Sonntag, 31. Dezember 2023

Jahresausblick 2024

Ja, ist es denn die Möglichkeit?! Die letzte Jahresvorschau habe ich 2018 veröffentlicht, dann wurde alles immer schlimmer und ich hatte keine Lust mehr. Von den vergangenen fünf Jahren war 2023 nun allerdings dasjenige, das ich ... nicht direkt am erträglichsten fand, aber zumindest weniger niederschmetternd als die vier davor. Auf 2024 bin ich darum gespannt genug, dass ich einen sneak peak auf das Jahr des Holz-Drachen (nach chinesischem Kalender) werfen möchte.

Wir feiern 75 Jahre Grundgesetz und 75 Jahre NATO und gratulieren Immanuel Kant zum 300. Geburtstag, Caspar David Friedrich zum 250. Geburtstag, Lord Kelvin zum 200. Geburtstag und Harry Houdini zum 150. Geburtstag. 100 Jahre alt werden/würden: Truman Capote, Jimmy Carter, George H.W. Bush, James Baldwin, Friedericke Mayröcker, Lauren Bacall und Marlon Brando. Es jährt sich ferner zum 200. Mal der Tag der Uraufführung von Beethovens Neunter, vor 500 Jahren erschien das erste evangelische Gesangbuch, und Facebook wird auch schon 20 Jahre alt. Ich überlege, ob ich einen Rewatch meiner Lieblingsserie "Lost" wage, die 2004 ihre Premiere auf FOX hatte.

Traurig beginnt das Jahr, mit der Auflösung der Republik Bergkarabach, deren Visum weiterhin stolz in meinem Reisepass kleben wird. Politisch geht es gewohnt gruselig weiter bzw. könnte es noch gruseliger werden. Gewählt wird bekanntlich in den USA und in Russland, außerdem stehen in Österreich die Nationalratswahl sowie in Sachsen, Brandenburg und Thüringen Landtagswahlen an. Oh, und Europawahl ist auch! Mit den Olympischen Spielen in Paris und der Fußball-EM in Deutschland steht uns zudem ein sportlicher Extrem-Sommer bevor. Für den 8. April ist eine totale Sonnenfinsternis angesetzt, beobachtbar in den USA, Mexiko und Kanada, und am 2. Oktober "können Beobachter in Argentinien und Chile die ringförmige Sonnenfinsternis sehen. Der Mond wird das Zentrum der Sonne verdecken und die Beobachter werden den 'Feuerring' um die Sonne sehen" (starwalk.space). Neid! Dafür dürfen wir zehn Tage später den Kometen C/2023 A3 mit bloßem Auge an der Erde vorbeirauschen sehen.

Zu guter Letzt ist wie gehabt die "Natur des Jahres" abzuklappern. Mit dem Igel als Wildtier des Jahres, dem Kiebitz als Vogel des Jahres, dem Dorsch als Fisch des Jahres und der Kreuzotter als Reptil des Jahres hat man sich auf solide Konsens-Kandidaten geeinigt, wahre Blue Chips der Tierwelt. Ausgefallener sind da schon die Gewinner und Gewinnerinnen in den Kategorien Orchidee (Mücken-Händelwurz), Baum (Mehlbeere), Libelle (Mond-Azurjungfer) und Einzeller des Jahres (Cafeteria-Geißeltierchen). Die Gefleckte Höhlenspinne konnte gleich zwei Titel erringen, sie ist sowohl Spinne als auch Höhlentier des Jahres 2024. Das Kabelbakterium Elektronema, ein Organismus mit tatsächlich stromleitenden Proteinfasern, ist die Mikrobe des Jahres, gekürt von der in Frankfurt am Main sitzenden Vereinigung für Allgemeine und Angewandte Mikrobiologie (VAAM).

Über und für den Pilz des Jahres freue ich mich am meisten, ist es doch mal wieder ein Tintling: der Schopftintling, dem das Standardwerk "Cook mal Pilze!" ganze vier Seiten widmet. Der auch als Schopfschwamm, Spargelkopf oder Porzellanpilz bekannte Pilz (engl. shaggy inkcap oder lawyer's wig) ist zwar kultivierbar, "mit jedoch geringer Vermarktungsfähigkeit wegen der kurzen Haltbarkeit". Dafür verantwortlich ist ein Phänomen namens Autolyse, "die biochemisch gesteuerte Selbstauflösung der Lamellen. Diese tropfen dann mit den reifen, schwarzen Sporen in die Erde. Dabei rollt sich der Hut nach und nach, an den Rändern beginnend, nach oben schwarz und tropfend auf. Aus der entstehenden schwarzen Flüssigkeit hat man früher eine dokumentenechte Tinte bereitet, was den Tintlingen auch ihren Namen gab". Bei Fund ist "Weiterverarbeitung innerhalb einer Stunde" geboten; Rezepte auf Anfrage.

Im Blog geht es auch im "Jahr der Kamele" (ausgerufen von den VN) munter weiter. Ich habe zwei Ideen für neue wiederkehrende Rubriken, und natürlich gibt es den fünften Teil der Schaltjahr-Fortsetzungsgeschichte. Bis dahin: Guten Rutsch, alles Liebe und reichlich Freude!

Samstag, 30. Dezember 2023

Übersetzungs-Poesie

Kennt ihr das? Ihr lest etwas, das so schlecht übersetzt ist, dass es laut ausgesprochen fast schon wieder schön klingt? In einer Kurzbesprechung des neuen Albums von André 3000 hieß es neulich im Focus:

"Ich schwöre, ich wollte wirklich ein 'Rap'-Album machen, aber dies ist buchstäblich, wohin mich der Wind blies", nennt der Outkast-Rapper einen Titel seines Soloalbums übersetzt [...]

Seit fast zwei Wochen muss ich diese Zeile ständig vor mich hin murmeln: Dies ist buchstäblich, wohin mich der Wind blies.

Donnerstag, 28. Dezember 2023

Die K-Frage

Eine Frage, die mir schon mehr als einmal gestellt wurde, die ich aber spontan nicht beantworten konnte, kann und könnte, ist: "Kannst du kochen?" Wenn man Kochen als das definiert, was ein ausgebildeter Koch macht, dann: nein. Anhand eines präzise ausformulierten, moderat anspruchsvollen Rezepts etwas annähernd Schmackhaftes zubereiten? Das kriege ich hin.

Bis in die 1980er Jahre hinein bedeutete die Frage, meist von Eltern bzw. Großeltern dem Filius gestellt, wenn er verkündete, jemanden kennengelernt zu haben, etwas ganz Konkretes. "Kann sie kochen?" meinte: Ist die Angetraute in der Lage, ohne Anleitung ein gutbürgerliches Gericht, bestehend aus der deutschen Dreifaltigkeit Fleisch, Gemüse und Sättigungsbeilage, zu kredenzen? Gerade in Hinblick auf die Weihnachtszeit war es unabdingbar, frühestmöglich Klarheit zu schaffen. Der Junge sollte doch was Anständiges vorgesetzt bekommen, so wie es sein Vater von seiner Mutter gewohnt war und dessen Vater von dessen Frau!

Heute verliert die schwammige Frage, ob jemand kochen könne, immer mehr an Bedeutung. Viel aufschlussreicher finde ich ohnehin den Austausch darüber, ob jemand essen kann. Wie und was wer speist, das ist ein soziologischer Mischwald, durch den ich gerne wanderte. Dabei interessiert mich die Kulturtechnik Essen weniger als Distinktionsmarker (Stichwort Bourdieu), sondern hinsichtlich ihrer Wahrnehmung von und ihrem Stellenwert bei verschiedenen Altersgruppen.

