Mir wiederum wurde mal ein längerer Aufenthalt im "Indira Gandhi International" untersagt. Und das kam so: Ich war am Ende einer Indienreise angelangt, und mein Rückflug von Delhi sollte seeehr früh gehen. Ha!, überlegte ich mir, da schlafe ich doch gleich auf dem Flughafen, bevor ich mir ein Hotelzimmer nehme, das ich dann doch bloß für eine halbe Nacht okkupiere. Ich also am späten Vorabend mit meinem ganzen Gepäck zum Airport ... an dessen Eingang mich ein Polizist zum Vorzeigen meines Flugtickets aufforderte. Dem kam ich bedenkenlos nach. "Nein, Sie dürfen noch nicht rein, Sie fliegen ja erst morgen früh", sagte der Schutzmann. Waswiewarum, wollte ich wissen. Wegen akuter Terrorgefahr dürfe sich niemand länger als nötig im Flughafeninneren aufhalten, erklärte man mir, ich solle zwei bis drei Stunden vor Abflug wiederkommen. Verärgert ließ ich mich zu einem beliebigen, überteuerten, moskitoverseuchten Hotel bringen (an spontane Recherche und Preisvergleiche war mangels Smartphone nicht zu denken, denn es war 2008), in dem ich dann noch vier Stunden dumm rumlag. Zusätzliches Ärgernis: Der Taxifahrer, dem ich meine Misere schilderte, bot mir an, mich am nächsten Tag wieder zum Flughafen zu fahren – für einen guten Preis, den ich sogleich entrichtete. Aber der Gauner ließ sich nie wieder blicken; der Rezeptionist wusste bei meinem Check-out von nichts und musste erst ein neues Taxi herbeirufen, so dass ich beinahe noch verspätet am DEL angekommen wäre!
Ein paar Wochen danach kam es dann zu den Anschlägen auf das "Taj Mahal Palace" in Mumbai. In einem Hotel in Mumbai war es auch, wo ich aus dem Fernsehen von der Lehman-Brothers-Pleite erfuhr, deren Berichterstattung eine Stimmung wie bei einem drohenden Weltuntergang begleitete. (Dass diese Krise dann doch nicht die Welt hat untergehen lassen, macht mich einigermaßen zuversichtlich, dass wir auch die laufende Pandemie überstehen könnten, und sei es mit zwei dunkelblauen Augen.)
Einige Jahre später befand ich mich, moralisch und in Sachen Menschenkenntnis gestärkt, im Flughafen von Dublin oder einem in London und hatte dort einen Moment, den ich wahrhaftig heroisch nennen möchte. Die Reisenden waren, offenbar vollzählig, am Gate versammelt, als ein respekteinflößender Mitarbeiter mit militärischem Habitus seine Stimme erhob: Wir mögen unsere Reisepässe hervorholen, er werde sie jetzt kontrollieren. Das aber machte ich nicht mit! Sollen die sich doch beim Boarding meinen Pass vorlegen lassen, dachte ich, aber nicht so! Außerdem kann in dieser Situation, in diesem Menschenwirrwarr, niemals sichergestellt werden, dass jede einzelne Person überprüft wird. Und so kam es dann auch: Mit verschränkten Armen stierte ich selbstbewusst in alle Richtungen, und der Typ übersah (oder überging) mich einfach. Hätte er mich angesprochen, wäre ich stur geblieben, ja hätte sogar versucht, potenzielle Kampfgenossen zu mobilisieren und einen Aufstand anzuzetteln, wovon ich mir mit Blick auf die sich schafsartig Fügenden allerdings wenig Erfolg versprach. Als dann beim Einsteigevorgang wie erwartet eine abermalige Dokumentenprüfung erforderlich wurde, war ich schon ein bisschen stolz auf meine stille Rebellion.
Wieder ein anderes Mal, bereits an Bord, hätte ich mich beinahe mit einer Mitpassagierin angelegt. Ich hatte einen herrlich gehässigen, aber zu 100 % gerechtfertigten Wortschwall vorbereitet, musste dann aber an die Komödie "Die Wutprobe" denken und beherrschte mich. Weswegen der Auslöser für meine Erregung hier auch verschwiegen werden kann.
Ein starkes Stück!
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