Samstag, 17. Dezember 2011
Kurz notiert: STERN, Elfen
Donnerstag, 17. November 2011
Kurze Bemerkung zum Zwickauer Nazi-Trio
Donnerstag, 13. Oktober 2011
Gekommen, um zu bleiben
Material:
1. Süddeutsche Zeitung vom 9.3.2011: "Irgendwie hat er herausgefunden, dass mit zwei Töpfchen brennender Paste die Würstchen gerade noch nicht platzen, aber heiß genug sind, um sie zu verkaufen." Es geht um den Teil ab dem vorletzten Komma. Die Würstchen sind heiß genug, um sie zu verkaufen. Da stimmt doch was nicht! Die Würstchen sind hier eindeutig das Subjekt, und Subjekte stehen im Nominativ. In dem finalen Satzanschluss mit "um zu" stehen sie aber im Akkusativ (der dem Nominativ zufällig gleicht). Das (grammatische) Subjekt ist hier jedoch "er" (die Rede war von einem Imbissbudenbesitzer). Richtig wäre also: "[...] aber heiß genug sind, um verkauft zu werden." Ist es sehr päpstlich, diesen Lapsus zu bemerken und zu bemängeln? Ein Einzelfall ist dieses Beispiel nicht:
2. Die Historikerin Sybille Steinbacher im Zeit-Interview vom 17.3.11: "In der frühen Bundesrepublik wurden ehemalige NS-Verbrecher systematisch amnestiert, um sie in die Gesellschaft zu integrieren." Das Prädikat steht hier im Passiv ("wurden amnestiert"), der Infinitiv im finalen Satzanschluss aber im Aktiv. Korrekt wäre m.M.n. nur: "[...] um in die Gesellschaft integriert zu werden."
3. Süddeutsche Zeitung vom 17.3.11: "Deren Kleidung und Rucksäcke werden vor und nach den Besuchen außerdem penibel gereinigt, um keine Pflanzen oder Viren auf den Kontinent einzuschleppen." Hier ist es noch verrückter, denn das einschleppen bezieht sich hier weder auf die Kleidung und Rucksäcke noch auf die Reinigenden, sondern auf ein drittes "Subjekt", nämlich jenes, das sich hinter "deren" am Satzanfang verbirgt (im Satz davor ging es um Antarktis-Touristen). Mein Vorschlag: "Damit sie keine Pflanzen oder Viren auf den Kontinent einschleppen, werden ihre Kleidung und Rucksäcke vor und nach den Besuchen penibel gereinigt."
Samstag, 1. Oktober 2011
Freitag, 30. September 2011
Dumm-Wörter und die Folgen
Noch schmeichelhafter als der Besucherstrom ist die Tatsache, dass sich ein anderes Blog, Belles Lettres, die Zeit genommen hat, auf meinen Beitrag zu antworten. Nun stehe ich natürlich wieder in der Antwortpflicht. (Achtung: Jetzt wird's langweilig!) (Zitate aus "Belles Lettres" kursiv.)
Komposita im Deutschen danach zu beurteilen, ob es in uralten Grammatiken des Indischen einen Begriff dafür gibt, ist … sagen wir: befremdlich.
Tja, was soll ich dazu sagen? Ich interessiere mich für Befremdliches. Deswegen habe ich den Text auch nicht einer Fachzeitschrift angeboten, sondern in meinem Privatblog veröffentlicht.
Das ist durchaus ein jahrtausendealtes Wortbildungsmuster [...], aber es geht doch nicht darum, ob man es machen kann, sondern ob man es machen soll.
Man merkt, dass "Belles Lettres" ein eher präskriptiv ausgerichtetes Journal ist. Ich verstehe mich als Beobachter, als Analytiker, und dass ich die von Bild immer mehr bevorzugte Wortbildungsart beschrieben habe, ohne auf die Frage des Darf-man-das? einzugehen, ist doch legitim. Wie bereits angedeutet, halte auch ich diese Wörter nicht für stilistisch wertvoll. In dem sie umgebenden Biotop des Boulevardjournalismus ist ihre Existenz aber zumindest nachvollziehbar (Motiv der Bild-Redakteure einerseits, Erwartungshaltung der Leser andererseits etc.).
Alle Wortbildungen führen zu festen Begriffen, an denen nichts mehr zu ändern ist. Sieht man von dichterischen Spontanbildungen ab, werden Begriffe nur dann gebildet, wenn sie vielfach anzuwenden sind.
Das habe ich nie bestritten; ich habe geschrieben, dass die genannten Komposita "als Ad-hoc-Bildungen geringe Chancen haben, irgendwann im Duden zu landen."
Das gilt im Deutschen wie im Altindischen. [...] Den Maharaja gibt es als Wortbildung nur, weil das Großkönigtum eine Instanz ist.