Ältere Millennials und jüngere Gen-Xer (Unter-30-Jährige lesen keine Blogs) mögen sich das Essverhalten ihrer Eltern vor Augen führen: Könntet ihr eure Eltern zum Beispiel auf eine Bowl einladen? Würden sie in einer rein veganen Gaststätte auf Anhieb ein Gericht wählen können? Haben sie je Thai-Currypaste und Kokosmilch im Haus, um ein für Menschen meiner Alterskohorte absolut unspektakuläres Standard- (wenn nicht gar Not-)Mahl zusammenzurühren? Nee, oder? Der leicht klassistische Spruch "Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht" geht somit m.M.n. am Kern vorbei; treffender wäre: "Was der Jungbauer kennt, frisst der pensionierte Landwirt nicht unbedingt". Werten möchte ich das in keiner Weise, mich beschäftigt nur die Vorstellung, ob ich dereinst eine ähnliche Entwicklung durchlaufen werde: dass sich meine gastronomische Experimentierfreude ausschleicht, dass ich irgendwann nur auf Altvertrautes zurückgreife, beim Lebensmitteleinkauf nie aus der Routine ausbreche, dass ich lieber zum guten, alten Inder gehe als in diese neumodischen südkaschmirischen Spezialitäten-Restaurants! Im Moment behaupte ich selbstbewusst, für alles offen zu sein. Ich bin aber auch offen dafür, dass andere eher verschlossen sind.

Dienstag, 26. Dezember 2023

Flagge zeigen (in Minnesota)! [Update]

Für alle, die es nicht mitbekommen haben: Minnesota hat letzte Woche seine neue Staatsflagge enthüllt! Das Design mag nicht das ausgeklügeltste sein – oder wie es bei "Late Night with Seth Meyers" hieß:


Na ja, immerhin der Stern des Nordens ist erhalten geblieben. Glückwunsch!

Montag, 25. Dezember 2023

Google mistet weiter aus

Es ist im Grunde kaum der Rede wert: Google stellt einen weiteren Service ein, von dem wahrscheinlich neun von zehn Personen noch nie gehört haben. "Ab dem 17. Januar 2024 sind keine Filme & Serien mehr bei Google Play verfügbar. Stattdessen kannst du diese auf YouTube oder Google TV kaufen. Dort findest du auch deine vergangenen Käufe."

Dass Google keinen eigenen Streamingdienst betreibt, "GoogleTV" oder so, verwundert eigentlich. Nun gut, die Bezahlversion von Youtube gibt es natürlich, und soweit ich weiß, hat Youtube auch schon Eigenproduktionen gelauncht. "Filme & Serien bei Google Play" bedeutete denn auch bisher: Man konnte im Play Store Inhalte käuflich erwerben und diese dann via Youtube im Browser abspielen, so wie es weiterhin möglich sein wird und wie ich es bisher getan habe. Ich bin nämlich der einzige, den ich kenne, der sich tatsächlich hin und wieder ganze Staffeln bei Google gekauft hat: von "Person of Interest", "Channel Zero", "Akte X", ein paar "Doctor Who"-Classics und zuletzt "Being Erica" – alles Serien, an die schwer heranzukommen ist.

Wer einen Blick auf die "Filme & Serien"-Abteilung im Play Store wirft, wird feststellen, dass das Angebot miserabel kuratiert und unverschämt überteuert ist. Warum ich dort dennoch immer wieder zugeschlagen habe? Weil es mich nichts gekostet hat! And here is why. Ich habe im Jahr 2015 die Google-Umfrage-App auf meinem Handy installiert. Diese meldet sich alle paar Tage bei mir und stellt mir Fragen zu meinem Kaufverhalten oder Medienkonsum. Habe ich beispielsweise bei Tegut eingekauft, will sie wissen, ob ich kürzlich bei Tegut eingekauft habe, wie ich bezahlt habe und zwei bis drei Folgefragen mehr. Die Beantwortung dauert keine Minute und wird mit ein paar Groschen vergütet. Auf diese Weise sind über die Jahre mehr als 100 Euro zusammengekommen, die ich, s.o., bei Google selbst eingelöst habe. Die Umfrage-App kann ich also allen, die kein Problem damit haben, von einem Megakonzern getrackt zu werden, empfehlen. Solange sie noch existiert.

Samstag, 23. Dezember 2023

TITANIC vor zehn Jahren: 1/2014

Tja, und schon sind wir im Jahr 2014. Spott auf Kosten der SPD ist freilich zeitlos, machte damals, als sie zum Juniorpartner in einem erstmalig und dümmlich "GroKo" getauften Bündnis geworden war, aber noch ein klein wenig mehr Spaß und Sinn als heute, wo diese Partei immerhin wieder den Kanzler stellt.

Top-Thema waren allerdings die Nachwehen des Falls Gurlitt und die Rückführung von NS-Raubkunst. Als "Restitutionsbehörde Hessen" begaben wir uns auf den Flohmarkt in Frankfurt-Höchst und nahmen uns Stände vor, an denen alte Gemälde und sonstiger Kunstkrempel feilgeboten wurden. Wir "untersuchten" die Stücke mit Wasserwaage, Pipette und Stethoskop, verglichen sie mit Fotos in einem aufwendig zusammengestellten Ordner und löchterten die Händler und Händlerinnen mit Fragen zur Provenienz.


Die Gutgläubigkeit der Genarrten war wie so oft verblüffend, und wie ebenso oft froren wir uns quasi zur Strafe die Finger ab. Ich muss an dieser Stelle rückblickend festhalten, dass die meisten unserer Straßenaktionen unter unsäglichen Wetterbedingungen durchgeführt wurden. Und werden: Entweder lässt uns die Sonne zerfließen, es regnet oder es herrschen wie hier Temperaturen um den Gefrierpunkt.
Bonus-Fakt: An jenem Tag habe ich dieses Foto gemacht, wie man an der Spiegelung darin erkennen kann.


Megatrend im ausgehenden Jahr 2013 (und damit sind wir wieder bei den Sozialdemokraten): Mitgliederbefragungen. "Die SPD läßt ihre Mitglieder über die große Koalition abstimmen, der Papst schickt seinen Schäfchen eine Sex-Umfrage" (s. Titanic 12/13), "die Banken lassen ihre Kunden entscheiden, auf welche Art das Ersparte verschleudert werden soll: Ohne Basisbefragungen geht gar nichts mehr!" Das Team Gaitzsch/Hürtgen/Wolff zeigte auf S. 26-29 künftige Abstimmungen.


Außerdem machte der erwähnte Neu-Papst Franziskus durch seine beinahe anti-katholische Bescheidenheit und seinen radikalen Sparkurs von sich reden ("eine Kirche der Armen statt einer Kirche der armen Irren"; Rürup/Tietze, S. 36-38):


Am herzhaftesten gickern musste ich beim Wiederlesen dieser Einzelseite. In der Ritter-Sport-Sorte "Voll-Nuss" war der Aromastoff Piperonal gefunden worden, weswegen Stiftung Warentest sie mit "mangelhaft" bewertet hatte. M. Ziegelwagner testete das übrige Sortiment. (Dass es in zwei aufeinander folgenden Blogbeiträgen um Ritter-Sport geht, war übrigens nicht geplant!)


In meinen Augen sehr gelungen ist die 18. Ausgabe von "55ff", mit schön viel Sebastian-Klug'schem Wahnsinn ("Winterdepressionen: Welcher Selbstmord paßt zu mir?"; "Verliebt in einen Inbusschlüssel: Was nun?").


Hier ist ein Name, den ich vollkommen vergessen hatte: Gannet. Diese/r Zeichner(in?) ist mit zwei im besten Sinne absonderlichen Cartoons auf einer ganzen Seite vertreten, kam danach aber nie mehr im Heft vor, zumindest ist er oder sie im Inhaltsverzeichnis keiner weiteren Ausgabe zu finden. Ich werde gleich im neuen Jahr den Rürup-Nachfolger Leo Riegel fragen, ob Gannet ihm jemals etwas angeboten hat.


