Dienstag, 29. Juni 2021

Ein Meer mehr

Historischer Monat für Fans von der Erdkunde! Die National Geographic Society hat am Weltozeantag (8. Juni) verkündet, dass es ab sofort nicht nur vier, sondern fünf Weltmeere gibt. Augenblick: fünf? Pazifischer Ozean, Atlantischer Ozean, Indischer Ozean bzw. Pazifik, Atlantik, Indik (diese Bezeichnung habe ich schon in der Schulzeit geliebt!) – das waren bislang meines Wissens die drei Weltmeere. Welches war denn das vierte, und wann war es dazugekommen? Antwort: Schon seit 1915 gilt das Nordpolarmeer als eines der vier Weltmeere und heißt deshalb auch Arktischer Ozean. Das hatte ich wohl vergessen bzw. in der Schule nicht mitbekommen ob meiner Freude über den Ausdruck "Indik" (denn dass ein vierter Ozean im Geographieunterricht unterschlagen wurde, kann ich mir nicht vorstellen). Asche auf mein Haupt!

Nun aber zur Nummer 5. Mit etwas Logik kann man sich bereits denken, dass der neue Ozeanstatus dem Südpolarmeer verliehen wurde. Warum auch nicht? Der Antarktische oder auch Südliche Ozean kann wie sein Gegenpart zwar flächenmäßig nicht mit den "big three" mithalten, ist aber auch nicht gerade eine Pfütze. Zudem hat er die Besonderheit, dass er die drei größten Ozeane berührt und einen gesamten Kontinent umschließt. Und: Man kann ihn analog zu den anderen Meeren auch Antarktik nennen. Mehr bei "Spiegel online" und National Geographic.

Sonntag, 27. Juni 2021

Bye-bye, Coco!

Ich kann mich noch genau an meine erste Folge von "Late Night with Conan O'Brien" erinnern! Nun ja, "genau" ist übertrieben, zum Beispiel vermag ich das exakte Datum nicht zu benennen. Es muss irgendwann im Sommer oder Herbst 2000 gewesen sein, denn wir befanden uns auf einem Familienkurzurlaub in Hannover, Anlass war die Weltausstellung "Expo 2000". Auf dem Fernseher in unserer Gästewohnung war CNBC Europe verfügbar, und dort wurden am späten Abend, mit ein paar Tagen Verzögerung, Teile des Programms vom Muttersender NBC gezeigt, darunter O'Briens Late-Night-Show. Was in der Ausgabe, die ich an jenem Abend sah, passierte, weiß ich noch sehr gut – es war nicht weniger als ein Schlüsselmoment in meiner Mediensozialisation, ein Erweckungserlebnis.

Natürlich war mir bereits bekannt gewesen, wer Conan O'Brien war, ich wusste, welche "Simpsons"-Episoden er geschrieben hatte, und es war kein Geheimnis, dass Harald Schmidt einige "Late Night"-Segmente für seine Sat.1-Sendung geklaut hatte. Aber ein Beispiel für das ur-amerikanische Format der Late-Night-Show hatte ich noch nie mit eigenen Augen gesehen. Die Ausgabe begann wie üblich mit dem Monolog. Ich freute mich über jeden Witz, den ich mit meinen mangelhaften Englischkenntnissen verstand; es ging, wenig überraschend, mehrmals um Bill Clinton. Wenig später folgte ein Auftritt der damals schon ikonischen Figur "Masturbating Bear", bei dem ich bereits erahnte, dass sich mir hier ein ganz besonderer Kosmos des abseitigen Humors eröffnete. Ein weiterer Sketch (wenn ich mich recht entsinne, nach dem ersten Gast) bestand darin, dass Conan "aus Versehen" sein Wasserglas umstieß, was darauf im Stile einer Medienskandal-Berichterstattung in mehreren "Breaking News"-Spots und "60 Minutes"-ähnlichen reports analysiert und rekapituliert wurde. Auch diese schlau geschriebene und exzellent durchgespielte Satire beeindruckte mich zutiefst. Was hatte ich da gerade gesehen!

Eine glückliche Fügung sorgte dafür, dass wir wenige Jahre später CNBC über unsere Heim-Satellitenanlage empfangen konnten. Ich schätze, von 2003 (vielleicht auch von 2004?) bis zum Ende von "The Tonight Show with Conan O'Brien" Anfang 2010* habe ich keine Ausgabe der O'Brien-Show verpasst. Auch die TBS-Iterationen habe ich bis zum Ende verfolgt, wenn auch zuletzt weniger enthusiastisch und in Form sporadischen Youtube-Konsums, da solche Sendungen während der Pandemie für mich ihren Reiz verloren hatten. Aber zurück zur NBC-Ära! Sofern ich nicht länger außer Landes war, programmierte ich viermal pro Woche den Videorecorder, um am folgenden Morgen mit Conan und Kaffee in den Tag zu starten. Es war fester Bestandteil meiner gesamten Studienzeit. Als CNBC die werktäglichen Wiederholungen erst auf eine halbe Stunde stutzte und schließlich ganz einstellte, ärgerte ich mich nicht, denn Internetanschlüsse waren inzwischen schnell genug, um sich die Show anderweitig, ähem, zu besorgen.

* Wisst ihr noch? Die epochalen "Late Night Wars", bei denen Conan Jay Lenos Show übernahm und Jimmy Fallon die Moderation von "Late Night"!

Hin und wieder schaute ich auch in Lenos Sendung rein, die ich aber bis auf gelegentliche "Man on the street"-Einlagen ganz furchtbar fand. Bei CNN lief eine "Global Edition" der "Daily Show" mit Jon Stewart, welche mich wiederum überforderte. Nein, ich war Conan-Anhänger durch und durch, auch wenn ich mir eingestehen musste, dass der geniale Wahnsinn bzw. die wahnsinnige Genialität mit dem Ausklang der Nullerjahre peu à peu abnahm und bei "Conan" auf TBS schließlich nur noch vereinzelt aufschien. Umso seliger war ich, wann immer Clips aus den Tagen vor "meiner Zeit" auf diversen Videoplattformen auftauchten – um binnen kurzem auf Drängen von NBC gelöscht zu werden. Seit 2017 unangetastet finden sich im "Internet Archive" etliche komplette Ausgaben von "Late Night" aus den Neunzigerjahren. Was für ein Schatz!

Von Anfang an war die exzeptionelle kreative Kraft hinter der Spätabend-Show spürbar, und zahlreiche Namen werde ich bis in alle Ewigkeit mit peak comedy verbinden. Denn es war ja nicht nur O'Brien, der den herrlichen Quatsch stemmte. Die neben und mit ihm Auftretenden waren durch die Bank weg eine Wonne, von Kultgreis Abe Vigoda über die sich dort ihre ersten Sporen verdienenden Youngsters Jack McBrayer und Amy Poehler (als Andy Richters Schwester) oder später Will Forte (als Ted Turner) bis hin zu Darstellern, deren Namen ich bis heute nicht eruieren konnte, z.B. den "Babbling Floor Whipper", dessen Theme-Song mir buchstäblich monatelang im Gehirn rumspukte. Am herausragendsten waren freilich die zwei Brians, die Autoren Brian Stack (heute bei Colbert) und Brian McCann (keine Ahnung, was der heute macht). Jeder Auftritt ihrer wiederkehrenden Figuren vermochte es, mir das Zwerchfell bersten zu lassen (bitte selbst googeln): "The Interrupter", der "FedEx-Pope", der "Fun hole"-Typ, "Hannigan the Travelling Salesman", "Preparation H Raymond" und und und. Nicht unerwähnt bleiben darf auch Robert Smigel, der nicht nur "Triumph the Insult Comic Dog" erfunden hat. Recurring characters waren neben komplett aus dem Nichts kommenden throwaway gags** die große Stärke von Conans Shows, und bei manchen reichte es schon, sie einfach auftreten und einen minimalistischen Act aufführen zu lassen, ich denke da etwa an die Slipnutz, an "Cactus Chef Playing 'We Didn't Start the Fire' on a Flute" oder, großer Gott!, "Gorilla Nurse Using an Old-Fashioned Abdominal Excersiser While Listening to 'Angel of the Morning' by Juice Newton".

** In welcher anderen Late-Night-Talkshow wurden oder werden regelmäßig Fake-Gäste auf die Bühne oder an den Schreibtisch gebeten, um während des Interviews erschossen zu werden oder eines anderen bizarren Todes zu sterben?

Während ich diese ganzen Erinnerungen niederschreibe, muss ich abwechselnd lachen und weinen. Aber warum schreibe ich sie überhaupt nieder, fragt ihr euch? Nun, weil ich festhalten möchte, dass mich die beinahe 20 Jahre Rezeption dieser Art von Humor, der mir selbst in düstersten Phasen Freude zu bereiten im Stande war, persönlich geprägt haben. Es ist kein Geheimnis, dass ich komisches Schreiben als Beruf ergriffen habe, und auch wenn ich nie Erfolg damit hatte, so ist es mir stets leicht gefallen, weil ich auf ein rigide verinnerlichtes Set von humoristischen Schnittmustern und Spielarten höheren Nonsense' zurückgreifen konnte und kann, das mir durch Conan vermittelt wurde. Unerwartete Non-sequitur-Wendungen, weirdness und absurdist humor, geplante randomness und intelligente Albernheit, das versuche ich in meinen Texten unterzubringen, und diese Herangehensweise haben Conan und sein Team auf eine Weise perfektioniert, die ich höchstens später, als ich zum "Saturday Night Live"-Superfan wurde, in dessen "goldenem Zeitalter" (Season 21-25) wahrgenommen habe. 

Conan hat es in seiner Abschiedsrede auf den Punkt gebracht: "I have devoted all my adult life [...] to pursuing this strange phantom intersection between smart and stupid. And there's a lot of people who believe the two cannot coexist. But god, I will tell you, it is something I believe religiously. I think when smart and stupid come together, it's very difficult, but if you can make it happen, I think it's the most beautiful thing in the world." AMEN! Dass diese Art von Comedy schon immer etwas nischig war und heute aus der Zeit gefallen zu sein scheint, ist bedauerlich, und ich wünschte mir, es würde sich irgendwann (wieder) – zuungunsten der inflationären Politsatire modernen Typus' – ein breiteres Publikum dafür finden. Ich hoffe und könnte mir vorstellen, dass Conan O'Briens 2022 startende Variety-Show auf HBO Max sich auf diese Tugenden besinnt.

Freitag, 25. Juni 2021

Das wär' doch nicht nötig gewesen!

Aus einem Prozessbericht in der FAZ vom 18.6.2021:

Bestritten hat die Frau allerdings, ein Kalaschnikow-Sturmgewehr besessen zu haben. Die Waffe habe zwar auf dem Rücksitz des Wagens gelegen, jedoch ihrem Mann gehört. Die Anklage der Generalstaatsanwaltschaft geht dagegen davon aus, dass sie der Angeklagten zum Geburtstag geschenkt worden sei. "Ich habe zum Geburtstag lediglich ein paar Hähnchen-Nuggets von ihm geschenkt bekommen, weil ich die so gerne esse", sagte die Angeklagte.

Zu gerne hätte ich erfahren, in welcher Form die Nuggets geschenkt worden sind bzw. sein sollen! Hat der Mann seiner Frau lediglich eine Tiefkühlpackung in die Hand gedrückt? Oder diese Packung wenigstens in Geschenkpapier eingewickelt? Und dann noch einmal ins Eisfach getan oder auf dem Wohnzimmertisch oder wo auch immer antauen lassen? Oder bestand das Geschenk aus einer fertigen "Mahlzeit", sind die Nuggets also zubereitet und serviert worden? So oder so erscheint mir das als Geburtstagsgeschenk ein wenig dürftig. Glaubhafter ist, dass es noch etwas dazu gab. Eine Kalaschnikow wiederum ist fast schon too much. Aber ich will mich nicht in fremde Beziehungen einmischen.

Mittwoch, 23. Juni 2021

Unbekannte Sprachobjekte

"Man lernt nie aus", die Parole meines Lebens! In einer Ausgabe des "Omnibus"-Podcasts hörte ich zum ersten Mal – und zwar gleich zweimal – einen Amerikaner das Wort UFO als echtes Akronym aussprechen: "jufo" statt "ju-ef-oh". Zur Erklärung: Im Englischen wird mit acronym generalisierend jede Form der Initialkürzung bezeichnet, während in der deutschsprachigen Linguistik ein Akronym eine (Anfangs-)Buchstaben- oder Silbenkürzung ist, die wie ein "richtiges" Wort ausgesprochen wird. Beispiel: NASA gilt als echtes Akronym, NSA als Buchstabenkurzwort. Das ist zumindest die Unterscheidung, an die ich mich mit H. Bußmann u.a. halte. Die Definitionen gehen allerdings sowohl im Englischen als auch im Deutschen wild durcheinander. Das Wort UFO nun (aus "unidentifiziertes Flugobjekt") wird im Deutschen grundsätzlich "Ufo" ausgesprochen, weshalb diese Schreibung, mit kleinem f und kleinem o, auch gestattet und verbreitet ist. Kein Mensch sagt "Uh-ef-oh". Englisch sprechende Menschen hingegen habe ich bisher immer nur "ju-ef-oh" sagen hören, weshalb ich dachte, allein die Buchstabenaussprache sei zulässig. Nach dem Hören der mir seltsam, ja verboten erscheinenden Variante des "Omnibus"-Co-Moderators konsultierte ich Merriam-Webster, und siehe!, beides ist möglich:


Montag, 21. Juni 2021

Apothek' me out

In Ira Levins (famosem!) Roman "A Kiss Before Dying" gehen zwei Figuren in einen Drugstore, um sich dort zu unterhalten, und zwar bei Kaffee und Kuchen! An dieser Stelle musste ich das Buch zur Seite legen und recherchieren. Dass amerikanische Drogerien und Apotheken anders sind als deutsche (und als britische, wie dieser Artikel von BBC America über drugstores vs. chemists veranschaulicht), war mir klar, aber war es früher (der Roman spielt Anfang der 1950er Jahre) tatsächlich Usus, in einem solchen Ort Essen und Trinken zu bestellen?

War es! Und ist es eventuell bald wieder. Aber der Reihe nach. Wie ich einem Blogeintrag von 2015 entnehme, waren die Fünfziger auch die Zeit, in der die großen Drogerieketten mit Selbstbedienung, allen voran Walgreens, Fuß fassten. Aber bis dahin unterhielt jeder bessere Drugstore eine bestimmte, sehr beliebte Form des Getränkeausschanks: den soda fountain. Lässt man sich den Begriff in der Google-Bildersuche zeigen, sieht man hauptsächlich die modernen, weltweit verbreiteten Cola-Fanta-Sprite-&-Co.-Spender, doch die "Soda-Brunnen" ursprünglicher Prägung versorgten die Kommunen zuvörderst mit Mineralwasser, dessen heilsame Wirkung seit dem 19. Jahrhundert bekannt und geschätzt war. Die örtliche Drogerie war die wichtigste und oft einzige Sprudel-Quelle der Stadt. Allmählich wurde das Sortiment um andere Softdrinks erweitert, die die Kundschaft konsumieren konnte, während der Apotheker die verordneten Pillen raussuchte, abzählte und "eindoste" (über das Prozedere der Medikamentenausgabe in den USA informiert dieser deutschsprachige Rundbrief). Wie es eine Ausgabe von "Drug Topics" von 2019 formuliert: "Pharmacies were once known for their soda fountains, with customers enjoying a cherry coke or root beer while they waited, catching up with neighbors, reading the paper or just taking a breather from their day."

Wie bei unseren Tankstellen, die auf einmal anfingen, Brötchen und Grillkohle zu verkaufen, griff das Angebot-und-Nachfrage-Prinzip auch bei den Drugstores. Wegbereitend war hier zum Beispiel der "Wall Drug Store" in South Dakota, der 1931 als kleine Apotheke anfing, zunächst kostenlos Wasser sowie Kaffee für 5 Cent anbot und schließlich zu einem regelrechten Super-Store/Freizeit-Center mutierte, wobei hier neben dem Geschäftssinn der Besitzer auch die günstige Lage eine Rolle spielte: Der Laden liegt auf einem Anfahrtsweg nach Mount Rushmore. Kurzum: Wo nach dem Rezepteinlösen getrunken wurde, wurde bald auch gegessen, und dass das Rezepteinlösen bisweilen ganz wegfiel, davon zeugen zeitgenössische Schriften wie Ira Levins Krimi von 1953. 

In jenem Jahrzehnt verschwand das Verköstigungs-Element übrigens nicht völlig. Der englische Wikipedia-Eintrag zu "Pharmacy" enthält ein Foto, auf dem Richard Nixon im Jahr 1974 einen Drugstore mit "lunch counter" in Houston, Texas, besucht; Kaffeegeschirr, Cola-Reklame und Menü-Tafeln zeugen von erweiterter Gastronomie. Der genannte "Wall Drug Store" hat nie aufgehört, Snacks und Erfrischungen zu servieren, sein Kaffee kostet immer noch 5 Cent. Und, wie bereits angedeutet, erlebt das Konzept "Café in der Apotheke" ein Comeback in den USA. Inwieweit Corona diesem Comeback einen Riegel vorgeschoben hat, kann ich nicht sagen, zumindest ist den – vor 2020 erschienenen – verlinkten Artikeln zu entnehmen, dass es sich um einen Trend handelt. Einen Trend, der die Nostalgie der Älteren einerseits, die unstoppbare Coffee culture der Jüngeren andererseits bedient.

Eine deutsche Apotheke, in der zwischen Venenmessung und Tablettenübergabe ein frisch gebrühter Bohnentrunk kredenzt wird, sehe ich nicht vor mir. Doch ich prophezeie: Der erste Drogeriemarkt mit integriertem Starbucks-Abklatsch ist nur noch eine Pandemie von uns entfernt.

Samstag, 19. Juni 2021

Entfleucht

Wer oder was ist laut Medienberichten in jüngerer und jüngster Vergangenheit ausgebüxt?

  • ein Pinscher
  • eine Schildkröte
  • fünf Rinder
  • drei Ponys und ein Esel
  • ein Papagei
  • ein vierjähriger Junge
  • eine 16-jährige Klinikpatientin
  • drei Insassen eines "Massnahmenzentrums"
  • 40.000 Bienen
  • ein Schaf
  • zwei Lamas
  • eine Katze
  • zwei Kängurus
  • vier Berberaffen
  • ein Kleinkind
  • Dutzende Schafe
  • ein Teil einer Damwildherde
  • ein Sechsjähriger
  • ein Ochse
  • ein Serval (eine Raubkatze)
  • ein Ziegenbock
  • eine Südafrikanische Korallenschlange
  • eine 81-jährige Seniorenheimbewohnerin
  • eine Antilope
  • ein Schottisches Hochlandrind
So, das reicht, ein Muster zeichnet sich nach diesen Beispielen bereits ab. Ausbüxen tun in der Regel Tiere. Wird das Wort auf Menschen bezogen, dann entweder auf Kinder, auf Alte oder sonstwie Schutzbefohlene, Entmündigte. Dem Ausbüxen scheint ein gewisses Zufallselement eigen zu sein, eventuell gehört auch eine Prise "Frechheit" dazu. Böses führen die Ausgebüxten selten im Schilde, allein in der Schweiz scheinen auch weniger harmlose Zeitgenossen ausbüxen zu können (s. "drei Insassen"). Zwar hat die B.Z. schon einmal über einen Mörder, der nach seinem Ausgang nicht in die JVA zurückkehrte, geschrieben: "Wieder ist ein Knacki ausgebüxt." Dennoch erschienen Meldungen wie "Witwenwürger ausgebüxt", "Top-Terrorist ausgebüxt" oder "El Chapo schon wieder ausgebüxt" ungewohnt und befremdlich.

Donnerstag, 17. Juni 2021

Ergebnis, los!

Hier kommt eine kleine Nörgelei, für die ich kein Verständnis erwarte, die loszuwerden mir dennoch am Herzen liegt. Zurzeit findet die Fußball-EM statt, und das, was ich zu kritisieren habe, ist mir schon bei der letzten Meisterschaft aufgefallen.

Ich wollte gestern nach dem Frühstück wissen, wie die erste Begegnung der deutschen Elf am Vorabend ausgegangen ist. Zwar hatte ich bereits aus diversen Witzen auf Twitter schließen können, dass Deutschland ein Eigentor geschossen hatte, doch das Endergebnis der Partie gegen Frankreich war mir nicht bekannt. Also öffnete ich "Spiegel online". Ganz oben war schon mal nichts zu erfahren. Nach einigen Top-News aus Politik und Weltgeschehen kam der Sportteil. Aha! Die erste Meldung die EM betreffend ging so:

"Jetzt schon unter Druck
Die deutsche Nationalmannschaft hat zum EM-Auftakt defensiv ordentlich gespielt, die Offensive dagegen blieb komplett harmlos. Das muss sich im nächsten Spiel gegen Portugal ändern, will man länger im Turnier bleiben."

Hm. Ziemlich voraussetzungsreich. Vielleicht hilft der nächste Artikel-Teaser weiter? 

"Deutschland in der Einzelkritik
Das Trio Müller-Gnabry-Havertz funktionierte nicht
Bei Mats Hummels ersetzte ein Tackling fehlendes Tempo, Serge Gnabry war abgemeldet, und Joachim Löw sollte seine Offensivreihe verändern."

Aha, so so. Und wie haben "wir" nun gespielt?

"Deutsche EM-Niederlage gegen Frankreich
Pechvogel auf dem Rasen, Lebensgefahr aus der Luft
Deutschland spielt ordentlich gegen Frankreich und verliert dennoch völlig verdient. Mats Hummels hat ein umgekehrtes Déjà-vu, Antonio Rüdiger zeigt sich bissfest, und eine Protestaktion endet fast in einer Tragödie."

Hier erfährt man immerhin, dass das Spiel zum Nachteil von Deutschland geendet ist. Aber mit welchem Torverhältnis? Weiter:

"Mats Hummels über sein Eigentor
'Niederlage schmerzt uns sehr und mich besonders'"

Aaaaarrrghhh!

"Reaktionen zum deutschen EM-Auftakt
'Es war ein brutal intensives Spiel'"

Leute, bitte, gebt mir einfach die verdammten Zahlen!

"Frankreich in der Einzelkritik
Pogba mit genialen Momenten, Mbappé kaum zu bremsen
Aus München berichtet Marcus Krämer"

Kennt Marcus Krämer auch das Ergebnis? Ich will diesen Beitrag nicht öffnen. Nächster Teaser:

"Vor Anstoß zu deutschem EM-Auftakt
Motorgleitschirmflieger landet im Stadion – zwei Verletzte
Schreckmoment beim EM-Start zwischen Deutschland und Frankreich: Ein Greenpeace-Aktivist ist mit einem Gleitschirm im Stadion aufgesetzt. Bei der missglückten Protestaktion wurden zwei Menschen verletzt."

Okay, jetzt sind wir also schon beim Nebengeplänkel angelangt. Mehr Meldungen werden auf der Startseite nicht angezeigt. Erst am Ende des Blocks findet man eine simple, aussagekräftige Grafik mit Flaggen, Ländernamen und Ziffern. Frankreich hat 1:0 gewonnen, sehe ich. Warum kann spiegel.de diese Info nicht an erster Stelle platzieren?

Mittwoch, 16. Juni 2021

10 Must-sees aus 100 Have-seens (3)

Wow, 100 weggeguckte Filme in 14 Monaten. Kann das mit der Pandemie zu tun gehabt haben? Nö. Hier also wie immer zehn Highlights, die ich uneingeschränkt empfehlen kann (ohne Gewähr):
  • Knives Out
  • Midsommar
  • Les Misérables
  • 1917
  • Borat: Anschluss Moviefilm
  • The Gentlemen
  • Die Mörder sind unter uns
  • Der Club der toten Dichter
  • The Rental
  • BlacKKKlansman

Montag, 14. Juni 2021

Meine zehn zuletzt gesehenen Filme

Alle Mörder sind schon da (OT: Clue)
Ich begreife nicht, warum als deutscher Titel nicht "Cluedo" gewählt wurde, denn aus "Alle Mörder sind schon da" kann man wohl kaum schließen, dass es sich um die Verfilmung des beliebten Murder-Mystery-Brettspiels handelt. Dass man aus dem Szenario des Spiels einen Film gemacht hat, ist so gewitzt wie naheliegend. Naheliegender zumindest als etwa "Battleship" (2012), wo aus einer praktisch nicht vorhandenen Story etwas aufgebauscht wurde, was ... nun gut: vermutlich auch nicht gerade ein Höhepunkt der Erzählkunst geworden ist. Wie dem auch sei: Eine Dinnerparty, ein Landhaus bei Nacht, viele skurrile Verdächtige und Mordwaffen – das taugt als Basis für einen klassischen Whodunit-Film. Wobei Regisseur Jonathan Lynn und Co-Autor John Landis* dankbarerweise gar nicht erst versucht haben, ein unironisches Poirot-&-Co.-Schnittmuster zu zeichnen, sondern aus dem Stoff eine rasante Komödie entwickelt haben. In den Plot wurde dabei gar nicht mal wenig Mühe gesteckt, man wird "Cluedo"-mäßig zum Mitraten eingeladen, und für das Ende hat man sich ein nettes Gimmick ausgedacht. In Sachen Humor ist dieser Film von 1985 hier und da angegraut (auch eine wiederkehrende Frage in dieser meiner Reihe: Wie gut halten Komödien dem Zahn der Zeit stand?), es gibt frivole Gags mit hohem Uff!-Faktor, und nicht selten kippt der Slapstick ins Kindische (Stichwort Scooby-Doo-artiges Von-einem-Zimmer-ins-nächste-rennen**). Doch ich müsste lügen, würde ich behaupten, ich hätte mich gelangweilt. Insbesondere an dem herrlichen Cast hatte ich meine helle Freude.

* übrigens Regisseur des von mir beim letzten Mal besprochenen "Der Prinz aus Zamunda"; er wird uns auch in Zukunft noch begegnen
** Wortbildung am Limit!

Moon
Duncan Jones' Time-bzw.-Mind-travelling-SciFi-Thriller "Source Code" von 2011 hatte mir sehr gut gefallen, aber als sich Jones (Sohn von David Bowie, falls das jemand noch nicht wusste) der Verfilmung von "World of Warcraft" widmete, hatte ich jegliches Interesse an diesem Regisseur verloren. (2018 gab es von ihm einen weiteren, mittelmäßig bewerteten Science-Fiction-Thriller namens "Mute", von dem ich soeben zum ersten Mal gelesen habe.) Sein 2009er-Debut "Moon" wurde mir aber schon öfter empfohlen, also schaute ich ihn mir neulich unvoreingenommen bis vorfreudig auf Amazon Prime an. 
Das klaustrophobische Weltraumkammerspiel mit dem späteren Oscar-Gewinner Sam Rockwell hat eine überzeugende Grundidee, hätte m.M.n. aber "klarer" erzählt werden sollen. Mir erschien die Inszenierung zum Teil zu wenig stringent, zu episodenhaft, zu verrätselt. Womöglich war aber auch einfach nur meine Aufnahmefähigkeit an jenem Abend etwas vermindert.

