Warum erscheint uns "koreanische traditionelle Gerichte" falsch? Im Englischen gibt es eine feste Regel, in welcher Reihenfolge attributive Adjektive angeordnet werden, jedes Schulkind kann sie runterbeten:
1 opinion
2 size
3 physical quality
4 shape
5 age
6 colour
7 origin
8 material
9 type
10 purpose
Beispielsatz: "She was a (1) beautiful, (2) tall, (3) thin, (5) young, (6) black-haired, (7) Scottish woman." (Ich beziehe mich hier auf das Cambridge Dictionary; daneben existieren dezente Variationen bezüglich Benennung und word order.)
Der derzeit kursierende "Green New Deal" (6 vor 5!) verstößt freilich nur scheinbar gegen diese Norm, denn der "New Deal" ist ein feststehender, von Franklin D. Roosevelt geprägter Term, den die neuen Reformer aufgegriffen und, weil es um ökologische Maßnahmen geht, mit dem Attribut "grün" versehen und damit spezifiziert/abgewandelt haben, und der, wie Wikipedia weiß, sogar noch tiefer im Lexikon verwurzelt ist: "New Deal ist eine Redewendung der englischen Sprache und bedeutet so viel wie 'Neuverteilung der Karten'. Roosevelt verwandte die Redewendung im Präsidentschaftswahlkampf von 1932 zunächst nur als suggestiven Slogan. New Deal setzte sich dann in der Folgezeit als Begriff zur Bezeichnung der Wirtschafts- und Sozialreformen durch."
Nun stellt sich die Frage, wie diese Reihenfolge zu begründen ist. Handelt es sich um eine natürliche Abfolge, mithin um eine sprachliche Universalie? Und gibt es auch für das Deutsche entsprechende Regeln? Die Problematik streift Bereiche der Funktionalen Grammatik und übersteigt meine Kompetenz. Einen erhellenden Aufsatz zur ersten Übersicht habe ich immerhin im Netz gefunden, nämlich Ludwig Eichinger: Ganz natürlich - aber im Rahmen bleiben. Zur Reihenfolge gestufter Adjektivattribute. In: Deutsche Sprache 4/1991. Denn selbstverständlich hat sich die Germanistik des Themas bereits angenommen! Es gibt mehrere Konzepte (sogar eins von der Duden-Grammatik), wobei die Elemente der Nominalcluster mal semantisch, mal syntaktisch analysiert werden.
Drei von zehn Klassifikationsversuchen (Stand 1991); zum Vergrößern klicken
Mit den ganzen Feinheiten betreffend "Klammerstrukturen", "Artikelähnlichkeit" usw. möchte ich euch verschonen, zumal ich selbst nicht alles verstanden habe. Eichinger schlägt eine Dreiereinteilung vor und operiert mit folgenden Begriffen:
Innerhalb der Nominalklassifikatoren ordnen Descriptiva "äußere Merkmale" zu und Classificativa sind "bereichsangebend", woraus sich dann beispielsweise "quadratische graue metallene skandinavische Türen" ergeben. Ganz so fein gegliedert und streng hierarchisch wie im Englischen geht es also nicht zwangsläufig zu. Interessant ist die Anmerkung "häufig sind insbesondere Kombinationen von 'Länderadjektiven' u.ä. an zweiter Stelle vor dem Nomen mit Bereichsadjektiven, die durch von häufig deverbalen oder sonstwie relationalen Substantiven ausgehende Relationen enger an diese Substantive gebunden sind - bis hin zu (pseudo)terminologischen Doppelformeln", wofür der Verfasser das Beispiel "die amerikanische linguistische Forschung" gibt. Daran lässt sich dann wiederum die "Germanische Neue Medizin" anschließen, und so wollen es diese verbrecherischen Schwachköpfe sicher auch verstanden wissen: eine "Neue Medizin" als globale Bewegung, deren Vorreiterin Germania ist. Klingt trotzdem schräg.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen