Freitag, 30. September 2022

Achievement unlocked: "Buchstabe für Buchstabe"

"Jetzt kann ich zufrieden sterben", schrieb ich, nachdem ich im Januar 2019 zum ersten Mal ein Stern-TV-Magazin-Kreuzworträtsel vollständig ausgefüllt hatte. Was soll ich sagen, Leute? Seit Mittwoch, dem 28. September 2022, kann ich noch zufriedener sterben. Nach mehr als 20 Jahren so steter wie vergeblicher Mühe ist es mir nämlich gelungen, Deutschlands härtestes Kreuzworträtsel zu knacken: Ich habe das Wochenendrätsel der Sächsischen Zeitung vom 17./18.9. zu 100 % gelöst. Nie, nie, nie hätte ich das für möglich gehalten, und doch hatte ich in diesem Fall bereits nach etwa der Hälfte das Gefühl: I'm on fire! Es lief wie geschmiert, nach wenigen Minuten war ich durch, und ich sah, dass es gut war.

Ich muss allerdings einräumen, dass ich mir bei mehr als einer Lösung nur zu 90 % sicher war. Bei ASAM etwa ("bayr. Künstlerfamilie [18. Jh.]") war der erste Buchstabe fraglich, und ich entschied mich nur zögerlich für das A. Und dass ein altrömischer Sonnenschutz VELUM hieß, hätte ich nicht unter Eid bekräftigen wollen. Doch ich riskierte etwas, schlug hinterher die Wackelkandidaten nach ("afrikanisches Furnierholz: LIMBA") und konnte beruhigt feststellen, dass ich auf die richtigen Pferde gesetzt hatte. Ob nun mehrere Jahrzehnte ins Land streichen werden, bis mir diese Meisterleistung erneut gelingt?

Dieses Foto hat keine Beweiskraft – ich hätte ja auch Hilfsmittel benutzt haben können –, aber die Welt soll sehen, wie ein vollständig ausgefülltes Sächsische-Zeitung-Rätsel ausschaut. Das Lösungswort war übrigens RAUSCHENBACH.

Mittwoch, 28. September 2022

TITANIC vor zehn Jahren: 10/2012

Ah, die bedeutsame Oktoberausgabe 2012, deren Titel – wie ich finde, sehr gekonnt – die damals übertrieben hochgekochten Themen Mohammed-Schmähung und Präsidentengattinnen-Darstellung (oder umgekehrt) überkreuzte!


Bedeutsam ist diese Ausgabe aber wegen etwas im Innenteil (S. 12ff.), nämlich der Dokumentation des Redaktionsausflugs nach Hamburg, wo Ende August am Landgericht der Papst-Prozess stattfinden sollte. Wie das alles so war, wurde ja, u.a. von mir, schon zigmal durchgekaut und kann zudem a.a.O. nachgelesen werden.


Es gab im Nachhinein Kritik aus dem Herausgeberkreis, dass dieser Bericht zu intern und selbstgefällig sei, auch andere Artikel wurden als schwer zugänglich oder das Thema verfehlend bemängelt. Dazu ist als Verteidigung ins Feld zu führen, dass nicht nur das ganze Hamburg-Abenteuer der Redaktion viel Kraft und Zeitaufwand abverlangte, sondern auch eine Buchmesse bevorstand, und eine solche ist alle Jahre wieder mit jeder Menge Organisationskram verbunden. Zum Buchmessengastland hatten wir damals auch eine launige Doppelseite:


Ins englischsprachige Ausland begaben sich auch Tim Wolff und Michael Ziegelwagner mit einem superb visualisierten Dreiseiter. In den USA stand nämlich die Präsidentschaftswahl an, und das Wettrennen zwischen Obama und Romney ging mit der öffentlichen Wahrnehmung eines "gespaltenen Volkes" einher. Ja, damals schon! Wenn die Kommentatoren des Weltgeschehens geahnt hätten, wie sehr gespalten dieses Land in ein paar Jahren erst sein würde ...
Jedenfalls ist das so ein Beitrag, der mir vor Augen führt, warum die mittleren Fischer-Jahre zu meinen absoluten Lieblings-Titanic-Ären gehören. Zitat: "'Obama hat unser Land ruiniert', resümiert Dick und stellt seine Cola auf Ritas Kopf ab. 'Dabei hatte ich am Anfang seiner Präsidentschaft so viele Hoffnungen. Z.B. daß er erschossen wird!'"


Weniger überzeugend ist das Studien-Spezial zum Wintersemester 12/13, das ich gemeinsam mit Valentin Witt geschrieben habe. Man merkt leider, dass da einer rumnörgelt, der frisch von der Uni gekommen ist (ich) und die durchgenudeltsten Klischees zu verwitzeln für nötig hielt. Ungeachtet der Qualität hatte es wenige Jahre zuvor einen fast identischen Artikel gegeben.
Ganz gut gelungen ist mir dagegen der Titel der 3. Folge von "55ff", in welche ich wieder mal eine eigene Zeichnung hineinschmuggeln konnte. Und der Beitrag "Dosenpfirsiche im Vergleich (mit Gallseife)" hatte mindestens acht Jahre unveröffentlicht auf meiner Festplatte gelegen, haha.


Egner-Panels wie dieses sollten auf eine Golden Record für die nächste Raumsonde gepresst werden:


Weiteres Notierenswertes
- Der bereits erwähnte Valentin Witt, der in dieser Heftphase sein erstes Praktikum bei uns absolvierte und bis heute einer meiner engsten Freunde ist, hatte die Ehre bzw. Pflicht, ausnahmsweise das Editorial zu schreiben! ("Ja, es gibt sie noch, die Arbeitgeber, die sogar ihre Praktikanten fair bezahlen und ihnen mit Respekt und Wohlwollen begegnen. Doch nicht überall sieht es so glitzernd aus wie bei Gruner+Jahr".) Wie gesagt, es pressierte alles enorm. Von Valentin stammt auch der Rücktitel ("Wovon leben wir im Alter?").
- Späte (rare) Cartoon-Auftritte von Tobias Schülert (der spätere Verantwortliche der Stern-Rubrik "Ein Quantum Trost") und Jürgen Marschal (Österreich)!
- Der Denkbücher-Test (S. 31ff.) ist ein ebenso aufschlussreicher feuilletonistischer Schnappschuss wie Stefan Gärtners Portrait des "künftigen Literaturstars" Stephan Thome (S. 54): Im Gegensatz zu Rolf Dobelli, Steven Pinker und von mir aus auch Daniel Kahneman sind Thome sowie Christian Hesse und George Steiner zehn Jahre später im Grunde weg vom Fenster. Oder?

