Dienstag, 28. Februar 2023

Mehr Klein-Klein

Im Laufe der Jahre habe ich viele zitierwürdige Stellen in Thomas Kleins (vormals: Thomas F. Klein) Texten in der FAZ-Rubrik "Wandertipp" (vormals: "Ausflug am Wochenende") gelesen. Man möchte sie am liebsten alle festhalten, was ich leider viel zu selten tue. Hier zwei Beispiele aus dem letzten Sommer:

Mit Rechtsknick gut 350 Meter weiter sind der Grenzwall und die Autobahn 45 zu überschreiten. Das Limeszeichen dringt demnach ins freie Germanien ein, schon um dem Wanderer nicht das Naturschutzgebiet Rote Lache vorzuenthalten.

Jetzt heißt es den Berggang einlegen und ohne Unterlass bis zur vielarmigen Kreuzung Jägerrast (mit Schutzhütte) steigen, Fanal, das T gegen den roten Strich einzutauschen.

Die am vergangenen Sonntag umgesetzte Routenbeschreibung hatte es besonders in sich:

Jetzt in Wald, entschwindet das Bächlein beim leichten Hinan und auch das F am bald erreichten Querweg. Statt seiner ist die Fortsetzung, nach links, grünem Strich sowie blauem Punkt vorbehalten. Aus dem Forst weisen sie jenseits des Sträßchens geradeaus in das Kirdorfer Feld ein. Allen Begehrlichkeiten widersetzend, bleibt dieses 133 Hektar große Areal gewissermaßen in Bestlage frei von Bebauung. [...] Etwa in der Mitte biegen die Zeichen rechts und bald links ab, um aus etwas höherer Warte einen grandiosen Blick über die sakralen Türme Homburgs zu den profanen Frankfurts zu ermöglichen. Ausgangs schiebt sich ein großer Sportpark dazwischen. Ihn durchmessen wir, und kurz vor der Bundesstraße links.

Sonntag, 26. Februar 2023

Bizarre Serviervorschläge (IX)


Man muss es für nachfolgende Generationen einfach mal festhalten: Ein belegtes Brötchen kostet in einer gewöhnlichen Bahnhofsbäckerei inzwischen bis zu 5,20 Euro. Gut möglich, dass die Preise nach dem Ende der Inflation wieder auf ein akzeptables Niveau zurückfallen (das müsste dann aber schon ein Sturz um 50 % sein!), gut möglich aber auch, dass Angehörigen der nachfolgenden Generationen angesichts einer Käseschrippe für NUR fünf Taler die Kinnladen herunterklappen, weil die Bahnhofspreise noch weitere Sprünge gemacht haben werden.
Wie dem auch sei: Ich mache seit letztem Jahr einen Bogen um Kamps, Crobag & Co., wenn ich eine Zugfahrt vor mir habe. Nur noch Selbstgemachtes packe ich in mein Jausensäckl, und lieber hungere ich, als dass ich den verbrecherischen Ketten auch nur eine müde Mark nachschmeiße. Wenn es wenigstens schmecken würde! Der Semmel-Brotscheiben-Hybrid, der auf obiger Mayo-Flasche abgebildet ist, sieht regelrecht verführerisch aus im Vergleich zu dem lieblosen Fraß an Deutschlands Bahnhöfen. Eins muss man jenen allerdings lassen: An Mayonnaise wird nicht gespart. Glatt das Doppelte würden sie auf eine solche Klappstulle spritzen!


Apropos Sparmaßnahmen: In Zeiten von Service-Einschnitten allenthalben haben in den vergangenen Jahren immer mehr Fluggesellschaften ihre Bordverpflegung auf ein Minimum reduziert, selbst auf Langstreckenflügen ist Schmalhans Cateringmeister. Vorausschauende Passagiere bringen ihre eigenen Mahlzeiten mit in die Maschine … soweit es erlaubt ist. Denn so naheliegend eine kräftigende und bekömmliche Gemüsebrühe als Flugreiseproviant sein mag – durch keine Sicherheitskontrolle der Welt wird man 18 Liter Flüssigkeit bringen. Sinnvoll ist da die Gemüse-"Brühe" von Maggi, ergibt diese doch dasselbe Volumen, aber eben nicht in verbotenem Aggregatzustand, sondern in fester und praktisch als Handgepäck (Körbchen!) zu transportierender Form. Wie aus einer Dose Instantpulver eine Riesenportion Suppengrün nebst Tomaten wird, bleibt das Geheimnis des Schweizer Unternehmens.