Natürlich nehmen Komposita oft Spezialbedeutungen an, die über die Summe der Bedeutung ihrer Glieder hinausgehen. Der nīlopala beispielsweise ist nicht nur ein "blauer Stein", sondern eben eine spezielle Art Edelstein, ein Saphir (Monier-Williams, Sanskrit-English Dictionary, S. 567). Das ist aber nicht allgemeingültig. Es gibt etwa den priyasakha, den "lieben Freund", der keine Spontanbildung ist, sondern mehrfach belegt ist, ohne eine "Instanz" geworden zu sein (Monier-Williams, S. 710); man denke auch an die vielen zusammengesetzten Substantive mit dem Adjektiv su- "gut". Insofern kann niemand davon abgehalten werden, einen "Schwerkoffer" - um das Beispiel aus "Belles Lettres" aufzugreifen - zu bilden. Ob sich daraus eine Begrifflichkeit und schließlich ein Einzug in den Wortschatz ergibt, liegt in der Hand der Sprecher (die, so ist es nun mal, von den Medien in nicht geringem Maße beeinflusst werden).
Dieses Schema ist überdies lexikalisch und morphologisch falsch: Ein Vermieter bleibt ein Vermieter, ganz gleich wie sein Herz beschaffen ist. Ist er herzlos, ist er ein herzloser Vermieter, aber kein Herzlos--Vermieter. Diese Bildung würde voraussetzen, daß sich Vermieter und Herzlos--Vermieter in ihrem Wesen als Vermieter unterscheiden. Genau das tun sie aber nicht: Beide vermieten.
Das ist nun wirklich Unfug. Selbstverständlich begreift jeder den gemeinten Unterschied zwischen einem Vermieter und einem "Herzlos-Vermieter". Mit derselben Logik könnte man über "Schwermetall" sagen: "Diese Bildung würde voraussetzen, dass sich Metall und Schwer-Metall in ihrem Wesen als Metall unterscheiden. Genau das tun sie aber nicht: Beide stehen im PSE links." (Das Beispiel ist bewusst gewählt, weil es keine "eindeutig[e] wissenschaftlich akzeptiert[e] Definition des Begriffes 'Schwermetall' gibt" [Wikipedia]. Schwermetalle, oder halt Schwer-Metalle, sind willkürlich so genannte schwere Metalle.)
Es soll so aussehen, aber tatsächlich liegt eine billige Zusammenrückung wie Muttergottes oder Bildzeitung vor.
Nix gegen Zusammenrückungen!
PS: Die Übersetzung ›Karma tragend‹ für Karmadhāraya ist ein false friend. Wer des Altindischen mächtig ist, übersetzt formal ›ein Amt tragend‹, aber das Wort ist außerhalb der Panini--Grammatik unerhört, deswegen übersetzt man es nur widerwillig und nie ohne Fußnote.
Verstehe ich nicht. Sicher, Manfred Mayrhofer schreibt, "eine gesicherte Übersetzung des ai. Fachausdruckes ist nicht gefunden" (Sanskrit-Grammatik, S. 102), aber man erlaube mir bitte, es wenigstens zu versuchen, um das Thema anschaulicher darzustellen. Außerdem ist -dhāraya als Ableitung von dhṛ- "halten" bekannt und geläufig (Whitney, Roots, S. 85).
PS: Im Impressum von "Belles Lettres" findet sich das schöne Wort (um nicht zu sagen: Schönwort) "Schönliteratur".
Mittwoch, 28. September 2011
Kommen jetzt die Dumm-Wörter?
Folgende Wörter waren in den vergangenen Monaten in der BILD-Zeitung bzw. auf bild.de zu finden:
- Herzlos-Vermieter
- Billig-Mini
- Gemein-Wurf
- Nackt-Ukrainerinnen
- Brutal-Attacke
- Peinlich-Auftritt
- Schrill-Outfit
Ihnen gemein ist eine besondere Bildungsweise, die im Deutschen so gut wie nicht vorkommt. All diese Komposita (= zusammengesetzte Wörter) bestehen aus einem Adjektiv und einem Substantiv, wobei ersteres das zweitere näher bestimmt: Ein "Herzlos-Vermieter" ist ein herzloser Vermieter, ein "Peinlich-Auftritt" ist ein peinlicher Auftritt.
Ich habe geschrieben, dass diese Wortbildungsart so gut wie nicht vorkommt - einige Ausnahmen gibt es natürlich. Der "Freistaat" etwa ist ein freier Staat, ein Begriff aus dem 19. Jahrhundert; ein "Schnellschuss" ist ein schneller Schuss, wird aber heute meist als Metapher ohne direkten Bezug auf das Schießen von Bällen oder Projektilen verwendet ("Nowotny gegen Schnellschuss bei Euro-Bonds"; derStandard.at, 18.08.2011). Man denke auch an "Starkbier", "Schnellzug", "Engpass", "Kurzgeschichte" oder "Heimlich-Manöver" (kleiner Scherz). Eine etwas größere Gruppe dieser Komposita kommt aus dem Tier- und Pflanzenreich, wobei oft ein Farbadjektiv das Erstglied ist: Braunbär, Blaualge, Gelbkiefer, Faultier, Kleinpferd.