Schlussgedanke
Angesichts der verschärften Bedingungen, unter denen dieses Heft entstand, hat das Ergebnis mehr Respekt verdient, als man ihm zugesteht.

Montag, 26. September 2022

Jackfruit revisited

Die Fleisch-Ersatzgerichte auf Jackfruit-Basis, die ich 2018 bei Rewe erspähte, sind zwischenzeitlich aus den Regalen verschwunden. Bei dm gibt es zwar Jackfruit-Stückchen von der Eigenmarke, leider aber nur "natur". Bei meinem letzten Penny-Besuch stellte ich erfreut fest, dass dort Jackfruit-Gulasch geführt wird. Mit Geschmack! Curry gab es auch.


Ein YouTuber, der mehrere Penny-Produkte des Food for Future-Labels probiert hat, konnte sich nicht so sehr für den veganen Gulasch erwärmen, your mileage may also vary. Ich glaube, "überwürzt" war eine der Eigenschaften, die er monierte. Ich fand die Würzung aber sehr gelungen und mochte vor allem die leichte Rauchnote. Und einmal mehr ist die beinahe perfekte Nachahmung der Textur und Bissfestigkeit von tierischem Gulasch zu würdigen.



So sieht der Jackfruchtbaum übrigens in freier Wildbahn (Brasilien) aus:

Foto: Scott Hühnercrisp (mit freundlicher Genehmigung)

Samstag, 24. September 2022

Das Omnibus

Vorgestern erschien die 500. Folge meines Lieblings-Podcasts "The Omnibus". Es ist so beachtlich wie beruhigend, dass die Fangemeinde nach wie vor mit zwei neuen Ausgaben pro Woche beglückt wird, selbst nachdem Co-Host Ken Jennings nun hauptberuflich dauerhafter Co-Host von "Jeopardy!" ist. Und sollte der Output irgendwann gedrosselt werden, gibt es immer noch zahlreiche ungehörte Episoden, mit denen ich mir so manche Zugfahrt versüßen kann, indem ich mir von zwei sympathischen mittelalten Dudes mit viel Witz, Klugheit und Eloquenz abseitiges Wissen vermitteln lasse.

Kurz vor dem Jubiläum habe ich mal zielgerichtet den Backkatalog durchstöbert: Ich hatte, glaube ich, in der Vergangenheit schon einmal vermerkt, dass sich mehrere "Omnibusse" mit Kapiteln der deutschen Geschichte befassen. Diese habe ich in einer Liste versammelt, die sich zugleich als potenzieller Einstieg anbietet für alle, die auf der Suche nach einem englischsprachigen Kontrastprogramm zu all dem hierzulande aufgenommenen Kappes sind.

Potsdamer Platz (#461) Selbst als jemand, der sich öfter in Berlin aufhält, hatte ich kaum eine Ahnung davon, wie bewegt die Geschichte des vormaligen "Times Square von Europa" ist. Dabei steht nicht nur die Nachkriegszeit im Fokus, sondern auch die Frühgeschichte Berlins, die Nachwendezeit sowie der Film "Der Himmel über Berlin".
The Town of Bent Necks (#394) Eine meiner Lieblingsfolgen behandelt die Schuhstadt Herzogenaurach, die durch den Bruderzwist der Gründer von Adidas resp. Puma quasi zweigeteilt wurde. "Bent necks" deswegen, weil man einander jahrelang argwöhnisch auf die Füße geschaut hat, um zu sehen, welcher "Kriegspartei" jemand angehörte.
Der Grosser (#424) Um Autos schere ich mich eigentlich nicht, aber die Bedeutung des Mercedes-Benz 600, genannt "Der Große Mercedes", ist schon herausragend, insbesondere in Hinblick auf die Dutzenden Prominenten, darunter nicht wenige Autokraten und Gewaltherrscher, die ein Faible für den Maybach-Vorläufer hatten. Die Sprache kommt auch auf den Buchstaben ß, einen amerikanischen Ersatzteil-Spezialisten und eine vergessene unrühmliche Anekdote aus David Bowies Berliner Jahren.
The Fulda Gap (#380) Womöglich ein wenig unheimlich zu hören in diesen Tagen, wo man wieder Angst vor Atomschlägen haben muss: Was es mit einer bestimmten Talregion in Mitteldeutschland* während des Kalten Krieges auf sich hatte. (* Wenn ich "Mitteldeutschland" schreibe, meine ich die Mitte Deutschlands. Ostdeutschland ist bei mir "Ostdeutschland".)
Potsdam Giants (#401) Gemeint sind natürlich die "Langen Kerls". Es geht um Grenadiere, gezielte Darwinsche Auslese und den Zusammenhang von Körpergröße und Erfolg.
Fanta (#444) Gute Güte, ich hatte ja nicht den blassesten Schimmer! Dass hiesige Kultprodukte mitunter fragwürdige Entstehungsgeschichten haben, ist klar, aber warum und wie Fanta als Coca-Cola-Alternative das Licht der Welt erblickte, könnte glatt Stoff für den "Dollop"-Podcast sein. Der Part über Werbespots für die gelbe Zuckerbrause ist ein willkommener comic relief.
Elizabeth Nietzsche (#313) Die Schwester Friedrich Nietzsches gründet gemeinsam mit ihrem Mann Bernhard Förster Ende des 19. Jahrhunderts in Paraguay die "arische" Kolonie Nueva Germania (deren Nachfolgesiedlung bis heute unter diesem Namen existiert). Hilarity ensues.
Milli Vanilli (#34) Es ist sooo lustig, wie lustig es Amerikaner finden, wenn Deutsche versuchen, amerikanische Popkultur zu emulieren. Der Lipsync-Skandal um die zwei type-gecasteten Models von Milli Vanilli ging um die Welt; etliche Aspekte dieser Achtzigerjahre-Posse waren mir total neu.
The Erika Typewriter (#368) Hier geht es zwar vornehmlich um russische Untergrund- und Widerstandsschriften, aber da die Ursprünge der Schreibmaschine "Erika" in Dresden liegen, habe ich die Folge in diese Liste aufgenommen.
Fritz Stammberger (#193) Ein Name, der den allermeisten fremd sein wird: Es handelte sich um einen Extrem-Bergsteiger, der eine amerikanische TV-Spielshow-Assistentin heiratete und in den 1970er-Jahren in Pakistan verschwand. Oder ließ man ihn verschwinden? Seine Frau stürzte sich auf der Suche nach ihm in immer krudere Verschwörungstheorien. Absolut irre!
German Telegrams (#286) Das war die erste Ausgabe, die ich je gehört habe! Sie fällt etwas trocken aus, aber die gewichtige Rolle, die Telegramme abseits der Emser Depesche in der deutschen Geschichte gespielt haben, wird auf lehrreiche Weise herausgearbeitet.
The Christmas Truce (#112) Der "Weihnachtsfrieden" zwischen britischen und deutschen Truppen im Grabenkrieg 1914 ist freilich ein alter Hut. Doch welchen Anteil hatte die Frauenbewegung daran? Weihnachtsliedgut und Weihnachtsessen werden auch diskutiert.
Alexander von Humboldt (#185) Alles über vergangene Forschungsmethoden, Universalgelehrte, das Zeitalter der Expeditionen und Spekulationen darüber, warum einer der bedeutendsten Köpfe Europas heute beispielsweise in den USA so gut wie unbekannt ist.
The Baader-Meinhof Gang (#310) Ich erinnere mich kaum noch an Details, aber Rekapitulationen des Heißen Herbstes sind ja immer spannend, erst recht aus einer fremdländischen Perspektive.
Rosa Luxemburg's Body (#339) Einiges über Wesen und Entwicklung Rosa Luxemburgs ist zu erfahren, außerdem über ihren Kopf, Spartacus und sein Erbe sowie Michael Tsokos.
Wuppertal Schwebebahn (#374) Auch hier wird mit verblüffenden Fakten überrascht, wer glaubte, schon alles über das Thema gewusst zu haben. Unter anderem lernte ich, dass die Wuppertaler Magnetschwebebahn zur gleichen Zeit entwickelt wurde wie die Schwebebahn in Dresden – vom selben Ingenieur (Carl Eugen Langen)! Elefantendame Tuffi hat selbstverständlich auch ihren Auftritt.
Lisztomania (#441) Wer war Europas erster Superstar? Ein echter Promi, wenn man Königshäuser außen vor lässt? Es war der Klaviervirtuose Franz Liszt, und das Schlagwort für dieses Massenphänomen, "Lisztomanie", schuf kein Geringerer als Heinrich Heine. Ken und John lassen zudem eigene Konzerterlebnisse Revue passieren.
As Slow as Possible (#189) John Cages grenzen- und zeitensprengendes Orgelwerk "ASLSP" kann man nicht besprechen, ohne auf die Halberstädter Sankt-Burchardi-Kirche einzugehen. Aber auch darüber hinaus sehr spaßig.

PS: Die 499. Ausgabe handelt von Exklaven. Ich habe sie noch nicht gehört, könnte mir aber vorstellen, dass darin auch Büsingen am Hochrhein vorkommt.

Donnerstag, 22. September 2022

Photo dump Sommer 2022

Eine Packung Kippen eine Mark. Gute alte Zeit ...

"Wo genau wohnst du?" - "Außerhalb." - [sarkastisch] "Sooo genau wollte ich's nicht wissen!"

Amen!

Na, ob das ein echter ist ... Ausgerechnet im hessischen Egelsbach?

Seltener Anblick: Klopapierhut in freier Wildbahn

Und was, wenn die Eisesser durchs Schaufenster "gucken" wollen, weil sie selbst potenzielle Neukunden sind?

Ich konnte nicht erkennen, wie viel man einwerfen muss, um einmal Saatgut zu erhalten. Im Konkurrenz-Automaten "Blumenwiese to go" kostet eine Kapsel 1,- €. Dafür hat man früher eine Schachtel Zigaretten bekommen!

Vogelliebhaber, check dein Privileg!

Dienstag, 20. September 2022

Videospieltipp: Firewatch

Es gibt Games, bei denen ich nach fünf Minuten weiß: Das ist genau mein Ding, ja, das wird was. "Firewatch" ist ein Paradebeispiel dafür. Ich bin ein Enddreißiger namens Henry und bekomme meine eigene Vergangenheit als "Was bisher geschah"-Text präsentiert, während ich herumlaufe und mich so mit der – recht simplen – Steuerung vertraut mache. Mehr oder weniger einschneidende Ereignisse bestimme ich retroaktiv, indem ich etwa aus zwei vorgegebenen Alternativen wähle, welchen Hund meine Partnerin und ich uns damals angeschafft haben. Die Brocken werden immer dicker, die Schicksalsschläge sitzen tief ... *record scratch* Ich spaziere durch den Shoshone National Forest in Wyoming, um meinen Aushilfsjob als Feuerwächter anzutreten, aus einem inneren Beweggrund, den ich mir ebenfalls aussuchen kann. Waldbrände sind Ende der 1980er Jahre, nicht nur hier, eine ständige Bedrohung, die zu bekämpfen ich durch Erkundungsgänge sowie von meinem exponierten Wachposten aus (ein schweinegemütlicher Ranger-Turm) helfe. Meine einzige Kontaktperson ist meine Vorgesetzte Delilah, die ich nie zu Gesicht bekomme. Über Walkie-Talkie erteilt sie mir Befehle und Ratschläge, wobei das erste Gespräch mit ihr nicht das strahlendste Licht auf sie wirft. Für ihre übergriffige Fluchtirade entschuldigt sie sich am nächsten Morgen, sie hatte wohl zu tief ins Glas geschaut; sieht so aus, dass nicht nur ich mein Ränzlein zu tragen habe. Wir kommen uns durch gemeinsames Seelen-Striptease immer näher, zudem habe ich die Gelegenheit, Delilah über jede Auffälligkeit in der Natur zu unterrichten, genauso gut kann ich das aber bleiben lassen, wie ich mich auch stets in Ton und Wahrheitsgehalt zwischen mehreren Optionen entscheiden darf. Hier ist ein erster kleiner Kritikpunkt anzubringen, denn was ich sage und wie, hat im weiteren Spielverlauf kaum spürbare Konsequenzen. Auch meine anfangs festgelegte Biographie wirkt sich zwar gelegentlich auf die Walkie-Talkie-Talks, nicht aber auf die eigentliche Story aus.

Diese funktioniert so oder so phantastisch. Denn selbstverständlich geschehen schon bald unvorhergesehene, beunruhigende Dinge im Nationalpark. Jeder neue Tag kann eine Überraschung bringen. Genau, "Firewatch" spielt nämlich nicht "am Stück", sondern über mehrere Wochen hinweg. Es gibt Zeitsprünge, und sobald wir eine Tagesmission erfüllt haben oder ein bestimmtes Event getriggert haben, endet das Kapitel. (Das wäre ein zweiter Minuspunkt: Manchmal hätte ich an einem Tag gerne noch mehr erkundet, denn der Park lädt durchaus zum Sandboxing ein, doch dann setzte ich unwillentlich irgendeine Aktion in Gang, die mich in die Zukunft katapultierte.)

Meine wichtigsten Hilfsmittel sind Karte und Kompass. Weil meine Erfahrung mit diesen Werkzeugen sowie mein Orientierungssinn allgemein nicht herausragend sind, fürchtete ich zunächst, mich ständig zu verlaufen, aber man lernt den Umgang mit Karte und Kompass erstaunlich rasch – und somit auch etwas fürs echte Leben. Weitere Items finde ich u.a. in Versorgungsboxen, welche zusätzlich so manches enthalten, was zum Environmental Storytelling beiträgt. Musik und Geräusche werden prima eingesetzt ("The sound design was lauded to have evoked a Hitchcockian sense of fear." Wikipedia).

Ist das 2016er Debut von Campo Santo (die seit 2018 zu Valve gehören) gameplay-technisch eher mau? Das soll jeder für sich entscheiden. Für mich erfüllt "Firewatch" alle Kriterien für ein einnehmendes, lange nachwirkendes Spiel-Erlebnis. Wunderschöne Landschaften durchstromern, einem fesselnden Mysterium auf den Grund gehen, hervorragend vertonte Dialoge führen, und das alles aus der Ego-Perspektive eines lebendigen Charakters mit tragischem Background? Das taugt mir und hat mich bis zum Abspann nach circa fünf Stunden exzeptionell unterhalten. "Firewatch" gehört zum Besten, was ich in den letzten Jahren gespielt habe. 

Sonntag, 18. September 2022

Zauberhafte altdeutsche Rechtssprache (I)

Nachdem es im vorletzten Beitrag um obskure Rätsellösungen und im letzten um eine obskurere Berufsbezeichnung ging, ist es nur folgerichtig, sich erneut mit obskurem Sprachgut zu befassen ... Nein, halt, das ist überhaupt nicht folgerichtig! Das Blog droht monothematisch zu werden, und das ist keineswegs meine Absicht.

Nichtsdestotrotz ist es an der Zeit für eine neue kleine Reihe, in welcher ich lexikographische Stöbereien in einem Lehrbuch betreiben möchte, das ich bereits im August erwähnt habe: Deutsche Rechtsgeschichte von Heinricht Mitteis, erschienen in 3. Auflage 1954 bei C.H. Beck. Ich hatte es in einem Berliner Antiquariat erworben und mit Blick auf das Erscheinungsjahr direkt gedacht: Uiuiui. Denn wenn man sich, wie ich, ein bisschen mit der westdeutschen Nachkriegsgeschichte beschäftigt hat, weiß man, dass jemand, der in dieser Zeit eine höhere Position in der Rechtspflege oder -lehre bekleidete, mit nicht geringer Wahrscheinlichkeit eine oder mehrere Leichen im Keller hatte. Aufatmen war angesagt, als ich den Wikipedia-Artikel zu H. Mitteis las, denn der in Prag geborene Ordinarius darf nicht nur als unbelastet, sondern sogar als bedingt widerständisch betrachtet werden. Bereits 1933 "verlor er sein Amt als Dekan, weil er gegen die Verunglimpfung jüdischer Kollegen in der nationalsozialistischen Presse Stellung nahm und den Rektor der Heidelberger Universität kritisierte. Obwohl Mitteis nicht der NSDAP beitrat, wurde er 1934 auf den Lehrstuhl für Deutsches Privatrecht, Deutsches Bürgerliches Recht, Handels- und Wechselrecht und Deutsche Rechtsgeschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München berufen. Wegen seiner kritischen Einstellung zum Nationalsozialismus war Mitteis offenen Angriffen von Seiten der nationalsozialistischen Studentenführung ausgesetzt. In einer Vorlesung kam es sogar zu einer Schlägerei zwischen NS-Studenten und Mitteis’ Schülern. [...] 1938 entging Mitteis der Schutzhaft nur, weil seine Familie mit der Frau von Alfred Jodl, dem damaligen Leiter des Wehrmachtführungsamtes, befreundet war. Nach dem 'Anschluss Österreichs' wurde Mitteis von allen Ämtern suspendiert und an die Universität Rostock versetzt."

