Montag, 29. November 2021

Wort des Tages

Viel zu spät, nämlich erst heute, habe ich eine famose neue Vokabel gelernt: Mockbuster. Damit bezeichnet man einen Film, der vom Hype eines aktuellen Blockbusters zu profitieren trachtet, indem er sich in Genre und Anmutung, vor allem aber über den Titel und das Filmplakat an diesen anlehnt. Man setzt auf den Verwechslungsfaktor. Um es mit Wikipedia zu formulieren: "Den Herstellern solcher Mockbuster wird vorgeworfen, die Unwissenheit über einen neuen Blockbuster auszunutzen, um so noch vor oder während des Erscheinens des Originals dessen Werbung und allgemeine Aufmerksamkeit auszunutzen, um eine Billigkopie mit einem zum Verwechseln ähnlich klingenden Namen und gleicher Aufmachung erfolgreich zu verkaufen." Solche Trittbrettfahrer-Produktionen haben mit gewöhnlichem Direct-to-DVD-Trash die extrem billige Inszenierung und das schlechte Schauspiel gemein sowie, als Folge davon, in der Regel eine beeindruckend niedrige imdb-Wertung. Die einzige erkennbare "Mühe" fließt wie gesagt in das Ranwanzen an Trends, das Auf-den-Zug-Springen, in den Versuch, oberflächig eine Erfolgsformel zu kopieren.

Das jüngste Beispiel, auf das ich heute per Zufall gestoßen bin und das mich überhaupt erst zu dem Wort "Mockbuster" geführt hat, kann sich auf imdb im Moment mit 1,9 von 10 Punkten schmücken.

Hinweis für Nachgeborene: Denis Villeneuves "Dune"-Verfilmung erfuhr 2021 weltweite Beachtung und zog Menschen ansehnlicher Zahl in die Kinosäle.

Samstag, 27. November 2021

Nova Prospekt

Es ist Samstagmittag und die Post ist noch nicht gekommen, damit auch nicht die Wochenprospekte. Letzte Woche kam der Werbepacken bereits am Freitag. Gut möglich, dass der Briefträger heute gar nicht mehr erscheint oder aber zwar erscheint, aber ohne Werbepacken. Ich durchschaue das System nicht.

"Was hast du bloß immer mit deinen Prospekten?", möge man mich augenrollend fragen. Die Sache ist die: Kaufhallenprospekte sind für mich in erster Linie eine Inspirationsquelle. Wenn ich beim wochenendlichen Blättern ein Lebensmittel entdecke, das ich lange nicht mehr im Hause hatte und/oder als Kochzutat verwendet habe, und es obendrein preisreduziert ist, freue ich mich doppelt. Der Sparfaktor wird, fürchte ich, angesichts der drohenden Inflation zukünftig an Bedeutung gewinnen. In letzter Zeit erwische ich mich denn auch immer häufiger dabei, auf Vorrat zu kaufen. Mein Speiseplan für die gesamte kommende Woche steht praktisch schon, denn ich habe bei einigen haltbaren Dingen zugeschlagen ... HA, in diesem Moment klingelt der Postbote! Augenblick ...

Wie ich geahnt habe: Keine Werbeprospekte. Lediglich ein Zusatzkartenbeantragungs-Anreiz-Flyer von American Express sowie der Rundbrief der DKMS lagen im Briefkasten. Die Krux ist: Der mir nächstgelegene Rewe, mein Stamm-Supermarkt, weist in seinem Geschäft nicht auf aktuelle Rabatte hin; die haben dort keine Prozentzeichen-Schildchen! Woran also soll ich reduzierte Waren erkennen?

Related "problem": Neulich habe ich auch mal den Prospekt von Penny studiert und stieß darin auf zwei neue Aufstriche von Grafschafter, nämlich Salzkaramell-Sirup und "Winterzauber Apfel-Kirsche mit Zimt und Vanille". Die musste ich haben! Doch bei Penny gab es sie nicht. Auch nicht bei Rewe. Etwas Ähnliches war mir schon einmal passiert, also dass bei Penny etwas Sensationelles angekündigt wurde, dann jedoch schon weg oder überhaupt nie dagewesen war. Es ist alles nicht einfach.

