Freitag, 30. Dezember 2022

Albernes zum Wochen(- und Jahres)schluss

"Ei, Großmutter, was hast du für ein entsetzlich großes Maul?", fragte das Rotkäppchen.

"Ähm", sagte der als Großmutter verkleidete Wolf, "kannst du mich zuerst fragen, was es mit meinen großen Ohren und/oder Augen auf sich hat?"

"Warum?"

"Wegen der Dramaturgie. Frag einfach!"

"Also schön: Ei, Großmutter, was hast du für große Ohren?", fragte das Rotkäppchen.

"Dass ich dich besser hören kann", erwiderte der Wolf.

"Besser als was?"

"Was?"

"Damit du mich besser hören kannst, hast du dir die Ohren vergrößern lassen? Weil im Alter das Gehör nachlässt?"

"Äh, ja, genau. Nächste Frage!"

"Ei, Großmutter", sprach Rotkäppchen mit gespielter Neugier, "was hast du für ein entsetzlich großes Maul?"

"Grrr", knurrte da der Wolf. "Erst einmal finde ich die Formulierung unanständig. Menschen haben einen Mund und kein Maul. Und 'entsetztlich' ist ziemlich abwertend! Außerdem solltest du dir die Frage nach dem Mund bis zum Schluss aufheben."

"Entschuldigung", seufzte das Rotkäppchen. "Also ... was hast du für große Augen?"

"Dass ich dich besser sehen kann! Aber ach, jetzt ist die Luft raus, du hast den Moment ruiniert."

"Wenn ich da mal nachhaken darf", hakte das Rotkäppchen nach. "Anstatt deine Brillengläser zu erneuern, hast du dir die Augen vergrößern lassen?! Du musst doch wissen, dass nicht die Größe der Augen für unsere Sehkraft maßgeblich ist. In dem Zusammenhang ein Zitat von der Seite seh-check.de: 'Würde sich die Größe der Augen proportional zur Körpergröße verhalten, müsste der Blauwal die größten Augen haben. Mit einer Körperlänge von bis zu 33 Metern und einer Körpermasse von bis zu 200 Tonnen ist er das größte Säugetier. Der Durchmesser seiner Augäpfel beträgt gut zehn Zentimeter.' So, und jetzt erklär mir das Maul, äh, den Mund."

"Willst du nicht erst wissen, warum ich so große Hände habe?"

"Puh ... wie sage ich das jetzt? Deine Hände sind mir tatsächlich aufgefallen, aber nicht weil sie so groß sind, sondern weil sie so klein sind. Fast schon Trump-Hände sind das, richtige Tierpfötchen, wie die Tatzen eines Wolfs! Oma, bist du ein Wolf?"

"Dass ich dich besser fressen kann!", brüllte der Wolf.

"Hä?", versetzte Rotkäppchen.

"Mein Mund. Das entsetzlich große Maul, weiß du noch? Dass ich dich besser fressen kann!"

"Besser fressen? Ha, meine Großmutter hat mich noch nie gefressen. Jetzt bin ich mir sicher, dass du ein Wolf bist! Aber bevor du mich verschlingst, lass mich noch eine Frage stellen: Was ist das für ein großes Nachthemd?"

"Das habe ich bei Klingel bestellt", tönte es da aus dem Innern des Wolfsbauches. "Als ich gemerkt habe, dass es viel zu weit ist, konnte ich es nicht mehr umtauschen."

Darauf mussten alle drei herzhaft lachen.

Donnerstag, 29. Dezember 2022

Alles wird schlechter, Teil 893

Früher zählte eine gewisse deutschsprachige Filmseite, die ich der Fairness halber nicht nennen möchte, zu meinen Lieblingsorten im Netz und war meine Go-to-Anlaufstelle, wenn ich mich über die Welt des Kinos informieren wollte. Von heute auf morgen, irgendwann Anfang der 2010er-Jahre, wurde ihre Oberfläche nicht nur verändert, sondern von Grund auf neugestaltet. Seitdem habe ich diese Website keines Besuches mehr gewürdigt, denn meiner Meinung nach handelte es sich um eine Verschlimmbesserung, die mich wegen ihrer Nutzerunfreundlichkeit und etlicher fragwürdiger Design-Entscheidungen regelrecht abstieß, man muss es leider so hart formulieren.

Sprung ins Jahr 2022: Die Online-TV-Übersicht meiner Wahl bekommt ein Relaunch spendiert. Ist sie jetzt noch praktischer und komfortabler? Die Antwort kann man sich denken: nein. Zwar steht bei der Seite, die ich der Fairness halber nicht nennen möchte, nach wie vor Simplizität von Style und Bedienung im Vordergrund, doch wurde die vorher so übersichtliche Programmtabelle für die Smartphone-Ansicht optimiert, d.h. radikal verschlankt. Im Ergebnis werden nun nur noch drei Kanäle auf einmal nebeneinander dargestellt, und nicht mal deren gesamtes Tagesprogramm wird angezeigt, sondern zeitliche "Blöcke" (Vormittag, Nachmittag, Abend, Primetime, Nacht). Vorher konnte man bspw. alle öffentlich-rechtlichen Sender oder alle dritten Programme oder Nachrichtensender aufrufen und hatte die 24 Stunden eines Fernsehtages auf einen Blick vor sich. Da hat man sich dann durchgescrollt, von oben nach unten und mit der Bildlaufleiste von links nach rechts. Scrollen muss man immer noch, es ist also nicht einmal ein Upgrade in der Usability zu verzeichnen. Und die drei Sender, die man jeweils wählen "darf", sind in willkürlichen Gruppen zusammengefasst, z.B. ARD/ZDF/RTL, 3sat/KiKa/Arte.

In beiden Fällen stecken gewiss Leute dahinter, die sich etwas dabei gedacht haben werden und die Erfahrung mit Webdesign vorweisen können. Aber am Ende hat die aufgewendete Energie zum Schlechteren geführt. Gibt es einen Fachbegriff dafür?

