Donald Trump ist erst einige Tage im Amt, und schon zeichnet sich ab, wer zu den wenigen Gewinnern in dieser düsteren Ära gehört: die Produzenten witziger Transparente und cleverer Protestschilder.
Der Women's March in Washington war erst der Anfang. Nach dem überwältigenden Medienecho und dem Viralwerden tausender Slogans, Motti und Parolen ist für Ende des Monats das nächste Massenevent anberaumt: der "Million Memes March" in Portland, Oregon. Ob dabei für oder gegen Trump demonstriert wird, ist noch nicht entschieden, wird aber auch als zweitrangig erachtet. "Die Message ist die Botschaft", heißt es aus den Reihen der Initiatoren (aus dem Amerikanischen übersetzt).
Tausende von Teilnehmerinnen und Supportern haben sich freigenommen, teilweise ihre Arbeitsstellen gekündigt und ihre Familien verlassen, um sich "twenty-four/seven" (aus dem Amerikanischen unübersetzt) der Gestaltung kreativer Schilder zu widmen. "Wir haben 2017, da kannst du eigentlich nicht mehr mit Grumpy Cat oder dem facepalmenden Captain Picard kommen", weiß Charlene (weiß, 24). "Wir befinden uns auf der Meta-Metaebene, du musst die bewährten Meme und Narrative ent-ironisieren, um sie dann wieder mit Anti-Anti-Ironie aufzuladen!" Der berühmte Spruch "So bad, even introverts are here" zeigt exemplarisch, wohin die Reise geht. "Die Teilnahme am Protest an sich ist der postmythische Topos unserer Generation", verrät Charlene und nimmt einen tiefen Zug aus der Badesalzpfeife. Vor ihr liegen bereits drei Entwürfe: "Schildertragen ist sooo 90er" lautet eine der Zeilen, die anderen "Ein Freund schreibt einen Kommentar" und "Ich bin hier nur, um endlich mal die Story-Funktion von Instagram zu testen!"
Das Kleinkind, das mit seinem bunten Krickelkrakel-Transparent in der vergangenen Woche fast zwei Milliarden virtuelle Dollars verdient hat, wird derweil von seinen Eltern dazu gezwungen, den Erfolg von Washington zu wiederholen. "Ein ganzes Wochengehalt haben wir in Wachsmalstifte und Koffeintabletten investiert. Bisher sind die Ergebnisse bescheiden", räumt der Vater seufzend ein. "Schauen Sie mal: Das soll Fry aus 'Futurama' sein, wie er 'Shut up and take my money' sagt. Erbärmlich. So wird das natürlich nichts mit Ruhm und elterlicher Zuneigung." Trotzdem soll das "Scribble Sign Baby", das sogar schon in Jimmy Fallons Latenight-Show geladen wurde, in Portland aufmarschieren. "Welche Agenda dort gefahren wird, ist mir herzlich egal", gesteht der umtriebige Daddy. "Ideologisch bin ich flexibel; ich gehe am selben Tag zu einem Klan-Meeting, for fuck's sake!"
Wer selbst nicht über genügend Einfallsreichtum oder Zeitressourcen verfügt, um zündende Sprüche auszuformulieren, kann die Dienste von YourWittyProtestSign.biz in Anspruch nehmen. Das frisch gegründete Unternehmen mit Sitz in Palm Springs (im Flughafen-Starbucks) textet maßgeschneiderte Losungen für alle Anlässe und lässt sie auf hochwertige Materialien drucken. "Je nach nach Preisklasse erhalten Sie Transparente im gesamten Qualitätsspektrum", erläutert Firmengründer Brandon van Douche (38) sein Geschäftsmodell. "Im Basis-Pack für 79,99 $ gibt es ein leicht veraltetes Motiv – zum Beispiel Ned Stark oder den Goatse-Mann – und ein Zitat mit bis zu 94 Zeichen. Das Premium-Bundle kostet 219 Dollar, enthält ein urheberrechtlich geschütztes Zitat in drei verschiedenen Schriftarten und eine vierzehn Tage währende 'Freshness'-Garantie: Bei weniger als 100 Twitter-Favs gibt es 50% des Geldes zurück. Einzeln dazu buchbar sind zum Beispiel Wortspiele in fremden Sprachen oder verquere Anspielungen auf sexualisierte Gewalt, das kommt immer gut an!"
Schöne neue Demowelt. Vor der Starbucks-Filiale hat sich inzwischen ein zotteliger Althippie positioniert und hält eine Pappe mit dem Schriftzug "THE END IS NIGH" in die Höhe. Ist das jetzt noch neo-satirisch oder schon alternativ-avantgardistisch? Egal, skurril genug schaut's aus. Gefällt mir.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen