Sonntag, 30. Oktober 2022
Cinema Para-(Annoyed Grunt)-so
Freitag, 28. Oktober 2022
Es ist Deutschland hier
Mittwoch, 26. Oktober 2022
TITANIC vor zehn Jahren: 11/2012
Ich habe nicht mehr die leiseste Ahnung, welche Plagiatsaffäre im Herbst 2012 das Topthema in Deutschland war. Im Heft selbst konnte ich auch keine Hinweise finden. Guttenberg kann es nicht gewesen sein, das war ein Jahr vorher. Wie auch immer, man sehnt sich die Zeiten zurück, in denen solch peinliches Klein-Klein für unterhaltsame Schlagzeilen sorgte – und für entsprechende satirische Reaktionen.
Aufmacherlieferant in der Novemberausgabe war indes Peer Steinbrück, dessen Kanzlerkandidatur die SPD soeben verkündet hatte. Mit Mark-Stefan Tietze und Stephan Rürup durfte ich ein "Heft im Heft" zusammenstellen, das den Bewerber dem Volk näherbringen sollte, u.a. mit einem Freundschaftsbuch ("Der Kandidat von seiner menschlichen Seite!") und einer Rede-Honorar-Tabelle ("Transparenz total! [Wg. Kritik]").
Erinnert sich noch jemand an Peers Kult-Aussage vom "jemanden hinter die Fichte führen"? Egal. Höhepunkt des kompakten Wimmelartikels ist jedenfalls die Humor-Rückseite, die einmal mehr beweist, was für ein stilistischer Tausendsassa Rürup war bzw. ist (ebenso wie sein Nachfolger Leo Riegel):
Aufmacherwürdig wäre auch das Presse-Spezial "Traumberuf Journalist" von Fischer/Wolff/Ziegelwagner (S. 36-43) gewesen. Für verlässliche Lachsalven bei Live-Lesungen sorgte insbesondere der Leitfaden "Mach mehr draus", in dem es darum ging, auf welche Art verschiedene Medien eine Agenturmeldung verwandeln. Auszug:
Die Rubrik "Sagen Sie jetzt nichts" im Zeit-Magazin lädt seit je zum Persiflieren ein, und Titanic ist mehr als einmal darauf angesprungen, darunter in der vorliegenden Ausgabe auf S. 48f.:
In die Kategorie "Dinge, die man nur in Titanic bringen kann" fällt auch meine Parodie der SZ-Magazin-Kolumne "Hotel Europa", die ich in der (zugegeben ansonsten nicht sonderlich herausragenden) vierten Ausgabe von "55ff" unterbringen konnte. Dass sich das vermutlich nur einem Dutzend Leuten erschlossen hat, von dem es auch höchstens die Hälfte komisch fand, hat mich nicht davon abgehalten, Jahre später auch noch das "Sprachlabor" der Süddeutschen zu parodieren.
Und apropos "Nischenhumor für Kenner": Moritz Eggert hat sich bei der Vertonung von Simon Borowiaks Beitrag "Herbstlied" in der Reihe "Das neue deutsche Volkslied" wieder einmal aufs Herrlichste ausgetobt.
Massentauglicher und dabei gleichfalls dem Herbstthema verpflichtet war das herausnehmbare "KastaniSutra" in der Heftmitte, für das die Herren Hintner und Rürup tagelang wie (frühreife) Kindergartenkinder Kastanienmännchen gebastelt haben. <3
Weiteres Notierenswertes
- Die zwei Monate zuvor als Praktikantin tätig gewesene Hatun D. (Nachname von mir abgekürzt, denn womöglich schämt sie sich heute dafür) hatte eine kurzlebige Kolumne titels "Mit den Augen einer Islamistin", deren erste Folge hier auf Seite 54 zu lesen ist. Ich weiß noch, wie begeistert wir in der damals noch arg homogenen Redaktion waren angesichts der Aussicht, eine junge Frau, zumal mit Migrationshintergrund, ans Heft zu binden, doch schlug die talentierte Autorin alsbald andere Wege ein.
Schlussgedanke
Viele Ein- und Zweiseiter fügen sich (mit einem sensationellen Achtseiter) kurzweilig zu einem Spätjahres-Glanzlicht zusammen. Auch meine eigenen Beiträge sind heute noch vertretbar und maßvoll amüsant.
Sonntag, 23. Oktober 2022
Des Landes Oberhaupt
Freitag, 21. Oktober 2022
Ergebnisse der Knofi-Konfi
(Transparenzerklärung: Fast alle Beiträge, die ihr diesen Monat lest / gelesen habt / gelesen haben werdet, wurden voreingestellt. In der Zeit zwischen Niederschrift und Veröffentlichung dieses Tests mag das getestete Produkt schon wieder aus den Regalen verschwunden sein.)
Ich musste sie natürlich mitnehmen, zumal sie für den Sonderpreis von 99 Cent bei Rewe auslag: die "Limited Edition" Fiesta Aioli Style von Crunchips. Im Gegensatz zu Zwiebeln mag ich Knoblauch sehr ... Augenblick, der Satz liest sich ja so, als wollte ich aussagen: Zwiebeln mögen keinen Knoblauch, aber ich. Nein: Ich mag keine Zwiebeln, aber Knoblauch mag ich. Aioli habe ich sogar schon mal selber gemacht. Doch reicht das Attribut "knoblauchig" für eine Chipssorte aus? Fehlt da nicht eine zweite Komponente?
Mittwoch, 19. Oktober 2022
Die wilden 2000er
Habe nun, *lach*, Philosophie, Juristerei etc. XD --- @nichtschubsen (Twitter)Letzte Woche habe ich bei "Jeopardy!" zum wiederholten Male die Frage zur "Final Jeopardy"-Antwort gewusst, während die drei Kandidaten falsch lagen. Das wollte ich schon triumphierend twittern, doch dann dachte ich: 'Was bringt's?' Was bringt es überhaupt, irgendwas zu wissen, wenn man nicht selbst hinter einem Quizshow-Podium steht? Bildung ist heutzutage kein Kapital im engeren noch im weiteren Sinne. Wobei es einen gewissen sozialen Wert hat: Je mehr man weiß, desto leichter fällt einem Smalltalk, und man kann sich als geschätzter Gesprächspartner einen Namen machen. Meine Titanic-Kollegin Julia Mateus sagte neulich in die Runde: "Ich wünsche mir eine Spielshow im Fernsehen, die nur daraus besteht, dass jemand ein beliebiges Stichwort nennt und Torsten liefert dazu einen Fun fact!"
Montag, 17. Oktober 2022
Kurz notiert: Vampirische Shows
- Reginald the Vampire (SYFY)
- Vampire Academy (Peacock)
- Interview with the Vampire (AMC)
- Let the Right One In (Showtime)
Nun, ich werde keine davon anschauen, denn ich mag nichts, wo Vampire drin vorkommen. Verklagt mich doch!
Samstag, 15. Oktober 2022
Bockch auf Bildung
Vor kurzem fiel mir die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift für Dialektologie und Linguistik (Band 89) in die Hände. 'Was man so alles erforschen kann!', dachte ich mit Blick auf den Aufmacherbeitrag von Andrin Büchler et al.:
Wer sich unter "k-Affrizierung" nichts vorstellen kann: Das ist das schweizerdeutsche Phänomen, in der gesprochenen Sprache Silben auf -k einen Hintergaumen-Reibelaut anzuhängen, also "Glückch", "Sackch" usw. zu sagen. Aus Zeitgründen habe ich den Artikel nur überflogen, hier ist ein Teil der Zusammenfassung:
Ich will nicht angeben, aber ich hätte durch bloßes Nachdenken ähnliche Schlüsse gezogen. Mit bloßem Nachdenken betreibt man jedoch keine Wissenschaft, sondern mit Empirie! Ein Sample von 16 Gewährspersonen ist natürlich nicht besonders aussagekräftig, aber es wird im Fazit angekündigt, noch weitere Untersuchungen folgen zu lassen.
Meine private (nicht ganz ernst gemeinte) Theorie zur Berner -k-Aussprache ist ja, dass diese vom jahrelangen Toblerone-Konsum herrührt: Der harte Gaumen (Palatum) wird durch die Schokodreiecke zerstört und artikulatorisch unbrauchbar gemacht, so dass sich alles nach hinten verschiebt.
Donnerstag, 13. Oktober 2022
Denkt an die Kinder!
Wenn man früher in Ländern mit höheren Lebensmittelkosten als in Deutschland zu Gast war, etwa in Norwegen oder in der Schweiz, dachte man sich beim forschenden Gang durch die Supermärkte: 'Himmel, die armen Menschen, die hier leben! Wie kommen die nur über die Runden?' Es dauerte dann einen bis zwei Gedankensprünge, bis einem klar wurde, dass dort die Reallöhne und die Kaufkraft ebenfalls höher waren. Im Herbst 2022 haben die Preise in unseren Kaufhallen beinahe skandinavisches Niveau erreicht, ohne dass die Haushaltseinkommen gestiegen wären. Als wären die Sorgen, die seit gut fünf Jahren von diversen Katastrophen und Krisen verursacht werden, nicht genug, muss ein großer Teil der deutschen Bevölkerung nun auch noch unter Existenzängsten leiden. Es ist gerade wirklich nicht schön, auf der Welt zu sein, vor allem wenn man in der Blüte seines Lebens steht und die vage Hoffnung hatte, sich "etwas aufbauen" zu können. Aber ich will gar nicht jammern! Sondern sachte zum eigentlichen Punkt kommen.
Ich habe seit mindestens zehn Jahren keine politische TV-Talkshow geschaut, aber Anfang bis Mitte der Nullerjahre zappte ich regelmäßig und mit Vergnügen zu "Hart aber fair", zum Beispiel während ich Hausaufgaben machte. Jede Woche hatte dabei ein Gast die Rolle des Buhmanns einzunehmen, eine Person mit einer Meinung, die allzu offensichtlich vom Konsens der Talkrunde abwich und nur dazu diente, Zunder in das Format und selbst Moderator Frank Plasberg gelegentlich aus der Contencance zu bringen. Sollte dieses Spiel noch immer so gespielt werden, würde ich gerne mal jemanden in einem Panel sitzen (oder stehen) sehen, der Folgendes vorträgt:
Deutschland ist immer noch ein reiches Land. Das Gebot der Stunde ist Umverteilung. Und dann fängt man erst mal bei den oberen Hundert an. Niemand muss Milliardär sein, heißt es doch immer. Klar. Aber dann sollten wir uns auch die finanziell zweitstärkste Bevölkerungsgruppe vornehmen. Ich sag' Ihnen, wer das ist: Schulkinder. Na-, nein, ja lassen Sie mich bitte ausreden! Wenn ich mittags zu Rewe gehe ... ach so, ja, sicher, es gibt auch noch Edeka, Nahkauf und Norma. Wenn ich jedenfalls zufällig in der Mittagszeit in meinen Stamm-Rewe gehe, was glauben Sie, was da los ist? Der Laden bricht aus allen Nähten, weil er gefüllt ist mit Schulkindern. Da sehen Sie Mädchen und Jungs im Alter von, ich sag' mal neun bis sechzehn Jahren, die stehen allesamt mit vollen Händen an der Kasse. Energydrinks, Chipstüten, Backwaren, Instant-Ramennudeln, Süßigkeiten. Und so geht das jeden Tag. Das ist notabene das Einzugsgebiet ... Wie? Ach so, ja, "wohlgemerkt", danke, Herr Plasberg. Das sind wohlgemerkt hauptsächlich Kinder aus einer integrierenden Gesamtschule, "Problemschule" hätte man früher gesagt, also wo man denkt, da ist das Taschengeld begrenzt. Aber nein, das ist einfach da, fünf, sechs Euro täglich für Junkfood, vermutlich nach dem Unterricht noch einmal. Und das ist nicht nur ein Phänomen in meinem Wohnort, in einer anderen deutschen Großstadt kann ich das ebenfalls beobachten. Wir hatten ... Ich will jetzt nicht den Opa mit dem erhobenen Zeigefinger geben, aber womöglich erinnern Sie sich auch an Ihre Schulzeit, meine Damen und Herren. Da hatte man eine Brotbüchse – Brotkapsel hieß es bei uns auch – mit belegtem Brot, das man von zu Hause mitgebracht hat. Klar, manche von uns sind auch mal in der großen Pause zu Netto gegangen; "ins Netto" haben wir komischerweise immer gesagt ... Hm? Äh, genau, es gibt auch noch Lidl, Aldi oder Penny ... Aber da hat man sich maximal ein Käsebrötchen geholt. Die Gesellschaft müsste eben nicht nur einfach ein Bewusstsein schaffen, man müsste das Konzept Brotdose wieder einführen, davon ab, dass gesunde Ernährung ... Wenn ich das kurz zu Ende führen darf? Das ist ... selbstverständlich wieder eine andere Baustelle, schön, dass wir uns da einig sind. Worauf ich hinaus will: Hier muss der Staat die Schere ansetzen ... Nein. Nein, das habe ich nicht gesagt. Ich will Familien mit Kindern keineswegs etwas streichen. Jetzt werden Sie unsachlich. Um Bemessungsgrenzen geht es, um Entlastung für hart arbeitende Menschen. Umverteilung eben.
Ob der, der hier spricht, ein Avatar von mir ist oder nur ein Strohmann, verrate ich nicht.
Dienstag, 11. Oktober 2022
Syn-los!
Sonntag, 9. Oktober 2022
Über den Woken
Patton Oswalts neues Stand-up-Special "We All Scream" kommt nicht ganz an frühere Programme ran, wartet aber im letzten Viertel mit einem wahren Glanzstück auf. Es geht um das leidige Thema Wokeness.
I'm woke … I think. But you know what? I won't be some day. And so will all of you. Be woke, be open-minded, just don't pet yourself on the back. 'Cause that will bite you in the ass. […] Progress will always fucking steamroll over you.Ja, ja, dreimal ja! Ich bin bereit, das meiste, wofür die "woke army" (lieb gemeint) einsteht, gutzuheißen, ich bin Fan von Toleranz, Respekt, Gleichberechtigung, Sichtbarmachung und Antitoxizität, falls es dieses Wort gibt. Ich klicke auch mal auf "Gefällt mir", wenn jemand Ungerechtigkeit und Diskriminierung outcallt. Worüber ich mich aber innerlich maßlos ärgere, ist die trügerische Einschätzung gewisser Gruppen, an der moralischen Spitze zu stehen; die felsenfeste Überzeugung, dass nach "uns" keinerlei Weiterentwicklung mehr stattfinden könne, weil "wir" den Gipfel menschlicher Erkenntnis erreicht hätten. Woher nimmt man so ein Selbstbewusstsein? Man muss doch in der Lage sein, gesellschaftliche Entwicklungen zu antizipieren – gewiss nicht, welcher Art diese sein werden, aber dass sie stattfinden, wird einem schwanen, wenn man eine Weile auf diesem Planeten verbracht hat. Klar kannst du in einem halbstündigen Video-Essay aufdröseln, warum der Hollywood-Klassiker von 1983 "problematisch" ist, aber sei gefälligst darauf gefasst, dass in 25 Jahren ein aufgeweckter Teenie auf QuippQuapp (erfundener TikTok-Nachfolger) darlegt, weshalb die Lieblingsserie deiner Kindheit oder ein von dir verehrter Influencer zu beanstanden sei. (Das Wort "canceln" pflege ich zu vermeiden, denn einen glasklaren Fall von popkultureller Total-Vernichtung möge man mir noch vorlegen.) Im Jahr 2040 sind es womöglich "Peppa Pig" oder Billie Eilish, die "gar nicht mehr gehen", aus Gründen, die wir zurzeit nicht mal erahnen. Der Satz "Was heute falsch ist, war auch damals falsch" sagt sich nämlich so leichtfertig daher wie "Was damals rechtens war, kann heute nicht Unrecht sein". Hm, das ist ein missglückter Vergleich, Entschuldigung! Lassen wir lieber Patton Oswalt zu Wort kommen, der sich ein ulkiges Beispiel aus seinem Metier zusammenspinnt:
I'll be doing comedy when I'm 70 and I will let slip something that I won't be able to keep up with. I'll be like, "I don't think people should fuck their clones!" – "Boooo!" […] Then I'll double down: "So, when I grew up, you didn't jerk off in a test tube and fuck whatever came out of it. If that makes me the bad guy, I'm sorry!" – "Boo!"
Irgendwann sind wir alle Boomer. Das sollten wir uns durch den Kopf gehen lassen, bevor wir uns zur unfehlbaren Werte- und Geschmacksinstanz erheben. Mit ein paar zeitlosen Tugenden könnten wir sogar die Jauchengrube Facebook zu einem erträglichen Ort machen. Einfühlungsvermögen, Gelassenheit, Empathie. Mit sich selbst streng und kritisch sein. Sich eingestehen, dass man nicht perfekt ist. Am besten gar nicht erst aufs hohe Ross steigen, sonst kommt man später allzu schwer wieder herunter.
Freitag, 7. Oktober 2022
Albernes zum Wochenschluss
Rollen: Sprecher, Richterin, Angeklagter (rotzig, vorlaut), (verzerrte) Stimme am Telefon
Sprecher: Drogen vor Gericht. Heute: Der 20jährige Julius Becker soll vor dem Gelände seiner ehemaligen Schule mit Amphetamin gedealt haben. Die Beweislast ist erdrückend.
Richterin: Herr Becker, Sie haben gehört, was die Staatsanwaltschaft Ihnen vorwirft: Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Was sagen Sie dazu?
Angeklagter: Ja klar, Mann. Die Alte labert nur Schwachsinn. Gucken Sie sich die mal an! Wie die schon aussieht – die hat voll die Scheißfrisur!
Donnerstag, 6. Oktober 2022
Lins mal wieder!
Dienstag, 4. Oktober 2022
Mein rechter, rechter Spruch ist frei
Vergangene Woche hat das Bundesverteidigungsministerium erklärt, dass die Feldjäger-Abteilung der Bundeswehr ihren Wahlspruch beibehalten werde. Zuvor hatte der Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemitismus in einem Schreiben an die Ministerin eine Änderung angeregt. Das Motto lautet nämlich seit 1955 Suum cuique, "Jedem das Seine". Und wird es auch weiterhin lauten.
Ich finde das grundfalsch. Egal ob auf Lateinisch oder auf Deutsch, die Wortfolge ist verbrannt, belastet, vergiftet. Sie zu lesen, egal ob auf einem Barrett oder über einem Gitterzaun, erzeugt gewiss nicht nur bei mir ein ganz flaues Gefühl im Magen. Da nützt es auch nichts, dass Ministerin Lambrecht (SPD) "einen aus der Antike überlieferten Rechtsgrundsatz" bemüht und sich auf eine "meritokratische Bedeutung" beruft, welche das entsprechende Emblem als "wertegebundene[s] Identitätssymbol" heraufbeschwöre (zitiert nach "Welt online"). Selbstverständlich kann man "Jedem das Seine" so deuten: Wer immer strebend sich bemüht etc.; ja, neutral gelesen à la "Jedem Tierchen sein Plaisierchen" könnte der Spruch sogar sympathisch liberal wirken. Aber in Buchenwald bedeuteten die Worte nun mal das glatte zynische Gegenteil: Du bist hier, weil du es verdient hast.
Noch einmal: Es mag sein, dass der Stern der Feldjäger und die Wahl von "Suum cuique" "einen bewussten Bruch mit der Militärpolizei im 'Dritten Reich'" (die ihre Plakette ja als "Feldgendarmerie" bzw. "Feldjägerkorps" auswies) darstellen und vielmehr eine "preußische Überlieferung" wiederaufnehmen sollte (welche im Übrigen auch mal zu hinterfragen wäre), aber mit derselben Argumentation könnte man den Olympischen Gruß wieder salonfähig machen, weil der ja auch vor der NS-Zeit und ohne faschistische Bezüge erfunden wurde. Da halte ich es mit dem Präsidenten des Zentralrats der Juden Josef Schuster, für den das Symbol "unauslöschlich mit dem nationalsozialistischen Massenmord verbunden" ist (zit. n. welt.de).
Eins noch muss so deutlich wie nötig und so vorsichtig wie möglich festgehalten werden: Es gibt unter den Feldjägern eine Zahl von Mitgliedern größer null, die der Zeit der Lager mindestens unkritisch gegenüber stehen. Mit welch eklem Stolz und barbarischer Berufung tragen die das Sprüchlein wohl durch die Gegend?