Mitteis (1889-1952) gilt bis heute als Koryphäe für Rechtsgeschichte. Dementsprechend geht das vorliegende Studienbuch aus der Reihe "Juristische Kurz-Lehrbücher", bei aller Kompaktheit, ganz schön in die Tiefe, ist voraussetzungsreich und anspruchsvoll. Ich habe es dennoch bewältigt, und hier kommt nun die Nacharbeit. Viele der Fachwörter, die oft ohne weitere Erklärung gedroppt werden, sehen kurios aus, scheinen uralt zu sein, sie sind, kurzum, einer näheren Betrachtung wert. Für jede Folge dieser Serie werde ich mir zwei Wörter herausgreifen und unter Zuhilfenahme mir vertrauenswürdig scheinender Drittquellen definieren. Weitergehende Forschungen (bspw. etymologischer Art) sind mir nicht zuzumuten.

Schatzwurf. War wohl eine Form der Freilassung durch den König mit Vollfreiheit als Folge. Aber wie sah dieser Akt konkret aus? Der Klappentext von Ute Maass' Monographie Die Freilassung durch Schatzwurf in den Urkunden der karolingischen, sächsischen und salischen Kaiser und Könige (zugl. Diss. Bochum 2007) fasst es in einem Satz zusammen: "Der Schatzwurf ist eine symbolische Handlung, bei der der freizulassende Unfreie dem Freilasser einen Denar darbietet, den dieser ihm aus der Hand schlägt."
Allgemeiner das Online-Mittelalter-Lexikon, welches auch die althochdeutsche Form (scazuurfun) und die mittellateinische Grundlage für die Lehnübersetzung angibt (excussio denariatio): "Symbolischer Akt bei der Freilassung Leibeigener. Der Freizulassende hielt dabei vor Zeugen seinem Herrn eine Münze hin, die dieser annahm und zu Boden warf (iactante denario), wodurch die Ablehnung des Kopfzinses augenfällig dargestellt war."

Hantgemal. Erscheint in Klammern hinter dem Halbsatz "Später wurde das Schöffenamt mit gewissen Gütern verbunden". Wo ich schon mal das Mittelalter-Lexikon offen habe: Dort wird es definiert als "dinglicher Ausweis für Freiheit und Adel einer Person oder Sippe in Form eines Stamm- oder Erbguts, nach welchem diese ihre Hausmarke führt. Insbesondere das Stammgut ritterbürtiger, schöffenbarer Geschlechter. Das vererblich an das Gut gebundene Zeichen des hantgemals wurde als Unterschrift gesetzt und war nur in männlicher Linie vererbbar."
Da tun sich sogleich Folgefragen auf. Also: "Unter Schöffenbaren haben wir [...] Schöffen und ihre Familienangehörigen zu verstehen. Jedoch war ihre Standesstellung durch ein Anrecht an freies Eigengut, das im Bezirke des betreffenden Schöffengerichtes lag, beschränkt; man nannte dieses Eigen Hantgemal." So steht es bei Aloys Meister, Deutsche Verfassungsgeschichte von den Anfängen bis ins 14. Jahrhundert, 2013. In welcher Gestalt man sich das Zeichen "als Unterschrift" bzw. die "Hausmarke" vorzustellen hat, konnte ich nicht herausfinden, auch nicht bei Wikipedia, die den Begriff als "Handgemahl" führt. (Es gibt verschiedene Formen, von denen die älteste, handmahal, wie man dort erfährt, im altsächsischen Heliand belegt ist.)

Freitag, 16. September 2022

Wort der Woche

Die Stadt Dresden, lese ich auf Twitter, bekommt einen Nachtbürgermeister. Einen was? Wird der von 18 bis 6 Uhr im Dienst sein, um den "Tagesbürgermeister" zu entlasten? Oder ist das eine oppositionelle Figur, eine Art Schattenkanzler gar?
Das "Amt" klingt hochtrabender, als es ist. Der Posten ist hauptsächlich ein kultureller und der oder die ihn Ausübende mit Fragen des Nachtlebens betraut. In anderen deutschen Städten wie Heidelberg, Münster und Wiesbaden (hier als Doppelspitze) gibt es Nachtbürgermeister teilweise schon seit 2018. Innerhalb Europas sind die Niederlande Vorreiter, die bereits 2003 in Rotterdam ein Kollektiv von nachtburgemeesters installieren ließen. Seither findet man Night mayors auch in Tschechien, England und seit 2016 sogar auf anderen Kontinenten.
Aber was genau wird der Dresdner Nachtbürgermeister zu tun haben? "Fehlende Freiräume, Lärm, Müll und Wildpinkler. [...] Wo kann man in Dresden feiern? Wie kann zwischen Feiernden und Anwohnern vermittelt werden?", umreißt die Sächsische Zeitung das Aufgabenspektrum. Klingt nach einer Menge Stress. Kommt mit dem Job auch das ius Pirnae noctis daher? (Sorry.)

Mittwoch, 14. September 2022

26 Kreuzworträtsel-Lösungen mit der Eigenschaft {obskur}

  • aus Flachsabfall: heden 
  • gefälteter Kleiderbesatz: Falbel 
  • veraltet: Maskenball: Redoute 
  • kleines rundes Käppchen: Kalotte 
  • Hetzruf an den Hund bei der Jagd: Hussa 
  • Griff am Sensenstiel: Worbe 
  • Fürstenerlass in islam. Ländern: Ferman 
  • Dampfkesselaufsatz: Dom 
  • thailändisches Getreidemaß: Ban 
  • Abk.: Amerika: Am. 
  • altes süddt. Getreidemaß: Imi 
  • winziges Längenmaß (veraltet): Mikron
  • schwed. Längenmaß (30 cm): Fot 
  • Hauptteppich orient. Festsäle: Khali 
  • arabischer Wüstenbrunnen: Bir 
  • Weinrebenkrankheit: Mauke 
  • norddeutsch: Iltis: Ülk 
  • Erbsen ausschoten: kirnen 
  • Schiffswächter: Lieger 
  • alpine Schafgarbe: Iva 
  • Taster bei Kerbtieren: Palpe 
  • Formgerät der Glasbläser: Marbel 
  • kirchl. Handwaschgefäß: Lavabo 
  • Schafleder für Bucheinbände: Basane 
  • bunt bedrucktes Gewebe: Chintz 
  • Partytrubel: Highlife

Montag, 12. September 2022

Der Film zur Novelle im Roman

Der losen Reihe "Stephen King baut in seine Werke Referenzen auf sich selbst ein" habe ich ein weiteres amüsantes Exempel hinzuzufügen. In dem 2021 erschienenen Roman "Später" steht auf S. 123 der deutschen Ausgabe (Heyne):

Das Frederick Arms war etwa gut zwölf Stockwerke hoch und aus grauem Backstein erbaut. Die Fenster im Erdgeschoss und im ersten Stock waren mit Gitterstäben gesichert. Jemand wie mir, der im Palast der Avenue aufgewachsen ist, kam es eher wie das Gefängnis in Die Verurteilten als wie ein Wohnblock vor.

Nun gut, es kann sein, dass in dieser im New York der 2010er Jahre angesiedelten Parallelwelt das Gefängnisdrama "Die Verurteilten" existiert, ohne auf der literarischen Vorlage eines gewissen Herrn King zu beruhen. Im Übrigen werden hierin auch die Serien "Person of Interest" und "Torchwood" ge-namedropped (bekannt aus diesem Blog!).

Samstag, 10. September 2022

Die haben es in sich!

Dieses leicht umzusetzende Rezept liegt seit 2008 auf meiner Festplatte, also höchste Zeit, es zu teilen. Knusperoliven schmecken so gut, dass man gar nichts als Beilage braucht außer vielleicht einen Salat.


Die Knusprigkeit ergibt sich aus einem Mantel, den wir aus folgendem Teig bilden: 125 g nicht zu weiche Butter, 150 g Mehl, 250 g Reibekäse (z.B. mittelalter Gouda), ggf. etwas PfefferSalz und Paprikapulver. Der gut durchgeknetete Teig sollte eine Stunde im Kühlschrank ruhen, bevor wir aus ihm ca. 5 cm dicke Würstchen rollen, von denen wir sodann pro Olive etwa einen Fingerbreit abschneiden. Es empfehlen sich grüne Oliven aus dem Glas (200 g Abtropfgewicht; ich glaube, am Ende reichte es für ungefähr 30 Oliven), und zwar am besten die mit Paprikastreifen gefüllten. Die Oliven werden möglichst gleichmäßig mit dem Teig umschlossen, auf Backpapier gelegt und dann in den Ofen geschoben.

Nach einer Viertelstunde Backzeit kann man schon mal schauen, ob die Teile eine fischstäbchenartige Farbe angenommen haben, nach 20 Minuten sollten sie gut sein. Auch wenn das sehr läppisch klingt: Ketchup passt hervorragend dazu! Die Kombination bitter-salzig/süß-sauer ist einfach ... *chef kiss*

Donnerstag, 8. September 2022

Die Korrekturen

Beim Tippen der Überschrift des letzten Beitrags musste ich an eine besprechenswerte Erscheinung im vor allem wissenschaftlichen Literaturbetrieb denken: die Korrekturseite(n). Werden nach Redaktionsschluss bzw. nach Druckbeginn noch Fehler entdeckt, werden diese nebst Korrekturen in einem Verzeichnis aufgeführt, welches entweder auf einer der hintersten Seiten im Buch angehängt oder als separater Ausdruck beigelegt wird. Als Beileger kann das Corrigendum eine lose Einzelseite oder auch mehrere (geklammerte) Seiten umfassen. Im Studium hatten wir ein Lehrbuch, das diesbezüglich den Vogel abschoss (wer's genau wissen will: Die 18. Auflage von Adolf Friedrich Stenzlers Elementarbuch der Sanskrit-Sprache, de Gruyter 1995). In ihm befand sich ein Heftchen mit nicht weniger als 141 Errata auf 11 Seiten! Kann das jemand überbieten?


Streber, der ich war, führte ich brav die (teils folgenschweren) Berichtigungen eine nach der anderen aus, bis das selbst mir zu anstrengend wurde.


Lustigerweise habe ich beim gestrigen Durchblättern des Buches einen weiteren, noch unentdeckten Fehler gefunden! Zur Verteidigung muss man sagen, dass diese 142 Schnitzer und Unstimmigkeiten nicht seit der Erstauflage von 1869 mitgeschleppt wurden. Die 18. Auflage stellt nämlich nicht nur eine Fortführung, sondern eine "völlige Überarbeitung" dar, wie im Vorwort dargelegt, wo zudem angekündigt wird, dass die 19. Auflage (welche dann 2003 erschien) nochmals erweitert werden solle. In deren Corrigenda würde ich auch gerne schnuppern.

Worin die feinen Unterschiede zwischen "durchgesehen", "ergänzt", "verbessert", "umgearbeitet" usf. bestehen, wäre übrigens auch mal eine endgültige Klarstellung wert. Und: Wie viel Überarbeitung darf ein Druckwerk erfahren, bis es keine neue Auflage, sondern ein genuin neues ist? Theseus' Schiff, ick hör' dir hupen ...

Dienstag, 6. September 2022

Corrigenda

Es mag schockieren, aber es ist ein Fakt, dass in diesem Blog mitunter Halbgares, Unwahres, Fehlerhaftes veröffentlicht wird. Diesen Fakt offen auszu"sprechen" zeugt von Größe (meinerseits). Tipp- und andere kleinere Fehler korrigiere ich, sobald sie mir auffallen, ohne viel Federlesens – in einem Blog geht das ja angenehm problemlos –, und ein einziges Mal habe ich einen Post, der aufgrund einer irrigen Annahme entstanden war, vollständig gelöscht. Nachdem mir nun kürzlich beim Podcasthören gleich zwei mittelschwere Ausrutscher aus der Vergangenheit klargeworden sind, ist es Zeit für entsprechende Richtigstellungen.

1.) Über M. Night Shyamalans "Old" schrieb ich am 14. Mai dieses Jahres: "[...] zumal die Mimen wie frisch an der Schauspielschule eingeschrieben wirkten; einzig Rufus Sewell ('The Man in the High Castle') brachte ein wenig Professionalität rein, zumindest in jenen Szenen, in denen das Drehbuch ihm keine andere Wahl ließ, als sich wie ein Clown aufzuführen." Ich muss Abbitte leisten für die (über Bande geäußerte) Einschätzung, der Cast dieses Films bestehe fast ausschließlich aus Laien und Unbekannten. In der Besprechung des Cracked Movie Club (dem Kino-Podcast von Cracked.com) wird nämlich mehr als einmal darauf hingewiesen, dass sich das Ensemble aus durchaus erfahrenen und verdienten Schauspielerinnen und Schauspielern zusammensetzt: Den mexikanischen Hauptdarsteller Gael García Bernal hätte ich aus "Babel" oder "Casa de mi Padre" kennen können, zudem hat er in "Mozart in the Jungle" und "Amores Perres" mitgespielt; die Luxemburgerin Vicky Krieps ist international im Geschäft ("Colonia Dignidad", "A Most Wanted Man" u.v.m.); den preisgekrönten Alex Wolff habe ich in "Hereditary", "Boston" und "Pig" gesehen; Abbey Lee war in "Mad Max: Fury Road" und der Serie "Lovecraft Country" dabei; Nikki Amuka-Bird hat in etlichen britischen Produktionen mitgewirkt, nicht zuletzt in "Doctor Who" und "Torchwood"; Embeth Davidtz ist seit 1989 im Geschäft und hat so unterschiedliche Titel wie "Schindlers Liste", "Bridget Jones" und "Armee der Finsternis" in ihrer Filmographie stehen.
Dass ich den Großteil dieser Leute nicht kannte, war also zu gleichen Teilen Ignoranz, Gedächtnislücken und Zufall geschuldet. Und ihr amateurhaftes Spiel ist auf Drehbuch und Regie zurückzuführen.

2.) Hinsichtlich der deutschen Untertitel des 1933 spielenden anglo-kanadischen Films "The Saddest Music in the World" bemäkelte ich, dass "the Great War" darin stets als "Erster Weltkrieg" auftaucht. Ich gehe mit dieser Übersetzung zwar immer noch nicht d'accord, zumal es eine kanadische Publikumszeitschrift war, die zur Verbreitung der Bezeichnung Great War bzw. "Großer Krieg" nicht nur in der englischsprachigen Welt beitrug. Durch die Omnibus-Episode 321, "The War Before This One", erfuhr ich aber, dass man in manchen Kreisen schon vom "Ersten Weltkrieg" gesprochen hat, bevor der zweite überhaupt erahnbar war. Die Ordinalzahl sollte nicht auf eine Position in einer fortlaufenden Liste von Weltkriegen hindeuten, sondern die "Erstmaligkeit", die unprecedentedness dieses singulären Ereignisses ausdrücken, i.S.v. "das ist der erste Krieg, der auf dem ganzen Erdenrund ausgefochten wird".
Desweiteren möchte ich mich für die Formulierung "WK II" in dem verlinkten Beitrag entschuldigen. Ich hätt's besser wissen müssen, schließlich war mir dieser Amerikanismus sogar schon einmal von unserer Geschichtslehrerin in einer Klausur rot unterstrichen worden!

Sonntag, 4. September 2022

Voll der Grade

Es ficht mich an, seit ich mein aktuelles Mobiltelefon besitze, aber nicht genug, als dass ich mich um eine Änderung bemühte: Das sind einfach zu viele Temperaturwerte auf dem Hauptbildschirm!


Freitag, 2. September 2022

Serientagebuch 08/22

01.08. Traces 2.01
Traces 2.02
Better Call Saul 6.09
02.08. Traces 2.03
07.08. Traces 2.04
08.08. Better Call Saul 6.10
Better Call Saul 6.11
09.08. Westworld 4.06
12.08. Traces 2.05
15.08. Traces 2.06
17.08. Better Call Saul 6.11
Better Call Saul 6.12
18.08. Westworld 4.07
19.08. Westworld 4.08
20.08. The Old Man 1.01
The Old Man 1.02
21.08. House of the Dragon 1.01
The Big Bang Theory 12.01
The Big Bang Theory 12.02
23.08. Saxondale 1.01
Saxondale 1.02
Saxondale 1.03
The Old Man 1.03
24.08. Saxondale 1.04
Saxondale 1.05
25.08. Saxondale 1.06
Saxondale 1.07
Torchwood 3.01
Torchwood 3.02
26.08. Torchwood 3.03
The Old Man 1.04
28.08. Torchwood 3.04
The Big Bang Theory 12.03
29.08. House of the Dragon 1.02
Torchwood 3.05
30.08. The Old Man 1.05

Dass ein Prequel einen größeren Umfang erhält, in diesem Fall: exakt eine Episode mehr als die Mutterserie, mag manchem "unrichtig" erscheinen, ich zumindest hatte zunächst die Sorge, hier könnte eine Kuh über die Maßen gemolken werden. Aber! Erstens war Better Call Saul mehr als ein Prequel zu "Breaking Bad", sondern zum Teil eine Parallelerzählung und in den letzten Folgen ja sogar ein Epilog, zweitens setzten bei mir selbst nach fünfeinhalb Staffeln keine Ermüdungserscheinungen ein. Für viele, mit denen ich mich über den Saul-Ableger unterhalten habe, übertraf dieser die Originalreihe qualitativ sogar noch. So weit möchte ich nicht gehen. Die Spannung von "Breaking Bad" hat mich seinerzeit mehr als einmal SCHREIEN lassen und sicherte dieser Serie einen Platz in meiner All-time-Top-3. "Better Call Saul" schafft es aber locker in die Top 10 und wird mir als gediegenes, tonal breiter gefächertes Meisterstück in Erinnerung bleiben, als Drogenkrimi, Anwaltsfarce, Gaunerdrama. Und mit "Breaking Bad" hat es, als Gesamtwerk betrachtet, vor allem eins gemein: ein perfektes Ende.