Weiteres Notierenswertes
- M. Hürtgen über den Stern-Kolumnisten Rolf Dobelli und dessen schein-gewitzte Denkanstöße: "[...] der powert weiter Fragen in den Äther. 'Alle wollen immer von A nach B. Aber wie kommen die alle zuerst nach A?' Zwinker zwinker, großes Hallo! Next question: 'Nach welchen Regeln funktioniert der Zufall?' Da schmunzelt das Rindvieh und den Stern-Leser haut's aus dem orangen Kugelsessel bäuchlings auf den Flokati."
- Gossengewäsch von vorgestern: Der frisch von seiner Showbiz-Partnerin getrennte Oliver Pocher war ja mal mit der Tennisspielerin Sabine Lisicki zusammen! Wieder einmal behauptet sich Titanic als unschätzbare time capsule (vgl. S. 7)!
- Leider Gottes nie gesehen: Die Wuppertaler Bühnen zeigten im Februar und März 2014 Stephan Winklers Oper "Der Universums-Stulp" nach dem Roman von Eugen Egner! Dies entnehme ich einer viertelseitigen Anzeige in den "Briefen an die Leser".
- Prächtiger Kahl mal wieder (U3): "Allen meinen Fans ein frohes neues Frutti di Mare!"

Schlussgedanke
Eine Art "Muster-Titanic", die ich seinerzeit Neulingen als "ideal zum Einsteigen" empfohlen hätte. Alle gängigen Formen und Formate sind vertreten und mehr als pflichtgemäß umgesetzt.

Donnerstag, 21. Dezember 2023

Geschmack schlägt Sprachgefühl

Im Jahr 2017 echauffierte ich mich anhaltend und lautstark (Facebook) über die Ritter-Sport-Sorte "Honig-Salz-Mandel", deren Verpackung mit der Zeile "mit Honig und Salz verfeinerten, gerösteten Mandeln" beschriftet war.


Inzwischen haben sie die Beschreibung geändert, sogar unter eleganter Vermeidung zweier aufeinander folgender "mit"s:


Dieser schokoladige Fauxpas war indes eine Lappalie, wie ich letzte Woche feststellen musste, als ich im Aldi-Kühlregal das hier liegen sah:

Sonntag, 17. Dezember 2023

Das gute Sonntagsvideo

Heute spiele ich ein klassisches Shoot'em-up. Das Video ist nicht der Rede wert, aber ich wollte mal wieder auf meinen Youtube-Kanal hinweisen, den man selbstverständlich auch abonnieren kann ...

Freitag, 15. Dezember 2023

Selbst in allergrößter Not: Immer nur EIN Ofenbrot!

Weil es neulich im Angebot war, habe ich Rustipani Geräucherter Käse von Wagner gekauft, für wenn's mal schnell gehen muss.


Am Produkt selbst ist nichts zu beanstanden. In der Zubereitungsanweisung auf der Verpackung steht jedoch etwas äußerst Irritierendes: "Nicht mehr als ein Rustipani gleichzeitig aufbacken." Hä? Sonst was? Explodiert der Backofen?
Erklärt sich jemand im Namen der Wissenschaft bereit, testweise zwei Rustipanis gleichzeitig aufzubacken? (Keine Haftung meinerseits.) Ich würde es ja selbst tun, ja hätte es eigentlich tun sollen, denn von einem wird man kaum satt, aber ich hatte kein zweites zur Hand.

Mittwoch, 13. Dezember 2023

Unsere Jungs bei Onkel Sam

Ich bin wahrlich kein Freund der Bundeswehr. Selten habe ich mich über eine Nachrichtenmeldung mehr aufgeregt als im Sommer 2022, als mir nichts, dir nichts ein Sondervermögen für die Bundeswehr in Höhe von 100 Milliarden Euro (!!!) beschlossen wurde, eine Entscheidung, für welche die Ampelkoalition "viel Applaus" (tagesschau.de) erhielt, anstatt noch in derselben Nacht gestürzt zu werden ... Aber dieses Blog soll ja unpolitisch bleiben, und bevor mein Puls in ungesunde Höhen schnellt, komme ich lieber zum eigentlichen Thema.

Die Struktur, die Organisation, die ganzen angeschlossenen, nachgeordneten und Unterbereiche der Bundeswehr üben eine eigenwillige Faszination auf mich aus. Hier zum Beispiel das Organigramm des Bundesamtes für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr, das man sich auch als PDF herunterladen kann:

Deutschland at its best!

Ich liebe auch die Verbandsabzeichen der diversen Kommandos, Zentren und Dienststellen! Sowohl bei den militärischen als auch bei den, weniger bekannten, zivilen und wissenschaftlichen Einrichtungen hat man sich wappentechnisch mitunter ordentlich ausgetobt.

Hier das 2017 aufgestellte Kommando Cyber- und Informationsraum (KdoCIR):


Diesem unterstellt sind viele Spezialstellen und -einrichtungen, die in Orten wie Daun, Storkow (Mark) oder Stadum ansässig sind und wiederum eigene Wappen führen, die zum Teil Technologie mit Tradition verbinden, z.B.

- die Fernmeldeaufklärungszentrale Nord (FmAufklZentr Nord):

- das Informationstechnikbataillon 293 (ITBtl 293):


- das Zentrum Cyber-Operationen (ZCO):


Eine Dienststelle nennt sich "Dienstältester Deutscher Offizier/Deutscher Anteil 1st NATO Signal Battalion". Der Dienstälteste trägt dieses Abzeichen:


Eine nicht unwichtige Behörde des Verteidigungsministeriums ist das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr (BAIUDBw), wobei mir nicht gefällt, wie der Löwe grüßt:


Von den wissenschaftlichen Kompetenzzentren überzeugt mich das Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr (InstMikroBioBw) wappenmäßig am meisten:


... wobei auch das präventionsmedizinische nicht schlecht ist:


Die Marine ist noch mal eine eigene Welt. Exemplarisch, damit das hier nicht allzu sehr ausartet, habe ich mir das Schifffahrtmedizinische Institut der Marine herausgepickt:


Eine Äskulapnatter, die sich einen Schiffsmast emporschlängelt! Das Institut steht übrigens im mir bis gerade eben völlig unbekannten schleswig-holsteinischen Kronshagen. Ich glaube, solche nordischen Nester werden überhaupt nur von den verstreuten Flottenstützpunkten am Leben gehalten.

So, was hat es nun mit der Überschrift dieses Beitrags auf sich? Abseits der drei Säulen Heer, Marine und Luftwaffe ist zweifellos das Streitkräfteamt (nicht zu verwechseln mit dem Kommando Streitkräftebasis) der schillerndste Zweig der Bundeswehr. Bis 1975 weniger martialisch "Bundeswehramt" genannt und nach wie vor in Bonn sitzend, sind ihm u.a. die Militärattachéstäbe, die Schule für Diensthundewesen, das Zentrum für Militärmusik sowie das Zentrum für Verifikationsaufgaben der Bundeswehr, dessen Funktion ich mir nicht mal ansatzweise vorstellen kann, unterstellt. Außerdem, jetzt kommt's!: das Bundeswehrkommando USA und Kanada.

"Das Kommando ist das größte streitkräftegemeinsame Kommando der Bundeswehr außerhalb des deutschen Staatsgebiets", heißt es einleitend auf der Seite des Amtes. Ganz recht: Nicht nur nordamerikanisches Militär ist in Deutschland stationiert, auch – selbst wenn das nicht 100-prozentig gleichzusetzen ist – "deutsche Soldatinnen und Soldaten sind mit ihren Familien auf insgesamt 22 US-Bundesstaaten und zwei kanadischen Provinzen auf über 49 Stand- und Einsatzorten verteilt. Dort betreiben sie in den USA stationierte Ausbildungseinrichtungen der Bundeswehr beziehungsweise werden dort ausgebildet, andere nehmen als Lehrgangsteilnehmer oder Lehrkräfte an Ausbildungsgängen der US- und der kanadischen Streitkräfte teil. Weiterhin erfüllen deutsche Soldatinnen und Soldaten Verbindungsaufgaben, andere leisten ihren Dienst im Austausch in US-Einheiten und Verbänden sowie auf Schiffen. Gleichfalls gehören die Soldatinnen und Soldaten der Deutschen Anteile für NATO oder sonstige internationale Hauptquartiere in den USA zum Bundeswehrkommando in Reston."

Die Stadt Reston, Virginia, sagte mir bis dahin so wenig wie Kronshagen. Sie wurde erst 1964 als Planstadt gegründet und hat heute rund 63.000 Einwohner. In ihr wurde ein Ebola-Stamm entdeckt, und sie wurde 2015 im Rahmen des jährlichen Filmfestivals für fünf Tage zu Ehren des 30-jährigen Jubiläums von "Zurück in die Zukunft" symbolisch in "Hill Valley" umbenannt. In der Nähe der Kommandozentrale befindet sich der Lake Thoreau und das Restaurant Red's Table, wo man für 15 bzw. 30 $ Austern essen kann. Die erwähnten weiteren Einsatz- und Standorte in Kanada und den USA konnte ich leider nicht recherchieren.

Ebenfalls Teil des Streitkräfteamts ist übrigens die Deutsche Delegation Niederlande, zu der "auch die Deutschen Anteile der NATO Force Integration Unit in Estland, Lettland, Litauen, Polen, Slowakei und Ungarn sowie die Deutsche Abteilung des Movement Coordination Center Europe (MCCE) und die Strategic Air Lift Coordination Cell (SALCC) in Eindhoven" gehören und deren vielfältiges Aufgabengebiet noch einiges mehr umfasst. Okay, ich bin jetzt auch Fan der Bundeswehr, fordere, dass sie nächstes Jahr eine Billion Euro zugesagt bekommt, und überdenke einmal mehr meine Karriere.

Montag, 11. Dezember 2023

Die Würfel sind gefallen (in den Topf)

Kaum zu glauben, aber wahr: Am Wochenende habe ich zum ersten Mal in meinem Leben Spaghetti Carbonara zubereitet. Nun ja, ich muss gleich einschränken: 1. habe nicht ich, sondern hat mein Thermomix den Löwenanteil der Arbeit verrichtet, 2. handelte es sich um eine vegetarische Variante. Es gibt nämlich seit neuestem vegane Schinkenwürfel auf Weizenproteinbasis von der Marke Billie Green. Die entdeckte ich im Penny-Prospekt, und da dachte ich: Allora, warum nicht mal Carbonara machen?

In der Original-Carbonara (wobei die Definition von "Original" wie so oft nicht einfach ist) besteht die fleischliche Komponente aus Guanciale, einem ungeräucherten Speck (ital. speck) aus Schweinenacken und -backe. Dieser wird in schmalen Streifen angebraten; Würfel sind freilich ebenso zulässig und ohnehin verbreiteter. Mein Thermomix stammt noch aus der 5er-Reihe und verfügt über keine Anbrat-Funktion wie das Modell 6, stattdessen wurden die Würfel wie gehabt in etwas Öl gedünstet. Ich kann versichern, dass der dabei entstandene Geruch nur mit köstlichst zu beschreiben ist. Sodann ging es an die Zubereitung der "Soße". Auch hier gibt es unterschiedliche Auffassungen. In der Rezeptdatenbank finden sich Variationen mit Sahne und Milch oder solche mit Butter. Dem Klassiker verpflichtet, ließ ich lediglich zwei Eigelb und ein ganzes Ei mit 60 Gramm Parmesan (Pecorino wäre noch authentischer gewesen!) zusammenrühren. Das auf circa 65 Grad Celsius erwärmte Gemisch wurde dann rasch mit drei Esslöffeln Nudelwasser, dem "Speck" und den Spaghetti vermengt; drei Prisen Pfeffer und eine Prise Salz dazu, buon appetitio! Ich weiß nicht, wie ich hätte verhindern können, dass das Ei teilweise stockt. Waren die Nudeln noch zu heiß? Hier jedenfalls das Foto, welches nicht unbedingt höchsten Foodporn-Ansprüchen gerecht werden mag, aber gut demonstriert, wie sich die "Billie Green"-Würfel in dem Gericht optisch machen.

Dies war bereits die zweite Portion.

Habe ich jetzt ernsthaft die Ausführung eines Thermomix-Rezeptes nacherzählt?

Sonntag, 10. Dezember 2023

Rasches "Porn"-Update

Vorgestern kennengelernt: Competence porn. Im Zusammenhang mit Literatur kann man sich ja ungefähr vorstellen, was das bedeutet. Ich stieß auf den Ausdruck in einer Rezension von Kathrin Passig. Bei dieser Gelegenheit die Frage: Wie, bitt'schön, schafft es Frau Passig, im Schnitt alle zwei Tage ein Buch durchzulesen und anschließend streng, aber profund für Goodreads zu bewerten?

Freitag, 8. Dezember 2023

Aus dem Frankfurter Sprachlabor

Die Einsendungen an das "Sprachlabor" lassen, wie ich hier mehrfach gezeigt habe, tief blicken in die Denk- und Gefühlswelt der Menschen, die die Süddeutsche Zeitung lesen. Ein Leserbrief in der gestrigen FAZ konnte allerdings gut mithalten. Oliver K. aus S. schrieb:

Zunehmend stelle ich fest, dass an der Präzision unserer Sprache gerüttelt wird. Es wird zunehmend von Menschen gesprochen, die irgendwo zusammen kommen, stehen, kleben, randalieren oder auf Parteitagen zusammenkommen. Warum spricht der Autor nicht von Parteimitgliedern, Demonstranten, Fußgängern et cetera? Dass es sich dabei nicht um Pferde, Affen oder Hunde handelt, dürfte jedem Leser klar sein.

Dazu könnte ich mich noch in drei, vier Sätzen auslassen, aber manchmal ist es schöner, so etwas einfach für sich stehen zu lassen.

Mittwoch, 6. Dezember 2023

Service-Post zum Nikolaustag: Alle Knox-Sorten, wo gibt

In den letzten Jahren konnte ich mich mit Weihnachten, das ich als Jugendlicher überhaupt nicht mochte, immer mehr anfreunden; ich würde fast soweit gehen zu sagen, dass ich ein Fan dieses Festes bin. Damit einher geht, dass ich Räucherkerzen inzwischen recht gern rieche. Auf dem Weihnachtsmarkt (ja, auch die finde ich mittlerweile toll) sah ich am Wochenende, dass die Knox Räuchermittelherstellung GmbH einige neue Sorten vertreibt, die ich überhaupt noch nicht kannte. Darum habe ich die Firmen-Homepage eingesehen und mal sämtliche verfügbaren Düfte aufgeschrieben. Hier:

  • Ananas
  • Apfel
  • Bratapfel
  • Caffè Latte
  • Cocos
  • Feuerzangenbowle
  • Glühwein
  • Grüner Tee
  • Honig-Lebkuchen
  • Lavendel
  • Lebkuchen
  • Lemon
  • Mandeln, Gebrannte
  • Marzipan
  • Opium
  • Orange
  • Patchouli
  • Sandel
  • Schokolade
  • Tabak
  • Tanne
  • Vanille
  • Veilchen
  • Waldduft
  • Waldhonig
  • Weihnachtsapfel
  • Weihnachtsduft
  • Weihrauch-Myrrhe
  • Zimt
  • Zimtrinde

Und das ist nur die auf der Homepage gelistete Auswahl. An einem Marktstand lagen Schachteln mit Cannabis-Aroma aus! In einem Erzgebirgs-Shop fand ich außerdem die Sorten Erdbeer und Tabak Virginia. Wer soll das alles riechen? Wer kann beispielsweise Glühwein von Feuerzangenbowle unterscheiden? Das wäre glatt was für "Wetten, dass..?".