Die griechische Finanzkrise hat tiefe Wunden in das deutsch-griechische Verhältnis gerissen, die über zehn Jahre später immer noch nicht verheilt sind und deren Nachwirkungen sogar auf Kleinigkeiten wie Lebensmittelverpackungen sichtbar sind. Als subtilen Racheakt exportiert Griechenland nämlich nicht nur Feta (geschützte EU-Bezeichnung!) in das Land von Knuten-Schäuble und "Pleitegriechen"-Hetzmedien, sondern die dazugehörigen Serviervorschläge gleich mit. Und wer diese umsetzt, macht sich verlässlich zum Gespött: Grob zerbrochener Schafskäse, mit Rosmarinnadeln und ein paar Kalamata-Oliven lieblos auf einer Bitumenplane verteilt, weist einen jedenfalls nicht als Kenner/in hellenischer Kulinarik aus.


Und welche Olivensorte passt eigentlich am besten zu einem saftigen Ziegel Feta? Besteht ein Zusammenhang mit dem Zerbröselungsgrad?

Samstag, 25. Februar 2023

Menschen, denen ich niemals begegnen möchte

Heute: Der Mann, der das hier geschrieben hat (zum Vergrößern klicken)


Donnerstag, 23. Februar 2023

Throwback Thursday: DALL-E mini

Dieser Throwback reicht gar nicht so lange zurück, aber weil die ganze Welt seit Monaten im ChatGPT-Fieber ist, scheint die Bilder-Generierungs-Software DALL-E längst vergessen zu sein. Nach einer kurzen Phase des Staunens über und der Ehrfurcht vor den Fähigkeiten von OpenAIs "Graphik-KI", die anhand von Beschreibungs-prompts Kunstwerke ausspuckt, flachten der Hype sowie die ihn begleitenden Ethik- und Urheberrechtsdebatten rasch ab.

Doch um das echte und tatsächlich schwer beeindruckende DALL-E soll es ja heute gar nicht gehen, sondern um das Open-Source-Modell für den "Heimgebrauch", das Mitte letzten Jahres im Internet für viel Spaß sorgte, als es unter dem Namen "DALL-E mini" rauskam; inzwischen heißt es Craiyon. Hier sind vier "Kreationen", die ich damals bei der meme-tauglichen Anwendung in Auftrag gab:





Wie weit ist das Machine-Learning mittlerweile gediehen? Machen wir die Probe aufs Exempel und stellen wir Craiyon dieselben Aufgaben:





Hm, tja, die Bilder in Foto-Optik sehen jetzt klarer, "echter" aus, aber das, was ich mir vorgestellt habe, zeigen sie nicht. Was ist denn an "without" so schwer zu verstehen? Am ehesten zufrieden bin ich noch mit Jimmy Carter in den Backrooms, wobei mir davon die erste Variante sogar noch besser gefällt, allein schon wegen der Farbgebung.

Mittwoch, 22. Februar 2023

TITANIC vor zehn Jahren: 3/2013


Eieiei, wie pumperlgsund, vital und im Saft stehend "unser" Papst vor zehn Jahren noch war; auch Gänswein besaß noch seine volle Strahlkraft, wobei man bzgl. des "schönen Privatsekretärs", als man ihn letztens wieder vermehrt in den Medien sah, nur feststellen konnte, dass dieser sich für seine nun auch schon 66 Lenze äußerst gut gehalten hat.
Jedenfalls war der Märztitel in meinen Augen so lebens- wie liebesbejahend, und dass sich selbst von diesem optimistischen Cover einige (zum Glück wenige) Katholiken gekränkt fühlten, bestätigte alle Vorurteile, die man über diese Christenmenschen pflegt.

Beim letzten Mal sprach ich von einem "seltenen Fall von Titel-Inhalts-Korrespondenz", und was soll ich sagen? Auch in dieser Ausgabe nimmt der Aufmacher das Titelthema wieder auf und erzählt in der beliebten Form des Agenturfotoromans von Ratzingers Plänen nach dessen pontifikalen Rücktritt ("Papa Ratzi ante portas", S. 12-17).

Was aber war national das Thema des Monats? Menschen mit hinlänglich funktionierendem Gedächtnis werden beim Schlagwort "Tanzkarte" sofort drauf kommen: Rainer Brüderle hatte mit einem etwas peinlichen, aber harmlos gemeinten Altherrenspruch eine Sexismusdebatte ausgelöst. Das Duo Rürup/Tietze nahm dankbarerweise das Motiv der Tanzkarte an sich auf (ich selbst hätte damals nicht sagen können, was das sein soll) und zeigten: "Heute gibt es viel bessere Karten, mit denen sich einvernehmlicher flirten, sensibler baggern, überzeugender abschleppen läßt":


Die Feuilletons beherrschten aber neben liberalen Schmierigkeiten nicht nur Frank Schirrmachers gesellschaftskritischer Bestseller (s. Editorial) und Klaus Kinski als sozusagen deutscher Woody Allen (S. 66), sondern offenbar auch das Genre Kolumne. Nach wiederholten Denkwürdigkeiten* und Fremdschämmomenten in den wöchentlichen Meinungstexten der üblichen Verdächtigen war es zumindest für Titanic Zeit, einen "Kolumnengenerator" anzubieten (S. 31ff., von T. Wolff):


* "Denkwürdigkeiten" ist freilich auch der Titel von E. Henscheids Memoiren, welche in dieser Ausgabe beworben werden. Apropos: Noch prominenter, nämlich auf der kompletten U2, wird Sonja - Das Frauenmagazin für Witze angepriesen, das von Elias Hauck herausgegebene, es auf ganze zwei Nummern gebracht habende Fanzine, an dem mitzuarbeiten auch ich die Ehre hatte.



Der zeitlose Klassiker™ in diesem Heft ist die Doppelseite 48f., auf der Tim Wolff und Michael Ziegelwagner sämtliche deutschen Bundesländer, die zum Zeitpunkt des Erscheinens ein offizielles Motto führten, mit einem Gedicht bedachten.


Weiteres Notierenswertes
- Ich bin in dieser Ausgabe notably absent: Lediglich mit dem "Foto des Monats" bin ich im Inhaltsverzeichnis aufgeführt. Ich weiß gar nicht mehr, woran meine mangelnde Mitarbeit lag; im Urlaub war ich während der Produktionsphase nicht.
- Erfreulich ist es, nach längerer Pause mal wieder Sebastian Klug mit einem Solo-Artikel vertreten zu sehen: "'Bruder' Baum?" (S. 40f.), mit der unsterblichen Zeile "Gut, daß das einmal jemand gesagt hat. Und gut, daß ich es war."
- Ha, Pferdefleisch in Tiefkühl-Lasagne war in jenen Tagen auch ein Aufreger (Aboanzeige, S. 28)!
- Ha! zum Zweiten: Damals war ja Ines Pohl noch Chefredakteurin der Taz, und wie verdienstvoll von St. Gärtner, mal deren schreiberisches Fingerspitzengefühl unter die Lupe zu nehmen.
- Die zweite Kamagurka-Seite in Folge, die man so wohl in keinem anderen Periodikum vorfinden würde.
- Und was für ein prächtiger Hurzlmeier: Altmeisterliche Szene, in keine Rubrik eingebettet, ohne Schnickschnack, kein textliches Beiwerk – schmuck.

Schlussgedanke
Fast ein Sommerlochheft (in a good way)! Der Themenmix macht wieder mal urst Spaß.

