Anglisten müssten sich mal folgenden Themas annehmen. Mir ist aufgefallen, dass die Wörter "lieben" und "hassen" zunehmend inflationär gebraucht werden. Wenngleich ich vor 50 Jahren noch nicht gelebt habe, halte ich es für unwahrscheinlich, dass es üblich war, Sätze wie "Ich hasse Bärlauch" oder "Ich liebe den Geruch von Lösungsmittel" zu äußern. Vermutlich hat diese Tendenz im (Amerikanischen) Englisch ihren Ursprung. Es ist dort üblich, dass eine Mutter zu ihrem Kinde spricht "I love you, honey" und das Kind antwortet "I love you too, mom". Filmübersetzer haben das dann eins-zu-eins übertragen, und heute stößt sich niemand mehr daran.
Trotzdem: Es klingt komisch! "Ich liebe dich" ist etwas, das man zu seinem Partner sagt, und nicht zu einem Kind! Die meisten Übersetzer haben anscheinend die schöne Verbalphrase "jmd. lieb haben" vergessen. Genau so ungewohnt klingt das Wort "hassen". Ist das nicht zu extrem? Hass ist die stärkste negative Emotion (ich weiß nicht, ob es tatsächlich eine Emotion ist, aber Sie wissen, was ich meine) - in Verbindung mit trivialen Sachen wie Lebensmitteln mutet es unverhältnismäßig an. 10 Dinge, die ich an dir hasse (OT: 10 Things I Hate About You) heißt eine US-Komödie mit Heath Ledger. Ich weiß aber nicht, worum es darin geht ...
Was ich auch hasse, ist, wenn eine Person einer anderen Person Fotos von ihren Kindern zeigt, und Person B sagt in jedem Fall was? Richtig: "Ohhh, (s)he's beautiful!!!" Im Deutschen mag "süß" gerade noch angehen, aber "hübsch" oder gar "wunderschön"? That's just wrong ... Es kann natürlich sein, dass die genannten Beispiele für uns Deutsche so fremd klingen, weil wir einfach gefühlskalt sind. Insofern wäre es womöglich ein Schritt zur Besserung, wenn wir unseren Gefühlen nach englischem Vorbild verbal freien Lauf lassen würden. Andererseits: wenn man nur noch in Extremen redet, alles nur entweder liebt oder hasst oder wunderschön oder abstoßend findet - das ist doch auch albern!
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