Dienstag, 10. Januar 2023

Prime Evil oder: Die Musik(-App) des Teufels

Ich habe im Mai 2019 meinen Unmut über Amazon Music und speziell die dazugehörige App in Worte gehüllt. Seitdem ist dieser Musikdienst nicht etwa bedienungsfreundlicher oder weniger störrisch geworden, sondern im Gegenteil noch schlechter. Ich möchte die Mangelhaftigkeit an einem Beispiel konkretisieren.

Abends im Bett höre ich eine Folge der "Drei Fragezeichen". Irgendwann werde ich müde und pausiere die Wiedergabe. Wäre es nun nicht angenehm, könnte ich das Stück am folgenden Abend genau an der Stelle, wo ich aufgehört habe, fortsetzen, so wie es etwa mit der hervorragenden Google-Podcast-App möglich ist? Nein, das geht nicht. Öffne ich die Amazon-Music-App das nächste Mal, lande ich auf der Startseite. Nun navigiere ich zu "Zuletzt" > "Song-Verlauf" und sehe immerhin, bis zu welchem Track ich gekommen bin. Ich kann jedoch – wie ich bereits 2019 monierte – nicht einfach auf diesen Track tippen, um das Hörspiel weiter zu hören, no siree! Tu ich dies, wird die Liste der zuletzt gehörten Titel irrsinnigerweise rückwärts abgespielt. Ich muss also das entsprechende Album öffnen und darin den gewünschten Titel starten. Aber erst einmal finden:


Wie man sieht, tragen die Kapitel des Hörspiels (wie auch Songs allgemein) in der Verlaufsansicht keine Nummern im Namen und sind auch sonst nicht anhand ihres Titels zu unterscheiden bzw. zu identifizieren. Den zuletzt gehörten Track muss ich somit erst öffnen, seinen vollständigen Namen im Schneckentempo unten vorbeiziehen lassen, diesen memorieren und dann im Album ausfindig machen. Doch so einfach ist das nicht. Wähle ich im Dreipunkt-Menü "Album anzeigen", passiert ... nix:


Workaround: Das Album über die Suche finden bzw. über "Finden" suchen (Lupensymbol) und öffnen. Hier von "umständlich" zu sprechen, wäre untertrieben, die App ist nach meinem Dafürhalten unbenutzbar. Eventuell könnte ich damit leben, wenn Amazon Music als Musikplattform an sich unübertrefflich wäre. Ist sie das? Schauen wir mal.

Die Empfehlungen sind, wie ich beim letzten Mal recht derb formulierte, "stets für den Arsch", Amazons "Erinnerung" scheint nicht weiter als zwei Hör-Sessions zurückzureichen. Habe ich ausnahmsweise Lust auf schottische Traditionals und lausche mal eine Stunde lang einer zufälligen Playlist, kann ich mir sicher sein, dass meine "Das könnte dir gefallen"-Leiste morgen ausschließlich aus Highland-Hymnen und Dudelsack-Compilations besteht. Und was mir auf ewig verschlossen bleiben wird: Wieso kriegen die es nicht hin, einem Interpreten eine eindeutige ID zuzuweisen? Eine meiner meistgehörten Bands ist Sadness, und auf deren Künstlerseite tauchen nach wie vor Alben von ehemaligen oder noch existierenden Projekten gleichen Namens auf, die keinen Depressive Black Metal / Blackgaze / Post Rock machen, grrr. Ein anderes Beispiel von etlichen ist das doppelte Rome, das sowohl für ein Neofolk-Projekt als auch einen RnB-Sänger steht (kurioserweise steckt hinter beidem ein Frontmann namens Jérôme/Jerome).

Noch schlimmer dran als ich sind alle, die nicht den "Unlimited"-Service abonniert haben. Wie PC Games Hardware im Dezember 2022 schreibt, hat ein größeres Update "vor ein paar Wochen" dafür gesorgt, dass, wer "Prime Music ohne Zusatzkosten nutzen möchte, [...] einzelne Musikstücke nicht mehr gezielt wiedergeben [kann]. Stattdessen gibt es nur noch einen Shuffle-Modus, der zufällig Songs abspielt. Darüber hinaus beschränkt Amazon die Wiedergabezeit zusätzlich auf maximal eine Stunde. Titel lassen sich auch nicht beliebig überspringen - damit sind Playlists fast witzlos." Und: "Ein Blick in die Android-Bewertungen zeigt, dass die App offenbar zusätzlich unter Performance-Problemen leidet, was einen Nutzer zu der Aussage verleitet, Amazon Music sei die schlechteste Musik-App überhaupt." Das heißt, die von mir geschilderten Mängel wären bloß der Tropfen auf den heißen Stein, wenn ich kein Unlimited-Abo hätte. Welches ich nun zu beenden beabsichtige. Erst im April darf ich meine Mitgliedschaft kündigen, denn ich hatte mich einst für die jährliche Zahlung (von immerhin 89 Euro!) entschieden. Bis dahin werde ich ersatzweise Spotify auf die Probe stellen. Sollte dort eine vergleichbar große Auswahl ("Die Drei Fragezeichen" sind mir am wichtigsten) sowie ein gewisser Komfort bestehen, wäre mir die werbefreie Nutzung sogar die stattliche Jahresgebühr von 99 Euro wert.

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