Donnerstag, 25. November 2021

Blattmacher und Glattmacher

In der FAZ erschien heute diese Anzeige:


Als ich das sah, hatte ich Fragen. Na, eigentlich nur eine Frage: Warum? Was bewegt den Weltkonzern Amazon dazu, an prominenter Stelle, nämlich auf Seite 5 des Wirtschaftsteils, für 80.410 Euro* darauf aufmerksam zu machen, dass man beim Kauf eines verdammten Glätteisens diese Woche 20 Prozent sparen kann? Richtigerweise ja "bis zu 20 %", also nicht einmal sensationell viel. Warum keine Collage mit mehreren Hammer-Schnäppchen zeigen, warum statt einer Auswahl an technischen Geräten dieses eine spezielle Produkt vorstellen? Hat man sich tatsächlich zusammengesetzt und entschieden: "Wir müssen unsere Black-Friday-Aktion bewerben, denn es haben noch nicht genügend Leute mitbekommen, dass wir diese Woche ohne Ende Rabatte gewähren. Einen richtigen Burner brauchen wir, ein Zugpferd, für das die garantiert überdurchschnittlich hairstyling-affine Leserschaft der FAZ sofort ihre Lektüre unterbrechen und bei uns vorbeisurfen wird!"? Bei der Besprechung in der Marketingabteilung hätte ich gerne Mäuschen gespielt. Oder war es die alleinige Entscheidung einer Einzelperson? In diesem Falle: Glückwunsch!

* Das ist indes nicht der teuerste Werbeplatz. Eine ganzseitige Anzeige auf S. 3 im Wirtschafts- oder S. 5 des Politikteils der Samstagsausgabe schlägt mit 88.760 € zu Buche.

Dienstag, 23. November 2021

US Food Test 2021 (5): Two cereals

Als erste von zwei Packungen aus diesem Segment öffnete ich Chips Ahoy!. Viel gibt es über dieses schon lange existierende Frühstücksmahl nicht zu sagen. Kekse. Es sind Kekse. Sie schwimmen in Milch, schmecken nicht übermäßig schokoladig und eignen sich am ehesten als Ergänzung zu anderen Schüssel-Zugaben. Ich verleihe faire 6 von 10 Punkten.


Sowohl schokoladiger als auch insgesamt spannender waren da schon die Lucky Charms mit Marshmallow-Stückchen. Solche Stückchen, wie ich sie schon in der Eiskremsorte "Rocky Road" als peppigen Gewinn liebgewonnen habe, machen die kultigen Cerealien mit dem berühmten Iren-Stereotyp-Maskottchen zu einem sündhaft albernen Tagesanbruchsvergnügen. Dafür gibt es von mir 8 von 10 Punkten.

Sonntag, 21. November 2021

Kurz notiert: Gladiolen

Habt ihr auch ein bestimmtes Wort oder einen bestimmten Namen, das/den ihr euch nie merken könnt? Bestimmt! Ich zum Beispiel kann mir nie den Namen des Schauspielers Woody Harrelson merken, obwohl ich mir sein Gesicht und die wichtigsten seiner Rollen nach Belieben ins Gedächtnis rufen kann. Kommt in einer Konversation aber ein Film zur Sprache, in dem Woody Harrelson mitgespielt hat, fällt mir meist nichts Gehaltvolleres ein als "Ah, da spielt doch der Dings mit ... der eine da, na? Äh, der Kiffer. 'True Detective', ihr wisst schon".

Zum Glück muss man den Namen von Mirliegtsaufderzunge nicht zu jeder Gelegenheit parat haben. Das trifft in noch stärkerem Maße auf ein Wort zu, das ich erst sehr spät in meinem Leben überhaupt kennengelernt habe: Gabione. Jeder hat sie schon mal gesehen: Gabionen sind jene meist grauen Drahtverschläge, die mit Steinen gefüllt sind und, z.B. in freudlosen Reihenhaussiedlungen, Hecken ersetzen. Sitze ich in einem Auto, das an einer dieser brutalistischen Grundstücksbegrenzungslösungen vorbeikommt, kann ich nicht schweigen und rufe etwaigen Mitinsassen zu: "Guckt mal, Gambiolen! Nee, wie heißt das?" Es will merr net in mein Kopp enei!