Dienstag, 27. Dezember 2022

... Safran macht das Konto leer

Ich verwende das Wort "Weihnachtswunder" nicht leichtfertig, aber dass mein Geschmacks-/Geruchssinn pünktlich zu den Festtagen wiederhergestellt ist, wenigstens zu schätzungsweise 87 %, ist fast so zauberhaft, als wäre ich seiner erst gar nicht verlustig gegangen. (Ich schreibe dies am 2. Weihnachtsfeiertag.) Schon vor Heiligabend hatte sich mein Zustand so schlagartig wie rasant gebessert; womöglich hatte die gute Ostseeluft, der ich kurzzeitig ausgesetzt gewesen war, zur Regeneration beigetragen.*

Nun musste endlich mal wieder gekocht werden, und zwar unter Hinzuziehung eines Gewürzes, das richtig die Sinne durchkitzeln würde. Das teuerste Gewürz der Welt ist, wie ich finde, nicht einmal das intensivste, aber das Rezept, das mir in die Hände gefallen war, sah 1 Gramm davon vor.


Hier zu sehen sind 0,4 Gramm Safran. Kostenpunkt: 4,99 Euro. Dass ich mich mit weniger als der Hälfte der benötigten Menge begnügte, mag man mir bei einem Kilopreis von 12.475 Euro nachsehen. Zudem war dieses Röhrchen das allerletzte, das Rewe vorrätig hatte!

Das Gericht wurde von mir in einem von Maggi herausgegebenen Miniaturkochbuch mit spanischen Rezepten entdeckt und verlangt, vom Safran abgesehen, nur wenige, günstige Zutaten. Wir dünsten zunächst in einem Topf 2 Knoblauchzehen, kleingehackt, in 2,5 EL Olivenöl an. Dazu geben wir 1 kg Tomaten, die wir in grobe Stücke geschnitten haben (je nach Größe geachtelt oder geviertelt; es verkocht sich eh). Nach kurzer Zeit gießen wir 500 ml Gemüsebrühe dazu und lassen alles eine Viertelstunde unter gelegentlichem Umrühren köcheln.


Jetzt kommt der Safran hinein. Gut verrühren, 1 TL Zucker hinzugeben, mit nicht zu wenig Salz sowie frisch gemahlenem Pfeffer abschmecken. Den Topf von der Kochstelle nehmen und stattdessen eine Pfanne darauf platzieren. In diese kommen nun 250 g Fadennudeln (z.B. "Die mag ich" von 3 Glocken), die wir roh (!) in 2-3 EL Olivenöl golden bis bräunlich anbraten. Den Tomatensud auf einer anderen Herdplatte noch einmal aufkochen und in die Pfanne zu den Nudeln geben. Fünf Minuten weiter garen, in dieser Zeit Backofen vorheizen. (Ihr wisst, ich halte nichts von Vorheizen, aber hier empfiehlt es sich.) Die Tomatennudeln in eine Auflaufform geben und 10-15 Minuten backen. Zum Schluss den Saft einer halben Zitrone darüber träufeln. Das Resultat ist heiß, leuchtet in den Farben Spaniens und macht drei Personen satt.

* Auch so eine Sache, die ich mein Lebtag nicht werde begreifen können: dass manche Leute ernsthaft die Nord- der Ostsee vorziehen. "Ah, was für ein schönes Meer ... Uuuund da isses weg. Na gut, verbringen wir die nächsten Stunden eben in stinkendem Schlick."

Sonntag, 25. Dezember 2022

Betr.: Raumfahrt, Filmtypen, Namensänderung, Zensur

Man muss auch mal unsere Massenmedien loben, wenn es angebracht ist, in diesem Fall "Spiegel online". Am 29. November meldete die Seite: "Chinesische Astronauten sind ins All gestartet". Da dachte ich noch: Meeeensch, chinesische Raumfahrende heißen doch Taikonauten. Am 4. Dezember ist zu lesen: "Taikonauten landen nach sechs Monaten wieder auf der Erde". Gut.
Neu war für mich übrigens, dass indische Kosmonauten Vyomanauten genannt werden. Zu Grunde liegt das Sanskrit-Wort vyoman-, "Himmel". Ist das nicht toll?

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Die BRD zu Zeiten Helmut Schmidts, das war ... something else.


Aus: Garncarz, Joseph (2013): Hollywood in Deutschland. Zur Internationalisierung der Kinokultur 1925-1990. Frankfurt/Basel: Stroemfeld/Nexus

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Die Schauspielerin und Miss USA 1985 Laura Harring heißt, seit sie einen Reichskanzler-Ururenkel geheiratet hat, mit vollständigem Namen Laura Harring Gräfin von Bismarck-Schönhausen. Ihr Geburtsname ist jedoch Laura Elena Martinez Herring. Wäre es nicht brillant gewesen, wenn sie als Kurzform für ihren Nachnamen Bismarck-Herring gewählt hätte?

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Aus dem Vorwort zur vierten Auflage (1895) einer englischen Schulgrammatik:
"In den ersten Auflagen waren manche Stellen aus Dickens stehen geblieben, durch die sich K a t h o l i k e n verletzt gefühlt haben; jetzt ist alles derartige getilgt und das Kapitel über Joan of Arc durch ein anderes ersetzt worden. Nunmehr kann das Buch auf p a r i t ä t i s c h e n Anstalten ohne Anstand benutzt werden." (Sperrungen im Original)

Freitag, 23. Dezember 2022

Mein Kalenderblatt des Jahres

Ich komme immer noch nicht über dieses Kalenderblatt vom August hinweg:


"Zeitenwende" wurde bekanntermaßen zum Wort des Jahres 2022 gekürt. "Zeiten-Lavendel", Quatsch: "Uralt Lavendel" sollte spätestens 2023 Jugendwort des Jahres werden. Mit "toll" würde ich mich aber auch zufrieden geben.

