeplagten Senior (Timothy Spall, der beim Dreh gerade mal 64 war, aber so geschminkt wurde, dass er glatt als Endachtziger durchgeht). Eine Wohlfühl-Dramedy ist "The Last Bus" (ich schreibe jetzt bestimmt nicht den vollständigen, reichlich dämlichen deutschen Titel noch mal hin!) nicht, enthält aber genug mausige Szenen und Herz für einen herbstlichen oder winterlichen Fernsehnachmittag.