Samstag, 29. April 2017

Sayers revisited

Ich freue mir gerade einen Ast! Der Reihe nach. Es gab von 2005 bis 2009 einen auch in Zeitungen gedruckten Webcomic (bzw.: einen auch online publizierten Zeitungscomic; diese Huhn-und-Ei-Frage kann ich nicht beantworten) namens "Thingpart", den ich 2011 "imho einer der pointiertesten aller Zeiten" nannte – und wer bin ich, mir selbst zu widersprechen?

(Beweismaterial. Zur Großansicht klicken.)

Mindestens genau so super wie "Thingpart" war die abgedrehte, bei MAD beheimatete Reihe "The Machine That Travels Through Time", die meines Wissens leider nirgendwo vollständig archiviert ist.


In den Jahren nach dem Ende von "Thingpart" veröffentlichte die Schöpferin, Joey Alison Sayers, unregelmäßig Skizzen, Entwürfe und Bildgeschichten auf ihrer Homepage, die ich aber irgendwann aus den Augen verlor ... bis ich itzt durch einen Blogpost darauf aufmerksam gemacht wurde, dass die Künstlerin aktiver ist denn je: Auf GoComics erscheint seit Februar 2017 jeden Montag, Mittwoch und Freitag ein neuer Strip, und auf The Nib gibt es schon seit einem Jahr politische Comics von ihr. ARCHIVE BINGING!

Donnerstag, 27. April 2017

Ain't no Holle-back girl

In der Ausgabe 15/2017 des Spiegel weckte ein Artikel mit dem Titel "Das Geheimnis der Schneefee" meine Leselust. Es ging darin um die durch jüngere archäologische und heimatkundliche Befunde gestützte Theorie, dass die Märchenfigur Frau Holle auf die Gemahlin Odins zurückgeht. Der Zweiseiter begeisterte mich bis kurz vorm Ende: Dann meinte der Autor, sich zu der Mutmaßung hinreißen zu lassen, solche Erkenntnisse dienten allenfalls dazu, dem strukturschwachen Nordhessen einen Touristikboom zu bescheren, er sah in all dem "Verdrehungen" und ein "Gespinst aus Märchenmurks, Götterdämmerung und Spuk". Diese unangebrachte Häme veranlasste mich dazu, den ersten Leserbrief meines Lebens zu schreiben. Und was macht die Spiegel-Redaktion damit? Druckt den Scheiß auch noch ab:


Ich hoffe, es glaubt jetzt niemand, dass ich lediglich diese zwei Sätze eingeschickt hätte! Mein ursprungliches Gemecker war deutlich umfangreicher und enthielt die geistreiche Bemerkung, die Märchenforschung werde von den Nachbardisziplinen stiefmütterlich behandelt. So, wie er da steht, kommt mein Leserbrief nur pampig und unelaboriert rüber – also genau so, wie es dieser Textsorte wesenseigen ist, waaah! Ich bin jetzt einer von denen. Bloß gut, dass ich nicht auch noch, wie es bei denen üblich ist, bei der Grußformel meinen Doktorgrad vor meinen Namen gesetzt habe ...

Dienstag, 25. April 2017

Mas Manomasa

So. Ich bin gestern noch einmal zu Rewe gegangen (oder auch "in den Rewe" oder "nach'm Rewe hin", das variiert wohl je nach Region), um die zweite Sorte der dort ausliegenden Manomasa-Chips zu holen. Es waren nur noch zwei Tüten übrig! "Green Lemon & Pink Peppercorn" war gar komplett ausverkauft!


Das Besondere an "Manchego & Green Olive" ist natürlich die Form. Die langgezogenen Rechtecke eignen sich "optimal zum Eintunken in Dipgläser" (Produktinformation). Dippen aber ist, wie bei den anderen, gar nicht notwendig, denn der Eigengeschmack ist charakteristisch genug. Leider jedoch nicht so exquisit, wie ich es von der Zitronenvariante behaupten konnte: Bei einer Blindverkostung hätte ich beim besten Willen keinen Manchego herausschmecken können, da ist nichts drin, was man nicht in anderen Käsechips schon wahrgenommen hätte. Der Anteil von Oliven sowie der des auf der Packung als "subtly sweet pimiento" angepriesenen Piments ist vernachlässigbar gering; beides scheint mir lediglich eine optische Zierde zu sein. Ich vergebe 6 von 10 Punkten.

Samstag, 22. April 2017

Andere Bänder, andere Sitten

Aus der Vergangenheit in die Gegenwart herübergerettet hatte ich einen Stoß VHS-Kassetten. Wer weiß, ob ich nicht irgendwann Lust habe, das alte Zeug mal wieder anzusehen, hatte ich mir gedacht. Bei dem alten Zeug handelte es sich hauptsächlich um aus dem Fernsehen Aufgenommenes, aber auch die Aufzeichnung einer Schultheateraufführung, bei der ich "den Vorhang gemacht" habe, war darunter, sowie zwei bei eBay ersteigerte Original-Raritäten, nämlich Trey Parkers Spielfilmdebüt "Cannibal! The Musical" und die Troma-Komödie "Zurück zur Natur". Nachdem ich sechs Jahre lang keine Möglichkeit gehabt hatte, diese Kostbarkeiten abzuspielen, bekam ich zu Weihnachten einen gebrauchten Videorecorder geschenkt. Eine prima Sache, leider erlitt das Gerät wohl beim Transport in meine Wohnung innere Schäden, mit dem Ergebnis, dass die Tapes nicht nur nicht wiedergegeben, sondern zu Bandsalat gedröselt und zerrissen wurden. Ein Desaster! Wie gerne hätte ich einen Blick auf alte TV-Werbung geworfen oder auf den Mitschnitt eines frühen Domino Days.

Niedergeschlagen, aber von nostalgischen Anwandlungen befeuert, nahm ich mir kurz nach Abschluss des unrühmlichen VHS-Kapitels meine Audiokassettensammlung vor. Auch diese hatte ich bei meinem letzten Umzug eingepackt, ohne ein entsprechendes Abspieldingens zu besitzen. Während VHS-Player und -Recorder heute nur gebraucht und i.d.R. zu irrwitzigen Preisen über den (virtuellen) Ladentisch gehen, ist es wesentlich einfacher, auf eine musikalische Zeitreise zu gehen – dank moderner und dennoch spottbilliger Technik. Ich orderte also für weniger als 20 Euro einen Walkman mit USB-basierter Digitalisierungsmöglichkeit und checkte, was sich auf meinen gut zwei Dutzend MCs verbarg. Was sich dort verbarg, war durchweg grauenhaft! So etwas lief damals im Radio?! Und man fand das auch noch gut?! 

Vor YouTube, Spotify & Co. war es integraler Bestandteil der popkulturellen Sozialisation, dass man sich vor die CD-MC-Tuner-Kombination setzte und die "Rec"-Taste betätigte, wenn etwas über den Äther lief, das man später noch mal hören wollte. So habe ich das bis ungefähr zur Jahrtausendwende gemacht. Auch ließ ich oft in der Nacht von Samstag zu Sonntag, während ich schlief, ein 120-Minuten-Tape laufen (automatische Wendefunktion!), welches ich am nächsten Morgen bei meinem Nebenjob als stationärer Sonntagszeitungsverkäufer anhörte. Jeden Samstagabend wurde nämlich eine Kultsendung ausgestrahlt, die ich aus verschiedenen Gründen schätzte, vor allem wegen der Liedauswahl. Mit genügend Abstand und Objektivität muss ich heute zugeben, dass die aufgenommen Lieder überhaupt nicht toll sind und es niemals waren, und man muss einsehen, dass die 1990er Jahre in dieser Beziehung wirklich als das allerschlimmste Jahrzehnt verurteilt gehören. Ich wünschte, nicht meine Video-, sondern meine Audiokassetten wären zerrupft worden! Etwas ging dann im Zuge dieses Horrortrips down memory lane aber doch noch kaputt: der Walkman! Sein Laufwerk versagte von einer Sekunde auf die nächste den Dienst, wie um zu sagen: Genug jetzt mit diesem Dancefloor-Techno-Europop-Trash! Ich konnte das Teil glücklicherweise gegen Vollpreiserstattung zurücksenden und überlege nun, mir einen neuen Kassettenspieler zu kaufen. Doch ich glaube, ich brauche noch ein paar Wochen, bevor ich in der Verfassung bin, den (mutmaßlich) abscheulichen Rest meines analogen Audiofundus' zu begutachten ...