Mittwoch, 21. Dezember 2022

TITANIC vor zehn Jahren: 1/2013

Auf die Revision dieser Ausgabe habe ich mich schon seit geraumer Zeit gefreut. Nicht nur findet sich darin der ein oder andere Beitrag, der sich Klassiker nennen darf, auch fällt schon mit Blick auf die U1 eine Besonderheit auf:


Zum bis dato letzten Mal lag Titanic ein Sonderheft bei, nämlich eine Sammlung von "Powersätzen". Die gleichnamige Online-Rubrik erfreute sich Ende 2012 großer Beliebtheit, und die Kuh musste gemolken werden, bevor sie zum toten Pferd wurde. Auf 35 Seiten haben die Redaktion und etliche freie Autorinnen und Autoren Listen für jede Gelegenheit zusammengetragen; von mir stammen die Powersätze für den Drogendeal, für die Demenz und fürs Jenseits. Ich habe das Gimmick selbstverständlich kleben lassen, so dass das Frontcover teils verdeckt ist. Wer sich das Heft bestellt, kann es ja abprokeln. Hach ja, einmal mehr wünsche ich mir die Zeiten zurück, in denen ein "Sodomie-Gesetz" das deutsche Debattenthema der Stunde darstellte. (Was der konkrete Anlass für das Gesetz gewesen war, traue ich mich nicht zu googeln.)
Auf der Rückseite übrigens: ein netter Sowa-Cartoon.

Weitere längst in Vergessenheit geratene Punkte der Nachrichtenlage entdeckt man beim Durchblättern: Lobbyismus im Pharmaziewesen (Gesundheitsminister war damals – na, wer weiß es noch? – Daniel Bahr), die CDU "auf der Suche nach dem urbanen Lebensgefühl" (Fotoroman S. 14-17), Geisterfahrer, Seltene Erden in Leipzig, der unaufhaltsame Aufstieg Katrin Göring-Eckardts, und Xavier Naidoo hatte anscheinend auch wieder irgendwas gesagt. Ein ziemlicher Downer, der freilich satirische Auseinandersetzung nicht unmöglich, sondern im Gegenteil notwendig machte, war der Großbrand in einer Textilfabrik in Bangladesch, in der auch Kleidung für C&A produziert wurde. Mir kam dazu die Idee, dass wir eine Vorschau auf den kommenden C&A-Katalog drucken sollten, und so steckten wir ein paar Redakteurskinder in versengte und angekokelte Sweatshop-Klamotten und setzten sie als Fashion-Models in Szene.


Recht stolz bin ich auf den Titel von "55ff", wobei es natürlich zuvörderst Martina Werners brillanter Graphik-Zauberei zu verdanken ist, dass man die süß-verstörenden Promi-Gesichter nie mehr vergisst, hat man sie auch nur für eine Millisekunde angeblickt.


Im Juni 2017 hatten ein paar Kollegen und ich die Gelegenheit, an einer geführten Tour durch den Commerzbank-Tower teilzunehmen, welcher nicht nur der höchste Wolkenkratzer Frankfurts, sondern der gesamten EU ist. Dabei wurden uns auch die allzu symbolisch-symptomatischen Vorstands-Toiletten in der obersten Etage gezeigt. Völlig vergessen hatte ich, dass wir jene Pissoirs schon einmal für eine Anzeigen-Parodie verwendet hatten. Ob es sich bei dieser WC-Aufnahme um ein Agenturfoto oder eine Lesereinsendung handelt, weiß ich nicht.


Weiteres Notierenswertes
- Die Ausgabe enthält Stefan Gärtners Essay "Wer Juden haßt, bestimme ich" über Jakob Augsteins Antisemitismus. Dieser Aufsatz holte seinerzeit erfreulicher- wie berechtigterweise viel Aufmerksamkeit und Lob ein und gilt bis heute als, s.o., Klassiker.
- Kultstatus erzielte außerdem Hans Zipperts Oberursel-Bericht "Der Revierkennzeichner", eine Geschichte, die noch Kopfschütteln auslöst, wenn man sie zum dritten Mal auf einer Lesung vorgetragen bekommt.
- Synchronizität, Serialität oder banaler Zufall? Während ich diese Zeilen tippe, macht ein Portrait (ich glaube, vom Spiegel) über Ex-Minister Peter Altmaier von sich reden. Und jener anno 2012 als Umweltminister höchst aktive Vollblutpolitiker bekam im vorliegenden Heft eine Homestory spendiert. Dieser fiktive Hausbesuch war einer der wenigen während meiner Amtszeit erschienenen Artikel, mit denen ich ganz und gar nicht einverstanden war, was ich auch offen kundgetan habe. Homosexualität insinuieren, weil der Mann über sein Beziehungsleben den Mantel des Schweigens zu legen pflegt? Das erschien mir ebenso billig und unverdient wie die circa einhundert Dickenwitze. Schwamm drüber.
- Zauberhaft ist das Gruppenbild auf S. 48f., auf der über einigen Gedanken zur "Zukunft des Journalismus" die gesamte Redaktions-Bagage versammelt ist, inkl. Satz- und Fotografie-Springer Stephan Nau, der hierfür in die Rolle unseres mystischen Verlegers geschlüpft ist.
- Noch einmal Synchronizität & Co.: Als "letzter Royal" (S. 66), i.e. als Nachfolger von Queen Elizabeth II., werden anlässlich "der Kate-Befruchtung" verschiedene potenzielle Thronerben ins Spiel gebracht, als Erster natürlich Charles III. ("Wenn die Queen im März 2019 entschläft, wird Charles endlich, endlich Monarch. Der 'Minutenkönig' kann sein Glück kaum fassen – wie auch den letalen Schock, als sich die Mutter von ihrem todesähnlichen Mittagsschlaf wieder aufrappelt und nach Tee brüllt.").

Schlussgedanke
Der neue Jahrgang beginnt so famos, wie der alte aufgehört hat.