Hiervon abzutrennen sind Wortbildungsprodukte nach dem Muster "Langohr", "Dummkopf", "Rotkäppchen" oder "Plattnase". Im Gegensatz zu den oben genannten Wörtern ist hier nämlich nicht das Zweitglied das Bezeichnete, sondern ein "außenstehendes" Subjekt, für welches das, was durch das Kompositum ausgedrückt wird, charakteristisch ist. "Langohr" bedeutet eben nicht "langes Ohr", sondern "Träger von langen Ohren", nämlich eine Fledermausart. "Rotkäppchen" heißt nicht der Kopfschmuck, sondern das Mädchen mit dem roten Käppchen. Solche exozentrischen Zusammensetzungen heißen Possessivkomposita oder auch, bevorzugt in der Vergleichenden Sprachwissenschaft, Bahuvrīhi (von altindisch "Vielreis" --> "jmd., der viel Reis hat").
Nun stellt sich die Frage, wie man Wörter à la "Nackt-Cowboy" (bild.de, 27.09.11) in der Sprachwissenschaft nennt. Wieder einmal helfen uns hier die alten Inder weiter. Die hatten für solche Komposita nämlich einen grammatikalischen Fachausdruck: Karmadhāraya ("Werk/Karma tragend"). Das wohl bekannteste Beispiel für ein Karmadhāraya ist mahārāja - "Großkönig"/"großer König". Weitere Vertreter: suputra "guter Sohn", nīlotpala "blauer Lotus", kṛṣṇaśakuni "schwarzer Vogel". In den gängigen Sanskrit-Lehrbüchern werden Karmadhārayas oft "appositionellbestimmte Komposita" genannt. Es ist ein einleuchtendes Verfahren der Wortschatzerweiterung. Und auch wenn die Beispiele aus der BILD nicht unbedingt die Krönung sprachlicher Ästhetik sind und als Ad-hoc-Bildungen geringe Chancen haben, irgendwann im Duden zu landen, kann man ihren Erfindern nicht den Vorwurf der "Sprachpanscherei" machen, allenfalls den, auf jahrtausendealte Wortbildungsmuster zurückgegriffen zu haben.
PS: Ganz verrückt wird es bei "Nackt-Beichte" (BILD) und "Schwanger-Glück" (Bunte): Es ist nämlich nicht eine nackte Beichte gemeint, sondern eine Beichte über ein vorangegangenes Nackigsein, und auch kein "schwangeres Glück", sondern das Glück über eine Schwangerschaft.
PPS: Vor ein paar Tagen erschien mir das Wort karmadhāraya tatsächlich als Captcha auf einer Filehoster-Seite. Unheimlich?
Dienstag, 27. September 2011
Gerade herausgefunden
Mittwoch, 14. September 2011
Linktipp: Torsten Dewi interviewt Joachim Körber
Teil 1
Teil 2
Ja, das waren die guten alten Zeiten, als Übersetzen noch richtig Handarbeit war. Ich kenne Kollegen, die haben alles Mögliche gehortet, amerikanische Kataloge mit Anglerbedarf, Schusswaffen, Kleidung, Lebensmitteln, damit sie zu den Begriffen Bilder hatten und dann über die entsprechenden Bilder in deutschen Katalogen suchen konnten. Oder man ist eben in die Bibliothek gewandert, in meinem Fall die Badische Landesbibliothek in Karlsruhe, und hat Begriffe gesucht. Ich hatte das Glück, dass zwischen Linkenheim, meinem damaligen Wohnort, und Karlsruhe eine Kaserne der Amerikaner lag. [...] Als Jugendlicher hatte ich einen amerikanischen Freund, der uns immer in die an sich Amerikanern vorbehaltenen Geschäfte und Clubs rund um die Kasernen herum reingeschleust hat, und da habe ich schon viel von den umgangssprachlichen Ausdrücken und der amerikanischen Lebensart aufgeschnappt, die mir dann später beim Übersetzen von Stephen King so nützlich waren.
Dienstag, 30. August 2011
Neun-elf
(Das Blog wurde nach längerer Verwahrlosung relauncht. Es heißt jetzt "Kybersetzung" - ein Wort, das bis dato keinen einzigen Suchmaschinentreffer bringt.)