Noch erstaunlichere Wette: Räucherkerzchen-Aroma am Aussehen erkennen (hier: Opium)

^^^^UPDATE 16.12.23 - In meiner Facebook-Timeline gespotted: Eisenbahn-Duft!

Montag, 4. Dezember 2023

Musikstream-Bilanz 2023

Mit meinem Wechsel von Prime Music zu Spotify (ich berichtete) bin ich, in einem Wort, zufrieden. Die werbefinanzierte Gratisversion war mir für die tägliche Hintergrundbeschallung völlig ausreichend, weil ich jedoch auch "Die Drei Fragezeichen" hören wollte, testete ich drei Monate lang die Premiumversion (ich berichtete ebenfalls). Damit war Hörspielkonsum problemlos möglich. Da auch der Wegfall von Werbespots keinen Nachteil darstellt und ich keine sonstigen Pferdefüße ausmachen konnte (nur in ganz seltenen Fällen hat sich der Player meinen zuletzt gehörten Titel nicht gemerkt oder gleich den kompletten Verlauf geschluckt), ließ ich das Abo nach Ende des Probezeitraums einfach weiter laufen.

Lohnen sich die rund zehn Euro allein schon für das Quantum des von mir Weggehörten? Letzte Woche tauchte auf der Startseite mein "persönlicher Jahresrückblick" auf, und anhand dessen kann ich sagen: Ja! 2091 Songs habe ich 2023 gestreamt (da fehlt wohlgemerkt der gesamte Dezember; warum kommt die Auswertung nicht am Ende des Jahres?). 'ne Menge Holz, in Zahlen:


Das sind gut 166 Stunden, fast eine Woche! Ich liebe Statistik. Allein deswegen ist Spotify dem Amazon-Service überlegen. Und was habe ich so gehört?


Hm, das wirkt so, als wäre ich genremäßig recht einseitig unterwegs, dabei bin ich geschmacklich viel breiter aufgestellt. Case in point: Unter "Basierend auf deinem Hörverlauf" werden mir so exotische Playlists wie "Ambient X Takeover", "bleeps ^ glitches" oder "Relaxing dogs mix" angeboten. Im Übrigen bin ich laut Jahresrückblick ein "Hypnotiseur": "Bei dir ist volle Konzentration angesagt. Du hörst Alben gerne komplett, vom ersten Song bis zum letzten Ton." Das stimmt wohl.

Samstag, 2. Dezember 2023

Serientagebuch 11/23

01.11. Mrs Sidhu Investigates 1.01
The Simpsons 35.04
02.11. Channel Zero 4.05
Channel Zero 4.06
06.11. The Simpsons 35.05
The Power of Parker 1.01
The Power of Parker 1.02
Without Sin 1.01
Evil 1.06
07.11. Family Guy 22.04
Futurama 8.06
08.11. The Power of Parker 1.03
Evil 1.07
09.11. Without Sin 1.02
Without Sin 1.03
Without Sin 1.04
13.11. Family Guy 22.05
The Power of Parker 1.04
Futurama 8.07
14.11. The Simpsons 35.06
Mrs Sidhu Investigates 1.02
15.11. Evil 1.08
16.11. The Power of Parker 1.05
The Power of Parker 1.06
17.11. Sneaky Pete 2.01
20.11. Evil 1.09
Sneaky Pete 2.02
The Simpsons 35.07
21.11. Detroiters 1.01
Detroiters 1.02
Detroiters 1.03
Family Guy 22.06
22.11. Detroiters 1.04
Evil 1.10
Detroiters 1.05
23.11. Futurama 8.08
Sneaky Pete 2.03
27.11. Detroiters 1.05
28.11. Family Guy 22.07
Sneaky Pete 2.04

Statt "American Horror Story" erkor ich heuer die lange vor mir hergeschobene vierte Staffel der weniger bekannten Anthologieserie Channel Zero zu meinem Halloween-Programm. Die sechs Episoden von "The Dream Door" strecken den Stoff – zu Grunde liegt abermals eine Creepypasta-Kurzgeschichte – nicht unnötig, so dass sie ein knackiges, stringentes Gesamtpaket (die Stringenz wird gewiss auch dadurch bedingt, dass jede Season von einem einzigen Regisseur inszeniert wurde) ergeben, in dem dennoch genug Tiefe, vor allem was die Figuren angeht, steckt. Die Prämisse ist schön gruselig, die mitunter heftigen Splatter-Sequenzen wären m.M.n. nicht nötig gewesen.
PS: Dieses treffende Meme, das ich kürzlich fand, lässt sich auch auf "Channel Zero" anwenden. Das soll keine Nörgelei sein, aber ... naa, so langsam reicht's auch mal.


Die Miniserie Without Sin ist allein wegen Vicky McClure ("Line of Duty") sehenswert, aber auch der Plot überzeugt. Es geht um die Praxis der Restorative Justice, quasi das britische Pendant zum Täter-Opfer-Ausgleich. Bei einem solchen behauptet der Verurteilte, der Mörder der Tochter der Protagonistin (McClure), es sei alles ganz anders gewesen, worauf sich eine Spirale aus gefährlichen Ermittlungen, Gefängnis-Verschwörungen und Ausflügen ins Drogenmilieu entwindet. Reichlich dramatisch, etwas traurig, aber eben auch ordentlich packend.

Als möglicherweise "only half comprehensible to anyone under 45" schätzte der New Statesman die sechsteilige Comedy The Power of Parker ein, ist sie doch im Großraum Manchester des Jahres 1990 angesiedelt. Nun, ich bin zusätzlich nicht-britisch und habe trotzdem genug verstanden, um mich prächtig unterhalten gefühlt zu haben. Die Dialoge sind derart schneidig und smart, dass es keine Rolle spielt, ob man jede Anspielung in ihnen kapiert. Darüber hinaus schlägt die Geschichte mit ihrer teils frivolen, teils bedrohlichen Grundstimmung launige Volten, überrascht mit visuellen Gimmicks (jede Folge beginnt mit einem Rückblick in Retro-VHS-Optik) und legt mit dem titelgebenden Elektrofachmarktleiter Martin Parker (Conleth Hill) einen der unsympathischsten Antihelden aller Zeiten vor. Genüsslich sehen wir dem selbstverliebten, hasenfüßigen, treulosen Geschäftsmann zu, wie ihm der Teppich unter den Füßen weggezogen wird. Dass für ihn eine Art unverdientes Happy End vorgesehen ist, akzeptiert man allein, weil dieses mit einer seiner zwei Ge(gen)spiel(er)innen geteilt wird.
Ohne zu viel zu verraten: "The Power of Parker" ist eine Liebeserklärung an das Alter und an Altes, beispielsweise an den verwegenen Charme der Achtziger. Zur Musikauswahl ist zu sagen, dass sie, zumindest auf meinen Geschmack bezogen, a mixed bag ist: Einerseits enthält sie echte Banger (The Belle Stars - "Sign of the Times", Bros - "I Owe You Nothing", OMD - "Enola Gay", Joy Division - "Love Will Tear Us Apart"), andererseits Songs, die zu meiner absoluten "Ich kann's nimmer hören"-Top-50 gehören (Tears For Fears - "Shout", Soft Cell - "Tainted Love", Yazoo - "Don't Go", Jimmy Somerville - "Smalltown Boy"). Eine Playlist gibt es bei Spotify. Und damit endet diese Rubrik zum ersten Mal mit einer Überleitung, nämlich zum nächsten Beitrag – in dem es um, genau: Spotify geht.