Montag, 20. Februar 2023

Once again: King-Referenzen

Stephen King hat sich, wie ich im März 2022 festhielt, in seinem Roman "Tommyknockers" eine Anspielung auf sich selbst erlaubt. Auf S. 519 (ja, viel weiter bin ich innerhalb eines Jahres nicht gekommen) findet sich eine weitere Anspielung, konkret eine auf die (von ihm bekanntermaßen wenig goutierte) Verfilmung eines seiner Werke:

Er stand in der Neuen und Verbesserten Werkstatt und hatte Schweiß auf der Stirn. Kein Schlüssel. Das war großartig. Was sollte er jetzt machen? Bobbis Axt nehmen und vorgehen wie Jack Nicholson in Shining? Er sah es richtiggehend vor sich. Knirsch, krach, polter: Hiiiieer ist GARDENER!

Übrigens stimmt es so nicht, dass King von Kubricks "The Shining" absolut gar nichts hielt bzw. hält: In seinem Horrorsachbuch "Danse Macabre" geht er länger und differenzierter auf den Film ein.

Samstag, 18. Februar 2023

Karneval-Stars, die es tatsächlich gibt (VII)

  • Handwerker Peters
  • Der Obermessdiener
  • Bousseldande
  • Frl. Wommy Wonder
  • Micha von der Rampe
  • Dia vom Kloschdrgässle
  • Titzo Ditzingen
  • Die Zwillinge
  • Duo Lombagruschd
  • Gäumoggeln
  • Protokoller
  • Hoppes
  • GabriEle Fant
  • Erna aus Beelitz
  • Bauer Korl
  • Die Igelschnauzen
  • Planschemalöör
  • Kempes Feinest

Donnerstag, 16. Februar 2023

Serientaten

Es ist schon bemerkenswert, wie die "Prestigisierung" (?) von Fernsehserien das Medium verändert hat. Früher, vor dem Siegeszug und der Allgegenwärtigkeit filmisch-epischer TV-Dramen mit durchgehendem Handlungsbogen, war es völlig normal, dass man die Staffeln in beliebiger Reihenfolge und unter gelegentlicher Auslassung einzelner Folgen sah. Es konnte vorkommen, dass man eine Episode schlicht verpasste, weil man nicht zu Hause war. Daraus erwuchsen keine Nachteile, es war nicht zwingend, dass man die Ausstrahlung (für ebenjenen Fall, dass man während dieser Zeit was vorhatte) mit dem Videorekorder o.ä. aufzeichnete. Event-Mehrteiler wie "Twin Peaks" stellten die absolute Ausnahme dar. Aber bei bis zu 24 "Fall der Woche"-Folgen pro Staffel entging einem nicht wirklich etwas. Heute ist das unvorstellbar, für mich zumindest. Selbst wenn ich in meinem Haushalt Privatsender empfangen könnte, würde ich niemals einfach durchzappen und denken: "Ach, 'Criminal Minds' läuft gerade, da bleibe ich mal hängen!" Nicht mal bei Sitcoms kann ich das; ich habe 2007 mit "The Big Bang Theory" angefangen, und weil ich diese Show anfangs liebte und später nie wirklich hasste, ziehe ich das jetzt durch: Jede einzelne Episode muss geguckt werden, und zwar in der korrekten Reihenfolge! Dieser Marathon zumindest wird demnächst sein Ende finden. Freut euch schon mal auf mein Resümee im Serientagebuch.

Apropos: Ich wünschte, ich hätte schon viel früher damit angefangen, meine Meinung zu TV-Serien aufzuschreiben. Erst im Dezember 2010 habe ich auf meinem beerdigten Kybersetzung-Vorgänger erstmals eine Kleine Serien-Review 2010 veröffentlicht, eingeleitet mit den Worten "Heute gebe ich kurz meine Meinung zu einigen Serien ab, die 2010, v.a. in der Herbstsaison, im US-Fernsehen liefen bzw. noch laufen. Die Daumen-Icons bedeuten irgendwas." Die Kurzrezensionen, in Drama und Comedy aufgeteilt, sind zwar nix Besonderes, aber aufschlussreich genug, um sie hier (unverändert, unredigiert und unverbessert) zu wiederholen.

The Event (NBC)  
Ich bin zwar noch nicht auf dem aktuellsten Stand, aber bisher konnte diese als LOST-Ersatz gehypte Mysteryserie ihre Erwartungen nicht erfüllen. Es geht um Aliens, die wie Menschen aussehen, um eine Verschwörung, um ein verschwundenes Flugzeug, naja. Schon recht spannend, aber irgendwie bemüht.

Dexter (Showtime) 
Auch die mittlerweile 5. Staffel aus dem Doppelleben eines Mörders-Schrägstrich-Polizeiforensikers bot wieder Nervenkitzel auf höchstem Niveau, wenn sie auch nicht ganz so brillant war wie Season 4. Spoiler: Dexter stirbt nicht, es wird noch eine 6. Staffel geben.

The Walking Dead (AMC)  
Hiervon habe ich erst zwei Episoden geschaut. Mit unheimlicher Vorfreude wurde diese Comic-Adaption erwartet. Zombie-Apokalypse im Fernsehen? Das hat man in der Tat noch nicht gesehen, und dank dem Umstand, dass The Walking Dead im Pay TV läuft, kann man, wenn man darauf steht, eindrucksvolle Splattereffekte genießen. Beklemmender Psycho-Horror, den man aus manchen ähnlich gearteten Kinofilmen gewöhnt ist, will sich jedoch nicht einstellen. Wie gesagt, nach zwei Folgen kann noch viel passieren, aber angefixt wurde ich bislang nicht. Dass die ersten 6 Episoden (Season 2 kommt im Oktober '11) doch eher durchschnittlich waren, findet auch Oliver Nagel im Britcom-Blog (Spoiler!).

Rubicon (AMC) 
Eine Serie, die sich Zeit lässt, um ihre Geschichte zu erzählen. Viiiel Zeit. Die Schauspieler sind gut, die Musik ist stimmig, aber der Plot - mächtige Männer in einer fiktiven Behörde sind in finstere Machenschaften verstrickt - geht nur schleppend voran. Eine zweite Staffel wurde abgelehnt.
Ich bin übrigens neuerdings ein Fan von "Kurzstaffeln" mit nur ca. 12 Folgen wie bei Rubicon und Dexter. Ich schließe mich da den Ausführungen von Matthew Wrather auf overthinkingit.com an.

The Office (NBC) 
Die Büro-Mockumentary läuft inzwischen in ihrem (verflixten) 7. Jahr, und die Luft ist langsam raus. Das hat wohl auch Hauptdarsteller Steve Carell gemerkt, der nach dem Ende dieser Staffel aussteigen wird. Insgesamt wirken die Charaktere lustlos und sind alle viel gemeiner zueinander. Auch einen bedeutenden story arc scheint es diesmal nicht zu geben. Die Weihnachtsfolge war trotzdem ein Highlight, und ich freue mich immer noch auf neue Folgen.

Family Guy (FOX) 
Warum ich mir diesen Dreck noch anschaue, ist mir schleierhaft. Vielleicht ist es die stille Hoffnung, dass doch irgendwann mal wieder ansatzweise das Niveau von vor 5 Jahren erreicht werden kann. Man merkt dieser Serie an, dass die Macher ihre eigenen größten Fans sind, und das ist Gift! Die Figuren agieren ausnahmslos out of character, die Tabubrüche werden immer lahmer, die Running Gags immer gezwungener, und diese moderne US-Großstadt-Satzmelodie - die übrigens auch bei den Simpsons Einzug findet - nervt gewaltig ("Yeeeeah, that's ... not gonna happen."). Der absolute Tiefpunkt wurde erreicht, als in Folge 9.02 der rechts-populistische Talkshow-Host Rush Limbaugh als Gaststar auftrat und ungeniert Werbung für Konservatismus machen durfte. Cancel it. Now!

South Park (Comedy Central) 
Alles richtig macht hingegen South Park. Auch hier geht es öfters unter die Gürtellinie, aber hier ist es wenigstens witzig und vor allem werden hier richtige Geschichten erzählt. Und die Objekte des Spottes haben es auch verdient. Ein Beispiel: South Park würde sich über die Besitzer von iPhones lustig machen; Family Guy würde sich über das Kind lustig machen, das in der Schule gemobbt wird, weil es kein iPhone hat. Außerdem steigt die Qualität der Animation bei SP kontinuierlich.

The Big Bang Theory (CBS) 
Ganz klar: TBBT ist seit vier Jahren die beste Sitcom. Es vergehen im Grunde keine 10 Sekunden, in denen man nicht lachen muss. In letzter Zeit verleiht man auch den Nebenfiguren mehr Tiefe, v.a. den Freundinnen. Pflichtprogramm nicht nur für Nerds!

Community (NBC) 
Ich kann nicht verstehen, warum dieses Juwel der Unterhaltung nur durchschnittliche Quoten und Kritiken einholt. Die Serie um eine verrückte Lerngruppe an einem Community College kann es von der Gagdichte locker mit TBBT aufnehmen. Vielleicht sind die zahlreichen Anspielungen auf Film- und andere Popkultur-Klischees zu anspruchsvoll? Oder die Dialoge sind einfach zu schnell, als dass man den Witzen unangestrengt folgen könnte (Ich kann Community auch nur mit Untertiteln schauen)... Zu hoffen ist jedenfalls, dass es nächstes Jahr eine dritte Staffel geben wird.

Anm. 2023: Haha, mein Furor bzgl. "Family Guy" war ja goldig. Wie gut, dass ich dennoch drangeblieben bin, sonst wäre mir entgangen, wie diese Cartoonreihe später wieder die Kurve gekriegt hat. "The Event" wurde übrigens nach nur einer Season abgesetzt.
Wenn ich Lust habe, hole ich irgendwann auch noch das 2011er-Roundup hervor.

Dienstag, 14. Februar 2023

Schluss mit unlustig

    "Are you being meta?" --- Shirley zu Abed in "Community" S02E01

Ich habe am 16. Januar geschrieben, "dass mein diesjähriger Abreißkalender offenbar aus einem anderen Verlagshaus als gewohnt stammt und bis jetzt schon mehr als einmal ordentlich freigedreht hat." Tatsächlich sind die mit "Witz des Tages" überschriebenen Blätter von ähnlichem Kaliber wie das in der letzten "Humorperlen"-Ausgabe gezeigte. Darüber hinaus werden auch die anderen wiederkehrenden Rubriken regelmäßig mit vergleichbarem Stuss angereichert. Hier die Ausbeute der vergangenen Wochen:






Witze, die keine Witze sind; Zitate, die mit Tiercartoons illustriert werden; "Tipps des Tages" als uninspiriertes Füllmaterial; abenteuerlichste Text-Bild-Scheren (wieso ist der Ober in dem Kaffeewitz ein Hund???): Ich weiß nicht, wie ich mit diesem Wust an (Anti-)Humor umgehen soll. Aus einem Kalender, der sich selbst nicht ernst nimmt, der sich komplett von seinem ursprünglichen Sinn verabschiedet hat, der nur noch eine durchgehende, mehr oder wenige unfreiwillige "Humorperle" ist, kann ich keine einzelnen Perlen herausgreifen. Ich kann stattdessen nur eine von zwei Konsequenzen ziehen: entweder alle drei Tage eine Ausgabe von "Humorperlen aus dem Abreißkalender" bringen oder die Reihe (mindestens) bis zum Ende des Jahres pausieren. Um meines und des Publikums Seelenfrieden willen entscheide ich mich für Letzteres.

Sonntag, 12. Februar 2023

Das gute Sonntagsvideo

Wer schon immer mal das beliebte Computerspiel Stardew Valley erleben wollte, sich aber nie dazu aufraffen konnte, es zu spielen, kann mir jetzt dabei zusehen und -hören:

Die Auftaktfolge ist noch kein Meilenstein meiner (gerade erst begonnenen) Let's-Play-Karriere, die Tonabmischung ist nicht perfekt, mein Kommentar lässt zu wünschen übrig, und allgemein passiert wenig. Man kann also getrost zu Folge 2 springen. Die gesamte, in den nächsten Wochen (Monaten? Jahren?) hoffentlich beständig länger werdende Playlist gibt es hier: Let's Play Stardew Valley.

Samstag, 11. Februar 2023

Klassiker des (deutschen) Humors


(fotografiert im Fränkischen, 2011; der "Witz" verbirgt sich unter Punkt 6.)

Donnerstag, 9. Februar 2023

Quizmania

"Das ganze Leben ist ein Quiz", sang Hape Kerkeling 1991. Zehn Jahre später hatte ein regelrechter Quiz-Taifun unser Land überspült. Kein Fernsehsender, der nicht mindestens eine tägliche Quizsendung im Programm hatte. Zum Glück habe ich schon damals eifrig alles aufgeschrieben, weswegen ich noch heute diese (gewiss nicht vollständige) Liste der Quizshows anno 2001 vorlegen kann:

° "Wer wird Millionär?"
° "Quiz Show"
° "Multi Millionär"
° "Millionen Quiz"
° "Quizfire"
° "Das Quiz (im Ersten)"
° "Die 10-Millionen-SKL-Show"
° "Einundzwanzig"
° "Speed - Time is Money"
° "Der Schwächste fliegt"
° "CA$H"
° "Die Chance deines Lebens"
° "Einer gegen Hundert"

Noch einmal zwanzig Jahre später sind Rateshows ungebrochen populär, wenn auch nicht so omnipräsent wie Anfang des Jahrtausends. "WWM" ist ein Dauerbrenner mit regelmäßigen mehrstündigen Spezialausgaben, über "Gefragt – Gejagt" (nach dem britischen Vorbild "The Chase") stolpere ich bei praktisch jedem Herumgezappe, Regionalsender produzieren Regional-Quizshows, und kürzlich las ich, dass Sat.1 eine Neuauflage von "Jeopardy!" plant. Ich selbst wiederum habe im Januar zum ersten Mal bei einem Kneipenquiz des Deutschen Quizvereins teilgenommen, gar nicht mal ohne Erfolg, wenn ich das sagen darf. Davon wird ggf. zu einem späteren Zeitpunkt zu berichten sein.

Dienstag, 7. Februar 2023

Filmtitel XXVI

The Fallout → The Life After
Surface → The Girl in the Water (Serie)
Delirious → Jack allein im Serienwahn
Play It to the Bone → Knocked Out – Eine schlagkräftige Freundschaft
Mojave Moon → Nichts als Trouble mit den Frauen
Love Among Thieves → Flashpoint Mexico (TV-Titel: Liebe Diebe killt man nicht)
Maschile singolare → Mascarpone
Le dégustation → Weinprobe für Anfänger
After Ever Happy → After Forever
American Badger → American Killer
Adieu les cons → Was dein Herz dir sagt – Adieu, ihr Idioten!
Prey for the Devil → The Devil's Light
The Dangerous Lives of Altar Boys → Lost Heaven
Better Off Dead → Lanny dreht auf
Luckiest Girl Alive → Ich. Bin. So. Glücklich.
My Sister Eileen → Meine Schwester Ellen
All Ashore → In jedem Hafen eine Braut
Girl at the Window → The Clockwork Killings
Coupez! → Final Cut of the Dead
Umami → Der Geschmack der kleinen Dinge
On sourit sur la photo → Akropolis Bonjour

