Der britische Schriftsteller Nicholas Evans (Der Pferdeflüsterer) ist gestorben, mit 72, an einem Herzinfarkt. Gewiss bedauerlich genug, aber: er hätte auch schon mehr als zehn Jahre tot sein können. "Im September 2008", weiß Wikipedia, "zogen sich Evans und seine Frau durch den Genuss eines Pilzgerichts mit Spitzgebuckelten Rauköpfen schwere Vergiftungen zu. Als Spätfolge wurde ihm 2011 eine Niere seiner Tochter transplantiert."
Der Spitzgebuckelte Raukopf (Cortinarius rubellus) gehört zu den Schleierlingsverwandten, einer Familie, innerhalb derer es mehrere potenziell tödliche Arten gibt. Die Tintling-Herausgeberin Karin Montag widmet ihnen in ihrem monumentalen Pilz-Kompendium "Cook mal Pilze!" ein eigenes Kapitel mit der Überschrift "Der geht einem an die Nieren". Auszug: "In den siebziger Jahren erlitten drei Schottland-Urlauber eine Vergiftung, weil sie [den Spitzgebuckelten] Raukopf mit Pfifferlingen verwechselten. Bei zweien kam es zu einem völligen Versagen der Nierenfunktion, so daß neun Monate nach der Mahlzeit bei beiden Patienten eine Nierentransplantation durchgeführt werden mußte." Auch Nicholas Evans und seine Frau hatten diesen Pilz in Schottland gefunden, der tatsächlich eine äußere Ähnlichkeit mit dem Pfifferling aufweist. Er ist über ganz Europa verbreitet, hierzulande kommt er beispielsweise im Schwarzwald vor. Sein englischer Name ist übrigens Deadly Webcap, während sein französischer Cortinaire très élégant lautet.
Noch gefährlicher als der Spitzgebuckelte ist der Orangefuchsige Raukopf. Wie ersterer enthält dieser, nur in anderer Form, den Giftstoff Orellanin, worauf schon seine lateinische Bezeichnung C. orellanus hinweist. Das von diesem Nephrotoxin ausgelöste Orellanus-Syndrom gilt als "besonders langsam und qualvoll" (Wikipedia). Karin Montag: "Die lange Latenzzeit von 4 - 14 (-17) Tagen macht es oft schwierig, einen Zusammenhang mit einer Pilzmahlzeit herzustellen. [...] Die ersten diffusen Symptome sind unstillbarer Durst mit Mundtrockenheit, Kopfschmerzen, leichtem Fieber und Schüttelfrost sowie vorübergehende Gelenk- und Muskelschmerzen. [...] Danach treten typische Beschwerden auf, die auf eine Nierenschädigung hindeuten: Übelkeit und durch die Urämie verursachtes Erbrechen, Schmerzen in der Lendengegend bzw. in der Lendenwirbelsäule (in der Nierenloge). [...] Bei Beginn der Nierensymptome über 10 - 14 Tage nach der Pilzmahlzeit sind oft eher milde Verläufe zu konstatieren, von denen sich der Patient vollständig erholen kann. Die Therapie erfolgt symptomatisch nach ständiger Überwachung der Nierenfunktion. In vielen Fällen ist vorübergehend oder zeitlebens Hämodialyse angezeigt bzw. eine Nierentransplantation."
C. orellanus ist ein weiteres Beispiel für einen Fall, in dem ein Pilz bis zu einem gewissen Zeitpunkt (hier: 1952) nicht als giftig, sondern als essbar galt. Da wird es einem angst und bange! Mein Ratschlag wäre: Vor jeder Zubereitung selbstgesammelter Schwammerl deutliche Fotos des gesamten Fundes machen, den Zeitpunkt des Verzehrs notieren und in den folgenden Wochen (!) penibel auf den eigenen Körper hören.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen