Doctor Who: Der Film
Viel zu lange stand der Doctor-Who-Film von 1996 auf meiner Watchlist, bis der Sender ONE ihn Ende letzten Jahres erstmalig im deutschen Fernsehen ausstrahlte. Ich will ehrlich sein: Meine Erwartungen waren nicht besonders hoch. Boy howdy, wurden sie übertroffen! Von vorne bis hinten macht dieses Abenteuer Laune und ist dabei das perfekte Scharnier zwischen der 1989 beendeten alten Serie und der aktuellen. Ich stelle mir vor, ich wäre mit den Classics in Großbritannien aufgewachsen: Wie gehyped und aufgeregt wäre ich gewesen, hätte es nach so langer Durststrecke auf einmal die Gelegenheit gegeben, "meinen" alten Doktor (Sylvester McCoy) in einem abendfüllenden Film, womöglich sogar im Kino, zu erleben! Umso mehr, als Look und production value im Vergleich zu den Serials der 80er-Jahre einen bombastischen Sprung nach vorn machen. Diese amerikanische Co-Produktion hat wirklich Hollywood-Niveau. Man fragt sich, wie "New Who" wohl heute aussehen würde, wäre der als backdoor pilot angelegte Film erfolgreich genug gewesen, um ein Serien-Reboot aus einem US-Studio nach sich zu ziehen. Es wäre ... andersartig, denn auch wenn die "American-ness" hier funktioniert (in mehr als einem Aspekt fühlte ich mich an "Terminator" erinnert), ist "Doctor Who" nun einmal engstens mit dem Vereinigten Königreich verbunden (wo "DW: The Movie" übrigens ordentliche Quoten einfuhr). Und so kann man froh sein, dass die 2005 eingeläutete Revival-Ära wieder ur-britisch anmutet, obschon mir die letzten zwei bis drei Staffeln wieder verstärkt über den Atlantik zu linsen schienen.
Von dem Achten Doctor (Paul McGann) hätte es später von mir aus ruhig noch mehr TV-Auftritte geben können; man wird sofort mit ihm warm. Vorher hat man allerdings noch eine der emotionalsten wie brutalsten Sterbe-/Regenerationsszenen der Serie zu überstehen.
Einen Kritikpunkt hätte ich dann doch noch anzubringen, eine Sache, die mir erst nach dem Abspann aufging: Fast die komplette Geschichte spielt sich auf der Erde und in der Gegenwart ab, man hat es also weder mit einem "Historical" zu tun noch tauchen abgesehen von Doktor und Master Außerirdische auf. Dass die rund 90 Minuten dennoch den reinen Doctor-Who-Geist atmen, spricht für das Gelingen des Experiments.
Ghostbusters: Legacy (OT: Ghostbusters: Afterlife)
Diesen Blockbuster zu sehen, war etwas ganz Besonderes für mich: zum einen weil ich es – was im Jahr 2021 leider ein Einzelfall war – im Kino tat (weswegen ich dem Film womöglich mehr durchgehen lasse, als er es verdient hat), zum anderen weil mich die Ghostbusters seit meiner Kindheit begleiten. Keinen Film habe ich öfter geschaut als "Ghostbusters 2", und wenn ich ein wenig in meiner Wohnung suchen würde, würde ich bestimmt auf den einen oder anderen Ghostbusters-Comic stoßen, den ich langweiligen Schulstunden gezeichnet habe.
Kurzer Einschub zu "Ghostbusters" von 2016: Ich habe davon ungefähr 15 Minuten durchgehalten, bevor ich abbrach. Dabei störte mich gar nicht die für viele als provokant wahrgenommene Grundidee, aus den Geisterjägern Frauen zu machen (zumal mit Kristen Wiig immerhin die lustigste Schauspielerin der Welt an Bord war und auch die anderen Rollen hochkarätig besetzt waren); es war die Art von Cringe-Humor, der üüüüberhaupt nicht zu dem Franchise passte. Paul Feig schätze ich als "Freaks & Geeks"-Schöpfer, als "Office"-Regisseur, ja sogar "Bridesmaids" hatte seine Stärken, aber das Ghostbusters-Universum wäre in anderen Händen besser aufgehoben gewesen.
Und ist es nun. Es mag deplatziert wirken, in Zusammenhang mit diesem Geisterquatsch von "Respekt" zu sprechen, doch in der Tat ist es Respekt, mit dem Jason Reitman das Legat (dt. Titel!) seines Vaters Ivan, welcher hier zudem als Produzent fungiert, fortführt und einer neuen Generation näherbringt. Die seit den Geschehnissen von Teil 2 vergangene Zeit entspricht der Zeit in unserer Realität, die Nachwuchs-Geisterjäger sind jetzt Kinder, aber eben nicht irgendwelche, sondern mit einem der Ur-Ghostbusters direkt verbandelte. Klar, mit dem Casting wird ein eher junges Publikum angesprochen (wobei dank Carrie Coon auch Genießer des erlesenen Actings auf ihre Kosten kommen), und die Witze sind eher hit-and-miss, oft albern, im schlimmsten Fall zum Fremdschämen. Überhaupt hätte die Grusel-Stellschraube in Richtung Düsternis justiert werden können. Der Ortswechsel – von New York ins ländliche Oklahoma – hat eine allgemeine "Aufhellung" zur Folge, die Sonne scheint sehr oft.
"Afterlife" ist aber eben nicht nur das für die Generation Podcast ("Podcast" ist der Spitzname eines der Kinder; mal sehen, wie man in 20 Jahren darauf zurückschauen wird) aufbereitete Ergebnis einer Frischzellenkur. Für Nostalgiker wie mich gibt es mehr als genug Fan-Service, der nicht nur bemüht wirkt. Am Ende musste ich sogar ein bisschen weinen.
South of Heaven
Unverständlicherweise völlig unter dem Radar gelaufen ist dieses Kriminaldrama von 2021, in dem es um Erpressung, mafiöse Verflechtungen und Sterblichkeit geht. Einem verurteilten Räuber wird nach etlichen Jahren im Knast die Reststrafe erlassen, weil seine Frau unheilbar erkrankt ist. Doch das verbleibende bitter-süße gemeinsame Jahr droht von einem korrupten Bewährungshelfer kompromittiert zu werden. So schwermütig-kitschig die Story anläuft, so eiskalt überraschend schlägt sie in einen knallharten Thriller um, erlaubt sich dabei aber immer mal wieder humoreske Schlenker. Das Drehbuch und die Inszenierung drückten bei mir genau die richtigen Knöpfe, vor allem aber die Besetzung der drei Hauptfiguren: Jason Sudeikis (Ex-SNL), Evangeline Lilly ("Lost") und Shea Whigham ("Boardwalk Empire" u.v.m.)! Einziger Einwand meinerseits: Den letzten Akt hätte man sich sparen können. Direkt davor Abspann, und "South of Heaven" wäre perfekt gewesen.
The Grey - Unter Wölfen
In diesem Tierhorror-Survival-Actioner von 2011 darf Liam Neeson einen Fußbreit von seiner Standardrolle des seelengepeinigten Alt-Rambos abrücken. Was seinen Zorn und seinen Selbsterhaltungstrieb in ungeahnte Höhen schnellen lässt, sind diesmal Raubtiere statt sinistre Menschen. Wobei die conditio humana auch eine nicht geringe Rolle spielt. Ich kam mir stellenweise wie in einem Hybrid aus "Das Ding aus einer anderen Welt" und "Der Geist und die Dunkelheit" vor, aber auch "The Revenant" lässt, insbesondere wegen der regelrecht spürbaren Darstellung von lebensbedrohlicher Kälte, grüßen. Achtung: Wolfsfreunde mögen den (etwas zu lang geratenen) Streifen für tendenziös halten.
Unthinkable
Mindestens streitbar ist auch dieses Direct-to-Video-Kammerspiel von 2010. Das Sujet: Folter. Vorab: In meinem Meinungskorridor gibt es ein paar Punkte, die unverhandelbar sind. Dazu gehört neben dem Verbot der Todesstrafe die Ächtung jeglicher Art von Folter. Ein moderner Rechtsstaat darf nie, nie, nie, nie Folter einsetzen, nicht einmal um dadurch potenziell die gesamte Menschheit zu retten.
Und weil ich mich auf Pro-&-kontra-Debatten über Folter nicht einlasse, funktioniert die hier angestrebte Ambiguität für mich nicht. Man kann Regisseur und Autor zugute halten, dass die Botschaft des Thrillers unklar bleibt. Es ist ja immer interessant, wenn fiktiver Stoff verschiedene Interpretationen zulässt und rege Diskussionen anstößt. Aus Wikipedia: "Viele Kritiker lobten [...] die Art und Weise, wie sich der Film dem geschilderten moralischen Dilemma nähert – vor allem, dass er keine eindeutigen Antworten gebe und dadurch den Zuschauer zum Nachdenken anrege. [...] In den USA erhielt der Film gemischte Kritiken, von harscher Ablehnung bis zu hohem Lob. Einige Kritiker monierten ungelenke und hölzerne Dialoge sowie weitere Schwächen in der filmtechnischen Umsetzung. Zudem waren sich US-Kritiker und das Publikum uneinig, was die Botschaft des Films sei – einerseits wurde kritisiert, dass er platte Stereotype ohne Tiefgang und einfache Antworten biete, andere lobten gerade umgekehrt, dass der Film sich einfachen Deutungen entziehen und bei näherer Betrachtung ein sehr differenziertes Bild bieten würde. Ebenso sahen manche die Botschaft des Films klar als 'Pro-Folter', während andere ein starkes Plädoyer gegen die Anwendung der Folter sahen. Andere meinten, der Film bemühe sich zuweilen zu offensichtlich darum, ja nicht für die eine oder andere Seite Partei zu ergreifen".
Ich persönliche neige dazu, sogar zu glauben, dass die Message "Folter bringt nichts" lautet, gerade im Hinblick auf das Ende (welches übrigens nachträglich eingefügt wurde; wie man auf Wikipedia nachlesen kann, endete die Erstfassung noch uneindeutiger). Mein Hauptproblem liegt darin, dass der Folterer als erfolgreich, effizient und loyal eingeführt wird und obendrein, na klar, auch ein Familienleben und sowieso nur die besten Absichten hat. Dass die Rolle mit dem notorisch als cool gebrandeten Samuel L. Jackson besetzt wurde, hilft auch nicht unbedingt. So besteht von Anfang an die Gefahr, dass der Verhörexperte als eine Art auf 11 gedrehter Jack Bauer die Sympathien patriotischer Armchair-Terrorexperten abgreift. Die gezeigte "Steigerung" (Wikipedia: "Die Foltermethoden (u. a. Waterboarding) werden nun immer grausamer und unmoralischer (=undenkbar)") löst bei mir hingegen nichts aus, ich sehe keine Eskalation eines zunächst nachvollziehbaren Bedrohungsabwehr-Protokolls, da ich von Anfang an jede Aktion der Jackson-Figur ablehne. (Als Nebenwirkung wird man eher noch gegen die viel zu lang mitspielenden Beamten und damit gegen "die Amis" aufgehetzt. Schön immerhin: Stephen Root als einer von ihnen.) Puh, jetzt habe ich doch viel mehr über diesen mittelmäßigen und teils schwer erträglichen (FSK 18) Anderthalbstünder nachgedacht und geschrieben, als ich einsehen mochte. Mission accomplished, wertes Produktionsteam?
Exporting Raymond
Ich kann an dieser Stelle ankündigen, dass ich eventuell noch in diesem, spätestens im nächsten Jahr einen "Alle lieben Raymond"-Rewatch starte, um zu überprüfen, wie gut diese von 1996 bis 2005 gelaufene Sitcom, der ich aus verschiedenen, dann zu erläuternden Gründen sehr zugetan war, gealtert ist.
Zur Einstimmung habe ich mir diese Dokumentation zu Gemüte geführt, in der der "Raymond"-Miterfinder Phil Rosenthal die Serie Ende der Nullerjahre an das russische Fernsehen verkauft und die, nun ja: eigenwillige Umsetzung begleitet. Das ist für Zusehende mit westlicher Popkultur-Brille nicht uninteressant, stößt einen darauf, dass man eine solche überhaupt aufhat. Spaßig und mit einem (Spoiler!) Happy End versehen ist dieser aufschlussreiche Culture-clash-Trip außerdem.