Als alter Dungeons-&-Dragons-Fan weiß ich aber immerhin, was ein Cambion ist.

Freitag, 19. November 2021

Ich möchte Teil einer Kaubewegung sein

Ich hatte mir vorgenommen, nicht mehr gar so oft über Knabbergebäck zu schreiben, aber das, was Funny-frisch derzeit veranstaltet, ist zu bedeutend, um in meine bescheidene fortlaufende Chronik nicht Eingang zu finden. Der selten enttäuschende Chips-Riese hat drei neue Sorten in die Regale gebracht, von denen eine dauerhaft im Sortiment bleiben soll. Und wir, die Konsumentinnen und Konsumenten, dürfen entscheiden, welche! "Chips-Tester 2021" heißt die noch bis Ende des Monats laufende Aktion (bewusst nicht verlinkt, weil die URL früher oder später tot sein wird).

Als erstes nahm ich diese Sorte mit nach Hause: Tom Yum Thai Style. Das Asia-Versprechen bleibt nicht unerfüllt, diese Dinger schmecken wirklich nach authentischer Thaiküche, fast schon zu sehr. Damit meine ich nicht, dass sie unangenehm überwürzt wären, auch ähneln sie in keiner Weise klassischen Krabbenchips, die hierzulande nicht jedermanns Sache sind; nur tritt das Ursprünglich-Kartoffelige, das meine Zunge nach wie vor erwartet, zu weit in den Hintergrund. Insbesondere die Zitronengrasnote ist wahnsinnig dominant. Zu ihr gesellen sich in milderer Konzentration Extrakte von Koriander, Kreuzkümmel, Limette, "Zitrusfrucht" (?) sowie Petersilie, was den "scharf-sauren Geschmack" (Packungstext) einerseits abfedert, andererseits schön rund macht. Wer sich mit der Schärfe thailändischer Gerichte normalerweise schwer tut, braucht keine Angst zu haben. Unterm Strich ein außergewöhnliches Produkt, das mir aber für Massentauglichkeit zu over the top erscheint. Damit kann ich vorwegnehmen, dass ich dieser Sorte den Vorzug gegenüber Kandidatin #2 geben würde, welche ich kurze Zeit später testete:


Hot Chili Mayo Style enthält u.a. Frischkäse-, Tomaten-, Chili- und Honigpulver (was es alles gibt!), schafft es aber ebenfalls nicht in die Top 5 der schärfsten Snacks, die ich je gegessen habe. Überhaupt würde ich sagen, dass die Betonung eher auf Mayo als auf Chili liegt, womit Reminiszenzen an einen anderen kartoffelbasierten Mayonnaise-Träger-Klassiker, i.e. Fritten, heraufbeschworen werden, die bei der Käuferschaft durchaus auf Anklang stoßen könnten. Da ich aber nicht der größte Mayo-Fan bin, würde ich wie gesagt mein Kreuz eher woanders setzen. (Trotzdem hab ich die Packung in zwei Sitzungen verschlungen.)

Tja, und Nummer 3? Zu Smoky BBQ Style kann ich leider nichts schreiben, denn bevor ich sie mir vornehmen konnte, waren sämtliche Spezial-Tüten aus meinem Stamm-Supermarkt verschwunden. Ausverkauft? Zurückgerufen? Eingestampft mangels Nachfrage? Auch anderswo konnte ich die mysteriöse dritte Sorte – von der ich vermute, dass sie das Rennen machen wird – nicht ergattern. An der offiziellen Online-Wahl teilzunehmen kann ich mir daher nicht anmaßen, meine Kurzeinschätzungen zu zwei Dritteln des Sondersortiments mögen genügen. Vielleicht liest ja jemand von Funny-frisch hier mit.

Mittwoch, 17. November 2021

Allez les (trop) bleus

Letzte Woche befasste ich mich kurz mit Seekriegsflaggen und stieß dabei auch auf die französische. 


Zweierlei machte mich stutzig. Zum einen die Asymmetrie: Warum ist der linke Streifen schmaler als die anderen zwei? Rasch war herausgefunden, dass tatsächlich alle drei Streifen unterschiedlich breit sind, das Verhältnis ist 30:33:37. Wikipedia erklärt diese 1853 getroffene Designentscheidung damit, dass die Streifenbreiten ebenmäßig wirken, wenn die im Seewind wehende Fahne aus einer gewissen Distanz erspäht wird. Außerdem solle die leicht übertriebene Breite des roten Balkens die Sichtbarkeit erhöhen, was mir irgendwie im Widerspruch zu erster Erklärung zu stehen scheint.

