Noch einmal müssen wir in meine Schulzeit zurückreisen. Kurz vor dem Abitur zog eine Lehrerin, die uns eine Zeitlang in Chemie vertreten hatte, bezüglich unseres Jahrgangs ein Resümee, das fast wortwörtlich so lautete: "Wenn ich mir Sie so anschaue und wie ich Sie so erlebe, sehe ich ernsthaft schwarz für die Zukunft." Über diese objektiv unverschämte Äußerung konnten wir, nach Jahren permanenter Erniedrigung, freilich nur feixen. Inzwischen jedoch ist mir klar geworden, dass diese Lehrkraft recht hatte.
Möglicherweise galt das ja nur für unsere Schule, aber wir waren wirklich ein peinlicher Haufen: unpolitisch, desinteressiert, albern, sorglos, verwöhnt. (Einzig beim Ausbruch des Kosovokrieges wurde von ein paar unserer an zwei Händen abzuzählenden christlichen Schülerinnen in Kooperation mit der Reli-Lehrerin ein "Friedensraum" oder so was eingerichtet.) Niemals wären wir auf die Idee gekommen, für oder gegen etwas zu demonstrieren. Unseren Eltern ging es doch gut, warum sollte es uns irgendwann schlecht gehen? Und was focht uns die Erde an? Wir hatten ja unsere Computer. Laut den meisten unserer Lehrerinnen und Lehrer waren wir eh zu dumm, um etwas zu bewegen.
Wenn ich mir heute anschaue, wie junge Menschen versuchen, das zu retten, was die Generationen vor ihnen verbockt haben (und was meine Generation einfach hat schleifen lassen), wird mir warm ums Herz. Millionen gehen auf die Straße, weil sie erkannt haben, dass sie ihren 40. Geburtstag nicht erleben werden, sofern sich nicht sofort etwas ändert. Schwarz für die Zukunft sehe ich trotzdem, denn höchstwahrscheinlich bringen noch so viele Klimastreiks und Freitagsproteste gar nichts mehr. Aber ich freue mich über dieses neuartige, furiose Engagement.
Als Versuch einer Ehrenrettung möchte ich noch vermerken, dass mehrere meiner ehemaligen Mitschüler, die mittlerweile selbst Kinder im Grundschulalter haben, diese beim letzten "Friday for Future" unterstützend begleitet haben. Das habe ich in einer WhatsApp-Freundesgruppe gesehen, und auch darüber habe ich mich gefreut.
PS: Ursprünglich wollte ich dieses Textlein mit "The kids are alright" betiteln, aber den Satz habe ich in den vergangenen Tagen so oft gelesen, dass ich ihn als des Kybersetzung-Originalitäts-Versprechens nicht würdig erachtete.
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