Nerve
Es war die dröge Zeit "zwischen den Jahren", und irgendetwas wollte weggeguckt werden. "Nerve", auf Amazon Prime verfügbar, klang dann gar nicht so schlecht, ein Thriller über ein gefährliches Handygame, in der Hauptrolle Emma Roberts. Vor allem die Userbewertungen machten Lust, allein: Viele der Fünf-Sterne-Wertungen waren bzw. sind, wie mir erst beim späteren Lesen klar wurde, ganz offensichtlich gekauft! Kein Mensch von gesundem Verstand kann doch über diesen albernen, moralinsauren Kinderquatsch Sätze schreiben wie "Richtig spannend und die Schauspieler sind toll. Würde mich über einen 2 Teil freuen. Sehr sehenswerter Film und sogar manchmal lustig" oder "Dieser Film ist einfach nur übelst geil und das beste ist es ist ein Action Film und eine Liebesgeschichte in einem" oder "Einer den besten Filme was ich gesehen habe.Spannung pur! [...] Immer wieder könnte ich den Film anschauen." Oder doch? Vielleicht sind bei der jungen Generation einfach alle Schranken in Sachen Anspruch gefallen. Andererseits sind einige der Rezensent(inn)en mit nur einem einzigen Beitrag auf Amazon vertreten, was wiederum für Gaunereien spricht. Wie dem auch sei, ich würde "Nerve" gnädigstenfalls mit eineinhalb Sternen davonkommen lassen.
Jack Reacher: Kein Weg zurück
Weniger Detektivkrimi wie im spannenden ersten Teil denn Verfolgungsaction und Verschwörungs-Hickhack im Militärmilieu. Kann man sich trotzdem "geben".
The Hateful 8
Ein durch (wie zu erwarten) ausschweifende Dialoge etwas zu sehr in die Länge gezogenes Schneewestern-Kammerspiel, das sich als klassischer Krimi entpuppt, dessen einziger Dreh die unchronologische Erzählweise ist. Kamera, Schnitt, Musik, Gewalt, alles routiniert gemacht, doch drei Dinge haben mich enorm gestört: 1. die prätentiöse Einblendung zu Beginn, "The eighth film by Quentin Tarantino" – was soll das? 2. Warum muss Tim Roth so offensichtlich Christoph Waltz in jeeeedem Aspekt imitieren? 3. Die unnötig hohe Frequenz, mit der das N-Wort eingesetzt wird.
Deepwater Horizon
Wer ein halbdokumentarisches Umweltdrama erwartet, wird womöglich enttäuscht. Der Schwerpunkt liegt auf Spektakel, auch wenn die Vorgänge, die zur Deepwater-Katastrophe geführt haben, detailliert und durchaus lehrreich geschildert werden. Dem monatelangen Nachbeben des Blowouts und des Untergangs der Plattform hätte man freilich auch noch ein paar Minuten mehr widmen können, immerhin handelte es sich um die schwerste Ölpest in amerikanischen Gewässern aller Zeiten. Beeindruckend war dieser nicht eben konzernfreundliche desaster flick dennoch.
I Love You, Daddy
Alle Bedenken bzgl. des Machers und Hauptdarstellers Louis C.K. beiseite, ist dieser mehr oder weniger "heikle" Film vor allem eins: langweilig. Sicher, John Malkovich erledigt seinen Part als creepy old guy mit Bravour, und zwei-drei solide Witze findet man auch, aber größtenteils passiert bei "I Love You, Daddy" einfach zu wenig, als dass man die MULMIGKEIT, die sich eingedenk der UMSTÄNDE seiner Veröffentlichung einstellen, ausblenden könnte.
00 Schneider - Im Wendekreis der Eidechse
Endlich wieder ein Helge-Film, der an die Genialität von "Texas" und "Jagd auf Nihil Baxter" anknüpft! ("Praxis Dr. Hasenbein" und "Jazzclub" waren sogar mir als Fan zu anstrengend.) Wer mit dieser Art von Humor partout nichts anfangen kann, sollte freilich die "Finger" davon lassen.
Tschick
Ein durchweg schöner Film. Nichts Substanzielles, was nicht schon darüber geschrieben worden wäre, fällt mir dazu ein. Ich bin froh, endlich eine weitere Bildungslücke geschlossen zu haben (die Buchvorlage – immerhin mittlerweile Schulstoff! – hatte ich nie gelesen). Das Theaterstück soll ja auch ganz gut sein.
Jigsaw
Ich wiederhole mich in diesem Fall gern: Den "Ur-Film" halte ich bis heute für einen der besten Horrorthriller aller Zeiten. Doch alles, was nach "Saw" kam, war überflüssig (Teil 2 gestehe ich eine gewisse Existenzberechtigung zu, und Teil 3 hat mich zumindest passabel unterhalten und geschockt). Wieso man gerade mal sieben Jahre nach dem schlicht grunzdämlichen 3D-Splatter "Vollendung" ein Reboot des Franchise' für geboten hielt, erschließt sich allein aus Marketinggründen. Traurig.
Ich gebe zu: Als in den ersten Sekunden das berühmte, catchy "Saw"-Thema einsetzte, bemächtigte sich eine gewisse Vorfreude meiner. Aber diese Logiklöcher! Wo hat Jigsaw die enorm hohen Zeit-, Kraft- und Geldressourcen her, um seine Fallen zu bauen? Woher weiß Jigsaw von den Sünden der Menschen, für die er diese bestrafen zu müssen glaubt? (Bei einem Vorfall, der via Rückblende aufgeklärt wird, hätte sich Jigsaw buchstäblich durch Zufall in einer fremden Wohnung materialisiert haben müssen, um Zeuge einer Verfehlung zu werden.) Andere Dinge dagegen geschehen scheinbar völlig unbemerkt an öffentlichen Orten. Zudem wird John Kramers Kodex, seinen Opfer stets die Wahl zwischen Sterben und – mit schmerzhaften Zugeständnissen – Überleben zu lassen, an mindestens einer Stelle komplett über Bord geworfen (Stichwort: Motorrad). Und warum zerbreche ich mir ernsthaft über diesen Stumpfsinn den Kopf?
The Killing of a Sacred Deer
Die bisherigen Werke des mystischen Griechen Giorgos Lanthimos kannte ich nicht; "TKoaSD" konnte ich mir dann aber nach all den Lobeshymnen nicht entgehen lassen. Ja, das ist schon, äh, was Besonderes. Auf die abstruse Story im Stile einer antiken Tragödie lasse ich mich bis zum gnadenlosen Ende gerne ein, nur, was ich von den Dialogen halten soll, weiß ich bis heute nicht. Wie unnatürlich, gestelzt, unmenschlich, außerirdisch, seltsam sprechen die Charaktere bitte?! Als wäre das Drehbuch nicht schon in normaler Sprache surreal genug ...
Der Staat gegen Fritz Bauer
Die Konkret warf diesem deutschen Historienstück über den Frankfurter Generalstaatsanwalt vor, sich gelegentlich in rührseligen Nebenhandlungen zu verlieren und seine Hauptfigur zum allzu nahbaren Sympathieträger zu verklären. Ich finde, es darf ruhig etwas menscheln, wenn man massenkompatibel ein so gewichtiges Thema vermitteln will. Ansonsten kann ich mir ja gleich eine Reportage anschauen. Mir hat's gefallen, sofern dies die richtige Vokabel sein kann. Man bleibt immer und immer wieder ernüchtert bis fassungslos zurück, wenn man sich mit dem Komplex "Aufarbeitung der NS-Zeit" befasst.
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