Inzwischen ist das ganze Mensagebäude leer und verschlossen, der Betrieb stillgelegt, und ich wohne eh in einer anderen Stadt. Diese schönen Nachmittage werde ich mithin nie wieder nacherleben können, allein in meiner immer blasser werdenden Erinnerung. Wir befinden uns in der Ära der Ablenkung, der Dauerbeschallung und des Eindrucks-Overflows, so dass uns droht, zu vergessen, hin und wieder nichts zu tun als in uns zu gehen und Vergangenes zu rekapitulieren, Momente des Glücks gedanklich nachzuspielen. Schreiben hilft auch – selbst wenn dann aus einem Stück Zwieback eine Madeleine wird oder werweiß aus einem Plunder ein Krapfen.
Themenwechsel! Gustave Flauberts Roman Éducation sentimentale erfuhr kürzlich eine Neuübersetzung ins Deutsche durch Elisabeth Edl und heißt jetzt "Lehrjahre der Männlichkeit". Die Frage der Süddeutschen Zeitung, ob das ein "Auswuchs der Genderdebatte" oder ein "philologischer Scoop" sei, interessiert mich weniger als folgende Passage aus dem dazugehörigen Artikel: "Das Problem liegt schon im Titel des Originals begründet, einem Titel, um den Flaubert lange gerungen hatte, dem aber schon Marcel Proust in seinem bahnbrechenden Essay über den Stil Flauberts attestiert hat, dass er 'grammatisch' inkorrekt sei." Wer kann mir erklären, was es mit diesem Vorwurf auf sich hat und wieso "grammatisch" in Anführungszeichen steht? Im engeren Sinne scheint es mir grammatisch korrekt zu sein: éducation ist ein feminines Substantiv im Singular und das Adjektiv sentimentale dazu astrein kongruent. Ich muss an dieser Stelle betonen, dass ich meine letzte Französisch-Lektion nicht mal in der Uni, sondern in der Schule hatte, und so weit möchte ich nun wirklich nicht zurückdenken!
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