Unhinged - Außer Kontrolle
Von diesem recht neuen Thriller hatte ich im Vorfeld gelesen, er erinnere an "Falling Down" (1993). Das kann ich nicht unterschreiben. Zwar geht es auch hier um einen Mann im Auto, der eines Tages austickt und eine Spur der Verwüstung hinter sich her zieht, aber im Gegensatz zu Michael Douglas' Charakter ist der von Russell Crowe verkörperte Wutbürger von Anfang an als verachtenswerter Psychopath angelegt. Wo bei "Falling Down" das Umkippen der Dominosteine, die zum irgendwie nachvollziehbaren Überschnappen Douglas' führen, gezeigt wird, erfahren wir bei "Unhinged" abgesehen von ein paar verbalen Andeutungen aus Crowes Mund nichts darüber, warum jener Tropfen (leichtes Fehlverhalten im Straßenverkehr) sein Fass zum Überlaufen bringt. Dieses (scheinbare?) Fehlen einer instrinsischen Motivation führt dazu, dass Crowes Figur keinerlei Projektionsfläche für Empathie bietet. Andererseits – und das ist der zweite große Unterschied zu "Falling Down" – liegt auf Crowe gar nicht der Fokus! Die Heldin ist jene Frau, die das Pech hat, den aggressiven Straßencowboy an einer Ampel zu schneiden. Weil sie an diesem Tag ebenso gestresst und gereizt ist, weigert sie sich, um Entschuldigung zu bitten, und zieht unverhältnismäßigen road rage und ein regelrechtes Martyrium auf sich. Das alles ist reichlich brutal, zugegebenermaßen ziemlich kurzweilig, letzten Endes aber vergessenswert.
Ein vergleichbarer Film ist übrigens "Spurwechsel" (2002) mit Samuel L. Jackson und Ben Affleck. Der war, glaube ich, gelungener.

Hacksaw Ridge - Die Entscheidung
Ich weiß nicht, auf wen ich mehr herabblicke: Menschen, die freiwillig in den Krieg ziehen, oder solche, die sich ihr Leben von religiösen Vorschriften einschränken lassen. Die Hauptperson in diesem Film von 2016 erfüllt beide Kriterien, darf sich mithin als Doppelidiot meiner Sympathie nicht sicher sein. Das Schockierende: Der von Andrew Garfield verkörperte junge Held hat wirklich existiert. Desmond Doss war ein Siebenter-Tags-Adventist, der zwar den Dienst an der Waffe verweigerte, sich aber freiwillig für die Teilnahme am Pazifikkrieg meldete. Als pazifistisch eingestellter Sanitäter wollte er seinen kämpfenden Landsleuten helfen, und darin war er, zunächst angefeindet und beargwöhnt, so erfolgreich, dass er mit der Bronze Star Medal und sogar der Medal of Honor ausgezeichnet wurde.
Warum ich mir diesen biographischen Kriegsfilm überhaupt angeschaut habe? Weil mich sowohl die Zuschauer- (imdb 8,1) als auch die Kritikerurteile (u.a. sechs Oscar-Nominierungen, davon zwei Gewinne) überzeugt haben. Ja, ich gebe zu: Der einst in Ungnade gefallene Mel Gibson hat es geschafft, dass ich mit dem Soldaten Dobbs mitgefühlt und ihm seinen bedingungslosen Willen zur Erfüllung des christlichen Gebots der Nächstenliebe voll und ganz abgenommen habe. "Hacksaw Ridge" (so der amerikanische Spitzname der Klippe von Maeda, die in der Schlacht von Okinawa eine entscheidende Rolle spielte) ist natürlich nicht nur eine melodramatische Charakterstudie, sondern in erster Linie ein (Anti-?)Kriegsspektakel, bei dem es bei aller Emotionalität ordentlich rummst und das wie für eine Gibson-Inszenierung typisch mit Gewaltdarstellungen nicht geizt. Man fragt sich wirklich, ob es in der Visualisierung von Schussverletzungen und Granatenversehrungen noch eine Grenze gibt. Wer Gemetzel wie in "Der Soldat James Ryan" problemlos verdauen kann und 140 Minuten Zeit mitbringt, wird hier durchaus belohnt.

Marx Brothers - Eine Nacht in Casablanca
39 Jahre musste ich alt werden, um die Marx Brothers in vertonten Bewegtbildern zu sehen. Dieser exemplarisch rausgesuchte Spielfilm von 1946, der hauptsächlich in einem Hotel in Casablanca spielt, hat mir verdeutlicht, warum die Brüder als so wegweisend für die amerikanische Comedy gelten. Zugegeben: Einige Gags, bei denen man heute die Augen verdreht, dürften schon damals schal gewesen sein, und manche Sequenzen sind schlicht zu lang, so etwa eine Kofferpack-und-Kleider-versteck-Nummer oder eine Szene, in der Chico minutenlang die Pfeifsprache des stummen Harpo "übersetzt". Auch nicht jedes/r von Grouchos Wortspielen und zingers landet einen Treffer, aber bei einem solch staunenswerten Gag-Stakkato verzeiht man dies. 
"A Night in Casablanca" war für mich – wie etwa Ernst Lubitschs "Sein oder Nichtsein" (1942) – schon deshalb lehrreich, weil hier Slapstick-Standards und clevere Einfälle eingeführt wurden, die man aus unzähligen späteren Komödien kennt.

15:17 to Paris
Noch ein Vertreter der Kategorie "Alte Haudegen mit zum Teil fragwürdigen Ansichten verfilmen reale Heldengeschichten" (s.o.): Clint Eastwood hat den versuchten Anschlag auf einen Thalys-Zug im Terrorjahr 2015 filmisch rekonstruiert. Der Clou dabei: Die drei amerikanischen Freunde, die das Attentat verhinderten, spielen sich selbst, und zwar verdammt gut. Ein Problem ergibt sich daraus, dass eine (versuchte) Straftat dieser Art natürlich nur ein paar Minuten einnimmt. Die Folge ist, dass das Kerngeschehen mit allerlei Rückblenden umhüllt werden muss, und diese Szenen (Kindheit; Jugend; die Europareise, in deren Rahmen die schicksalhafte Thalys-Fahrt stattfand) sind bei aller positiven Stimmung nicht selten überflüssig und nichtssagend. So wirkt der Film über die Maßen aufgebläht. Zudem geht mir (s.o.) die Glorifizierung von Religion und Militarismus auf den Keks. Skurrile Besetzungsentscheidungen: Jenna Fischer, Tony Hale und Jaleel "Urkel" White in kleinen Nebenrollen.

Beast
Dieser Hybrid aus Liebesfilm, Thriller und Coming-of-age-Drama erregte meine Aufmerksamkeit allein aus Urlaubsnostalgie, er spielt nämlich auf der schönen Kanalinsel Jersey. Aber neben der Landschaft hat diese britische Produktion von 2017 auch Überraschungen und Spannungsmomente zu bieten, über die ich nichts verraten möchte. In der Hauptrolle überzeugt Jessie Buckley ("Fargo" Season 4).

Die Ausgrabung (OT: The Dig)
Vereinigtes Königreich zum Zweiten: Ein Film des Genres "Period piece mit Frau in spröder Landschaft" à la "Ammonite" oder "Porträt einer jungen Frau in Flammen", dessen Klischeeanfälligkeit sich Hauptdarstellerin Carey Mulligan bewusst ist, hat sie doch bei ihrem SNL-Hosting stint in einer entsprechenden Parodie mitgewirkt (leider nicht bei Youtube verfügbar). Mehrmals habe ich gelesen, dass das Thema Archäologie (abseits von Indiana Jones) zu unsexy und speziell sei, um über zwei Stunden zu tragen, aber ich habe mich kaum gelangweilt, zumal der historische Hintergrund in der Realität verhaftet ist, so dass man auch noch was Interessantes lernt. "The Dig" hätte mehr Aufmerksamkeit verdient, als es der corona-bedingte "limited release" zugelassen hat. 

Escape from Tomorrow
Von diesem Indie-Projekt habe ich schon vor vielen Jahren gehört. 2013 hat der Filmemacher Randy Moore heimlich (!) in Walt Disney Land und im Disneyland Resort (!) einen Horrorfilm (!) gedreht. Was ziemlich genial klingt, hat mich, als ich acht Jahre später endlich an den Film herangekommen bin, in der Ausführung enttäuscht. In seinem Bemühen, möglichst surreal und psychedelisch rüberzukommen, schießt "Escape from Tomorrow" nicht selten übers Ziel hinaus und verwirrt mehr als dass er anregt. Das acting ist leider auch durchwachsen. Trotzdem: Respekt für die Idee und die Durchführung.

Nomadland
Und weil ich wie jedes Mal an dieser Stelle tüchtig erschöpft bin (bis hierhin hat mich der Beitrag schon wieder gut drei Stunden gekostet), sei der Academy-Awards-Abräumer 2021 nur in kürzester Kürze "rezensiert". Alles Lob für Chloé Zhaos Sachbuchumsetzung ist gerechtfertigt! Was man hier über die mir bis dahin völlig unbekannte amerikanische "Nomaden"-Szene erfährt, geht einem ebenso nahe wie das Spiel von Frances McDormand und der zahlreichen Laiendarstellerinnen und -darsteller.

Samstag, 12. Juni 2021

Und welche Fusionsküche soll das sein?

Nach dem neckischen Experiment vom letzten Mal geht es weiter mit einem kulinarischen Schmelztiegel, der prima facie sonderbar anmuten mag, aber absolut einleuchtend und vor allem köstlich und enorm sättigend ist. Wir machen eine indische Frittata mit Käse. (NEUER SERVICE: Alle Zutaten sind fett gesetzt.)

Hinweis: Die Rezeptur, die mir vorlag, sah ganze 8 (!) Eier vor. Das fand ich für 2 Portionen übertrieben, und ich rechnete alles um ein Viertel herunter. Wer die volle Protein-Power nötig zu haben meint, muss halt den Dreisatz bemühen.

In einer großen Pfanne wird etwas neutrales Öl erhitzt. Bei höchster Stufe werden 1 TL Currypulver, 2 TL Kreuzkümmelsamen und je nach Vorliebe 1-2 TL Chiliflocken hineingegeben. Jetzt kommt der Käse dazu (200 g). Hier hat man ein wenig Spielraum. Das Originalrezept verlangt Paneer (weswegen es sich "Saag Paneer Frittata" nennt). Da ich keine Zeit hatte, selbst welchen herzustellen (was ich schon einmal erfolgreich getan habe, und ich hätte schwören können, dies im Blog dokumentiert zu haben; war aber wohl nur auf Instagram), und weil es bei Rewe keinen gab, kaufte ich dort russischen Tworog. Eine Art Hüttenkäse, so mein Gedanke, ist ähnlich mild, macht das Gericht aber dadurch interessanter, dass er ein wenig zerläuft. Wer etwas wie Paneer Nichtschmelzendes bevorzugt, ist wahrscheinlich mit Halloumi gut beraten. Jedenfalls wird der Käse nun in die Pfanne gekrümelt, gerieben oder gewürfelt und für eine halbe Minute mit den Gewürzen vermengt. Als nächstes kommen 100 g Babyspinat (1 Beutel) und 150-200 g Tiefkühlerbsen dazu. Über diese Gemüsemische schüttet man nach kurzer Wartezeit 6 Eier der Größe L, verquirlt und mit Pfeffer und Salz gewürzt. Alles schön verrühren und dann ohne weiteres Zutun 2 Minuten anbraten lassen. Damit die Frittata auch von oben fest wird, schiebt man die Pfanne abschließend für einige Minuten in den vorgeheizten Backofen. Man will nicht, dass das Ganze zu trocken wird, sondern eine nette Omelett-Konsistenz erreichen, deswegen den Prozess gut beobachten! Wessen Pfanne (wie meine) einen abnehmbaren Stiel hat, der kann diesen vor dem Backvorgang entfernen, damit er kühl bleibt – praktisch! 


Halbieren und servieren. Zu der Frittata reicht man
Mango-Chutney. Ich bin überhaupt kein Chutney-Fan, aber das von Geeta's schmeckt famos und passt wirklich gut dazu. 

Donnerstag, 10. Juni 2021

Videospieltipp: A Plague Tale: Innocence

Frankreich, 1348 – da horchen Geschichts- und/oder Metalfans natürlich auf: Wir befinden uns auf dem Höhepunkt der großen Seuche, die zu dieser Zeit in Europa wütete und auf englisch plague heißt. Wir sollten uns von der Idylle des Landadels nicht täuschen lassen, in die wir in Gestalt der minderjährigen Amicia geworfen werden. Während wir noch unbedarft durch unser Anwesen streifen und gemeinsam mit unserem Vater die Umgebung sowie (Chekhov's-gun-mäßig) einige Grundtechniken kennen lernen, bricht die Katastrophe über uns herein. Die Heilige Inquisition überfällt den Familiensitz, und wir müssen mit unserem kleinen Bruder die Flucht ergreifen.

Diese Flucht dauert 15 bis 20 Stunden, in denen uns zum Glück hin und wieder Verschnaufpausen gegönnt werden. Hauptsächlich ist die Reise aber adrenalintreibend; entweder rennen wir panisch weg oder bahnen uns taktisch in grandios konstruierten Schleichpassagen den Weg. Unsere Gegner sind dabei entweder die Truppen der Inquisition, Engländer (es ist auch noch Hundertjähriger Krieg!) oder, wie bereits angedeutet, die Überträger von Yersinia pestis: Ratten. Warnung vorweg: Wer sich vor Ratten ekelt, sollte die Finger von "A Plague Tale" lassen, denn uns begegnen Abertausende davon. Überhaupt darf man, wie es ein überzeugendes Mittelalter-Setting nahelegt, nicht gerade zimperlich sein. Schon recht bald müssen sich die in trauter Isolation aufgewachsenen Kinder zu unschönen Taten hinreißen lassen, um zu überleben, und die im Titel anklingende Unschuld über Bord werfen.

Das alles erinnert immer wieder an "Game of Thrones". Wer damit etwas anfangen kann und für Third-Person-Stealth-&-Action-Spiele etwas übrig hat, kommt an "A Plague Tale" nicht vorbei. Spielmechanisch und erzähltechnisch scheint man sich ein wenig von "The Last of Us" inspirieren lassen zu haben. Das habe ich zwar nicht selbst gespielt, aber ich schaue gerade ein Let's Play und entdecke darin die ein oder andere Parallele. Der Schwierigkeitsgrad ist knackig. Für den Endkampf habe ich mehr als eine Stunde gebraucht, und zwei-drei Stellen kann man durchaus als frustrierend bezeichnen, reineweg unfair wird es aber nie.

Und sonst so? Man baut Fähigkeiten aus, schlüpft zwischenzeitlich in eine andere Rolle als die von Amicia, setzt Teamwork ein, sammelt – weil das halt heute unvermeidlich ist – Zutaten und Rohstoffe zum Craften, kann abseits der Wege ein paar Achievement-würdige Kuriosa entdecken (im Großen und Ganzen sind die Levels jedoch sehr linear) und kann seine Problemlösungs-Skills testen, wobei die gelegentlichen Rätsel nie überfordern dürften. Fazit: "A Plague Tale: Innocence" ist ein brillant inszeniertes und gameplaytechnisch einnehmendes Abenteuerspiel des französischen Asobo Studios (welches bislang nur mit Sportspielen und Filmversoftungen unter dem Radar lief), das noch lange nach dem Abspann nachwirkt.

Dienstag, 8. Juni 2021

Ripley in der Goebbels-Schnauze?

In der spannenden Biographie "A Curious Man: The Strange & Brilliant Life of Robert 'Believe It or Not' Ripley" von Neal Thompson erfährt man auf Seite 231f., dass der berühmte Cartoonist, Weltenbummler und Kuriositätensammler Robert Ripley im Jahr 1934 die womöglich erste globusumspannend ausgestrahlte Live-Radiosendung präsentierte. Für ein "Believe It or Not"-Special auf NBC versammelte er 16 Simultandolmetscher mit Mikrofonen auf einer Bühne und ließ sie seine Moderation on air übersetzen. Das Programm ging der Presse zufolge u.a. nach China, Japan, Italien, den Niederlanden, Schweden, Persien und Argentinien über den Äther. Und: nach Deutschland. Für diese Behauptung kann ich leider keine bestätigenden deutschsprachigen Zeitungsmeldungen, keine Tagebucheinträge oder Erwähnungen in Büchern finden. Gab es die Sendung überhaupt in deutscher Sprache, oder konnte man sie innerhalb des Deutschen Reiches lediglich aus Anrainerländern oder aus Großbritannien "abfangen"? Ob sich ein Zeitzeuge auftreiben lässt?

Ich zumindest kann bezeugen, dass "Believe It or Not!" spätestens sechs Jahrzehnte später als "Unglaublich aber Wahr!" den Weg nach Deutschland gefunden hatte. Als Schuljunge stieß ich nämlich einmal beim Familienurlaub auf ein Taschenbuch, das mich aus einem Grabbeltisch vor einem Ramschladen anlachte. Für 1 oder 2 Mark nahm ich es mit, und ich besitze es noch heute.


1995 erschien dann das lose auf Ripleys Abenteuern basierende Indiana-Jones-artige Computerspiel "Das Rätsel des Master Lu". Erst als ich von einer Spielezeitschrift darüber informiert wurde, erschloss sich mir der Zusammenhang mit meinem Büchlein (Internet stand damals ja noch nicht zur Verfügung)! Ich wünschte mir das Game zu Weihnachten, bekam es auch geschenkt, aber ach – es wollte nicht laufen und musste umgetauscht werden; das Problem, dass ein bestimmtes Programm mit einem bestimmten PC aufgrund einer Kleinigkeit wie der falschen Soundkarte völlig inkompatibel ist, kann man sich in Zeiten von GOG.com und Cloud Gaming kaum vorstellen, aber damit hatten wir damals regelmäßig zu kämpfen! Zum Glück konnte ich das Adventure dank dem YouTuber "FireFox" ein Vierteljahrhundert später doch noch, in Form eines Let's Plays, erleben. Aber ich schweife ab.

Ab 2005 wurde im Spätabendblock von RTL II die US-Neuauflage von "Believe It or Not!" (88 Folgen in 4 Staffeln, 2000-2003) gezeigt, was komplett an mir vorbeigegangen ist. In der deutschen Bearbeitung ("Ripley's unglaubliche Welt") wurden, wie die Seite "TV Wunschliste" weiß, die Moderationsteile durch Einspieler mit Markus Majowski ersetzt. Den habe ich vor ein paar Jahren in einem Theaterstück an der Komödie Frankfurt gesehen, aber ich schweife schon wieder ab. Wie meine weiteren Recherchen ergaben, war sogar mal ein Kinofilm basierend auf dem Leben Bob Ripleys in der Mache, bzw. nicht einmal in der Mache, sondern lediglich geplant. Das Projekt, bei dem Jim Carrey die Hauptrolle übernehmen sollte, ist bereits Ende der Nullerjahre eingeschlafen, die letzten Updates diesbezüglich datieren auf 2011.

Die Frage bleibt: War LeRoy Robert Ripley schon zu Lebzeiten in Deutschland bekannt? Ein allgemeines Interesse an seinem Treiben wäre hierzulande mit Sicherheit vorhanden gewesen, denn die amerikanische Schaubuden-, Tingeltangel- und Freakshow-Kultur des 19. und frühen 20. Jahrhunderts ist nachweislich wiederholt nach Europa hinübergeschwappt. Harry Houdini hatte in Deutschland einige vielbeachtete Auftritte, was ich, glaube ich, erstmals in David Blaines autobiographischem Sachbuch "Mysterious Stranger" gelesen habe; auch in einer Spiegel-Fotostrecke wird es erwähnt. (Side note, re: "The Great Span": Die letzte noch lebende Bühnenassistentin Houdinis starb erst 2011 im Alter von 103.) P.T. Barnum tourte mehrmals durch Europa. Ob er auch je in Deutschland war, konnte ich nicht verifizieren. Chang und Eng Bunker, die von ihm promoteten siamesischen Zwillinge, deretwegen Siamesische Zwillinge bis heute so heißen, waren es. (Ich empfehle übrigens den faszinierend-deprimierenden "Dollop"-Podcast zu Chang & Eng.)

Abschließend soll festgehalten werden, dass es den Globetrotter Ripley natürlich auch nach Deutschland verschlagen hatte, nur eben nicht als Entertainer, sondern als Erkunder und Oddities-Aufspürer. Im Rahmen seiner Europareise 1913 wohnte er in Deutschland einer Mensur bei ("a bizarre sword-fighting contest", a.a.O., S. 52).

Sonntag, 6. Juni 2021

Tantiemen, bitte!