Donnerstag, 20. April 2017

Throwback Thursday: 20 Pinguin-Memes

Ich weiß, ich springe etwas spät auf diesen Zug auf, aber die Idee dafür hatte ich "schon" im vergangenen Jahr, und jetzt ist "es" "endlich" soweit. Zum heutigen Donnerstag führe ich als neue Rubrik den Throwback Thursday ein und erinnere an jene Zeit im Internet, die ich "Erste Meme-Welle" nennen möchte. Meinem Gefühl nach war es um Memes nämlich eine Weile ruhig geworden, bevor sie (ungefähr) in der zweiten Hälfte 2015 allgegenwärtig wurden, vor allem via Social media und zunehmend auch in der stofflichen Welt. Von 2006 bis 2010 jedoch fand ihre Verbreitung hauptsächlich in zwar großen, aber relativ hermetischen Special-interest-Blasen statt; die meisten image macros hatten – wie z.B. auch die berüchtigten "Rage comics" – ihren Ursprung bei 4chan oder 2chan und feierten in speziellen Meme-Threads nerdiger Onlineforen fröhliche Urständ, bevor es entsprechende Subreddits und Tumblr-Seiten gab. Der Höhepunkt war Ende der Nullerjahre erreicht. Im Sammelwahn lud ich damals unzählige lustige Bildchen aus dem Something-Awful-Forum und sonst woher in einen eigens angelegten Ordner. Die nach dem immergleichen Schema aufgebauten Memes wollten nicht vordergründig witzig sein, sondern unausgesprochene Wahrheiten festhalten und zur Reflexion anregen. Gerade etliche der sogenannten "Advice Animals" verkörperten Archetypen, mit denen sich viele Fans des abseitigen Internethumors identifizieren konnten. Bei mir war es der Socially Awkward Penguin, in dem ich mich am stärksten wiedererkannte. Heute bin ich von Memes eigentlich nur noch genervt, nicht zuletzt wegen ihrer Aneignung durch die Alt-right-Bewegung und der Verbreitung in sonstigen schäbigen Ecken des Webs. (Wobei: Rapide bergab ging es schon, als die ersten Memes auf deutsch kursierten.) Die zahlreichen Sprüche-Tierchen haben jedoch weiterhin einen Platz in meinem Herzen und auf meiner Festplatte, weswegen wir nun ohne weitere Umschweife mit einem lachenden und einem weinenden Auge die besten Pinguin-Kreationen Revue passieren lassen.





















Mit dem S.A.P. verwandt, aber weniger massenkompatibel und daher ohne Bildbeispiele zur Fortgeschrittenen-Begutachtung verlinkt, sind die Anxiety Cat und der Depression Dog. (Kurios, wie ich englische Tierbezeichnungen mit den analogen deutschen Artikeln versehe ...)
Und beim nächsten Throwback Thursday wird es hoffentlich eine kürzere Präambel geben.

Dienstag, 18. April 2017

Mannomann!

Manomasa Green Lemon & Pink Peppercorn. Noch nie von gehört, und plötzlich bei Rewe erhältlich. Neue Sorten etablierter Chipshersteller sind ja regelmäßig anzutreffende und gern erwartete Gäste in den Supermarktregalen, aber ein völlig unbekannter Player: Damit muss man auch erst mal klar kommen. Die runden Tortillachips nehmen die Geschmacksknospen mit auf eine Reise über drei Stationen: 1. prickelnder Zitrusspaß, 2. Maismehlgematsche (die verhältnismäßig langweilige Kauphase), 3. leichte Schärfe als "Echo" im Mundraum. Dafür verantwortlich sind die Zutaten Kidneybohnen, Adzukibohnen, Garbanzobohnen (scheint ein spanischer Ausdruck für Kichererbsen zu sein) und manches mehr. Sehr markant ist der rosa Pfefferextrakt. Überhaupt – Pfeffer! Ein oft sträflich unterschätztes Gewürz. Noch fantastischer als zum Beispiel roter Pfeffer ist der zitronige, nicht überall erhältliche und etwas teurere Szechuanpfeffer; an ebenjenen erinnert mich diese Knabbermischung wegen der eingangs erwähnten Prickeligkeit. Produktinformation: "Die Köpfe hinter Manomasa haben 51 Anläufe gebraucht, bis sie die Rezeptur als vollkommen empfanden." Ja ja, schon gut ... "[I]hre Textur wurde so perfektioniert, dass problemloses Überbacken möglich ist und das köstliche Maisgebäck nicht sofort gänzlich aufweicht." Doch wozu überbacken oder in Salsa tränken, wenn der Eigengeschmack bereits phänomenal ansprechend ist? Dips und Käsebeschichtung bieten sich meines Erachtens nur bei puren oder lediglich gesalzenen Tortillas an. Ich gebe diesen Manomasa-Snacks 9 von 10 Punkten. Eine zweite Sorte, die ich im Supermarkt vorfand, wird zeitnah besprochen werden.


Freitag, 14. April 2017

Albernes zum Wochenschluss

Kawumm

Am Wochenende haben sie die Dürrenmatt-Statue am Marktplatz gesprengt. Als dem Sprengmeistergehilfen die Hose runtergerutscht ist, haben sie alle gelacht, die Schaulustigen. Auch als der Sprengmeister sich versehentlich selbst in die Luft jagte, haben sie gelacht. Als der Statuenkopf in hohem Bogen in den angrenzenden Tierpark flog und unseren Lieblingselefanten Bambusino erschlug, haben sie immer noch gelacht. Sogar als ein sprengbedingtes Nachbeben ein klaffendes Loch in die Fuzo riss, lachten sie wie wild. Aber haben sie noch gelacht, als die Hälfte von ihnen später ebendort hinein und in den sicheren Tod stürzte? Ja, sogar dann. Sprengtouristen sind schon eine ausnehmend widerliche Mischpoke. Dürrenmatt hätte geschissen.

Mittwoch, 12. April 2017

Doppelstreich

Das fröhliche Brotaufstrichgeteste geht weiter, heute mit gleich zwei (Spoiler!) Leckereien, die ich bei Rewe mir zu eigen machte.


1. "Lütticher Delikatesse" von Grafschafter: 300 Gramm Fruchtaufstrich "aus 200 g Birnen, 176 g Äpfeln und 60 g Datteln je 100 g." Die Rechnung erschließt sich mir nicht ganz, aber ich will ja auch keine harten Fakten, sondern weiche Schmackten (au weia ...). In Farbe und Festigkeit ist dieses Produkt nach belgischer Rezeptur nicht von den Grafschafter Klassikern "Apfelschmaus" und "Birnenschmaus" zu unterscheiden. Eine nur ganz feine Säure macht einer vollmundig obstigen Süße Platz, ohne dabei so penetrant zuckrig wie manche Fruchtgelees zu sein. Wer Apfelkraut mag, wird auch die Lütticher Delikatesse mögen.

2. "Biscoff Crunchy" von Lotus: Als ich diese Creme zum ersten Mal im Laden sah, hieß sie noch "Speculoos". Keine Ahnung, wie der Namenswechsel begründet worden ist, aber: "Biscoff Cookies are Speculoos cookies", wie es auf der Unternehmenshomepage heißt. Wie bei Erdnussbutter ist die Wahl zwischen soft und crunchy keine Geschmacksfrage, sondern eine Frage der Knuspervorliebe. Ich persönlich finde es schön, wenn die Zähne ein bisschen Abwechslung bekommen. "Biscoff" ist überraschenderweise vegan, wo doch das belgisch-niederländische Originalrezept für Spekulatius einen erheblichen Anteil Butter sowie ein Ei vorsieht. Lotus setzt aber auf pflanzliche Fette (das Palmöl ist sogar zertifiziert "aus nachhaltigem Anbau") und Soja. Sehr erfreulich: die deutlich wahrnehmbare Prise Salz. Der Streichvorgang geht hervorragend von der Hand. Leute, die Karamellgebäck nur in der Weihnachtszeit ertragen können, sollten den Kauf auf die entsprechende Saison verschieben. 380 Gramm kosten bei Rewe 2,99 €.
Kleines Addendum: Wie ich "Focus online" entnehme, musste die Firma Lotus just im März 2017 mehrere Chargen der Crunchy-Creme wegen möglicher Metallteile darin zurückrufen. Mein Glas war zum Glück nicht betroffen.

Dienstag, 11. April 2017

Traumprotokoll: Horrorviecher

Da es gerade um Stephen King ging, hier ein unveröffentlichtes Kurzprotokoll vom 23./24.9.2009:

Mir träumte, dass ich in einem Bungalow nächtigte, in dem sich ein Wurmloch oder Portal befand, aus dem zuerst zwei sehr schnelle Eichhörnchen kamen und dann ein seltsames aal-/wurmartiges Vieh herausflog. Letzteres manövrierte sich mit Schwimmbewegungen durch den Raum. Dieser Albtraum war wohl einer Erinnerung an die Geschichten "Der Nebel" resp. "Der Buick" geschuldet. In der nächsten Nacht erschien mir im Traum eine extrem schnelle Springspinne, die mich erst umkreiste und schließlich ansprang, worauf ich stumm schreiend erwachte.