Donnerstag, 30. November 2023

Flagge zeigen (in Minnesota)!

Das ist die Flagge des US-Bundesstaats Minnesota:


Bereits seit der "Mitte des 20. Jahrhunderts" wurde "über eine Umgestaltung nachgedacht", nun werden Nägel mit Köpfen gemacht. Gründe sind einerseits die "Kosten in der Herstellung der Flagge" (Wikipedia), andererseits die allgemeine Unbeliebtheit. Im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung wurden mehr als 2000 Vorschläge für eine Neugestaltung eingereicht. Die im Mai 2023 installierte Kommission stellte jüngst die Shortlist vor:

(unter Voraussetzung freundlicher Genehmigung von TYWKIWDBI geklaut. Einzeln sind die Entwürfe unter der Lizenz CC BY-SA 4.0 bei Wikipedia als *.svg-Dateien herunterladbar.)

Welche gefällt euch am besten? Ich würde für rechts oben stimmen, Platz 2 Mitte unten. Der North Star muss natürlich enthalten sein. Schade, dass es der Staatsvogel, der Eistaucher (common loon), den ihr vielleicht noch nie gesehen, mit hoher Wahrscheinlichkeit aber schon mal gehört habt, nicht auf einen der sechs Finalisten geschafft hat. Man wird davon absehen, ihn abzubilden, weil er nicht in allen Regionen des Staates heimisch ist, sondern hauptsächlich in der Mitte und im Nordosten anzutreffen ist (Quelle: StarTribune). Auch die Staatsblume (Königin-Frauenschuh, englisch showy lady's slipper, pink-and-white lady's-slipper oder queen's lady's-slipper) ist lediglich stark abstrahiert auf einem Flaggenvorschlag zu sehen (rechts unten). Womöglich landet der Vogel wenigstens auf dem neuen Staatssiegel, welches im selben Zuge ebenfalls ein Make-over erhalten soll; die fünf finalists können auf dem verlinkten StarTribune-Artikel angeschaut werden. Ich bin gespannt, wofür man sich nächstes Jahr entscheiden wird.

Dienstag, 28. November 2023

Urbanes Abenteuer: Essen im Flughafen

Der Frankfurt Airport wird nie aufhören, mich zu faszinieren. Dass der viertgrößte Verkehrsflughafen Europas eine eigene Welt ist, wird einem gar nicht so sehr klar, wenn man dort nur gelegentlich abfliegt oder landet. Zwar hatte mir bereits vor ein paar Jahren eine Führung einen näheren Blick hinter die Kulissen gewährt, doch neulich überlegte ich, wie man auf andere, intensivere Weise in diese "Stadt in der Stadt" eintauchen könnte. Dann kam mir die Idee: Wie wäre es, mal in einer Werkskantine Mittag zu essen?

Den 81.000 Beschäftigten stehen inkl. der sog. FRAbar sieben über das Gelände verteilte Essensausgabestellen zur Verfügung, wie einer Übersichtsseite des Betreibers ACS (Airport Cater Service) zu entnehmen ist. Am meisten sprach mich sofort die "Kantine Werkstätten" an: "Eine große Fensterfront ermöglicht einen attraktiven Blick auf das Vorfeld und das Treiben am Flughafen." Öffentlich zugänglich sind, wenn ich das richtig verstanden habe, allerdings nur zwei Kantinen: "Terminal 1" und "Cargo City Süd". Da erstere unspektakulär in die Ankunftshalle B integriert ist, entschied ich mich am vergangenen Freitag dafür, einen Ausflug in die 98 Hektar große Cargo City Süd zu unternehmen.

Um dort hineinzugelangen, benötigt man eine Einfahrtsberechtigung oder einen allgemeinen Flughafenausweis. Normalsterbliche müssen ihren Besuch online anmelden und erhalten "eine E-Mail mit der Buchungsbestätigung und einem QR-Code. Die Einfahrt erfolgt dann zur angemeldeten Zeit automatisch mittels Kennzeichenerfassung. Sie erhalten außerdem einen QR-Code, den Sie an der Schranke einscannen können, falls Ihr Kennzeichen bei der Einfahrt nicht korrekt erkannt wird" (fraport.de). Einfacher geht es, wenn man den Bus nimmt. Im halbstündigen Takt fährt wochentags der ominöser Ominösbus, Quatsch: Omnibus X77 von Sachsenhausen bis in die Cargo City Süd. Er steuert auf seiner Fahrt, ein gutes Stück der Bundesstraße B 43 nehmend, zunächst das relativ neue Stadtviertel Gateway Gardens an, ein Gewerbegebiet auf einem ehemaligen Stützpunkt der US-Streitkräfte, das heute mit Hotels und Bürogebäuden bestückt ist. So konnte ich mir davon endlich auch mal ein Bild machen. Wenig später passierte der Bus, in dem abgesehen von mir ab da nur noch zwei Passagiere – mit Sicherheit Fraport-Angestellte – saßen, eine Schranke, kurz darauf noch eine, dann ging es über einen Ring an Abfertigungsbereichen und Rollfeldern entlang.


Die Haltestellen haben hier nur noch Namen wie "Flughafen Tor 32" oder "Gebäude 556". Am Wegesrand tauchte plötzlich eine (nicht bei Google Maps eingetragene!) Dönerbude auf – eine weitere Verköstigungsmöglichkeit für Bedienstete. Auch eine Hundepension steht in diesem Areal. Mein Ausstieg kam wenig später: "Flughafen Geb. 536", eine Station vorm Endhalt. Direkt gegenüber erblickte ich sogleich das Objekt meiner Begierde:


Weitere Fotos von der Einrichtung mochte ich mit Rücksicht auf die anwesenden Menschen, von denen übrigens rund die Hälfte in Warnwesten gewandet war, nicht machen. Hier aber der Speiseplan von jenem Tag:


Eine ordentlich Auswahl! Und das waren nur die Hauptgerichte! Darüber hinaus konnte man sich an einem Salatbüfett, an einer heißen Theke mit Würstchen, Pommes, Pizza, Nuggets und Burgern sowie einer Fertigsnackbar gütlich tun. Belegte Brötchen waren ebenso zu haben wie eine kleine Auswahl an Süßgebäck und Getränke aller Art. (Zu trinken hatte ich mir was eigenes mitgebracht.) Ich entschied mich für die Falafelbällchen an Bulgur und veganem Joghurt, gönnte mir eins von vier Tages-Desserts (Naturjoghurt mit Nusssplittern und Schlagsahne) und bediente mich – wenn schon, denn schon! – an der Salatbar.


Ich bezahlte mit meiner Debit-Card, hatte vorher extra gefragt, ob ich das darf. Weil Externe einen Zuschlag entrichten müssen, kostete mich das Menü 11,69 €. Ein Spartipp ist dieser gastronomische Geheimtipp also nicht gerade. Aber es hat alles vorzüglich geschmeckt, und ich hatte einen ruhigen Sitzplatz. Apropos Geld: Hätte ich kein Deutschlandticket, wäre mir der Spaß die Anreise mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nicht wert gewesen, die hätte nämlich hin und zurück mit insgesamt 11,60 € zu Buche geschlagen. Nach der Einnahme des opulenten Mahls schlenderte ich noch ein wenig durch die Umgebung, bevor ich die einstündige Heimfahrt antrat.

Sonntag, 26. November 2023

Kurz getestet: Besondere-Burger-Brezeln

Die im vergangenen Jahr von mir probierten Knusperbrezelstückchen von Elephant waren mindestens befriedigend, so dass ich für neue Sorten aus diesem Hause offen bin. Als ich Pretzel Pieces Gourmet Burger im Supermarkt liegen sah, musste ich erst schmunzeln, dann eine Tüte in den Einkaufswagen legen.