Vor circa acht Jahren hatte ich die Idee, in zwei Kunstausstellungen "Computer mit laufender Videotelefoniesoftware" zu installieren, über die "[d]ie Besucher der einen Ausstellung [...] permanent mit denen der anderen Ausstellung kommunizieren" können. Etwas ähnliches gibt es jetzt tatsächlich, mit dem Unterschied, dass es sich nicht um schnöde Monitore handelt, sondern um futuristisch anmutende "Portale", die nicht in einem Museum, sondern im öffentlichen Raum stehen. Eine Tonübertragung scheint es nicht zu geben, die (Echtzeit-)Verbindung ist rein optisch. Auf TYWKIWDBI habe ich von diesem Experiment, welches die polnische Stadt Lublin mit Litauens Hauptstadt Vilnius verbindet, erfahren. Ganze fünf Jahre hat die Realisierung des Projekts der Technischen Universität Vilnius gedauert, die nächsten Portale sollen in London und Reykjavik aufgebaut werden. Ausführlichere Infos sowie ein kurzes Video sind auf "Interesting Engineering" zu finden.

Mittwoch, 2. Juni 2021

Serientagebuch 05/21

02.05. Manifest 3.01
Mare of Easttown 1.02
03.05. Manifest 3.02
04.05. Family Guy 19.18
Mare of Easttown 1.03
06.05. Disenchantment 1.06
Manifest 3.03
09.05. Cruel Summer 1.04
11.05. Family Guy 19.19
Manifest 3.04
Eagleheart 1.01
Eagleheart 1.02
14.05. Cruel Summer 1.05
The Simpsons 32.20
Mare of Easttown 1.04
15.05. This Is Us 5.14
Eagleheart 1.03
Eagleheart 1.04
Manifest 3.05
19.05. Mare of Easttown 1.05
Family Guy 19.20
20.05. This Is Us 5.15
Manifest 3.06
21.05. Cruel Summer 1.06
Eagleheart 1.05
Eagleheart 1.06
Eagleheart 1.07
23.05. The Mosquito Coast 1.01
24.05. Eagleheart 1.08
Eagleheart 1.09
25.05. The Simpsons 32.21
Mare of Easttown 1.06
The Mosquito Coast 1.02
26.05. Manifest 3.07
Eagleheart 1.10
27.05. Disenchantment 1.07
28.05. This Is Us 5.16
29.05. Maniac 1.04
Maniac 1.05
30.05. Cruel Summer 1.07
The Mosquito Coast 1.03
Eagleheart 1.11
Eagleheart 1.12
31.05. The Simpsons 32.22
Mare of Easttown 1.07

May sweeps! Ich habe einige neue Serien/Staffeln begonnen und wurde nicht enttäuscht. Über den Überraschungs-Hit des Monats, die HBO-Miniserie Mare of Easttown, haben ja die meisten Medien schon geschrieben. Nur so viel: Von dieser Mischung aus "Happy Valley", "True Detective", "Broadchurch" und "One Dollar" fühlte ich mich vollends "abgeholt"; mit Letztgenanntem teilt sich der Siebenteiler erkennbarerweise den Regisseur. Kate Winslet als gebrochene, dauergenervte Kleinstadtpolizistin ist hier natürlich das Zugpferd. In einem Making-of wurde gezeigt, wie die Schauspielerin an ihrer Figur Mare mitgefeilt hat. Und auch (obwohl ich das freilich nicht vollständig beurteilen kann) wie sich die gebürtige Britin – mit Hilfe einer Dialekttrainerin – das Pennsylvania-Englisch des Delaware County draufgeschafft hat, ist beeindruckend. Ein weiteres Glanzlicht ist Jean Smart als Mares Mutter, die einfach jede Szene adelt. Außerdem habe ich Evan Peters nun restlos ins Herz geschlossen. In "American Horror Story" hat er mich oft genervt, wenn er allzu exaltiert und überheblich gespielt hat, aber das war, wie mir nun klar ist, halt das jeweils im Drehbuch Vorgesehene, und darin ist er mit Leib und Seele aufgegangen, oft genug bis zur Selbsterniedrigung. Umso wohltuender, ihn hier in einer sausympathischen Rolle zu erleben (die seinem wahren Ich vermutlich sehr nahe kommt)! Bis zum Schluss weiß die Story zu fesseln und lässt das Publikum dank den zahlreichen Verdächtigen fiebrig mitraten. Dass das Krimi-Drama bei all dem menschlichen Leid nicht krampfhaft und monoton gritty bleibt, verdankt sich den gekonnt gesetzten Humortupfern. Die, obschon vergnügliche, SNL-Parodie von neulich ("Murder Durder", leider nicht bei Youtube) hat diese exzellente Show nicht verdient.
Die vorletzte Staffel von This Is Us ist zu meiner Zufriedenheit zu Ende gegangen. Das, was ich im November kritisiert hatte, nämlich die schmerzende Einbeziehung der aktuellen Situation, wurde glücklicherweise nach und nach zurückgeschraubt. Dass die Familiensaga wie von Anfang an geplant mit noch einer letzten, sechsten Staffel nächstes Jahr auserzählt werden wird, begrüße ich. Unnötiges Strecken allein aus Gründen des Erfolgs (der ja zuletzt leider ausgeblieben ist) wirkt bekannermaßen oft tödlich.
Eine Familie, von der man nun wirklich mal genug hat, sind die Simpsons. Zwei bis drei Episoden pro Staffel, die im Gedächtnis bleiben, zwei bis drei Lacher pro Woche, das sind keine Gründe, eine Serie 32 verdammte Jahre laufen zu lassen. Ugh ... Dagegen hat mich Family Guy stabil amüsiert (es gab Zeiten, da hätte ich diese Reihe am liebsten gecancelt) – aber das hat ja auch erst 17 Seasons auf dem Buckel.
So, und was bitte ist Eagleheart? Hiebei handelt es sich um eine von Conan O'Briens Produktionsfirma Conaco co-produzierte Action-Copshow-Groteske, die von 2011 bis 2014 im "Adult Swim"-Block von Comedy Central ausgestrahlt wurde. Im Mittelpunkt steht ein so lustloser wie schießwütiger US Marshal, der von Chris Elliott verkörpert wird, einem schwer unterschätzten Comedian, den ich, wann immer er als Gast in einer Sitcom auftrat, "gefeiert" habe und der einer der wenigen Lichtblicke in "Saturday Night Live"'s berüchtigter 20. Staffel war. (Abby Elliott, die in den Staffeln 34 bis 37 SNL-Castmitglied war, ist übrigens seine Tochter). "Eagleheart" ist ein insofern typisches Adult-Swim-Produkt, als es im kompakten 10-Minuten-Format daherkommt sowie jenen abseitigen Trademark-Humor aufweist, der jene abschrecken könnte, die einen satirischen Crime-Procedural-Spoof à la "Angie Tribeca" erwarten. Es ist wirklich bis zur Cartoonhaftigkeit überdreht, aber noch nicht dämlich genug, als dass ich keine Lust aufs Weitergucken hätte ...
Die vielversprechend sich entwickelnden Serien Cruel Summer und The Mosquito Coast rezensiere ich voraussichtlich nächsten Monat.