Querulanten können einem schon leidtun. Sie machen nicht nur anderen, sondern auch sich selbst das Leben schwer, und man sollte sie lieber – behutsam – darauf hinweisen, dass sie professioneller Hilfe bedürfen, statt sich mit ihnen zu raufen. (Wusstet ihr, dass Sabine Leutheusser-Schnarrenberger mal ein Vorwort zur Neuauflage einer Fachschrift zum "Querulantenwahn" aus dem Jahr 1926 verfasst hat?) Deswegen liegt es mir fern, derartige Zeitgenossen vorzuführen oder herabzusetzen. Andererseits sorgen sie halt doch immer wieder für allgemeine Belustigung, beispielsweise im Zug, vgl. Max Goldts Text "Ein Querulant hört was knarren". Deshalb an dieser Stelle einfach mal danke! Ohne euch wäre der folgende Beitrag nicht zustande gekommen.
Am Vierertisch saß ein etwa 65-jähriger Sachse in Begleitung seiner Frau. Zwei gleichaltrige Dazugestiegene fragten, ob da noch Platz sei, und wurden dafür von dem Rentner regelrecht angebellt: "In die Richtung befinden sich noch vier Wagen, die so gut wie leer sind! Gehen Sie doch dorthin!" Bedröppelt zogen die beiden weiter. Eine andere, in der Nähe sitzende Reisegruppe erzeugte durch angeregte Gespräche für erhöhten Lärmpegel, was der schlechtgelaunte Herr ununterbrochen kommentierte ("Hier ist ein Ruheabteil!" etc.). Als die Gruppe sich an ihrer Zielhaltestelle zum Aussteigen aufmachte, stöhnte er gut hörbar: "Na eeendlich!" Den Fahrkartenkontrolleur nahm er sogleich mit einem Verweis auf die Klimaanlage in Beschlag, und zwar simultan, während seine Frau eine Frage stellte. Kontrolleur: "Entschuldigung, ich kann nicht zwei Personen gleichzeitig zuhören." Querulant: "Frauen können das!" Kontrolleur: "Ich bin aber keine Frau." Als später ein anderer Schaffner ("Personalwechsel!") die Tickets zu sehen verlangte, musste der Griesgram auch dazu seinen Senf abgeben, nämlich mit einem genervten "Wie oft werden wir denn hier noch kontrolliert?". Der Schaffner erkannte, mit welcher Sorte Mensch er es zu tun hatte, und beharrte nun erst recht auf Vollzug des gesamten Kontrollprozederes: "Die Bahncard bitte." Der Querulant: "Sie sehen doch den Zangenabdruck, da müssen Sie doch nicht erst fragen!" Schaffner: "Doch, doch, wir spielen jetzt das ganze Spiel durch. Personalausweis bitte." Nun öffnete der Arsch sein Portemonnaie und zog sämtliche seiner Dokumente hervor: "Hier, bitte sehr! Wenn wir das ganze Spiel spielen, nehmen Sie ruhig alles!" Der Zugbegleiter, seelenruhig: "Nein, ich brauche nur Ihre Bahncard und Ihren Personalausweis. Danke, ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag." – "Ich Ihnen nicht!" – "Das glaube ich Ihnen."
Geschnodder ähnlichen Kalibers durchzog die restliche Fahrt. An irgendeinem Haltepunkt spießte der Ochse durch das Fenster hindurch eine Person auf dem Bahnsteig auf und brummte "Nimm ja deinen Müll mit, du Sack!" Zwischendurch mansplainte er seine arme Gemahlin ("Na, wofür ist Hanau bekannt?") oder widmete sich mit kritischem Blick über die Brille seinem Frühstück, was dankbare Pausen in diesem belastenden Zetermarathon darstellte. Irgendwann, es war circa 10 Uhr, verkündete er "So, jetzt gibt's ein Bier!" und öffnete feierlich eine Dose Billig-Gerstensaft. Das besänftigte ihn bis zur Endstation.
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