Sonntag, 2. Oktober 2022
Serientagebuch 09/22
05.09. MacGruber 1.01
The Old Man 1.06
House of the Dragon 1.03
06.09. I'm Alan Partridge 1.01
MacGruber 1.02
08.09. I'm Alan Partridge 1.02
The Old Man 1.07
MacGruber 1.03
10.09. I'm Alan Partridge 1.03
I'm Alan Partridge 1.04
Mr. Robot 4.01
11.09. The Staircase 1.01
The Staircase 1.02
12.09. I'm Alan Partridge 1.05
I'm Alan Partridge 1.06
House of the Dragon 1.04
The Big Bang Theory 12.04
13.09. The Big Bang Theory 12.05
14.09. Mr. Robot 4.02
15.09. MacGruber 1.04
The Staircase 1.03
The Staircase 1.04
19.09. I'm Alan Partridge 2.01
20.09. I'm Alan Partridge 2.02
House of the Dragon 1.05
21.09. I'm Alan Partridge 2.03
22.09. I'm Alan Partridge 2.04
24.09. I'm Alan Partridge 2.05
26.09. The Staircase 1.05
I'm Alan Partridge 2.06
Family Guy 21.01
28.09. Mr. Robot 4.03
The Staircase 1.06
The Simpsons 34.01
29.09. MacGruber 1.05
MacGruber 1.06
House of the Dragon 1.06
The Big Bang Theory 12.06
30.09. Mr. Robot 4.04
The Old Man ist eine Serie, die sich Zeit lässt. Viel Zeit, für alles; selbst Kampfszenen werden ins schier Einschläfernde ausgedehnt. Ich heiße es gut, wenn man nicht durch die Handlung hetzt, um "Dichte" herzustellen. Jedoch kann die Pacing-Waage auch ins andere Extrem umschlagen, indem man nämlich zu viel Tempo rausnimmt, und das ist hier geschehen. Muss man aus einem Roman von 352 Seiten (Orginalausgabe 2017; Autor: Thomas Perry) einen Siebenteiler machen, bei dem obendrein jede Folge eine knappe Stunde Laufzeit hat? Ein zweistündiger Film wäre hier m.M.n. die bessere Umsetzungsform gewesen. Fesselnd ist der Katz-und-Maus-Thriller um einen gealterten CIA-Haudegen und dessen Aktivitäten im sowjetisch-afghanischen Krieg streckenweise schon (Spoiler: Mit dem "alten Mann" ist jemand anders gemeint, als man anfangs glaubt!), und den Gegenspielern Jeff Bridges / John Lithgow sieht man so gerne zu wie dem Duo Harrison Ford / Tommy Lee Jones. Inszenatorisch gibt es bis auf die angesprochenen Längen auch nix zu bemängeln, Regie führte u.a. Greg Yaitanes, der sich zurzeit in "House of the Dragon" die Ehre gibt. Am Ende habe ich leider den Faden verloren. Eine zweite Staffel wurde angedeutet, aber da bin ich dann wohl raus.
Letztes Mal hatte ich geäußert, mit Steve Coogan und seinen Figuren kaum vertraut zu sein, und nachdem ich von "Saxondale" so begeistert war, stürzte ich mich nun endlich ins "Partridge-verse". Ich hätte nicht gedacht, dass I'm Alan Partridge sooo lustig ist! Vor allem muss man sich vor Augen halten, dass die erste Staffel 1997 gesendet wurde, also Jahre bevor Cringe-Comedy zum weltweiten Serienphänomen wurde (zumal "Knowing Me, Knowing You... With Alan Partridge" bereits 1994 seine TV-Premiere hatte). Sogar David Brent wirkt neben dem peinlichen Radiomoderator bisweilen wie ein Abklatsch desselben (wobei man "The Office" zugute halten muss, dass mit ihm das Format Mockumentary salonfähig wurde). Die Witze sowohl in der ersten als auch in der fünf Jahre später (!) gelaufenen zweiten und letzten Staffel zünden bis auf wenige Ausnahmen auch noch in den 2020er Jahren. Alle zwölf Drehbücher verfasste Coogan gemeinsam mit Peter Baynham (langjähriger Sacha-Baron-Cohen-Schreibpartner) und Armando Iannucci ... and it shows!