"Mädchen, die pfeifen, und Hühnern, die krähen, soll man beizeiten die Hälse umdrehen", lautet ein alter, blöder Spruch, den man noch heute aus so manchem Maule hört. Wer nur wollte etwas gegen ein fröhlich gepfiffenes Liedchen, vorgetragen von einem übers Trottoir hüpfenden Mädel, sagen? Wer hätte die Todesstrafe für Ilse Werner gefordert?
Wem man hingegen wirklich die Hälse umdrehen sollte: Männern, die Frauen hinterherpfeifen! Vor einigen Tagen musste ich es wieder erleben: Eine junge Fußgängerin lief, ein paar Meter vor mir, an einem am Straßenrand haltenden Baufahrzeug vorbei. Was geschah, kaum dass sie das Fahrzeug passiert hatte? Der Führer steckte seinen Kopf durch das Fenster und pfiff dem Mädchen hinterher. Ich sagte "Idiot!", hielt mich aber mit Gewaltakten zurück.
Wie muss man eigentlich gepolt sein, um so etwas zu tun? Was läuft da falsch im Kopf? (Provokantere Frage: Warum gehören ausgerechnet der Berufsgruppe Bauarbeiter so viele Hinterherpfeifer an?) "Hör doch auf, deinen Geschlechtsgenossen in den Rücken zu fallen, du Hypokrit!", höre ich schon die Schimpfspatzen tschilpen. Ich entgegne: Erstens habe ich mein Privileg gecheckt, zweitens bin ich selbst schon einmal Opfer einer solchen – nennen wir's doch beim Namen! – sexuellen Belästigung geworden. Ich spazierte allein über den Campus, als ich vom Dach eines Gebäudes das typische *pfeif-pfeif* eines dort oben stehenden Arbeiters vernahm. Als nächstes hörte ich, wie sein Kollege sagte: "Ey, das is'n Typ!" Das erzürnte und amüsierte mich gleichermaßen. (Hintergrund: Zu jener Zeit trug ich langes, zu einem Zopf gebundenes Haar.)
Ausblick: Beim Recherchieren zur (Wort-)Geschichte des sog. "Wolf-whistling" habe ich das Tor zu einem ganzen Reich hochinteressanter Pfeif-Fakten aufgestoßen; auch der deutschsprachige Wikipedia-Eintrag zum Pfeifen gibt eine Menge her. Deswegen stelle ich schon jetzt einen ausführlichen Folge-Beitrag in Aussicht. *verpfeift sich*
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