Sonntag, 31. März 2019

Kurz notiert: Korbach

Gemeinhin bekannt sind ja die "klassischen" Hansestädte Hamburg, Bremen und Lübeck, die einzigen drei, die das Label "Hansestadt" seit Beginn des 19. Jahrhunderts zusätzlich zu oder statt dem Titel "Freie Stadt" tragen dürfen. Dass die übrigen der heute 26 deutschen Hansestädte, z.B. Rostock, Greifswald, Lüneburg, erst nach der Wiedervereinigung dieses Recht erhielten, ist eventuell weniger bekannt. (Das neueste "Hanse"-Mitglied ist Uelzen, welches sich erst seit 2016 "Hansestadt Uelzen" nennt.) Kaum bekannt sein dürfte, dass es seit 2013 sogar eine Hansestadt in Hessen gibt! Korbach, eine 24.000-Seelen-Gemeinde in Nordhessen am Rande des Sauerlandes, ist damit die südlichste Hansestadt und war schon zur Zeit des Hansebundes mindestens eine der südlichsten (unterschiedliche Quellen geben Göttingen, Köln bzw. Dinant im heutigen Belgien als südlichstes je existiert habendes Mitglied an).
Mit dem Zug bräuchte ich drei Stunden dorthin. Ob es das wert ist? Schreibt's mir in die Kommentare, liebe Korbacherinnen und Korbacher!

Dienstag, 26. März 2019

Ruhe im Puff

Aufräumshows, Minimalismusratgeber und Leben-in-den-Griff-krieg-Tutorials boomen seit einiger Zeit, dabei wäre es viel wichtiger, endlich einen Nimmervollen Beutel, wie man ihn aus zahlreichen Fantasy-Rollenspielen kennt, zu entwickeln. Den Nimmervollen Beutel würde ich dann gerne gegen den magischen Einrichtungsgegenstand in meinem Schlafzimmer eintauschen: den Nimmerleeren Wäschekorb. Mit Wäschekorb meine ich damit nicht das Ding, in dem man Wäsche von oder zur Waschmaschine oder zum oder vom Wäscheaufhängplatz transportiert, sondern das Behältnis, in dem man schmutzige Wäsche lagert. Meine Eltern sagen dazu "Wäschepuff". Ich bin ja ein Fan von Eineindeutigkeit und Homonymvermeidung, aber ich bitt' euch – Wäschepuff

Jedenfalls: Egal wie häufig ich Wäsche wasche, der Korb wird nie leer. Letzte Woche habe ich eine 30°-Bunt-, eine 40°-Bunt- und eine 40°-Weißwäsche gemacht, und danach war der verflixte Korb immer noch zu gut 80% gefüllt. Dabei verbrauche ich wirklich nicht mehr Textilien als andere Menschen. Sicher, jeden Tag ein neues Paar Socken und eine frische Unterhose, das muss schon sein, da lass' ich mich nicht an die Kandare nehmen, nee nee; aber Oberbekleidung kann man, so meine ich, auch mal zwei oder gar drei Tage lang tragen, wenn man darin nicht gerade Hochleistungssport treibt. Woher kommt dieser amerikanische Jeden-Tag-was-anderes-anzieh-Wahn überhaupt? Aus Amerika?
[abgebrochen wegen Banalität]

Freitag, 22. März 2019

Meine zehn zuletzt gesehenen Filme

The World's End
Der vorerst letzte und leider deutlich schwächste Teil der sog. Cornetto- oder auch Blood-and-Ice-Cream-Trilogie. Von mir aus braucht keine Quadrologie daraus zu werden. Altvertraute Tropes und Themen werden immer wieder verhandelt und persifliert, nett war allein das Ende.

Harry Potter und die Heiligtümer des Todes - Teil 1
Als ich den letzten Harry-Potter-Teil gesehen habe, gab es noch nicht mal diese Reihe in meinem Blog. Tja, was soll ich sagen? Zum Fan werde ich in diesem Leben nicht mehr, die Figuren sind mir kaum ans Herz gewachsen, auch wenn ich vom Schluss dieser Episode durchaus ergriffen war. Kamera und Ausstattung sind gelungen.

Wunder
Ein einfach nur liebes, überwiegend positives und lebensbejahendes Drama, bei dem man auch mal "ein Tränchen verdrücken" kann. Der Wechsel der Erzählperspektiven macht es interessant.

Fahrenheit 11/9
Michael Moores bislang pessimistischstes Werk. Gab es in den Vorgängern immer noch einen Rest von (liberalem) Patriotismus, lautet des Filmemachers Bilanz hier an einer Stelle: "Why save this America? The America I want to save is the America we've never had." Aber auch: "It didn't need end up like this, and it still doesn't." 
Es ist denn auch gar nicht sein Anliegen, Trump als ein überfallartig aus dem Nichts auf Amerika gekommenes Bizarro-Phänomen darzustellen, sondern als etwas, mit dem seit langem zu rechnen war und für das die vorherige(n) Regierung(en) sowie die Gesellschaft das Fundament gelegt haben. Zudem wird noch einmal säuberlich gezeigt, dass seit buchstäblich Jahrzehnten bekannt war, was Donald Trump für einer ist; Zeitungsschlagzeilen, O-Töne, Videoschnipsel zeichnen das Bild eines offen sexistischen, rassistischen, antiintellektuellen, größenwahnsinnigen Scharlatans. Dass sich das Schwein überhaupt zur Wahl aufgestellt hat, ist letztlich die Schuld von Gwen Stefani (das ist nur halb witzig gemeint; schaut den Film, um zu verstehen, warum). Geld, Beziehungen und Verstrickungen (teils mafiöse) sowie ein ungerechtes und defektives Wahlsystem taten ihr Übriges. Wie immer kann man Moore vorwerfen, nur das zu beweisen, was seine Fans eh schon zu wissen glauben. Und ja, einige Passagen wie die über die Parallelen zu Hitler sind gewohnt plakativ (an einer Stelle werden Audiomitschnitte von I.C.E.-Kids zu Bildmaterial aus einem KZ eingespielt), aber es ist halt alles sehr überzeugend, hieb- und stichfest.
Da kommen einem direkt wieder die Tränen!

Harry Potter und die Heiligtümer des Todes - Teil 2
Hier versuchte man sich dann sogar an einer Massenschlachtszene, aber als Herr-der-Ringe- und Game-of-Thrones-geschulter Zuseher konnte ich darüber nur müde lächeln. Insgesamt ein würdiger Abschluss, und die "Tierwesen"-Prequels gucke ich mir gern an, wenn sich die Gelegenheit bietet.

Downsizing
Lange habe ich gezögert, ob ich über zwei Stunden Lebenszeit in diese "Komödie" über das Schrumpfen von Menschen als Weltrettungsmaßnahme investieren soll – 2,5 Sterne auf Amazon sind wahrlich kein Anreiz. Dass ich "Komödie" in Anführungszeichen schreibe, ist Absicht, denn genau das ist die Crux: "Downsizing" ist ein Paradebeispiel für die Weisheit "Never Trust a Trailer"; es wird als whacky SciFi-Farce mit einem Winzlings-Matt-Damon beworben, hat aber großzügig gezählt nur drei bis vier Lacher. Wenn man akzeptiert, dass einen, anders als vom Trailer aus welchen Gründen auch immer suggeriert, eben keine Comedy, sondern ein Gesellschaftsdrama mit satirischem Anstrich erwartet, hat man durchaus seine Freude daran. Außerdem spielt Kristen Wiig mit!

Mid90s
Auch ein Film, den man, liest man die Inhaltsangabe, für humorvoller halten könnte als er ist. Nein, Jonah Hills Regiedebut ist kein krampfhafter Nostalgiespaß, der in jeder Sekunde "Hey, wisst ihr noch?" schreit, sondern ein in der Skateboard-Szene angesiedeltes Coming-of-Age-Rührstück mit (nicht nur sportlich) überzeugenden Laiendarstellern. Für meinen Geschmack wird darin zu viel geflucht, aber so war das wohl ~damals in den Neunzigern~.

Free State of Jones
Noch ein US-amerikanisches No nonsense period piece, diesmal im Bürgerkrieg angesiedelt und mit Flashforwards ins Jahr 1948 gespickt. Die lehrreiche Geschichte über ein wenig bekanntes Kapitel des Civil War ist mit Matthew McConaughey, Gugu Mbatha-Raw und Mahershala Ali super besetzt (ja, die Schreibung aller drei Namen musste ich nachschlagen), leider schaut der Film irgendwie billig aus und ist für meinen Geschmack zu lang geraten.