Montag, 19. Dezember 2022

Zauberhafte altdeutsche Rechtssprache (II)

Folge I

Zwangsal. Im Grimmschen Wörterbuch "als variante für quelung" aufgeführt. Dort wie auch im Wiktionary finden wir den Vermerk, dass das Wort "nach dem 16. Jahrhundert immer seltener, heute vollkommen erloschen" ist, was übrigens auch auf den folgenden Eintrag zutrifft. Mittelhochdeutsch twancsal, bedeutet es wohl "Zwang, Gewalt, Einschränkung", aber was meint es im engeren, i.e. juristischen Sinne? Da es in einer Quelle aus dem Jahr 1788* in der Trias "Zwangsal, Satzung oder Steuer" auftaucht, nehme ich an, dass an eine Art Zwangsvollstreckung, eine amtlich verordnete Einschränkung gedacht werden muss.

* Der Titel soll hier in seiner ganzen Schönheit wiedergegeben werden: "
Antiquitatum Nordgaviensium Codex Diplomaticus oder Probationum, worinnen nicht allein einige zur Erläuterung des alten Nordgaus dienende, sondern auch vornemlich wichtige, das Hochfürstliche Burggrafthum Nürnberg, und die von demselben absproßende beyde in diesem Landes-Bezirck situirte Hochfürstliche Häuser, Brandenburg Anspach und Bayreuth betreffende hohe Vorrechte, Freyheiten, Begnadigungen, Concessiones u. dgl. m. vom VIII. Seculo anfangend, und bis auf gegenwärtige Zeit sich extendirende, mithin sich dann auf Neun und ein halbes Seculum erstreckende Urkunden und Zeugniße enthalten, die an Orten, wo es nöthig, mit Historisch-Genealogisch-Chronologisch-Geographisch- und Critischen Anmerckungen erkläret, Auch einem dreyfachen Register, zum bequemen Gebrauch versehen. Vierter Theil" von Johann Heinrich von Falckenstein, dem "Hoch-Fürstlich-Brandenburgisch-Anspachischen Hof-Rath und der Königlich-Preußischen Societät der Wissenschaften Mitglied".

Übergenoß, Ungenoß. Dieses Begriffspaar erscheint im Abschnitt über die Stände. Den "Übergenoß" finden wir bei Tristan und Isolde, wo es über Tristan heißt, er sei "alles Todes Übergenoß". Kann man das so interpretieren, dass er über dem Tode steht, ihm "über ist" (in der Bedeutung wie in dem Zitat aus "Kir Royal", das mir geläufig ist, obwohl ich diese vermeintliche Kultserie nie gesehen habe: "Isch bin dir einfach über")? Das Gegenstück zum Übergenossen scheint der bei Mitteis nicht erwähnte Untergenoß/Untergenosse zu sein.
"[D]as Mittelalter kannte eine Reihe von rechtlichen Beziehungen, in die man nur mit Standesgenossen oder Tieferstehenden (Untergenossen) treten konnte, während man von den Übergenossen als unebenbürtig ausgeschlossen wurde. [...] In Kriminalsachen brauchte sich niemand einen Untergenossen als Richter oder Urteiler, Zeugen oder Eideshelfer gefallen zu lassen. Um ein Urteil schelten zu können, mußte man Genosse oder Übergenosse der Urteilsfinder sein. [... N]ur einen Ebenbürtigen brauchte man sich als Fürsprecher des Prozeßgegners gefallen zu lassen." (Richard Schröder, Lehrbuch der Deutschen Rechtsgeschichte, 1889)
Aber war ein Untergenosse mit einem Ungenossen identisch? Das finden wir zumindest in Claudius von Schwerins Grundzügen des deutschen Privatrechts von 1928 bestätigt: Es gab, kurzum, im Mittelalter die "Vorstellung, daß ein Mensch besser geboren als ein anderer, dieser daher sein übergenoz und er dessen ungenoz ist" [im Original sind die Termini in Nicht-Fraktur gesetzt]. "Ihre Wirkung ist die, daß gewisse Rechtsbeziehungen zwischen einem Menschen und seinem Ungenossen und demgemäß auch seinem Übergenossen unmöglich sind oder doch andere Folgen haben als zwischen Genossen. Im einzelnen ist die Ehe mit dem Ungenossen oder der Ungenossin eine u n g l e i c h e Ehe (Mißheirat, disparagium)."
Vor diesem Hintergrund könnte man mal überlegen, ob die Anrede "Genosse/Genossin" im Sozialismus, wo das Klassensystem ja überwunden sein soll, nicht fehl am Platze ist. Denn Menschen, die nicht als Genossen und Genossinnen akzeptiert werden, stünden dann ja wiederum über oder unter anderen.

Sonntag, 18. Dezember 2022

Wochenend-Quiz: Auflösung

1. Quinoa
2. Quinoa
3. Quitte
4. Quinoa
5. Quitte

Samstag, 17. Dezember 2022

Wochenend-Quiz

Heute: Das "Quitte oder Quinoa?"-Quiz! (Original-Post aus meinem alten Blog, 25.12.2010)

1. Diese Pflanze wird seit 6000 Jahren in Südamerika angebaut. Quitte oder Quinoa? 
2. 2008 wurden davon weltweit 59.115 Tonnen geerntet. Quitte oder Quinoa? 
3. Ein Esslöffel der Kerne dieser Pflanze 10-12 Stunden in 100 ml kaltem Wasser eingelegt, ergibt einen heilsamen Schleim. Quitte oder Quinoa? 
4. So hieß ein Album der deutschen Elektrokombo Tangerine Dream. Quitte oder Quinoa? 
5. Namen einiger Sorten: Toronto, Radonia, Champion. Quitte oder Quinoa?

Freitag, 16. Dezember 2022

Weihnachten mit allen Sinnen (bis auf zwei)

"O ich armer Verdampter, warumb bin ich nit ein Viehe, so ohne Seele stirbet?" --- Volksbuch von Doktor Faust

Nicht nur, dass meine jüngste und erste Covid-19-Erkrankung (ich berichtete zaghaft) dazu geführt hat, dass ich keinen Gang "um den Pudding" unternehmen kann, ohne im Anschluss eine Stunde zu keuchen, als hätte ich gerade einen Halbmarathon gerissen, nein: Ich habe meinen Geruchs- und Geschmackssinn verloren! An dieses Old-school-Symptom aus der Frühphase der Pandemie hatte ich gar nicht mehr gedacht, geschweige denn hätte ich erwartet, dass die mich erwischt habende Variante so etwas zeitigen könnte, aber es ist passiert. Damit werde ich jetzt wohl, wenn ich "Glück" habe, mehrere Monate, bei Pech länger als ein Jahr oder gar für immer leben müssen. Sofern man diesen Zustand "leben" nennen kann. Lebensmittel riechen, schmecken und nicht zuletzt über sie schreiben – das zählte doch immer zu den größten Freuden meiner Existenz. Nun bricht ein massiver Stützpfeiler dieses Blogs weg, schade! Hier liegt noch eine ungeöffnete Tüte italienischen Knabbergebäcks, außerdem habe ich mich erst vor zwei Wochen, weil ich meine in der Nähe arbeitende Steuerberaterin aufsuchen musste, zu einem Spontankauf im UK-Importladen "A Taste of Britain" hinreißen lassen. Dort habe ich endlich die legendäre Kuchenspezialität Spotted dick erstanden (Ratet, wie der entsprechende Blogpost geheißen hätte!), ferner eine Dose Instantpulver für Custard. Um ein Haar hätte ich auch Treacle gekauft, jene teerige Melasse, die britischen Schulkindern früher allmorgendlich mit dem Löffel eingeflößt wurde, damit sie fit für den Unterricht seien. Die Verkäuferin gab mir aber erst durch die Blume, auf meine Nachfrage dann recht direkt ("Also ich würd's nicht essen") zu verstehen, dass dieser dunkle Sirup allzu sehr in Richtung Marmite gehe; so setzte ich auf die sichere Bank und schwenkte auf die helle Variante um.

Aber die ganzen Nasch- und Testvorhaben sind jetzt hinfällig. Am stärksten betroffen ist mein Sinn für Bitteres: Kaffee ist nur eine fade Brühe, statt Bier kann ich genauso gut Wasser trinken. Süßes und Saures, vor allem in Kombination, nehme ich noch am ehesten wahr, in blassesten Nuancen. Komplett dahin ist mein Umami-Zentrum, ein Frühstücksei zum Beispiel "schmeckt" wie ein Stück Gummi, und auch mit Salz lässt sich kaum was herauskitzeln. Welche Konsequenz hinsichtlich meines Konsumverhaltens ich daraus zu ziehen habe, darüber bin ich mir noch unsicher. Soll ich auf besonders intensive, stark gewürzte Glutamatbomben setzen, um die ausgeblendeten Sinne durch verstärkten Input wieder wachzukitzeln? Oder hat es eh keinen Sinn? Sollte ich die Chance nutzen, um Geld zu sparen, indem ich eine Weile nur die fadesten Billiglebensmittel besorge, etwa *schüttelt sich und vergießt dicke Tränen* Graubrot mit Butterkäse?

Von den regelrecht gefährlichen Folgen von Anosmie* abgesehen (Nichtwahrnehmen von Schimmel, Gas ...), hat diese Störung eine Komponente, die ich erst nach einem Tag bedacht habe: Ich kann mich ja selbst nicht mehr riechen. Ich lege stets viel Wert auf Körperhygiene und darauf, meinen Mitmenschen nicht durch unangenehmes Aroma zur Last zu fallen. Nicht mal zur Post würde ich gehen, ohne etwas Eau de Toilette aufzulegen. Aber reicht das? In einen regelrechten Wahn könnte ich verfallen! Aufbauend und erfreulich ist es doch, wenn man gerne an sich selbst schnuppert. Erst kürzlich habe ich mir eine neue Duschschaum-Sorte und ein bisher unbekanntes Duschgel von Rituals gegönnt. Sinn(höhö)los! Und es ist nicht so, als hätte das Drecksjahr 2022 übermäßig Positives für mich bereitgehalten. Ja, bin ich denn der Spielball der Erinnyen? Warum werde ich nicht gleich vom Blitz getroffen?!

* Ich hasse übrigens das Wort "geruchsblind". Wenn es das Wort blind nicht gäbe, würde man dann "augentaub" sagen oder was?

Donnerstag, 15. Dezember 2022

Die koreanische Bevölkerungsverjüngung

Das wusste ich auch nicht: Wenn in Südkorea ein Baby geboren wird, ist es nicht null Jahre alt, sondern zählt bereits ein Jahr. Am folgenden Neujahrstag und an jedem weiteren wird dann ein Jahr auf das Alter draufgeschlagen. Das heißt konkret, dass ein Menschlein, das am Silvesterabend das Licht der Welt erblickt, einen halben Tag später offiziell zwei Jahre alt ist! Die Gründe für diese eigentümliche Zählung sind nicht vollständig geklärt.*

Jedenfalls ist dieses etablierte System, welches dadurch verkompliziert wird, dass in Fragen von Wehrtauglichkeit und Alkoholerwerb sehr wohl ein Alter von 0 bei der Entbindung angesetzt wird, sowohl unbeliebt als auch ständiger Kritik ausgesetzt – weswegen es im Juni 2023 aufgegeben und durch das "westliche" ersetzt werden soll. Mit einem Schlag wird somit die gesamte südkoreanische Bevölkerung um ein bis zwei Jahre jünger. Glückwunsch vorab!

* Mitrechnung der Zeit im Mutterleib sowie altertümliche Vereinfachung mangels Kalenderverbreitung kommen als zwei Gründe in Betracht: "One theory is that turning one year old at birth takes into account time spent in the womb – with nine months rounded up to 12. Others link it to an ancient Asian numerical system that did not have the concept of zero.
Explanations for the extra year added on 1 January are more complicated. Some experts point to the theory that ancient Koreans placed their year of birth within the Chinese 60-year calendar cycle, but, at a time when there were no regular calendars, tended to ignore the day of their birth and simply added on a whole year on the first day of the lunar calendar. The extra year on 1 January became commonplace as more South Koreans began observing the western calendar." (The Guardian)

Dienstag, 13. Dezember 2022

No honey, honey!

Schon zweimal in dieser Saison habe ich auf einem Weihnachtsmarkt Stände gesehen (also je einen Stand auf zwei verschiedenen Weihnachtsmärkten), wo nach US-amerikanischem Vorbild vermeintlicher Moonshine verkauft wurde, also Spirituosen in der Anmutung von Selbstgebranntem. Der Trend wurde freilich durch das Reality-Format "Moonshiners", welches man synchronisiert auf dem sog. Männersender DMAX sehen kann, gekickstartet und fügt sich trefflich in die anstrengende Holzfäller-Barbershop-Hipster-Kultur ein. Der Komiker Brian Regan hat sich schon vor Jahren über besagte Show lustig gemacht. Die Nummer ist nicht auf Youtube zu finden, aber es ging um die lächerliche Prämisse darin, dass man so tut, als herrschte immer noch Prohibition, und das Schwarzbrennen der raubeinigen Waldschrate sei ein aus der Not erwachsener, heldenhafter Akt der Rebellion ("Man kann Schnaps auch einfach kaufen, wisst ihr?").

Jedenfalls fielen mir an den beiden Buden Schilder auf, auf denen stand: "Kein Honig!" Denn von weitem machen die typischen Schraubgläser mit dem "verbotenen" Gut tatsächlich den Eindruck, sie enthielten Wabengold. Und das stellt nun einen weiteren Fall von "Hinweis darauf, was nicht angeboten wird" dar, jenem Phänomen, zu dem es hier erst im vergangenen Monat den letzten Beitrag gab.

Montag, 12. Dezember 2022

Kurz notiert: Barack in England

Na so was! Da habe ich mich jahrelang, nicht zuletzt in diesem Blog, darüber echauffiert, dass es in keiner einzigen deutschen (Ton-)Medienanstalt jemand schafft, sich die korrekte Aussprache des Vornamens von Barack Obama draufzuschaffen – und dann höre ich heute in einer Folge von "Mid Morning Matters with Alan Partridge", wie gleich zwei britische Personen den Namen Barack aussprechen: nämlich genau so falsch wie hierzulande, auf der ersten Silbe betont und nahezu wie das Wort barrack, /ˈbæɹ.ək/.




Die Aussprache sieht man auf den Snapshots natürlich nicht, aber Bilder sind immer hilfreich, sind sie nicht? Nun muss man dazu sagen, dass die Serie im Jahr 2010 produziert wurde; wer weiß, womöglich hatte es der Name des 44. US-Präsidenten bis dahin noch nicht auf die Insel geschafft? (Quatsch.) Da fällt mir ein, dass in einem Kriegsstrategiespiel – ich glaube, in irgendeinem Teil der "Command & Conquer"-Reihe – das Wort barracks, also "Kaserne", konsequent mit "Baracken" übersetzt wurde, was natürlich legitim ist, weil Kaserne die ältere Grundbedeutung von "Baracke" ist, trotzdem kam es mir immer daneben vor.

Und noch etwas fällt mir in dem Zusammenhang ein. Als 2021 der ehemalige amerikanische Außenminister Colin Powell gestorben war, fragte ich mich, ob unsere Qualitätsmedien dessen Vornamen, der in der turbulenten George-W.-Bush-Ära zeitweise täglich zu hören war, noch richtig hinkriegen. Ich schaute mir in der Mediathek den entsprechenen Tagesschau-Clip an und wurde nicht enttäuscht, es wurde die zugegeben verbreitetere, aber in diesem Fall inkorrekte Aussprachevariante gewählt (links):


Ah, es tut gut, sich mal wieder aufzuregen!

Sonntag, 11. Dezember 2022

Nicht mal eine clevere Überschrift fällt mir ein

Liebe Leute, ich fühle mich nicht in der Lage, den Blogbetrieb aufrechtzuerhalten. Ich bitte um ein wenig Geduld und Nachsicht. Spätestens der nächste "TITANIC vor zehn Jahren"-Post-Termin soll aber eingehalten werden.

Mittwoch, 7. Dezember 2022

Recycling im Krankenlager

Schließlich hat "es" mich doch noch erwischt und ich bin mit mittelschwerem Covid-19-Verlauf ans Bett gefesselt. Damit dies nicht einer dieser typischen (aber gebt's zu: bei mir sehr seltenen!) "Sorry fürs Nicht-Bloggen"-Beiträge wird, habe ich kurz im Archiv meines alten Blogs (2006-2012) gekramt und ein paar eventuell nicht uninteressante Beiträge aus dem Jahr 2010 herausgesucht, die ich hier unredigiert und unbearbeitet reposten möchte. Dafür reicht meine Kraft gerade noch.

#891 --- 22.10.2010, 10:44
Hier fehlt eine Überschrift
Erst 7 Postings gab es diesen Monat - meine Leser sind zurecht enttäuscht. Man glaube mir aber, dass ich im Moment ein wenig gestresst bin. Ich muss mehrere hundert Seiten in Word 2007 formatieren, ein Seminar vorbereiten, einen Job und eine Wohnung suchen, und morgen fahre ich zum dritten Mal innerhalb von zwei Monaten nach Frankfurt (diesmal zu einer Titanic-Online-Autoren-Konferenz - da muss ich dabei sein). Ich habe aber schon ein paar Ideen für zukünftige Beiträge, keine Sorge.

#872 --- 15.09.2010, 11:38
Die besten Weblogs
Heute: Ein Blog mit gesammelten Entschuldigungen von Bloggern fürs Nichtposten, von "Ich hatte einen leichten Herzinfarkt" bis "Ich habe an einem Megan-Fox-Sim gearbeitet". Sorry I Haven't Posted.

#912 --- 07.12.2010, 17:18
Winter
Wir befinden uns, das muss einmal erwähnt werden, immer noch im Herbst! Dabei kommt es mir im Moment so vor, als würde der Winter gerade zu Ende gehen, machen sich doch die Schneemassen schon wieder daran, mirnixdirnix zu tauen. (Ich kann mir nie merken, was es mit der Anomalie des Wassers auf sich hat. Schmilzt Eis bei 0° oder +4° Celsius?)
Deshalb soll es hier im Blog wenigstens schneien.
(Anm. 2022: Mit einer simplen Javascript-Einbindung, snow.js, ließ ich auf meinem Blog vor grünem Hintergrund weiße Flöckchen rieseln. So was war halt einer der Vorteile einer privaten, also richtig privaten Homepage.
Das mit dem Flattr-Button war ein Witz.)

#883 --- 30.09.2010, 12:30
Fragen, die ich mir selbst stelle
Heute: Was sind eigentlich das kleine und das große Einmaleins?
Antwort: Das kleine Einmaleins sind alle Produkte aus zwei Zahlen von 1 bis 10, das große Einmaleins geht bis 20. Das hatten wir natürlich auch in der Schule, aber es wurde nicht so genannt. Ohje, ich erinnere mich noch an Mathestunden mit Herrn Birnbaum, die damit begannen, dass jeder Schüler nach einer Quadratzahl bis zu 202 gefragt wurde. Da half wirklich nur Auswendiglernen ...

#904 --- 21.11.2010, 13:36
Glas
Ich habe den Eindruck - und diesen ließ ich gestern durch eine andere Person bestätigen - dass seit diesem Jahr erheblich mehr Glasscherben auf den Fuß- und Radwegen liegen als zuvor. Ich bilde mir ein, es begann konkret im Sommer, zur Zeit der Fußball-WM. Die Menschen entwickelten eine neue Gute-Laune-Straßenkultur ("Kultur"), zu der auch das ausgelassene Flaschenschmeißen gehört. Das war während der WM '06 noch nicht so krass. Es wird Zeit für eine Kampagne gegen diese Unsitte. Angelehnt an den verrückten Amerikaner mit seiner "The rents are too damn high!"-Partei soll sie lauten: "There's too much glass on the damn streets!"

#920 --- 21.12.2010, 17:36
Die großen Fragen der Menschheit - gestellt von BILD.de
>> Warum schliddern unsere Busse?
>> Überrollt uns die Noro-Virus-Walze?
>> Müssen wir Deutsche wieder für ganz Europa blechen?
>> Wem gehört der Hintern-Hit aus dem Internet?
>> Zerhackte Riesenstorch Inselbewohner?
>> Wer schreibt die Dialoge für Sex-Filme?
>> Verschlimmerte Mondfinsternis Winter-Chaos?

Samstag, 3. Dezember 2022

Was stimmt mit Leuten nicht?

Wenn ich im Supermarkt zum Schalter gegangen bin, lege ich meine Waren brav – nicht zu einem chaotischen Haufen zusammengeworfen, aber auch nicht zu weit auseinander – zwischen zwei Trennstäbe auf das Kassenband. An dessen Ende stelle ich mich sodann auf, um jedes gescannte Produkt in Empfang zu nehmen und entweder direkt in meinem Stoffbeutel* zu verstauen oder noch einmal im Warenkorb/Einkaufswagen zwischenzulagern. Nach dem Bezahlvorgang, der nur seltenst mit langwieriger Portemonnaie-Durchwühlung meinerseits verbunden ist, mache ich mich "Danke" und "Auf Wiedersehen" sagend von dannen, um der nächsten Person Platz zu machen.

* Ich habe noch nie in meinem Leben eine Papiertasche (oder, als es die noch gab, eine Plastiktüte) an der Kasse kaufen müssen. Meist bin ich eh mit Rucksack unterwegs; an den Stoffbeutel als Ergänzung bei größeren Einkäufen denke ich fast immer.

Vor mir jedoch steht in sieben von zehn Fällen jemand, der seine Artikel mit leerem Eselsblick auflaufen lässt und sie erst vom Band räumt, wenn der Kassenbon ausgedruckt ist. So kommt es, dass meine Waren keine Chance haben, in den dafür vorgesehenen Bereich ("Warenauffangniederung"?) zu rutschen; es kommt zu einer Stausituation, in der schlimmstenfalls die Einkäufe von zwei Personen miteinander vermengt werden! Warum sind viele Kundinnen und Kunden so? Ist es böser Wille? Lernunfähigkeit? Starrsinn? Ignoranz? Brauchen wir hierzulande Einpackkräfte wie in US-amerikanischen Ketten? Irgendwann werde ich nicht an mich halten können und werde eine derartig unfähige Person vor mir anherrschen: "Warum packen Sie Ihren Scheiß jetzt erst weg? Sehen Sie nicht, dass sich hier alles staut? Sie sind massiv im Weg! In einen Einkaufsgrundkurs für Vorschulkinder sollte man Sie stecken!" Mit zunehmendem Alter steigt die Wahrscheinlichkeit, dass mir so was tatsächlich entfährt. An Selbstscankassen traue ich mich nicht.