Ach ja, Westworld ging nach einer gefühlten Ewigkeit auch weiter. Gute Güte, als die dritte Staffel lief, hieß Thandiwe Newton noch "Thandie"! Ob die High-Prestige-Serie nun abgeschlossen ist oder noch eine fünfte, sechste oder zehnte Season spendiert bekommt, ist mir indessen schnuppe. Ich bin durch damit. Hatten die ersten beiden Staffeln wenigstens noch vergnügliche Mindfucks zu bieten (auch wenn diese in 90 % der Fälle auf "Mensch XY war die ganze Zeit ein Host!" hinausliefen) und war die dritte zwar vollkommen bonkers, aber zumindest in ein frisches Szenario verlegt worden, haben mich die letzten acht Episoden immer mehr gelangweilt, und das ist in diesem Genre fatal. Ich möchte nicht ausschließen, dass die Langeweile meiner Begriffsstutzigkeit geschuldet war; ich gebe zu, dass ich diesem auf mehreren Zeit- und Realitätsebenen spielenden Mystery-Western nicht durchgängig folgen konnte, obwohl ich brav sämtliche YouTube-Recaps von "Heavy Spoilers" angeschaut habe (denen ich entnommen habe, dass man sich hier in Hülle und Fülle dreist bei den "Matrix"-Filmen bedient hat).
Was mich von Anfang bis Ende am meisten genervt hat, war die Figurenzeichnung. Mit keinem der Charakter konnte ich irgendwie mitfühlen oder -fiebern, da sie, ob Mensch oder Roboter, allesamt sagenhaft unsympathisch waren. Einige wenige hat man (wegen ihrer Darsteller, Jeffrey Wright zum Beispiel) gern gesehen, aber weil sie so hässlich geschrieben waren, dachte ich permanent nur 'Boah, dann sterbt halt endlich ...'. Keine zwei Personen können sich am Getränkeautomaten begegnen, ohne einander "Fuck you!" ins Gesicht zu schnauzen. Was sagt das über die Autoren aus?
Lob soll allerdings ausgesprochen werden, wo es fällig wird. Die große Stärke von "Westworld" war und ist die Musik von Ramin Djiwadi. Einfach unglaublich, wie hier jede Note passt und sich in einen wahrlich treibenden, beseelten Soundtrack einfügt, den man sich auch hinterher immer wieder (als Arbeitsbegleitung etwa) anhören kann! Mein zweiter Pluspunkt geht an Produktionsdesign und Ausstattung. Die Sets sind schlicht und ergreifend kinoreif, die Wildwest-Stadt schindet ebenso Eindruck wie die futuristische Megacity von Staffel 3f. Man muss vor HBO schon den Cowboyhut ziehen, dass sie derart viel Geld in eine Show stecken, die niemand guckt.

Mit Traces wurde überraschend ein britisches Forensik-Drama fortgesetzt, das ich gar nicht mehr auf dem Schirm hatte. In den ersten zwei Folgen laufen zwei Handlungsstränge nebeneinander her, von denen einer die losen Enden der ersten Staffel aufrollt und dann radikal abschneidet (man verzeihe mir die schiefen Metaphern), inklusive dem Herausschreiben zweier Hauptfiguren. Das wirkte ebenso obstruktiv wie die aufgesetzten persönlichen Konflikte einiger Agierender. Der in Schottland angesiedelte Krimi um Sprengstoffattentate und sog. Incels ist nicht herausragend, aber auch nicht unspannend, zudem mit fähigen Leuten besetzt (Laura Fraser, Martin Compston, Jennifer Spence).

Um im UK-TV zu bleiben, seien ein paar Worte zu meinem obligatorischen Geheimtipp des Monats verloren: Saxondale. Ein paar Worte bloß, weil Oliver Nagel vom Britcoms-Blog bereits 2010 (!) seine Meinung über diese Sitcom von 2006 (!) losgeworden ist. Ich kann sein Urteil nicht unterschreiben, mir hat "Saxondale" getaugt, sowohl hinsichtlich des character-driven Humors als auch der ausgefeilten Dialoge. Allerdings mag meine Begeisterung daher rühren, dass ich mit Steve Coogans Œuvre kaum vertraut bin, wie ich zu meiner Schande gestehen muss. Außer "Happyish" kenne ich nichts! Im Vergleich zu den Kultstatus erlangt habenden "Alan Partridge"-Serien stinken die Alltagsabenteuer des Tommy Saxondale womöglich gehörig ab.

UK zum Dritten. In Staffel 1 und 2 des "Doctor Who"-Ablegers Torchwood hatte ich nur sporadisch im linearen Fernseh reingeschaut. Was ich sah, empfand ich als kurzweilig, aber keineswegs als Pflichtprogramm. Doch immer wieder las ich Aussagen à la "Wenn du das Beste von 'Torchwood' sehen willst, nimm dir die 3. Staffel vor und lass alles andere weg". Wie gut, dass es ebenjene als Import-DVD in der Frankfurter Zentralbibliothek gab (übrigens genau wie "Saxondale")!
Der Fünfteiler "Children of Earth" ist tatsächlich nicht nur das "Erwachsenste", was das Whoniverse je hervorgebracht hat, sondern überhaupt innerhalb dessen etwas ganz Besonderes.