Montag, 10. April 2017

King und "King"

Noch immer arbeite ich Stephen Kings "Mr. Mercedes"-Trilogie ab. Ich bin gerade mitten in Teil 2. Er heißt "Finderlohn", eine dämliche Übersetzung des Originaltitels "Finders Keepers" (ein Kinderspruch, der in etwa bedeutet "Wer's gefunden hat, darf's behalten"); um Finderlohn geht es in "Finderlohn" überhaupt nicht, was dem Heyne-Verlag, der uns ja auch schon "Die Arena" als deutschen Titel für den 100% arena-freien Roman "Under the Dome" bescherte und aus "Cell" das nichtssagende "Puls" machte, aber egal zu sein scheint. Ich bin jetzt schon gespannt, wie viel Gedankenkontrolle in der Fortsetzung "Mind Control" (OT: "End of Watch"!) steckt ...

Meine Leseliste ins Unendliche anwachsen lassen wollend, informierte ich mich auf Amazon über zukünftige Kings: Der zweite Treffer für "Stephen King" in der Rubrik "Fremdsprachige Bücher" ist ein Werk namens "The Sickness", beworben als Sammlung von "[p]ossibly the darkest and most shocking six scary short stories yet". Juchhu!, freute ich mich, sind doch Kings Kurzgeschichten der Erfahrung nach noch besser als seine Romane. Doch dann der Blick in die Kundenrezensionen: "This book was not written by Stephen King, but another writer using the name Stephen R. King" (27. Februar 2017). Und dann sah ich's auch: Ein kleiner gesetztes "R." prangt auf dem Cover. Ein Trittbrettfahrer! Als nächstes betritt womöglich ein "Steven King" oder ein "George R. Martin" den Buchmarkt, um unaufmerksame Käufer abzumelken. Dreister geht's kaum!

Mittwoch, 5. April 2017

Cheese statt schieß

Wer kennt es nicht? Ein feines Pastamahl ist zu Ende gegangen, die Nudeln und die Soße sind alle-alle, doch mehrere Gramm Pulverparmesan, geriebener Emmentaler oder anderer Käse im streufähigen Zustand sind übrig geblieben. Was tun? Ganz einfach: Man erhitze etwas Öl in einer Pfanne und gebe den Käserieb ebendort hinein, bis er zu einem annähernd quadratischen oder runden Fladen zusammengemorpht ist. Diesen lasse man aushärten und abkühlen, und schon hat man eine frische Scheibe "Schnitt"käse, nutzbar als Brotbelag und was noch. DIE KÖSTLICHKEIT BLEIBT ERHALTEN. Das ist, als ob man aus Semmelbröseln eine intakte Semmel zauberte. Was der Weltkriegsgeneration das Einschmelzen von Altmetall zum Zwecke der Munitionsherstellung war, möge uns das Käserecycling sein! Verbreitet diesen Trick, cc an:


Montag, 3. April 2017

... die übersetzen wollen

Der Satz "Soylent Green is people!" ("Soylent Grün ist Menschenfleisch!") dürfte zu den bekanntesten Filmzitaten aller Zeiten gehören. Unter welchem Namen "Soylent Green" (1973) in die deutschen Kinos kam, ist heute vermutlich nicht so vielen Menschen bekannt. Mir schon, und ich kriege jedes Mal einen Wutanfall, wenn ich daran denke: "... Jahr 2022 ... die überleben wollen". Ja, nur echt mit Auslassungspunkten! Nur echt mit losgelöstem Relativsatz! Und nur echt mit der grundfalsch klingenden Zeitangabe "Jahr 2022"; nicht etwa "Im Jahr 2022" oder "Das Jahr 2022" oder halt einfach "2022", was man analog zu Werken der Fiktion wie "1984", "2001" oder "2012" problemlos als Jahreszahl interpretieren würde. Gaah! 

Ulkigerweise kommt das Kannibalismusthema in der Romanvorlage von Harry Harrison (Make Room! Make Room!, 1966; auf deutsch wiederum "New York 1999") gar nicht vor! Der Autor selbst soll die Verfilmung diesbezüglich stark kritisiert haben. Falls ihr das noch nicht wusstet: You read it here first! In fünf Jahren wird man das sicherlich in Hunderten Artikeln wiederkäuen wie mikrowellenerhitztes Soylent Grün.