Free Solo
Wer eine absolut packende Bergsteiger-Doku sehen will, greife zu "Meru" von 2015. Warum "Free Solo" in den Himmel (!) gelobt wird und sogar einen Oscar abgestaubt hat, kapiere ich nicht. Zugegeben, über die wahnsinnige Klettertechnik des "Soloing" wusste ich bis dahin wenig, und die Freihand-Besteigung des El Capitan ist eine staunenswerte Leistung, aber irgendwie ist mir dieser Alex Honnold unsympathisch, und die wenigen spektakulären Aufnahmen werden durch jede Menge Blablabla ihrer Wucht beraubt.

Bad Times at the El Royale
Ich mag das Gesamtwerk Drew Goddards, und auch dieser stylishe Late-Sixties-Neo-noir-Hotel-Stand-off macht viel Spaß. Mich ließ leider das Gefühl nicht los, dass hier einer allzu sehr Tarantino nacheifern wollte, aber ich möchte nix Böses unterstellen. Starker Soundtrack auch!

Mittwoch, 20. März 2019

We were promised Jetpacks

Viel wurde und wird sich hierzulande über das Flugtaxi lustig gemacht, und auch ich gebe zu, 'Ist die übergeschnappt?' gedacht zu haben, als Digitalministerin Bär zum ersten Mal davon sprach. Doch mittlerweile kann ich die bundesweite Einführung dieser Mini-Helikopter kaum erwarten, auch wenn sich das Warten lange hinziehen wird. Mit bis zu 120 km/h und vier Personen an Bord soll sich der "City-Airbus" ab 2025 über deutsche Städte hinweg bewegen, schreibt diese Woche der Focus. "Und das zum Taxipreis." Ich halte dies fest, damit man im Jahr 2025 sagen kann: Haha, 2019 hat es geheißen, die ersten Flugtaxis könnten bereits 2025 im Einsatz sein!

Ich bin skeptisch. Die Grenzen der Ingenieurskunst bereiten mir dabei gar keine Sorgen, wohl aber die vermaledeiten Gesetze. Die Mobilität betreffende Regelungen zu ändern, ist bekanntlich ein Ding der Unmöglichkeit. Man könnte schon so viel weiter sein, aber das bestehende Recht ist scheint's in Asphalt gemeißelt. Focus: "In den Städten und auf dem Land entstehen Shuttle-Dienste, die dank Digitalisierung effizienter denn je funktionieren – könnten. In der Praxis verhindern die alten Paragrafen aber beispielsweise, dass neue Pendeldienste von Tür zu Tür fahren dürfen. So muss der Shuttle-Dienst Ioki, eine Tochter der Deutschen Bahn, derzeit in Hamburg virtuelle Haltestellen ansteuern. Alle 200 Meter gibt es eine. Dort können die Fahrgäste ein- und aussteigen. Ein direkter Tür-zu-Tür-Verkehr ist nicht erlaubt. [...] Auch Fahrdienstfirmen drängen auf eine Gesetzesänderung: Bis jetzt müssen ihre Fahrer, die Personen befördern möchten, nach jeder Tour an ihren Betriebssitz zurückkehren. Diese Bestimmung schützt das Taxigewerbe, verhindert aber auch Wettbewerb."

Und hier reden wir nur von dem, was sich am Boden abspielt. Urbaner Luftverkehr ist, wie die Kopflosigkeit in puncto privater Drohnenbetrieb gezeigt hat, noch mal ein ganz anderes Kaliber. Flugtaxi-Begeisterte werden also erst einmal in die ansonsten mir enorm dröge vorkommende Pionierstadt Dubai pilgern müssen: Hier sollen schon ab 2020 deutsche Velocopter Passagiere befördern.

