Sonntag, 22. April 2018

Honig ins Maul geschmiert

Während meines halben Jahres in Neuseeland lernte ich einige kauzige Charaktere kennen. Einer davon war ein japanischer Alt-Hippie namens Abe, der mir einen der unvergesslichsten Lach-Momente meines Lebens bescherte. Freudig erregt kehrte er eines Tages von einer Shoppingtour zurück und zeigte mir voller Stolz seine neueste Erwerbung: ein rares Album der Gruppe The Platters. "Pratters!", rief er. "Pratters!" Ich sagte, dass ich mal ganz schnell aufs WC müsse, rannte ebendort hin, schloss mich ein und lachte Tränen. Warum ich das derart zum Zerreißen lustig fand, kann ich gar nicht mehr sagen – normalerweise halte ich "Falsche-Aussprache-Humor" und "Engrish-Fails" für einfallslos und dröge. Manchmal kann man seine Zwerchfellreflexe halt schwer kontrollieren.

Jedenfalls erklärte mir Abe, dass er nicht nur zum Aufstöbern popmusikalischer Kleinode regelmäßig hierher komme, sondern hauptsächlich zum Golfspielen und zum Besorgen des berühmten Manuka-Honigs, dank dem seine bald hundertjährige Mutter sich noch immer vorzüglichster Rüstigkeit erfreue. Tatsächlich wird diese neuseeländische Spezialität in der Naturheilkunde für supergesund bis antibakteriell gehalten. Ich wähle bewusst die vorsichtige Formulierung "wird für ... gehalten", denn "[d]ie Bedeutung des Methylglyoxalgehaltes" ("Methylglyoxal entsteht in der Honigwabe durch Dehydratation des im Nektar der Blüten des Manukastrauchs enthaltenen Stoffes Dihydroxyaceton") wird "kontrovers diskutiert" (Wikipedia).

Ich für meinen Teil zog nicht mal in Erwägung, mir das Zeug zu kaufen, da es mit circa 10 Euro pro Miniglas damals geradezu unerschwinglich für mich war. Und so verschwanden das Wort und der Begriff "Manuka-Honig" aus meinem aktiven und passiven Wortschatz ... bis mir letztes Jahr eine befreundete Medizinerin von Manuka-Zahnpasta vorschwärmte: Seit sie sich damit die Zähne putze, sei sie praktisch frei von Malaisen aller Art. Das musste ich nun selbst überprüfen! Ich bestellte bei Amazon einen "Manuka Health"-Dreierpack zu 26,81 € (uff!); einzelne Tuben waren zu der Zeit nicht vorrätig.


Dass in dieser Spezialsubstanz kein Fluorid drin ist, scheint mir ein gravierender Nachteil zu sein (wohl wissend, dass Fluorid selbst auch nicht unumstritten ist). Darum nehme ich sie auch nicht zur täglichen Anwendung, sondern alterniere munter mit fluoridhaltiger Wald-und-Wiesen-Pasta, vorzugsweise von Sensodyne. Als Plus ist festzuhalten, dass die 100-Gramm-Tube zusätzlich Propolis enthält, ein weiteres bienenbezogenes Wundermittel. Die Creme ist grün, hat einen interessanten Geschmack und ein eigenwilliges – nicht unangenehmes – Mundgefühl.


Neulich erreichte mich per Post eine Werbesendung des Manuka-Shops. Bestellt man dort direkt statt über Amazon, spart man ein paar Groschen und legt für einmal Zahnpasta "nur" 8,90 € hin. Ein 500-Gramm-Glas echten Manuka-Honigs kriegt man für 79,90 € und spart damit 11%. Auch Lutschbonbons gibt es. Tja, muss jeder selber wissen, ob er in diese wunderliche Welt einsteigen will. Mir ist es wie gesagt nicht gelungen, mich hundertprozentig zu committen; wer weiß, bei konsequenterer Manuka-Mundpflege wäre ich womöglich von der letzten fiesen Wintergrippe verschont geblieben. Im Südpazifik auf jeden Fall, denn dort ist Sommer, wenn in Europa Winter herrscht.

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