Donnerstag, 1. Dezember 2022

Serientagebuch 11/22

01.11. Curb Your Enthusiasm 11.06
American Horror Story 10.01
02.11. Family Guy 21.04
03.11. Curb Your Enthusiasm 11.07
04.11. Curb Your Enthusiasm 11.08
05.11. Family Guy 21.05
Curb Your Enthusiasm 11.09
The Devil's Hour 1.01
The Devil's Hour 1.02
06.11. Mr. Robot 4.08
08.11. Curb Your Enthusiasm 11.10
Extras 1.01
American Horror Story 10.02
09.11. American Horror Story 10.03
10.11. Family Guy 21.06
Doctor Who 13.08
The Devil's Hour 1.03
11.11. The Big Bang Theory 12.09
12.11. Extras 1.02
13.11. Space Force 1.04
14.11. The Devil's Hour 1.04
Mr. Robot 4.09
15.11. American Horror Story 10.04
The Devil's Hour 1.05
17.11. The Devil's Hour 1.06
Extras 1.03
18.11. The Simpsons 34.07
American Horror Story 10.05
21.11. American Horror Story 10.06
American Horror Story 10.07
Mr. Robot 4.10
22.11. Family Guy 21.07
The Big Bang Theory 12.10
24.11. Extras 1.04
Mr. Robot 4.11
28.11. The Simpsons 34.08
Mid Morning Matters with Alan Partridge 1.01
29.11. Mr. Robot 4.12
Mr. Robot 4.13
30.11. Extras 1.05
Family Guy 21.08

Die 11. Staffel von Curb Your Enthusiasm hatte ich mir extra aufgespart, um sie dann zu Beginn der trüben Jahreszeit wegbingen zu können. (Meine Definition von bingen ist freilich nicht zwingend "in einer Nacht fünf Serienepisoden am Stück schauen". Wie man anhand meiner Tagebücher nachvollziehen kann, ist für mich schon ein "Doppelpack" eher ungewöhnlich. [Muss man bingen eigentlich noch kursiv setzen, oder ist das Verb mittlerweile voll in den deutschen Wortschatz integriert?])
Insgesamt war die 11. Staffel durchwachsen, wobei die Meinungen auseinandergehen mögen; beispielsweise hat die Folge "The Watermelon", die mir am allerwenigsten gefallen hat, auf imdb mit 8,7 von allen zehn Folgen die höchste Wertung. Einzelne Aspekte fand ich brüllend komisch, zum Beispiel alle Szenen mit der grottenschlechten Nachwuchsschauspielerin, zu deren Besetzung Larry genötigt wird (es ist schon eine Kunst, absichtlich falsch zu schauspielen). J.B. Smooves Figur Leon ist ohnehin immer für einen Lacher gut, und Tracey Ullman sollte man für ihren furchtlosen 100-Prozent-Einsatz in der Rolle der Irma Kostroski mit Preisen überschütten.

Traurig ist's, dass die 14. Staffel von Doctor Who wohl erst im November 2023 gesendet wird, zum 60. Jubiläum der Serie. Bis dahin könnte ich alles vergessen haben, was in der bis dato letzten ausgestrahlten Folge passiert ist, weswegen ich mein Urteil kurz und bündig an dieser Stelle hinterlassen möchte. Unterm Strich war ich überrascht. Positiv überrascht. Jeder bisherige Showrunner der neuen Serie hatte sich für seine Abschiedsfolge erkennbar vorgenommen, nicht nur out with a bang zu gehen, sondern auch die Quintessenz, oder besser: seine Vorlieben, die typischen Elemente "seiner" Ära auf die Spitze zu treiben. Der Doktor als Freund der Menschen, der nicht vom Schicksal der Erde lassen kann, feierte nach vier Staffeln unter Russell T Davies (Welcome back! btw) seine "End of Time" mit extra viel Kitsch und Tränen, und Moffat hat für den Schwanengesang des 12. Doktors noch einmal ganz tief in die Zeitschleifen-Trickkiste gegriffen. Von Chris Chibnall hatte ich nun erwartet, dass er, wie schon mit dem "Timeless Children"-Narrativ, zum Schluss erneut alles auf links drehen, kritischen Whovians den Mittelfinger zeigen und seinem Nachfolger einen schwer zu kittenden Scherbenhaufen hinterlassen würde. Markenzeichen wie Selbstverpflichtung Chibnalls war ja (insb. in Series 11), auf Altvertrautes, etwa Klassik-Monster, zu verzichten, etablierte Regeln zu brechen, starrsinnig sein eigenes Ding zu machen. Umso mehr überraschte es mich nun (wie gesagt: positiv), als was für ein Feuerwerk an Nostalgie, Reminiszenzen und Fan-Service sich "The Power of the Doctor" entpuppte. Dass vereinzelte Ideen halbgar und/oder recycelt wirkten, verblasste angesichts all der wunderbaren Wiederbegegnungen und Rückverweise.
Kaum waren meine Augen getrocknet, bemächtigte sich ein Grinsen meiner im Gedanken daran, dass es nächstes Jahr noch epischer wird. Geil!

Apropos (Spoiler!) Wiedersehen mit alten Doktoren: Den britischen Sechsteiler The Devil's Hour habe ich ahnungslos und in blindem Vertrauen allein wegen Peter Capaldi geschaut. Er spielt einen sinistren Killer, der über eine Gabe zu verfügen scheint beziehungsweise auf dem ein Fluch lastet ... Präziser soll es nicht ausgedrückt werden, denn das Rätsel des vermeintlichen Psychopathen wird erst in der letzten Folge gelüftet. Atmosphärisch umgesetzt und mit einem beängstigenden Kinderdarsteller in der Nebenrolle, weiß "The Devil's Hour", bis auf eine Durchhänger-Folge, anständig zu packen. Erhöhte Konzentration ist ebenso gefordert wie die Akzeptanz paranormaler Prämissen ohne deren (pseudo-)wissenschaftliche Erklärung.

Mit Mr. Robot bin ich nach etlichen Jahren auch endlich fertig geworden. Die vierte Staffel war mir mitunter zu esoterisch (das Label "Hacker-Drama" erfasst nicht annähernd die Dimensionen dieses komplexen Psychothrillers), weiß Gott, ich bin nicht mal sicher, ob mir die finale Auflösung zu 100 % eingeleuchtet hat. Aber der Schnitt, die Kamera, der Soundtrack (sowohl die lizenzierten Songs als auch Mac Quayles adrenalintreibende Scores), der gesamte Style: superb! Und wo konnte man je eine realistischere Darstellung von Angststörungen und elaborierter Computerbenutzung sehen?