Montag, 18. März 2019

Abgeschlossen, ausgeschlossen

Als Freund klassischer Whodunits von Autoren wie G.K. Chesterton, Robert van Gulik und natürlich Arthur Conan Doyle sehne ich mich schon seit geraumer Zeit danach, endlich in die Welt des John Dickson Carr einzutauchen. Dieser amerikanische Kriminalautor perfektionierte in Dutzenden Romanen und Kurzgeschichten das Genre des Rätselkrimis und gilt als Meister des Locked Room Mysterys. Insbesondere seine unter dem Pseudonym Carter Dickson verfassten Erzählungen um den Detektiv Henry Merrivale würde ich zu gerne lesen, doch die wenigen ins Deutsche übersetzten Werke sind kaum in die Finger zu kriegen, und die Originalfassungen weisen ein so exzentrisches bis nahezu unverständliches Vokabular auf, dass ich mir die Lektüre schlicht nicht zutraue. Woher ich das wissen will? Durch eine Beitragsserie auf dem hervorragenden Blog TYWKIWDBI, in welcher der Autor sprachliche Eigentümlichkeiten in den Henry-Merrivale-Mysteries bespricht. Diese Eigentümlichkeiten sind zumeist antiquierte oder heutzutage gänzlich anders gebrauchte Wörter, manche davon durch den Kontext erschließbar, andere muss man nachschlagen, und mehr als einmal stößt der Blogger – immerhin ein Muttersprachler – an seine Grenzen: "'... like one of those nature-study motion pictures where they show a flower coming up whingo overnight.' I found nothing on this..." Zu Einzelwort-Kuriositäten gesellen sich Phrasen wie "to play the rip", "tight as an owl" oder "needs must when the devil drives", so dass ich zu den unübersetzten Herren Carr-Dickson vorerst Abstand halte. Vielleicht intensiviere ich erst mal meine Suche nach einer der deutschsprachigen Ausgaben.

Samstag, 16. März 2019

Oida!

In einem Wikipedia-Artikel zu einem Indien-spezifischen Thema wurde das Wort, um das es ging, ganz oben in verschiedenen Sprachen aufgeführt, so wie es halt üblich ist. Nach Hindi, Urdu, Nepali, Sanskrit und Marathi stand dort: Odia. Hä, wunderte ich mich, warum habe ich noch nie von dieser Sprache gehört? Das darf nicht sein! Nun gut, in Indien werden über 100 Sprachen gesprochen, aber wenn eine so prominent in einem Artikel auftaucht, sollte ich sie doch kennen.

Des Rätsels Lösung: Odia ist eine Alternative zu Oriya als Transliteration von ଓଡ଼ିଆ und seit der Verabschiedung eines Verfassungszusatzes im Jahr 2011 die offizielle Schreibweise. Analog wurde auch der Name des Staates, in welchem diese Sprache am weitesten verbreitet ist, von Orissa zu Odisha geändert. Ich habe natürlich gleich versucht herauszufinden, woher dieses -r- in den alten Bezeichnungen kommt, und es scheint sich um einen sog. stimmhaften retroflexen Flap als intervokalisches Allophon von -ḍ- zu handeln, grob vergleichbar mit dem "alveolaren Tap" im amerikanischen Englisch, dem r-Sound in der Mitte von better bei einigen Dialekten.

Festzuhalten ist jedenfalls, dass sich nicht nur Sprachen ändern, sondern auch Namen von Sprachen. Man sollte immer die Augen offen halten.

Donnerstag, 14. März 2019

Mein persönlicher (Quasi-)Brexit

Dies ist ein Update zum Beitrag "Mein schottischer Notgroschen". Nachdem das Online-Banking der Bank of Scotland nämlich wiederholt meine Antworten auf Sicherheitsabfragen (Haustiername, Großvatergeburtstag etc.) nicht akzeptiert hatte, ich sogar einmal mein Login via nervigen Briefwechsel resetten musste, wurde es mir letzte Woche zu bunt: Als ich beim Einloggen zwecks Kontostand-Abfrage erneut grundlos gesperrt wurde, verlangte ich in drei impulsiv getippten Zeilen die Stilllegung meines Accounts. Ein Interesse daran, mich als Kunden zu behalten, hatte man offenbar nicht: Ohne vorausgeschickte Worte gingen heute 137,72 Euro auf dem Referenzkonto meiner Hausbank ein, Betreff: "Kontoauflösung". Wie man sieht, waren die Zinserträge inzwischen um weitere 93 Cent angewachsen. Davon hole ich mir ein schönes Gebäckstück.

PS: Aus Angst vor unangenehmen Brexit-Folgen hätte ich nicht gekündigt. "Die Situation für Kunden der Bank of Scotland ist nicht ganz so angespannt. Die Bank of Scotland ist in Deutschland Mitglied im Bundesverband deutscher Banken. Die Einlagen sind bis zu einer Höhe von 250.000 Euro abgesichert." (tagesgeldvergleich.net)

Montag, 11. März 2019

Bizarre Serviervorschläge (VIII)


Ich habe nach "smallest coconut" gegoogelt und bin neben einigen verblüffenden Fotos auch auf eine in Chile heimische Frucht namens Coquito nut gestoßen. Diese vielfältig einsetzbare Miniatur-Kokosnuss hat tatsächlich ungefähr die Größe und das Aussehen der hier in Bruchstücken zu sehenden Beilage. Außerhalb Chiles sind Coquito-Nüsse offenbar lediglich über einen kalifornischen Onlinehandel namens Melissa's zu bekommen. Ein bisschen viel Aufwand, um eine mäßig exotische Hanuta-Spielart aufzutischen (oder soll ich sagen: aufzutafeln?).


Der riesige Holzlöffel ist uns schon das ein oder andere Mal begegnet. Hier soll er dazu dienen, eine üppige Menge Müsli in unser Maul zu befördern. Allein darüber, wie wir die dazugehörige Milch bzw. den Joghurt zu uns nehmen sollen, schweigt sich die Verpackung aus. Oder wird das "Land-Müsli Schoko Trio" ausschließlich zur Trockeneinnahme empfohlen?


Der heutige Kreativitätspokal geht an Rewes "Beste Wahl"-Linie. Ich bin ja der scheinbar unintuitiven Brotbelegung nicht abgeneigt, aber Mandarinenstückchen, Erbsen und Basilikumblätter mit Frisch- oder Hüttenkäse als Trägersubstanz auf Mehrkorn-Toastbrötchen – da wäre ich in tausend Jahren nicht drauf gekommen.

Dienstag, 5. März 2019

Gestorben wird immer (häufiger)

Auf Twitter warf neulich jemand anlässlich eines Prominentenablebens die rhetorische Frage in den Raum, ob 2019 das neue 2016 sei, und ich bin geneigt, ähnliche Vermutungen anzustellen. Wir erinnern uns: 2016 verging gefühlt keine Woche, in der nicht mindestens eine bekannte und/oder beliebte Persönlichkeit abtrat, und heuer führt der Nekrolog bereits Anfang März eine stattliche Zahl Verstorbener von herausragender Prominenz. Ich halte ein paar von ihnen hier fest, damit man beim späteren Wiederlesen sagen kann: "Ach ja, der/die auch!" Reif bis hochbetagt und also nicht allzu überraschend verließen uns bis jetzt u.a. Rosamunde Pilcher, Karl Lagerfeld, Arnulf Baring, Jörg Schönbohm, Rudi Assauer, Theo Adam, Bob Einstein, Klaus Kinkel und Bruno Ganz; unvorbereiteter trafen uns die Tode der in der Blüte des Lebens Stehenden Keith Flint, Franziska Pigulla und Luke Perry.

Übrigens hat man sich Ende 2016 dann auch in mehreren Medien gefragt, warum ausgerechnet in jenem Jahr so viele Promis von uns gegangen seien – was menschlich war, aber auch ein bisschen einfältig. Dümmer war dann bloß die häufig gegebene Antwort, dass viele "unserer" Idole inzwischen ein Alter erreicht hätten, in dem die Sterbewahrscheinlichkeit halt sehr hoch ist, was freilich Quatsch war, denn es starben eben auch verhältnismäßig viele jüngere VIPs. Nun also eine weitere Welle. Das kann ja noch was werden!

Sonntag, 3. März 2019

Ein ganz besonderes Audiohäppchen

Hier erlebt ihr mich bei etwas, das mir bis jetzt erst zweimal passiert ist: Ich lerne auf die harte Tour, was passiert, wenn man einen vorzutragenden Text vor dem Auftritt nicht noch einmal liest. ("Café Koz", Frankfurt, 18.02.2019)

Freitag, 1. März 2019

Mein grüner kleiner Kaktus

Neulich sah ich in Berlin ein Restaurant, auf dessen Fenster stand: "Koreanische traditionelle Gerichte". Müsste es nicht – analog zu "Traditionelle Chinesische Medizin" – korrekt "Traditionelle koreanische Gerichte" heißen?, fragte ich mich und dachte sodann an die saudumme und kreuzgefährliche "Germanische Neue Medizin", deren Name ebenso schief klingt, weswegen er von vielen, die darüber schreiben, unbewusst zu "Neue Germanische Medizin" korrigiert wird (14.100 Google-Treffer).

Warum erscheint uns "koreanische traditionelle Gerichte" falsch? Im Englischen gibt es eine feste Regel, in welcher Reihenfolge attributive Adjektive angeordnet werden, jedes Schulkind kann sie runterbeten:
1 opinion
2 size
3 physical quality
4 shape
5 age
6 colour
7 origin
8 material
9 type
10 purpose
Beispielsatz: "She was a (1) beautiful, (2) tall, (3) thin, (5) young, (6) black-haired, (7) Scottish woman." (Ich beziehe mich hier auf das Cambridge Dictionary; daneben existieren dezente Variationen bezüglich Benennung und word order.)

Der derzeit kursierende "Green New Deal" (6 vor 5!) verstößt freilich nur scheinbar gegen diese Norm, denn der "New Deal" ist ein feststehender, von Franklin D. Roosevelt geprägter Term, den die neuen Reformer aufgegriffen und, weil es um ökologische Maßnahmen geht, mit dem Attribut "grün" versehen und damit spezifiziert/abgewandelt haben, und der, wie Wikipedia weiß, sogar noch tiefer im Lexikon verwurzelt ist: "New Deal ist eine Redewendung der englischen Sprache und bedeutet so viel wie 'Neuverteilung der Karten'. Roosevelt verwandte die Redewendung im Präsidentschaftswahlkampf von 1932 zunächst nur als suggestiven Slogan. New Deal setzte sich dann in der Folgezeit als Begriff zur Bezeichnung der Wirtschafts- und Sozialreformen durch."

Nun stellt sich die Frage, wie diese Reihenfolge zu begründen ist. Handelt es sich um eine natürliche Abfolge, mithin um eine sprachliche Universalie? Und gibt es auch für das Deutsche entsprechende Regeln? Die Problematik streift Bereiche der Funktionalen Grammatik und übersteigt meine Kompetenz. Einen erhellenden Aufsatz zur ersten Übersicht habe ich immerhin im Netz gefunden, nämlich Ludwig Eichinger: Ganz natürlich - aber im Rahmen bleiben. Zur Reihenfolge gestufter Adjektivattribute. In: Deutsche Sprache 4/1991. Denn selbstverständlich hat sich die Germanistik des Themas bereits angenommen! Es gibt mehrere Konzepte (sogar eins von der Duden-Grammatik), wobei die Elemente der Nominalcluster mal semantisch, mal syntaktisch analysiert werden.

Drei von zehn Klassifikationsversuchen (Stand 1991); zum Vergrößern klicken

Mit den ganzen Feinheiten betreffend "Klammerstrukturen", "Artikelähnlichkeit" usw. möchte ich euch verschonen, zumal ich selbst nicht alles verstanden habe. Eichinger schlägt eine Dreiereinteilung vor und operiert mit folgenden Begriffen:


Innerhalb der Nominalklassifikatoren ordnen Descriptiva "äußere Merkmale" zu und Classificativa sind "bereichsangebend", woraus sich dann beispielsweise "quadratische graue metallene skandinavische Türen" ergeben. Ganz so fein gegliedert und streng hierarchisch wie im Englischen geht es also nicht zwangsläufig zu. Interessant ist die Anmerkung "häufig sind insbesondere Kombinationen von 'Länderadjektiven' u.ä. an zweiter Stelle vor dem Nomen mit Bereichsadjektiven, die durch von häufig deverbalen oder sonstwie relationalen Substantiven ausgehende Relationen enger an diese Substantive gebunden sind - bis hin zu (pseudo)terminologischen Doppelformeln", wofür der Verfasser das Beispiel "die amerikanische linguistische Forschung" gibt. Daran lässt sich dann wiederum die "Germanische Neue Medizin" anschließen, und so wollen es diese verbrecherischen Schwachköpfe sicher auch verstanden wissen: eine "Neue Medizin" als globale Bewegung, deren Vorreiterin Germania ist. Klingt trotzdem schräg.