Wenn hierzulande über die Terroranschläge des 11. September 2001 gesprochen und geschrieben wird - und anlässlich des zehnten Jahrestages geschieht das dieser Tage sehr oft -, wird das Ereignis häufiger mit der englischen Bezeichnung "9/11" (sprich: "Nine-eleven") beim Namen genannt als noch vor wenigen Jahren. Dies ist zumindest mein Eindruck, und um diesen bestätigt zu wissen, habe ich für jedes Jahr ab 2002 Google-Suchen im deutschsprachigen Internet durchgeführt. Dabei habe ich "Nine-Eleven" (bzw. "Nine Eleven"; der Bindestrich macht keinen Unterschied) eingegeben, da die Suche nach "9/11" ungenaue Ergebnisse liefert (etwa "9-11" in "Kapitel 9-11" oder "Parkstraße 9-11"). Hier das Resultat:
2002: 178x2003: 161x
2004: 259x
2005: 376x
2006: 9.200x
2007: 16.100x
2008: 29.200x
2009: 41.600x
2010: 53.600x
2011: 155.000x (bis heute)
Mein Verdacht scheint berechtigt zu sein: Die Bezeichnung "Nine-Eleven" hat sich in den vergangenen Jahren mehr und mehr durchgesetzt, mit einem ersten kometenhaften Anstieg im Jahre 2006 (fünfter Jahrestag der Anschläge). Über die Ursachen kann ich nur spekulieren. Die Auswirkungen jedoch liegen auf der Hand. Weil Datumsangaben im Deutschen nach dem Prinzip Tag-Monat-Jahr gebildet werden, verursacht die Folge Monat-Jahr Verwirrung. "9/11" steht ja traditionell für "September '11" - derzeit etwa auf monatlich erscheinenden Zeitschriften zu lesen. Kein Wunder, dass immer mehr Personen versehentlich von den "Anschlägen des 9. September" sprechen; eine Filmmontage mit Politikern und Journalisten, denen dieser Lapsus passiert ist, war vor einiger Zeit bei der heute-show oder bei Harald Schmidt zu sehen. Auch die geschriebene Form mag geeignet sein, Konfusion zu schaffen. Menschen, die in der Schule weniger gut aufgepasst haben, könnten den Schrägstrich nämlich als Bruchstrich fehlinterpretieren und 9/11 als "neun Elftel" lesen. Und was soll an dieser Zahl so besonders sein?
Freitag, 12. August 2011
Noch mehr Irren-News aus Bockenheim
Ich hätte ihm jetzt zurufen können: "Ich habe lichtempfindliche Augen!" oder "Was kümmert's dich, Arschloch?", stattdessen machte ich einfach nur "Pfff!"
Leute gibt's ...
Donnerstag, 14. Juli 2011
Neue News aus Bockenheim
Donnerstag, 7. Juli 2011
Verspäteter Boykottaufruf: Hilton
Dieses Image wurde für mich nicht nur durch Paris Hilton ruiniert, sondern durch eine Anzeigenkampagne, in der vor ein paar Jahren mit Plakaten für ein sonntägliches Fischbuffet geworben wurde. Auf den Plakaten war eine ordinär aussehende Dame abgebildet, die eine Flüstergeste ausführte und unter der folgendes stand: "Fi...-Buffet". Ja, ganz recht: "Fickbuffet" soll der primitive Werbekonsument im Geiste ergänzen. Das muss man sich mal vorstellen. Puffniveau. In eine solche Absteige bringen mich keine zwölf Fische.
Donnerstag, 30. Juni 2011
Photo dump: Tübingen
Dienstag, 14. Juni 2011
Bockenheim
In einem Bereich kann die Mainmetropole schon mal punkten: Es gibt hier eine erfreulich hohe Zahl von Verrückten. Da kann es passieren, dass einem ein offenbar amerikanisch-stämmiger Obdachloser mit tiefer Stimme ein "Watch your back!" hinterherflüstert. Ein Highlight ereignete sich letzte Woche, als es an der Tür zu meiner Arbeitsstelle klingelte und davor ein normal aussehender junger Mann stand, der unser WC zu benutzen verlangte. "Wir sind eine Redaktion, keine öffentliche Toilette", antwortete ein Kollege. Der Gast notierte diese Worte nun mit einem Bleistift auf einem Zettel. Auch jeden weiteren Satz, den wir äußerten, schrieb er eifrig mit. Dann sagte er: "Na gut, ich geb's zu: Ich möchte nicht auf Ihre Toilette. In Wahrheit bin ich die Wiederkunft von Jesus Christus. Ich unternehme eine Huldigungsreise durch Deutschland und Sie sind meine erste Station!" Der Irre wurde recht schnell abgewimmelt, sah dann auch ein, dass Besucher bitte vorher einen Termin ausmachen möchten, und tippte noch etwas in sein Smartphone ("Da staunen Sie, was? Jesus Christus benutzt ein iPhone!"). Dann ging er.