Montag, 8. August 2022

Einiges über, nein: unter New York

Vor ein paar Monaten bemerkte ich am Rande, dass ich nach "Access All Areas" des Herrn "Ninjalicious" Appetit auf mehr Literatur zum Thema verspürte. Ein ebenda in einer "kurzen Geschichte der Urban Exploration" erwähntes Buch machte mich besonders neugierig: "New York Underground. Anatomie einer Stadt" der in New York lebenden deutschen Untergrundforscherin Julia Solis. Sowohl die in Berlin erschienene Originalausgabe von 2002 als auch die englische Übersetzung sind nur noch antiquarisch und zu Mondpreisen zu bekommen, doch löblicher- und glücklicherweise hatte meine Lieblingsbibliothek ein Exemplar des deutschsprachigen Hardcovers im Bestand. Ich lieh es mir und kann sagen: Wer sich nur im Entferntesten für die unsichtbaren Lebensadern der US-Metropole schlechthin interessiert und irgend an das Buch herankommen kann, sollte es sich vornehmen.

Aus der Masse an spannenden Fakten und Anekdoten möchte ich ein Kuriosum wiedergeben, das mit Urbex nicht direkt etwas zu tun hat: Der erste Mann, der von einer U-Bahn überfahren wurde, hieß Leidschmudel Dreispul. Noch mal zum Mitschreiben: Leidschmudel Dreispul. Der Name mitsamt der unrühmlichen Errungenschaft seines Trägers war mir aus Ninjalicious' Buch bekannt, aber ich hielt die entsprechende Notiz für einen Insider-Gag, eine Art U-Boot, zumal man ausschließlich auf (wenige) Veröffentlichungen aus dieser Szene stößt, wenn man danach googelt. Aber warum sollte die Autorin in einem ansonsten beispiellos quellentreuen Werk eine Legende reproduzieren oder den Samen für eine solche säen? Im Detail heißt es bei ihr: "Bislang kannte man nur langsame Straßenbahnen, denen man leicht aus dem Weg gehen konnte. Vor den Straßenbahnen aus dem Weg zu springen, 'dodging' genannt, war ein so populärer Sport, daß das Brooklyner Baseball-Team sich den Namen 'Dodgers' gab. Aber der IRT-Zug fuhr 65 Stundenkilometer." (IRT = Interborough Rapid Transit) "Das erste Opfer war Leidschmudel Dreispul, der eine Woche nach der IRT-Eröffnung im Tunnel unter der 137. Straße einen Spaziergang auf den Gleisen unternahm und nach nur wenigen Metern von einem Zug erfaßt wurde. Ähnliches passierte nun leider so oft, daß die IRT-Gesellschaft Schilder aushängen mußte, die das Betreten der Gleise untersagten."

1 Kommentar:

  1. Die Leidschmudel-Dreispul-Geschichte scheint authentisch zu sein: sie findet bereits 1995 in einem Fachbuch Erwähnung, dessen Autor Historiker ist.

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