Letzte Woche befasste ich mich kurz mit Seekriegsflaggen und stieß dabei auch auf die französische.
Zweierlei machte mich stutzig. Zum einen die Asymmetrie: Warum ist der linke Streifen schmaler als die anderen zwei? Rasch war herausgefunden, dass tatsächlich alle drei Streifen unterschiedlich breit sind, das Verhältnis ist 30:33:37. Wikipedia erklärt diese 1853 getroffene Designentscheidung damit, dass die Streifenbreiten ebenmäßig wirken, wenn die im Seewind wehende Fahne aus einer gewissen Distanz erspäht wird. Außerdem solle die leicht übertriebene Breite des roten Balkens die Sichtbarkeit erhöhen, was mir irgendwie im Widerspruch zu erster Erklärung zu stehen scheint.
Zum anderen fiel mir natürlich der enorm dunkle Ton des Blaus auf. Stellt sich heraus: Dieses satte Marineblau ist das ursprüngliche! Präsident Valéry Giscard d'Estaing hatte die hellere Variante auf der Tricolore erst im Jahr 1976 als Annäherung zum Blau der EU-Flagge eingeführt, wobei von da an beide Versionen in relativ freier Verwendung nebeneinander existierten. Und jetzt kommt's! Gestern schickte mir ein Freund den Link zu einem Artikel mit der Überschrift "Macron dreht das Blau dunkler". Ohne offizielle Ankündigung und größeres Echo ist Präsident Emmanuel Macron nämlich Mitte 2020 wieder zum maritimen Blau der Revolutionszeit zurückgekehrt, indem er zunächst die Flagge auf dem Élysée-Palast austauschen ließ, auf der, nebenbei bemerkt, nun auch das Rot ein My dunkler ausfällt. Da die Verfassung von 1958 die Farben der Nationalflagge lediglich als "blau, weiß, rot" angibt, kann das amtierende Staatsoberhaupt offenbar nach Lust und Laune die Helligkeit justieren.
Unabhängig von politischen Assoziationen gefällt mir persönlich die dunklere Tricolore besser. Aber hätte Macron nicht wenigstens die paar Monate bis zum Tod seines hochbetagten Vorvorvorvorvorgängers warten können? Apropos: Giscard d'Estaing erblickte das Licht der Welt in Koblenz zur Zeit der Rheinlandbesetzung. Das lernte ich, als ich ebendort einen Gedenkstein sah, der am einstigen Ort des Geburtshauses des großen Europäers steht. Lernen ist toll!
PS: Seit meinem letzten Beitrag mit dem Label Flaggen sind zwei weitere notierenswerte Änderungen in Sachen Hoheitszeichen eingetreten. 1.) Die finnische Luftwaffe hat im vergangenen Jahr das immer noch gebräuchliche Hakenkreuz aus all ihren Emblemen entfernen lassen. 2.) In Afghanistan hängt seit der Machtergreifung der Taliban nun wieder überall die international nicht anerkannte weiße Emiratsflagge mit dem islamischen Glaubensbekenntnis, was den nunmehr 25. Flaggenwechsel seit 1880 darstellt. (Übrigens soll das erste schwarz-rot-grüne Modell 1928 von der Deutschlandfahne inspiriert worden sein.)
Was Macron macht: ohje ohje.
AntwortenLöschenAber der Zeitungsartikel zum finnischen Logo ohne Bilder der Logos (vorher/nachher), das ist schon stark, oder?