In den vergangenen Tagen (Stichwort "coming home for Christmas") habe ich mich wiederholt der traditionellen Feiertagsbeschäftigung Zapping hingegeben. Beim zwangsläufigen Rezipieren von Fernsehwerbung wurde ich daran erinnert, etwas festzuhalten, das mir in der Vergangenheit immer wieder aufgefallen ist, wenn ich Gelegenheit zum Privatsenderschauen hatte; ein Phänomen, das es übrigens auch schon in meiner Kindheit und Jugend gegeben hat. Die Rede ist von Werbespots, in denen Mittelschichtshaushalte Trash-Lebensmittel abkulten. Ich könnte spontan mindestens vier Beispiele nennen. Zu sehen sind in der Regel biodeutsche, meist fünfköpfige Familien, die ausgelassen lachend einander Milchriegel, Tiefkühlpizzen, Knabbergebäck oder andere Convenience-Produkte bekannter Firmen servieren, wobei es meistens die Mutter ist, die ihren Angehörigen das Zeug, welches übrigens preppermäßig zu Dutzenden in Kühlschrank oder Speisekammer gestapelt liegt, kredenzt. Welche Realität soll das abbilden? Da ist ein Eigenheim, in das sichtlich eine siebenstellige Euro-Summe geflossen ist, aber die Bewohner schwören auf den zweitbilligsten Zucker-Fett-Geschmacksverstärker-Scheiß (nicht den allerbilligsten, denn das wäre die jeweilige Nachahmer-Variante vom Discounter).
Da diese Spots wie gesagt seit Jahrzehnten laufen, gehe ich davon aus, dass die Werbetreibenden sich etwas dabei gedacht haben und mit der Masche obendrein erfolgreich fahren. Mir fehlt die soziologische und marketingtechnische Expertise, um die Mechanismen dahinter zu erkennen. Die Intention ist vermutlich: Angehörige der middle class sollen das sehen und sagen "Die sind wie wir und sind sich trotzdem nicht zu fein für Mikrowellen-Hotdogs!", Angehörige der lower class hingegen "Wenn die das in ihrer freudestrahlenden Vorstadthütte lagern, müssen wir uns erst recht nicht schämen! Im Gegenteil, das beworbene Produkt ist schließlich die Marken-Version der Discounter-Alternative." Und alle sollen denken: "So ungesund kann das Erzeugnis ja nicht sein, wenn diese TV-Familie scheinbar nichts anderes konsumiert und dabei so healthy und beseelt ausschaut ..."
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