Zum anderen fiel mir natürlich der enorm dunkle Ton des Blaus auf. Stellt sich heraus: Dieses satte Marineblau ist das ursprüngliche! Präsident Valéry Giscard d'Estaing hatte die hellere Variante auf der Tricolore erst im Jahr 1976 als Annäherung zum Blau der EU-Flagge eingeführt, wobei von da an beide Versionen in relativ freier Verwendung nebeneinander existierten. Und jetzt kommt's! Gestern schickte mir ein Freund den Link zu einem Artikel mit der Überschrift "Macron dreht das Blau dunkler". Ohne offizielle Ankündigung und größeres Echo ist Präsident Emmanuel Macron nämlich Mitte 2020 wieder zum maritimen Blau der Revolutionszeit zurückgekehrt, indem er zunächst die Flagge auf dem Élysée-Palast austauschen ließ, auf der, nebenbei bemerkt, nun auch das Rot ein My dunkler ausfällt. Da die Verfassung von 1958 die Farben der Nationalflagge lediglich als "blau, weiß, rot" angibt, kann das amtierende Staatsoberhaupt offenbar nach Lust und Laune die Helligkeit justieren.

Unabhängig von politischen Assoziationen gefällt mir persönlich die dunklere Tricolore besser. Aber hätte Macron nicht wenigstens die paar Monate bis zum Tod seines hochbetagten Vorvorvorvorvorgängers warten können? Apropos: Giscard d'Estaing erblickte das Licht der Welt in Koblenz zur Zeit der Rheinlandbesetzung. Das lernte ich, als ich ebendort einen Gedenkstein sah, der am einstigen Ort des Geburtshauses des großen Europäers steht. Lernen ist toll!

PS: Seit meinem letzten Beitrag mit dem Label Flaggen sind zwei weitere notierenswerte Änderungen in Sachen Hoheitszeichen eingetreten. 1.) Die finnische Luftwaffe hat im vergangenen Jahr das immer noch gebräuchliche Hakenkreuz aus all ihren Emblemen entfernen lassen. 2.) In Afghanistan hängt seit der Machtergreifung der Taliban nun wieder überall die international nicht anerkannte weiße Emiratsflagge mit dem islamischen Glaubensbekenntnis, was den nunmehr 25. Flaggenwechsel seit 1880 darstellt. (Übrigens soll das erste schwarz-rot-grüne Modell 1928 von der Deutschlandfahne inspiriert worden sein.)

Montag, 15. November 2021

Metabuch

Herbst 2021: Facebook heißt jetzt "Meta". So verkürzt wurde der Sachverhalt zumindest von etlichen Nachrichtenmedien verschlagzeilt, er ist aber etwas komplizierter und für diesen Beitrag nebensächlich (er wurde dankbarerweise von Kollege C. Oettle in der Taz-"Wahrheit" völlig korrekt dargestellt). Das soziale Netzwerk wird jedenfalls seinen etablierten Namen behalten, und besonders ulknudelige Deutsche dürfen weiterhin vom "Fratzenbuch" sprechen.

Was aber ist oder war ein facebook? Die Frage impliziert bereits, dass das Wort eben kein reines Kunstwort ist, auch wenn der überwiegende Teil der Welt bei "Facebook" zuerst an social media denkt. Im Juni 2010 lernte ich durch eine (zu diesem Zeitpunkt auch schon ein paar Jahre alte) Folge von "Saturday Night Live", dass in den USA mit facebook ursprünglich Bücher bezeichnet wurden, in denen höhere Bildungseinrichtungen alle ihre Schüler/Studenten eines Jahrgangs mit Portraitfotos und ausgesuchten persönlichen Angaben aufführten bzw. aufführen; womöglich gibt es diese Jahrbücher vereinzelt noch. Tatsächlich erwuchs Mark Zuckerbergs Webseite ja aus dem (erfolgreichen) Versuch, dem echten Online-facebook der Uni Harvard etwas eigenes, Besseres entgegenzusetzen, was man wohl auch in David Finchers "The Social Network" geschildert bekommt, mir aber entgangen sein muss, als ich den Film – ebenfalls 2010 – im Kino sah.

Samstag, 13. November 2021

Im Märzen der Brauer

Neulich süffelte ich eine Flasche schmackhaften Märzenbieres von Hösl aus dem oberpfälzischen Mitterteich. Märzen trinke ich eher selten, und die Frage, woher die Bezeichnung kommt, hatte ich mir bis dahin nie gestellt. Das rückseitige Etikett versucht sie zu beantworten:


'Mooooment', dachte ich, 'wenn man will, dass das Bier bis zum Sommer hält, kann man es doch einfach später brauen! Beziehungsweise könnte man ja bereits im Februar ein noch stärkeres ansetzen und hätte seine Ruh.' Der Hersteller verschweigt hier freilich einen wesentlichen – in Süddeutschland womöglich allseits bekannten – Fakt: Bier durfte gemäß der bayerischen Brauordnung nur zwischen 29. September und 23. April gebraut werden. Aber weshalb? War das ein pseudo-bibelexegetisch begründetes Willkür-Dekret, wie man es von dem erzkatholischen Albrecht V. nicht anders erwarten würde? Weit gefehlt! Wikipedia: "Grund war die in den Sommermonaten erhöhte Brandgefahr beim Biersieden. Hinzu kam, dass die Herstellung des in Bayern beliebten untergärigen Biers Temperaturen von unter zehn Grad erfordert."

Na, zum Glück sind diese Zeiten vorbei. Aber auch ein Glück, dass uns das Märzenbier erhalten geblieben ist. Prost!

Donnerstag, 11. November 2021

Albern sei der Mensch

Ich will ehrlich sein: Auch wenn ich schon zwei, drei Mal für ein (unbedeutendes) politisches Amt kandidiert habe, bin ich froh, den Beruf des Politikers nicht ausüben zu müssen. Zum einen würde ich mich mit Entscheidungen aller Art schwer tun, und seien sie von noch so geringer Tragweite. Zum anderen würde mir die nötige Gravitas und Ernsthaftigkeit fehlen. Mir ist klar, dass man als politischer Akteur genau das ist: ein Akteur, der eine gewisse Rolle spielt. Schauspielen kann man üben. Aber wie lange würde es mir gelingen, die Maskerade aufrechtzuerhalten?

Nicht lange, schätze ich. Ich "leide" nämlich an einer leichten Form von Witzelsucht. Es mag sein, dass ich für flüchtig mir Begegnende den Eindruck eines No-nonsense-Zeitgenossen mache, die Wahrheit ist aber, dass ich kaum ein Gespräch zu überdauern imstande bin, ohne einen Witz zu reißen. Mir fällt halt ständig irgendwas Komisches ein! Ganz schlimm wird es, wenn ich mich in einer Gruppe von Gleichgesinnten bzw. -veranlagten befinde. Ich erinnere mich an Redaktionskonferenzen bei der Titanic, in denen ich mit Stephan Rürup und Michael Ziegelwagner minutenlang um die Wette kalauerte. Wir schaukelten einander regelrecht hoch; es war ein Wortspiel-Schlagabtausch, der für Außenstehende nach einer Weile unerträglich gewesen sein muss. 

Säße ich nun als Staatssekretär oder was in einer Talkrunde, könnte ich mich wahrscheinlich nicht beherrschen und würde in einer Tour beliebige Phrasen der Mitdiskutierenden abwandeln, verfälschen, schütteln, parodieren, verzerren. Darüber hinaus könnte ich mir vorstellen, auf allzu eselige Fragen der Moderatorinnen oder von Interviewern allgemein ironisch bis sarkastisch, wenn nicht gar giftig reagieren. Nun mag man als gewandter Rhetoriker, der auch mal Paroli gibt, noch irgendwie durchkommen, ja sogar "Kultstatus" genießen als jemand, der sich nicht vor den Karren des medialen Nullsprech spannen lässt. Ich fürchtete allerdings, dass es in meinem Fall nicht bei verbalen Possen bleiben würde. Früher oder später ließe ich mich zu etwas hinreißen, aufgrund dessen die Presse und die Allgemeinheit mich für unzurechnungsfähig erklären würde: Vielleicht schnitte ich eine Grimasse, plusterte die Backen auf, machte den Daumen-verschiebe-Trick, kullerte mich auf dem Boden, vollführte einen "Ägyptertanz", ahmte Vögel nach oder fabrizierte sonstige nichtmenschliche Laute. In einem unpassenden Moment selbstverständlich. Na ja, das Volk wäre wenigstens anständig unterhalten. Also, ich würde mich wählen! "Mut zur Albernheit", das läse ich gerne als Wahlkampfmotto.