Most Dangerous Game
Wenn man in meinem Alter ist (ächz!) und ein gerüttelt Maß an Film- und Serien-Erfahrung angehäuft hat, neigt man dazu, Neues erst einmal mit Altem zu vergleichen. Bei "Most Dangerous Game" dachte ich zuerst: Aha, "The Game", "Running Man", "Chosen", "Game Night" ... Überrascht mich doch mal!
Zugegeben: Besonders originell klingt die Inhaltsangabe von "Most Dangerous Game" nicht. "Verzweifelt bemüht, sich um seine schwangere Frau zu kümmern, bevor ihm eine unheilbare Krankheit das Leben nehmen kann, nimmt Dodge Tynes ein Angebot zur Teilnahme an einem tödlichen Spiel an" (imdb). Dieser Dodge Tynes (Liam Hemsworth) muss nun einen halben Tag lang vor ihm unbekannten bewaffneten Exzentriker(inne)n weglaufen, für die das ganze ebenfalls ein Spiel ist. Das ist tatsächlich kurzweilig genug, auch und gerade dank Christoph Waltz, an dem ich übrigens liebe, dass er sich in den deutschen Fassungen seiner Filme selbst synchronisiert.
Bemerkenswert an diesem Film ist: Es ist gar keiner! Die rund zwei Stunden, die ich auf Amazon Prime sah, waren lediglich ein Zusammenschnitt einer (so auch auf imdb gelisteten) Serie, die in 16 Häppchen auf dem kurzlebigen Mobilformat-Streamingdienst Quibi erstausgestrahlt worden waren. Alle Achtung, dass man das dem finalen Produkt nicht anmerkt!
Finch
Nach "Greyhound" die zweite Apple+-Eigenproduktion mit Tom Hanks und im Grunde ein Einpersonenstück. Hanks wird in diesem postapokalyptischen Szenario lediglich von einem Hund und zwei Robotern, von denen einer wenigstens spricht, begleitet. Das ist spannend, bisweilen komisch und reichlich traurig – ein warmherziger Familienfilm für den Samstagnachmittag. Dass Miguel Sapochnik, der für einige der härtesten "Game of Thrones"-Episoden verantwortlich zeichnete, hier Regie führte, hätte ich nie und nimmer erkannt.
Yojimbo
Zum 60. Geburtstag dieses Klassikers habe ich endlich meinen ersten Kurosawa gesehen. Dass das Westernkino ohne "Yojimbo" kaum denkbar wäre, hatte ich bereits gewusst. Wie vertraut einem diverse Kameraeinstellungen, Kampfszenen, Bauten, Tropen und Charaktere letztlich erscheinen, hätte ich indes nicht gedacht. Am besten gefiel mir, dass der "Held", ein Prototyp des mysteriösen Fremden, kein ehrbarer Rechtsvollstrecker ist, der gekommen ist, um die Ordnung wiederherzustellen, aber auch kein "chaotisch guter", missverstandener Outlaw, sondern ein ungeschliffener Glücksritter, der zwei verfehdete Gruppen zum eigenen Vorteil gegeneinander ausspielt. Eben ein ambivalentes Raubein, wie man es auch im klassischen Italowestern erwartet. Konsequenterweise gibt es so gut wie keine positiven Identifikationsfiguren oder überhaupt Personen, die einem nahegehen.
Dieses cineastische Erlebnis ist in mehreren Aspekten herausfordernd (schwarz-weiß, kaum Musik, fernöstliche Theatertraditionen), gleichwohl prägt es sich einem dauerhaft ein.
Super Dark Times
In die Kategorie "Was sollte das denn?" fällt dieser von manchen hochgelobte Teenie-Thriller aus dem Jahr 2017. Da sind ein paar gelangweilte Freunde in einer amerikanischen Kleinstadt und plötzlich ist einer von ihnen tot. Es kommt zu einem Verwirrspiel mit schwammigen Andeutungen, nichtssagenden, mitunter krampfhaft-zaubrisch erotisch aufgeladenen Traumsequenzen und unglaubwürdigen Charakterwandlungen. Wer hinter der (mit einem Drogen-Subplot verquickten) Intrige steckt, wird zum Schluss entweder genial subtil oder halbherzig banal aufgeklärt, war mir dann aber eh wurst.