Schulerinnerung: Einmal kam unsere cholerische Deutschlehrerin Frau K. mit einem portablen Musikabspielgerät ins Klassenzimmer und stellte es ohne einleitende Worte erst ab und dann an. Es ertönte ein klassisches Musikstück, dem wir ehrfürchtig lauschten. Als es nach einer gefühlten Ewigkeit zu Ende war, wollte die Lehrerin wissen, was das war und warum sie es wohl gespielt habe. Natürlich war niemand von uns Klappskallis in der Lage, die Genialität des anspielungsreichen Unterrichtsauftakts zu erkennen oder wertzuschätzen, weshalb Frau K. sich gewohnt wütend zur Erklärung genötigt sah: "Menschenskinder, das war eine Fuge von Bach! Wir wollen heute über Fugen reden, weil wir die Todesfuge von Paul Celan behandeln."
Den Aufbau einer Fuge (im musikalischen Sinne) kann ich nicht mehr herunterbeten, aber dass ich mich nach über 20 Jahren überhaupt noch an die nämliche Stunde erinnere, spricht wohl für diesen damals eher verwirrenden didaktischen Kniff. Was ein Oxymoron ist, weiß ich immerhin noch, denn das wurde uns bei dieser Gelegenheit ebenfalls eingebläut.
Noch eindrucksvoller wäre es gewesen, wenn Frau K. nach dem Stundenklingeln wortlos ein paar Badkacheln vor uns ausgebreitet und diese mit "Molto Fliesenfix" verfugt hätte. Da es sich um den Deutschunterricht handelte, hätte es auch Sinn gemacht, mit dem grammatikalischen Randthema Fugenelemente einzusteigen. Ein Fugenelement ist z.B. das -s- in Rindswurst, aber auch das mittlere -e- in Schweinebraten und das -n- in Putenbrust. Es gibt zum Phänomen der Fuge überraschend viele Arbeiten, die der/die geneigte Leser/in bei Interesse selbst konsultieren möge.
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