Ein alleinerziehender Vater von drei frechen Jungs fragt, was diese sich zu Weihnachten wünschen.
"Eine Schallplatte", antwortet Armin, der erste Sohn.
"... mit Weihnachtsliedern", fährt der zweite Sohn, Sigmar, fort.
"... von den Chipmunks!", ergänzt der dritte, Theobald.
Der Vater seufzt: "Ach Jungs, das wünscht ihr euch jedes Jahr. Ich habe es euch doch schon hundertmal erklärt. Die LPs 'A Chipmunk Christmas' und 'Christmas with the Chipmunks' gibt es nur noch antiquarisch. Ich war schon auf so vielen Flohmärkten und konnte sie nicht finden, und bei eBay bin ich gesperrt."
"Wir können doch einen eBay-Account anlegen!", schlägt Theobald vor. "Man bekommt die Platten schon für 25 Euro."
"Nein", sagt Daniel (so heißt der Vater) streng. "Das darf man erst ab 18. Ihr seid Kinder."
"Wusstest du", lenkt Armin ab, "dass der Erfinder der Chipmunks ..."
"Ross Bagdasarian, ein, wie man am Namen erkennt, Nachfahre armenischer Einwanderer", wirft Sigmar ein.
"... eine Nebenrolle in dem Hitchcock-Film 'Das Fenster zum Hof' hatte?"
"Oder war dir bekannt", meldet sich Armin zu Wort, "dass es von dem Original-Chipmunk-Lied von 1958 eine deutsche Version gab, in der die Streifenhörnchen durch Enten ersetzt wurden? 'Der Enten-Song' von Mr. Watschel und seinem Enten-Trio."
"Nein, das wusste ich nicht!", erwidert Daniel, inzwischen reichlich verärgert. "Aber erklärt mir mal eins: Wieso heißt es 'Alvin und die Chipmunks'? Alvin ist doch selbst ein Chipmunk!"
Dazu fällt den drei Knaben auch nichts mehr ein. Sie gehen in ihr Kinderzimmer und legen sich in ihre nebeneinander stehenden, identisch aussehenden Bettchen.
'Bin ich zu streng mit ihnen?', fragt sich Daniel, vor einer Tasse Punsch sitzend. Da kommt ihm eine Idee: 'Irgendwo auf dem Speicher habe ich doch noch das Album "Weihnachten in der DDR" rumliegen ...' Damit meint er nicht ein digitales Album auf dem Festplattenspeicher, sondern eine echte Schallplatte, die auf dem Dachboden verstaut ist. Er geht nach oben und kramt die ganze Nacht herum, bis er die Rarität schließlich findet.
Als Armin, Sigmar und Theobald am nächsten Morgen in der Küche eintreffen und ihre Frühstücksflocken essen, ist von Daniel keine Spur zu sehen ... bis es aus dem festlich geschmückten Wohnzimmer schallt: "Jungens, kommt mal rüber, ich habe eine Überraschung für euch!" Die drei wieseln nach nebenan.
"Hört euch das an!", ruft der über Nacht grauhaarig gewordene Daniel. Er schaltet den Plattenspieler, auf dem bereits "Weihnachten in der DDR" liegt, an, stellt die Geschwindigkeit auf 45 Umdrehungen pro Minute und lässt den Tonarm über dem Beginn von Wolfgang Lipperts Hit "Ach wie ist der Winter schön" sinken. Das Lied beginnt – und "Lippi" singt mit einer Stimme, die fast wie die eines Chipmunks klingt!
Die Kinder können es kaum fassen: Das ist das Lustigste, was sie je gehört haben. Armin kommt die Milch vom Frühstück zur Nase raus geschossen. Sigmar schießt ein Milchstrom aus den Ohren. Theobald spritzt die Milch in einer eindrucksvollen Fontäne aus dem Mund. Da muss auch Daniel lachen; gleichzeitig ist er so gerührt, dass ihm ein dünnes Rinnsal Milch aus den Augen läuft. "Es ist nicht dasselbe", bekennt er, "aber Hauptsache, wir haben einander, nicht wahr?"
"Und nächstes Jahr", sagt Armin.
"... nehmen wir," sagt Sigmar.
"... unser eigenes Feiertags-Album auf!", sagt Theobald.
"Ihr spinnt wohl!", blafft Daniel wutentbrannt. "Das kommt überhaupt nicht infrage. Merry Christmas!"
Donnerstag, 3. Dezember 2020
Eine Weihnachtsgeschichte
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