Als ich heute das Video von den schottischen Abgeordneten sah, die im Britischen Unterhaus die Europahymne pfeifen, erinnerte ich mich an ein Projekt, in das ich aus irgendwelchen ominösen Gründen als Schüler der 4. Klasse involviert war: Im Rahmen eines EU-Awareness-Abends mit Kulturprogramm war unsere Klasse dazu auserkoren, die Eurovisionshymne zu singen. Jawohl, singen! Es gab einen Text zu der sonst nur als Melodie bekannten Melodie, und ich bin mir ziemlich sicher, er begann mit den Worten "Wir reisen durch Europa, von Hamburg bis nach Amsterdam ..." Googelt man diese Zeile, erhält man allerdings nur sechs Treffer. Einer davon ist ein Artikel von "Allgäu Online" aus dem Jahr 2000, in dem es ebenfalls um ein Europaprojekt an einer Grundschule geht; ein anderer die seit sieben Jahren unbeantwortete Frage auf "Yahoo! Clever": "Ich hab vor kurzem nochmal die Eurovision gehört und dabei viel mir text ein den wir in der Schule zu diesem Lied hatten ... kann mir jemand weiterhelfen? Textansatz: Wir reisen durch europa von hamburg bis nach amsterdam ..."
Eingebildet kann ich mir meine kindliche Gesangsperformance also nicht haben. Doch warum gibt es so wenige Zeugnisse von dieser Aktion? Klar, es war die Prä-Internet-Ära, aber immerhin fand die Veranstaltung nicht unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, sondern in einer vollbesetzten Kirche! Warum eigentlich in einer Kirche? Und was waren die anderen Programmpunkte? Meine Grundschulzeit ist übrigens nicht erst, seit ich erwachsen bin, ein einziger Nebel aus verschwommenen Flashbacks – schon seinerzeit hätte ich in einer sagen wir Heimatkundestunde nie sagen können, was wir in der Stunde davor behandelt hatten. Habe ich je Hausaufgaben gemacht? Für eine Arbeit gebüffelt? Wie habe ich Rechnen gelernt? Ich war mit den Gedanken permanent woanders. Und plötzlich stehe ich auf einer Bühne und trällere Völkerverbindungsverse der mittleren Kohl-Jahre. (Sogar ein kleines Solo hatte ich: Dazu musste ich den Namen einer europäischen Stadt deklamieren.) Dann beginnt auch schon die elende Gymnasialzeit und mit ihr der berüchtigte "Ernst des Lebens".
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