Geschmacklich erinnern sie ein wenig an die geläufigen Barbecue-Chips, entfernt auch an "Chipsfrisch Currywurst Style" von Funny-frisch. (Auf deren Web-Auftritt sehe ich übrigens gerade die neue Sorte "Chili Cheese Fries", oha!) Ein unerwünschter Nachgeschmack bleibt nicht. Größe und Griffigkeit der Stückchen sind gefällig. Hervorzuheben ist, dass unter den Zutaten nichts Fleischiges zu finden ist; die Burger-Gewürzmischung (10 %) enthält Molkenpulver, Zucker, Zwiebeln (gottlob kaum auszumachen), Maltodextrin, Tomaten, Hefeextrakt, Speisesalz, Aroma, Räuchersalz, Säuerungsmittel (Natriumacetat), Trennmittel (Calciumphosphate [man beachte die URL!]), Siliciumdioxid (Kieselsäure; eine Rieselhilfe, die in den letzten Jahren in den leichten Verdacht, "riskant" zu sein, geraten ist), Gewürze, Senf und ätherisches Senföl. Woraus genau das "Aroma" und die "Gewürze" bestehen, hält der Hersteller geheim.
Ich gebe diesem Snack 7 von 10 Punkten.

Freitag, 24. November 2023

Extinction Rebellion

In der Kurzgeschichtensammlung "Stories" von Joy Williams liest ein Teenagermädchen einem neunjährigen Jungen etwas über die Riesenseekuh vor:

"Die Seekühe fraßen Seetang im flachen Wasser der Beringstraße. Sie waren riesengroß und beschränkt, ihre Haut glich der Rinde von uralten Eichen. 1741 entdeckt, waren sie um 1768 bereits ausgestorben."
"Ich weiß nicht, was ausgestorben heißt", sagte Tommy.

Das glaube ich nicht: dass ein Junge in diesem Alter das Wort "ausgestorben" nicht kennt. Das glaubt auch niemand anders. Stichprobenartig konsultiere ich vier Kinder-Webseiten, auf denen es um Dinosaurier geht.
- Auf dem Internetauftritt von Geolino heißt es: "Millionen von Jahren hatten Dinosaurier die Herrschaft über die Erde. Dann starben sie vor rund 65 Millionen Jahren plötzlich aus."
- Bei helles-koepfchen.de lesen wir: "Dinosaurier faszinieren uns schon seit jeher. [...] Warum sind sie ausgestorben?"
- Im "Klexikon" beginnt der Eintrag zu Dinosauriern so: "Dinosaurier waren Tiere, die vor langer Zeit ausgestorben sind."
- Und sofatutor.com erklärt: "Sie lebten viel länger auf der Erde, als es die Menschen bisher tun. Vor etwa 65 Millionen Jahren sind sie ausgestorben."

Außerdem ist es ja nicht so, dass man, selbst wenn man dem Verb aussterben oder seinen grammatischen Formen noch nie begegnet ist, sich die Bedeutung nicht aus dem Wort selbst erschließen könnte. Bei der englischen Entsprechung extinct, die im Original höchstwahrscheinlich steht, ist das etwas anderes: Wer extinct zum ersten Mal hört und kein Latein-Profi ist, muss nachfragen, was das Wort bedeutet. Ich weiß allerdings auch nicht, wie man die Stelle besser hätte übersetzen können.

Die betreffende Geschichte heißt übrigens "Letzte Generation" und wurde im Jahr 1990 veröffentlicht. Dass sich die gleichnamige Protestbewegung danach benannt hat, liegt nahe, denn das Mädchen darin bezieht sich explizit auf die Zerstörung der Welt ("dauert vielleicht nur noch fünfzig Jahre") und nennt "gewisse Verpflichtungen" ihrer Generation: "Wir wollen nicht dabei sein, wenn die Erde ausgelöscht wird". Belege dafür konnte ich aber nicht finden. Ein Fall von Doppelschöpfung, nehme ich an.

Mittwoch, 22. November 2023

TITANIC vor zehn Jahren: 12/2013


Ein sehr in seiner Zeit verhafteter Titel, der auf einen einige Tage lang andauernden "gypsy scare" nach einer wohl tatsächlich erfolgten Kindesentziehung durch das hier abgebildete Roma-Paar rekurriert. Das ist bis dato das letze Titelbild, das irgendwie mit Weihnachten zu tun hat.


Ob es einen konkreten Anlass für dieses von mir erdachte Filmplakat gab (Kam Gaucks Beziehung, die er mit Daniela Schadt führte, während er noch mit Hansi verheiratet war, damals erst ans Licht?), weiß ich nicht mehr, wohl aber weiß ich noch, dass bei der "Heute-Show" eine Woche nach Hefterscheinen eine sog. Kachel eingeblendet wurde, die unserem Poster verdächtig ähnelte, bis hin zu der Zeile "Gaucks Einöde".

Am Vorabend von Heiligabend 2013 strahlte die ARD ein sehnlichst erwartetes TV-Event aus: "Lebensfragen", ein Biopic/Interview-Hybrid über und mit Altkanzler Helmut Schmidt. Gemeinsam mit Mark-Stefan Tietze und Michael Ziegelwagner scriptete ich den persiflierenden Fotoroman "Lebensplagen", der mich noch heute grienen macht, zum einen wegen der teils irrwitzigen Besetzung (Praktikantin Olivia Ehlers als Schmidt, Moritz als Helmut Kohl, Rürup als Marion Gräfin Dönhoff, Martina Werner als Churchill, ich als Hitler), zum anderen wegen des beachtlichen production values.


Die lustigste Doppelseite, von der ich hier aus Gründen nur einen kleinen Ausschnitt zeigen kann, ist das Rezepte-Spezial "Wollt ihr den totalen Keks?", den sich O. Ehlers und Neu-Chefredakteur T. Wolff zu der von der SZ ("Backpulver für die Volksgemeinschaft") bekannt gemachten Studie "Dr. Oetker und der Nationalsozialsmus" haben einfallen lassen.


Optisch nicht minder beeindruckend ist die direkt danach (S. 36-38) folgende IKEA-Bauanleitung für eine Große Koalition von Rürup/Tietze.


Der Rücktitel (ein seltener Fall, wo auch Titanic-Logo und Kopfangaben eingefügt worden sind; seltener sind nur um 180° gedrehte "Alternativtitel") hätte als "sichere Bank" womöglich einen Tick besser funktioniert, aber dann wäre es mit der Merkel-Cover-Ballung in jenem Jahr wahrlich ein bisserl too much geworden.
Von wem dieser Vorschlag stammt, kann ich auf die Schnelle nicht rekonstruieren, eventuell von Moritz Hürtgen oder Sebastian Klug. Wie gut, dass wir seit einiger Zeit die U4-Credits im Inhaltsverzeichnis festhalten.


Weiteres Notierenswertes
- Diese Ausgabe enthält wirklich mehr visuelle Spitzen-Gimmicks als gewohnt! Der "55ff"-Titel ist eine Faktensammlung (von einem Autor, dessen Name berufsbedingt nicht im Titanic-Zusammenhang genannt werden darf), bei der sich der Text, ähnlich wie beim "Playmate des Monats" in 4/2013, in die Umrisse einer Deutschlandkarte einfügt. Muss man selbst gesehen haben.
- Zehn Jahre verspäteter Nachtrag zu "55ff": Über der von mir geschriebenen Teletexttafel sollte ursprünglich "Was passiert eigentlich gerade im Videotext?" stehen. Die Überschrift ist Tom Hintner, der fast sämtliche Ausgaben dieser Rubrik gestaltet hat, "verrutscht".
- "55ff" zum Dritten: Die kurzlebige Reihe "Beschwerdebriefe eines Verrückten" hatte ich bereits im Jahr 2004 verfasst! Ich habe es an anderer Stelle schon gesagt: Immer alles aufheben, selbst Ergüsse, die man später als jugendliche Mariginalien abtut! Man weiß nie, wo man sie irgendwann unterbringen kann, nachdem sie sich als doch ganz brauchbar darstellen.
- Oliver Nagels alljährliche Britcom-Revue stößt mich gerade auf einige Perlen, die mir bis heute entgangen sind. Von den empfohlenen Serien habe ich lediglich "The Wrong Mans" – das letzte Komische, was James Corden gemacht hat – und "Family Tree" gesehen. Sollte ich mich einmal mit dem Werk des Duos Mitchell und Webb befassen?
- Auch schon längst in Vergessenheit geraten: Der "Fragebogen des Papstes" (S. 29) hatte eine reale Vorlage.
- Im Rahmen des im Novemberheft ausgerufenen Wettbewerbs hat Daniel Kehlmann endlich einen neuen Spitznamen verliehen bekommen: "Franzen-Frettchen".

Schlussgedanke
Ein prächtiger Einstand für den neuen Chef. Nächstes Mal steigen wir in das meiner Erinnerung nach eher ereignisarme Jahr 2014 ein.

Dienstag, 21. November 2023

Mein vergessener PDF-Schatz

Kaum zwei Monate nachdem Google die Einstellung von Google Podcasts angekündigt hat, erreicht mich eine Mail, die mich auf englisch über das Ende eines weiteren Google-Services informiert – eines Services, den ich überhaupt nicht auf dem Schirm hatte. Offenbar gab es bis 2020 die Möglichkeit, über Google News digitale Zeitschriften zu kaufen. Magazin-Abonnements via App gibt es nach wie vor im Play Store, aber der sog. Google Play Kiosk mit der Möglichkeit, Einzelausgaben zu erwerben, exisitiert nicht mehr. Ab dem 18. Dezember wird nun, lässt mich die E-Mail wissen, auch meine Zeitschriften-Bibliothek auf Google News gelöscht. Dass ich so eine habe, wusste ich nicht (mehr), aber tatsächlich: Folge ich dem beigegebenen Link, habe ich Zugriff auf zwei virtuelle Hefte, die ich mir in grauer Vorzeit in ein ominöses Archiv geladen haben muss.


Aber was heißt "in grauer Vorzeit"? So lange ist das noch gar nicht her. Wieso kann ich mich daran nicht erinnern, und wieso habe ich diese hochinteressanten Zeitschriften (im Retro Gamer geht's um 30 Jahre Super Mario, das Spektrum der Wissenschaft behandelt den Schwerpunkt "Wie Sprache entsteht. Linguisten stürzen Noam Chomskys Universalgrammatik") nie gelesen? Das werde ich in den kommenden Tagen nachholen, sofern ich nicht wieder von etwas anderem abgelenkt werde.

Sonntag, 19. November 2023

Social-Media-Zwischenbilanz 2023

Seit Elon Musks Kauf von Twitter 2022 und der Übernahme der Plattform durch sein Unternehmen X Corp ging und geht es, da erzähle ich sicher nichts Neues, stetig bergab mit dem mir einst lieben Mikrobloggingdienst. Gut, ein Abfall der Qualität und eine Zunahme der Nervensägendichte war seit circa 2014 festzustellen, aber wie Twitter (ich weigere mich, es "X" zu nennen) sich innerhalb eines Jahres in eine virtuelle Scheißhauskabinenwand transformiert hat, ist so tragisch wie erschreckend. Die vielen Verschlimmbesserungen, von denen die Änderung von Name und Logo bloß die Spitze des Eisbergs war, sind sattsam bekannt. Bescheuert finde ich beispielsweise, dass beim Teilen von Links nur noch ein Vorschaubild ohne Überschrift oder sonstige textliche Hinweise auf den Inhalt erscheint. Regelmäßig erhalte ich Spam-DMs, die wie der Großteil der Werbeeinblendungen mit Krypto-Mist zu tun haben. Und wurde nicht jüngst sogar die Blockfunktion abgeschafft? Egal. Ich schaue eh bloß noch sporadisch vorbei (vollständig lösen kann ich mich leider noch nicht). Sollte ich irgendwann abwandern, wird mich niemand vermissen. Zum Zeitpunkt des Musk-Deals hatte ich beachtliche 2080 Follower, am heutigen 17. November 2023 sind es 1910.

Nun ist die Frage: Abwandern wohin? Die Antwort ist einigermaßen klar: Bluesky. Das ist zwar noch nicht ganz so komfortabel und unterhaltsam wie Twitter in seinem heyday, fühlt sich aber beinahe wie eine Ersatzheimat an. Fast alle, die mich über die Jahre hinweg "drüben" begleitet haben, sind inzwischen bei Bluesky angekommen (die Anmeldung setzt nach wie vor einen Invite-Code voraus), nur etwa eine Handvoll Privat-Accounts hat sich dem Exodus verweigert und postet noch ausschließlich auf Twitter. Meine Nutzung von Bluesky sieht so aus: Ich möchte nichts Politisches lesen oder schreiben und Tagesaktuelles so weit wie möglich draußen halten. Zahlreichen aus meiner alten Timeline vertrauten (und bis heute nicht minder geschätzten) Usern kann ich somit nicht mehr folgen. Mein Feed ist übersichtlich, sein Abarbeiten fühlt sich nie nach Pflichterfüllung an, die Gefahr von Doomscrolling besteht nicht. Zwei- bis dreimal täglich öffne ich die App oder die Browser-Version. Ich poste kleine Beobachtungen, pointenlose Gedanken, bisweilen ein kommentiertes Foto oder harmlose dad jokes. Ich bin anonym unterwegs, habe aber schon 146 Follower!

Als behaglichen safe space mag ich Instagram recht gern. Es ist allerdings darauf zu achten, dass man Instagram als reine Bilder-Sharing-Plattform begreift. Geschriebenes oder gesprochenes Wort soll mir dort gestohlen bleiben, ich will Essen, Landschaften, Pflanzen, Tiere und Kunst sehen. Den Algorithmus habe ich ziemlich gut im Griff, selbst die "vorgeschlagenen Beiträge" taugen mir (heute z.B.: atemberaubende Aufnahmen von Japan, Nepal und La Réunion). Einzig die Fake-Profile und Sexbots gehen einem auf den Zeiger. Durchschnittlich zweimal pro Tag bekomme ich eine Meldung wie just in diesem Moment: "monique.charlotte56 folgt dir jetzt". Meist verschwinden diese Störenfriedas aber, bevor sie mir in gaunerischer Absicht eine Message schicken können.

Über Facebook wollen wir den Mantel des Schweigens breiten.

Freitag, 17. November 2023

Das Erstlingswerk im Letztlingswerk

Ich habe Stephen Kings neuesten Roman "Holly" begonnen und bin bereits ziemlich angetan davon, so wie von allen bisherigen Geschichten, in denen Holly Gibney Haupt- oder Nebenprotagonistin war. Auf Seite 37 verweist King einmal mehr auf sein eigenes Werk und lässt "Holly" somit in einer Welt spielen, in welcher Stephen Kings Bücher bzw. deren Verfilmungen existent und bekannt sind, in diesem Fall: "Carrie". Eine Mutter sagt bezüglich des Aussehens ihrer Tochter: "No Miss America, but she was a prom queen back in high school. And nobody dumped a bucket of blood on her, either."
Das zauberte ein breites Grinsen in mein Gesicht, allein schon weil ich mich freute, Material für einen neuen Post zu haben.

Zuvor in diesem Blog:
Bob Gray lässt grüßen
Es ist wieder da
Betr.: Horrorautor
Der Film zur Novelle im Roman
Once again: King-Referenzen