Dienstag, 9. November 2021

US Food Test 2021 (4): SpaghettiOs

Ich weiß nicht, wie lange es her ist, dass ich zum letzten Mal Nudeln in Tomatensoße aus der Dose gegessen habe. Was ich aber noch weiß, ist, dass ich nach dem Verzehr jener Notmahlzeit nicht unbedingt einen Nachschlag brauchte. Diese Aussage dürfte die wenigsten überraschen. Überrascht im positiven Sinne war ich von der aus unzähligen Filmen und Serien bekannten US-Variation SpaghettiOs. Ja, das sind bloß Nudeln in Tomatensoße, aber halt! Zum einen ist die Form ein witziger Hingucker (Spaghettis in O-Form!), zum anderen ist die – sogar mit Käse angereicherte – Soße, in welcher die glitschige Pasta ertränkt wird, keineswegs abstoßend. Man kann wohl davon ausgehen, dass alles, wo Campbell's drauf steht, eine gewisse Mindestqualität erfüllt. Ratz-fatz war der Teller leer!


Ich kann mir zwar nicht vorstellen, dass ich mir jemals wieder so ein Dosengericht warm machen werde, bereue diese geradezu unvermeidbare Erfahrung allerdings nicht und vergebe 7/10 Punkten.

Sonntag, 7. November 2021

Skurrile Sammlungen: Mini-Plattencover

Im Jahr 1993 pappte eine Zeitlang auf jeder Coca-Cola-Flasche eins von 40 verschiedenen Covern klassischer Pop-Alben im Miniaturformat. Man konnte die Bilder ausschneiden und jeweils in einen speziellen Platz (über einem kurzen Begleittext) auf einem dazugehörigen Poster kleben. (Die Details zu dem ganzen Spaß habe ich dem "Online-Fremdfigurenkatalog" entnommen.) Jenes Poster habe ich offenbar nicht besessen. Stattdessen ordnete ich die Cover auf zwei gewöhnlichen A4-Blättern an – die ich gestern in einer Krimskrams-Mappe wiederentdeckt habe.


Wie lange habe ich für den Aufbau dieser Sammlung gebraucht? Habe ich mit anderen Kindern getauscht? Oder gezielt im Supermarkt gesucht? Haben meine Eltern mir (und meinem Bruder) tatsächlich erlaubt, innerhalb eines Jahres mindestens 24 Flaschen Cola zu saufen? Wahrscheinlich ja. Kein Wunder, dass ich heute an das Zeug nicht mehr ran kann. Auf eBay werden die Sonderetiketten teils im Konvolut, teils für 2,50 € das Stück separat angeboten. Über das Auktionshaus bin ich auch soeben auf die Information gestoßen, dass fehlende Cover sowie das Poster gegen 5,- DM* in Briefmarken nachbestellt werden konnten. Wer wie ich eine unvollständige Sammlung hat und diese zu komplettieren wünscht, versuche sein Glück unter
Coca-Cola "Cover Collection"
Postfach
4150 Krefeld** 500***
* Währung und Wert ggf. anpassen
** Firmensitz nicht mehr vorhanden
*** Postleitzahl inzwischen ungültig****
**** Eine heiße Spur: Da die fünfstelligen Postleitzahlen zum 1. Juli 1993 eingeführt wurden, muss die Aktion im ersten Halbjahr '93 gestartet sein!

Freitag, 5. November 2021

Hochstapelei

In Cochem an der Mosel sah ich jüngst etwas, das ich noch nicht kannte: eine Pizzakartonsammelstelle. Die zu stapelnden Kartons werden im Grunde lediglich von vier metallenen "Tischbeinen" eingefasst.


Erklärung für "Futurelings": Als während der pandemiebedingten Restaurantsperrungen das To-go-Essen zum Volkssport wurde, ging mit der wegen ihrer Praktikabilität besonders gestiegenen Beliebtheit von Pizza ein sichtbares Müllproblem einher: Allüberall ließen die Draußenfressenden die fettigen Schachteln liegen. Mit dieser so simplen wie genialen Konstruktion wollte man dem entgegenwirken.

Mittwoch, 3. November 2021

US Food Test 2021 (3): Potato Skins

Etwas zum Knabbern musste natürlich auch dabei sein, denn im Fernsehsnacksegment sind die USA eine grande nation. Aus dem Hause TGI Fridays, von dem ich gar nicht wusste, dass die eigene Lebensmittel vertreiben, gab es Potato Skins, was ja nicht nur lecker, sondern auch irgendwie natürlich-gesund klingt. Die Sorte, die mich am meisten anlachte, war Jalapeño Cheddar. "Na los, hit me with flavor and Schärfe!", dachte ich.


Am Pfefferfaktor kann man tatsächlich nichts bemäkeln: Das knallt ordentlich, ohne einem die Geschmacksknospen zu veröden. Die Chips selbst fühlen sich weniger "typisch kartoffelig" an, eher urwüchsig, rustikal, möglicherweise sind sie auch weniger fettig. Vom Cheddar kommt bedauerlicherweise nicht viel rüber, auch bleibt ein leichter Nachgeschmack, der mit "muffig" zu charakterisieren ist. Daher reicht es ganz knapp nicht zur 7. Wertung: 6/10.

Montag, 1. November 2021

Serientagebuch 10/21

04.10. Spuk in Hill House 1.01
09.10. American Horror Story 9.01
American Horror Story 9.02
10.10. Spuk in Hill House 1.02
Spuk in Hill House 1.03
12.10. American Horror Story 9.03
18.10. Spuk in Hill House 1.04
American Horror Story 9.04
American Horror Story 9.05
20.10. Squid Game 1.01
21.10. Squid Game 1.02
24.10. Squid Game 1.03
Squid Game 1.04
Squid Game 1.05
26.10. Spuk in Hill House 1.05
American Horror Story 9.06
Doctor Who (Classic) 19.1.1
Doctor Who (Classic) 19.1.2
Doctor Who (Classic) 19.1.3
Doctor Who (Classic) 19.1.4
28.10. Spuk in Hill House 1.06
Spuk in Hill House 1.07
29.10. American Horror Story 9.07
American Horror Story 9.08
30.10. Squid Game 1.06
Squid Game 1.07
31.10. American Horror Story 9.09

Erstmals habe ich versucht, einen Monat ("Spooktober"!) einem Konzept zu unterwerfen. Ich wollte ausschließlich Horrorserien schauen. Bis auf Doctor Who ist es mir gelungen (das musste ich einschieben, weil der Spartensender ONE halt eine Classic-Story erstausgestrahlt hat, die ich nicht verpassen durfte). Squid Game ist zwar nicht im engeren Sinne Horror, fällt aber m.M.n. sehr wohl in das Genre Psychothriller; es ist etwas, das auch auf dem Fantasy Filmfest gezeigt würde, wenn dabei nicht Filme, sondern Serien im Mittelpunkt stünden, so meine Rechtfertigung. Eine Auswertung erfolgt im nächsten Monat, wenn ich damit durch bin.