Samstag, 1. April 2017

This blog won't change your life

Irgendwann im vergangenen Jahrzehnt entdeckte ich in einer Buchhandlung im englischsprachigen Ausland ein Taschenbuch mit dem aufmerksamkeitsheischenden Titel "This Diary Will Change Your Life". Es handelte sich um einen peppig gestalteten Kalender, der für jede Woche des Jahres eine aberwitzige Aufgabe bereithielt. Am Ende des Jahres, also des Buches, würde – so die Prämisse – das Leben des Besitzers bzw. der Besitzerin nachhaltig verändert worden sein. Aus verschiedenen Gründen sah ich davon ab, das Buch zu kaufen, was ich später bereute. In unregelmäßigen Abständen musste ich an das anregende Diarium denken und überprüfte Amazon nach etwaigen Fortsetzungen, trotzdem konnte ich mich nie zu einem Erwerb aufraffen. Es gab diesen Kalender des Autorenduos "Benrik" (Ben Carey und Henrik Delehag) erstmals 2004 und letztmalig 2009. 2010 folgte ein Best-of aus allen Jahrgängen, zudem erschienen diverse Ableger, von denen drei sogar von Blanvalet auf deutsch verlegt wurden ("Vaters Buch", "Mutters Buch" und "Sex haben, Geld machen, Gott finden. Der einzig nötige Ratgeber für wirklich alle Lebensfragen").

Ende 2016 entschied ich mich dann endlich, das "Diary"-Experiment im Jahr 2017 nachzuholen. Für weniger als einen Euro ersteigerte ich bei eBay die Ausgabe von 2006 (Grund: 2017 ist mit 2006 "synchron", es begann wie jenes an einem Sonntag).


In meinem Blogpost vom 31.12.2016 hatte ich großspurig "neue Rubriken" angekündigt; eine von denen sollte ein "Let's Play Real Life" anhand des Benrik-Büchleins sein. Beizeiten musste ich allerdings erkennen, dass dieses Vorhaben unerfüllbar ist. 

Einige Wochenaufgaben lasse ich in der Tat als spaßig bis alltagsaufwertend durchgehen: "Handle entgegengesetzt zu deinem Sternzeichen"; "Lass ein Körperteil versichern"; "Bitte einen Milliardär um Geld"; "Agiere, als befändest du dich in einem Werbespot"; "Entzünde eine politische Debatte"; "Sei eine Woche lang ein pathologischer Lügner"; "Stalke einen Schriftsteller und inspiriere ihn zu seinem nächsten Buch". 


Andere Vorschläge entpuppen sich wegen, nun ja: Dämlichkeit als nicht durchführbar. So vielen Menschen wie möglich (buchstäblich) auf die Füße treten, mich bei Bekannten prostituieren oder sieben Tage in Babysprache brabbeln? Nee, lass mal.


Wiederum andere Aufgaben sind schlicht gefährlich bis kriminell. Bei aller Experimentierfreudigkeit und größtem Willen zum life improvement: Ich werde bestimmt keinem Kunstwerk im nächsten Museum "meine persönliche Note geben". Und ich überlasse auch nicht mein Handy einem Obdachlosen (Okay, wir reden über die Prä-Smartphone-Ära; trotzdem ...)!


Schon klar, das Werk ist in erster Linie ein satirisches. Einen bleibenden Eindruck hinterlassen die meisten tasks allein dadurch, dass man sie gedanklich durchspielt. Was wäre, wenn? Schönes Beispiel: "This week, play God with other peoples' lives. The village of Likabula is one of the poorest in Malawi [...]. If every Diary reader donates £5 this week, the village will be rich, and you will have changed the fortunes of an entire community." Einerseits wird mit diesem Ansatz Potenzial verschenkt, denn jede Woche eine Sache zu tun, die man normalerweise nicht tut, könnte wirklich ein ganzes Jahr herausragend werden lassen. Andererseits bleiben Geist und Verstand nicht gänzlich unbeeindruckt, wenn man sich der bloßen – im Übrigen noch immer graphisch innovativ wirkenden – launigen Lektüre hingibt, ohne dabei aktiv zu werden. Außerdem kann das Tagebuch (Format: A5) auch als richtiger Wochenplaner und Erlebnisbewahrer gebraucht werden.