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Samstag, 27. Oktober 2012
Außergewöhnliche Printprodukte: WASD
Die Anzeichen dafür, dass Videospiele sich als anerkannte Kunstform etablieren, häufen sich. In den großen Feuilletons liest man Berichte über Online-RPGs, Games Conventions und Machinima-Videos, und deutsche First Person Shooter, die man vor kurzem noch als "Killerspiele" gebrandmarkt hätte, gewinnen mit Segen des Bundes hohe Auszeichnungen.
Weil Video- und Computerspiele allmählich in der Mitte der Gesellschaft ankommen, solle sich auch die Berichterstattung über sie ändern – eine Forderung, die ich nicht unbedingt unterschreiben würde, aber nachvollziehen kann. Kritisiert wird und wurde dabei (an prominenter Stelle z.B. letztes Jahr von Ex-GameStar-Redakteur Christian Schmidt), dass die klassischen Spielepublikationen sich zu sehr als Fachorgane verstünden und "viel zu sehr auf Hardcore-Gamer ausgerichtet" seien, was sich vor allem in den Spieletests zeige. Weg von fitzeligen Hardware-Tabellen und abstrakten "Spielspaß-Punkten", hin zu subjektiver Beschreibung, Interpretation, Kreativität – das ist, kurz gefasst, der Anspruch an zeitgemäßen Games-Journalismus.
Diesen zu erfüllen hat sich WASD - Texte über Games vorgenommen. WASD – benannt nach der Standard-Tastenbelegung für PC-Shooterspiele – ist kein Heft, sondern strenggenommen ein Bookzine, weil es mit seinem A5-Format und den 200 Seiten "buchiger" ist als gängige Zeitschriften. Mit 14,50 € fällt das Büchlein recht happig aus, ist aber auf hochwertigem Papier gedruckt, völlig werbefrei und enthält viele Farbfotos. Dank schöner Typographie und (fast ausschließlich) simpler Schwarz-auf-weiß-Schrift liest sich das Print-Erzeugnis äußerst angenehm; lediglich ein paar Kommafehler trüben den Lektürespaß.
Die im Juni erschienene Ausgabe 1 "Tasty Trash" befasst sich mit "schlechten Spielen". Der Großteil besteht aus Essays von Kulturredakteuren, freien Autoren, Bloggern und anderen Textern, die irgendetwas mit Spielen zu tun haben. Es geht um persönliche Erfahrungen mit schlechten wie guten und süchtigmachenden Spielen, Nostalgie, Meinungen, Filmvergleiche; es gibt auch ein Interview mit einem Kolumnisten, der besonders obskure Spieleperlen testet. Das schönste ist der m.M.n. zu kurz geratene Rezensionsteil (Highlight: der im Stil einer biologischen Facharbeit geschriebene Text einer Zoologin über Trine 2). Am Schluss gibt es noch eine Rubrik namens "Spielwiese" mit vom Schwerpunktthema losgelösten Beiträgen (z.B. über "Live-Adventures" oder "Zum Verhältnis von Geopolitik und Spielgeschehen in der Civilization-Reihe").
Das alles ist sehr fein, und man sollte Christian Schiffer, dem alleinigen Redakteur und Herausgeber von WASD, viel Erfolg mit dem Projekt wünschen.
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