Zu dem "Who"-Classic kann ich Folgendes sagen: "Castrovalva" war die erste Folge mit dem fünften Doktor, die ich gesehen habe, und wie bei allen anderen Regenerationen, die ich als langjähriger Fan miterlebt habe, konnte ich mich fix an den neuen Schauspieler gewöhnen, wobei Peter Davison hier noch relativ konturlos bleibt. Er hat kaum Möglichkeiten, seine persona zu entwickeln und darzustellen, weil der Doktor wegen ebenjener frischen Regeneration noch geschwächt und verwirrt ist. Die Handlungstragenden sind denn hier auch seine zwei Begleiterinnen Tegan und Nyssa, die nicht nur den Bechdel-Test mit Sternchen bestehen, sondern als mitdenkende, starke Frauenfiguren präsentiert werden, die besonders im Zusammenspiel miteinander besser funktionieren als vergleichbare Figuren der 2005er-Ära. Weniger gut gealtert sind der Look, die Effekte und die Präsentation ganz allgemein – ein Problem, das ich auch schon mit Serials der Doktoren 4 und 6 hatte (den siebten und den Film-Doktor durfte ich noch nicht erleben). Wir befinden uns bereits in den Achtzigerjahren, und doch wirkt die Darbietung "billiger" als das liebevolle, auf zaubrisch-gruselige Weise "organische" Setdesign der Schwarz-Weiß-Tage. Ich wage zu behaupten, dass die Serie exakt so, wenn nicht noch besser ausgesehen hätte, wäre sie zur selben Zeit in der DDR produziert worden. Erzählerisch und dramaturgisch bewegt sich der Vierteiler "Castrovalva" leider auch nur im mittleren Bereich. Wegen diverser netter Einfälle und der für mich neuen Helden war es trotzdem eine Seh-Erfahrung, die ich nicht bereue.

Die Anthologiereihe American Horror Story fällt seit langem in die Kategorie "hopp oder top". Ihre Ausgangsideen überzeugen regelmäßig auf dem Papier, aber ob die Prämisse über neun bis 13 Folgen trägt, bleibt jedes Mal die große Frage. Im Fall von "1984" lautet die Antwort: Jepp, es funktioniert! Einige der chronischen AHS-Krankheiten sind zwar auch diesmal ausgebrochen, werden aber einigermaßen in Zaum gehalten. So gibt es wie so oft kaum Charaktere, die als Empathieträger taugen. Für wen soll man rooten, wenn jede und jeder verachtenswert ist? Das Clevere in Staffel 9 ist, dass die Figurenentwicklung einem fröhlichen Hin und Her unterliegt: Als liebenswert eingeführte Personen bekommen durch einen Flashback eine düstere Note, Monster werden rückwirkend reingewaschen, gefallene Seelen leisten Abbitte. In "Apocalypse" (dem absoluten Tiefpunkt der Serie) handeln ja einfach alle durch und durch amoralisch, und die Untaten werden dadurch gerechtfertigt, dass die Agierenden entweder selbst unendliches Leid erfahren haben (was wir abermals in Rückblenden, welche allzu oft den Storybogen mehr zerfasern als begradigen, aufgetischt kriegen) oder dabei halt stylish und sexy aussehen (eine ekelhafte Marotte, die ich Ryan Murphy ankreide). Wie bei "Freakshow" muss es bei "1984" aber zum ultimativen (kollektiven) Sündenfall kommen, der die redemption ermöglicht, gleichzeitig aber eine Einbahnstraße ins desperate Nirgendwo asphaltiert. Ohne zu viel zu verraten: Die Zeit, in der die Serie spielt, ist quasi eine weitere Figur, ein Jahrzehnt wird zur Allegorie, örtliche Grenzen werden zu zeitlichen. Etwas krampfig – damit zurück zu den wiederkehrenden Minuspunkten – erscheint mir der Kniff, im letzten Drittel noch ein-zwei bekannte Gesichter aus vorangegangenen Staffeln durch den Vorhang zu schieben. Stört aber kaum.
Immer mal wieder gibt es Gelegenheiten für kleine satirische Spitzen (jedoch nicht in einem Maße wie im übrigens gänzlich ohne Supernaturalia auskommenden "Cult", wo ich sie allerdings sehr willkommen fand), die sich entgegen allen Erwartungen nicht in billigen "Hey, remember the eighties?"-Popkulturgags erschöpfen. Sicher, es gibt Frisurenwitze, man macht sich über Aerobic lustig, es werden "Scream"-artige selbstreferenzielle Horrorklischees bedient, jedoch ist das Gesamtpaket überzeugend und glaubwürdig. "AHS: 1984" ist eine formvollendete Mischung aus Drama, Slasherspaß und Bubblegum-Nostalgie. Absolut stimmig und die Laune hebend ist der Soundtrack. Es gab schon verdammt tolle Hits in den 80ern! Und dann erst das Intro: Der ohnehin stets hochwertige Vorspann ist visuell wie musikalisch genau das, was ich mir erhofft hatte. Herrlich! "Double Feature" (das nunmehr zehnte installment!) wird aber auf 2022 verschoben.