Sonntag, 5. Februar 2023

Ready for Surfboarding

Weil in der neuesten Folge der "Drei Fragezeichen" (#220: "Im Wald der Gefahren") ein Wasserflugzeug vorkommt, musste ich gleich ein paar Recherchen über diese besondere Art von Fortbewegungsmittel anstellen. Der Unterschied zwischen Flugboot und Schwimmerflugzeug sowie sonstige Fakten über das Gefährt an sich sollen uns nicht weiter belangen, interessant ist vor allem das (inzwischen quasi abgeschlossene) Kapitel Linienverkehr. Wasserflughäfen existieren noch hie und da, aber "[d]ie einzigen Wasserflughäfen mit Anbindung an einen internationalen Flughafen sind das Malé Water Aerodrome (Malediven) und das Vancouver International Water Aerodrome (Kanada)", weiß Wikipedia. In Deutschland gibt es, man lese und staune, immerhin drei Wasserlandeplätze. Nur einer davon, der Flugplatz Welzow-Sedlitzer See in der Niederlausitz, führt einen ICAO-Code (das sind vierstellige von der International Civil Aviation Organization vergebene Kennzeichen, ähnlich den IATA-Codes): EDUY. Ich wüsste gerne, welche Flugboote dort landen und zu welchen Gelegenheiten. Kommerzieller Linienbetrieb mit diesen Wundergeräten findet hierzulande jedenfalls nicht statt.

Nicht mehr! Von 1925 bis 1926 verkehrten über die sog. Blaue Linie Wasserflugzeuge zwischen Dresden-Johannstadt und Altona (damals noch nicht zu Hamburg gehörig), entlang dem Verlauf der Elbe mit Zwischenlandung in Magdeburg. Die Maschinen beförderten Luftpost und bis zu vier Passagiere. Leider wurde der Betrieb wegen ausbleibenden Erfolges nach 134 Flügen eingestellt. Die ehemalige Abfertigungshalle steht aber immer noch. Wie oft bin ich an dem unscheinbaren Mehrzweckgebäude (1) vorbeigelaufen oder -geradelt, ohne dessen historische Bedeutung zu erahnen! In dem Haus auf der anderen Straßenseite (2) bekam man angeblich die Tickets.

Freitag, 3. Februar 2023

Serientagebuch 01/23

02.01. Knowing Me, Knowing You with Alan Partridge 1.04
The Simpsons 34.12
03.01. Outer Range 1.06
The Mosquito Coast 2.06
04.01.
Knowing Me, Knowing You with Alan Partridge 1.05
05.01.
Knowing Me, Knowing You with Alan Partridge 1.06
Outer Range 1.07
The Big Bang Theory 12.15
06.01. Outer Range 1.08
This Time with Alan Partridge 1.01
This Time with Alan Partridge 1.02
07.01. The Watcher 1.01
The Watcher 1.02
08.01. The Watcher 1.03
The Watcher 1.04
The Watcher 1.05
09.01. The Mosquito Coast 2.07
The Watcher 1.06
The Watcher 1.07
11.01. Family Guy 21.11
Der junge Inspektor Morse 4.01
12.01. This Time with Alan Partridge 1.03
Der junge Inspektor Morse 4.02
16.01. The Mosquito Coast 2.08
This Time with Alan Partridge 1.04
Der junge Inspektor Morse 4.03
The Big Bang Theory 12.16
18.01.
Der junge Inspektor Morse 4.04
This Time with Alan Partridge 1.05
This Time with Alan Partridge 1.06
Vikings 1.01
19.01. The Mosquito Coast 2.09
Vikings 1.02
20.01. The Mosquito Coast 2.10
22.01. Manifest 4.01
24.01. The Big Bang Theory 12.17
Manifest 4.02
27.01. Vikings 1.03
Vikings 1.04
Manifest 4.03
30.01. Close To Me 1.01
Close To Me 1.02
Close To Me 1.03
The Big Bang Theory 12.18
31.01. Manifest 4.04
Close To Me 1.04

Ich habe im vergangenen Monat mehr gelacht als im gesamten Jahr 2022. Das verdanke ich den beiden Steve-Coogan-Vehikeln Knowing Me, Knowing You with Alan Partridge und This Time with Alan Partridge. Zwischen beiden Shows liegen 25 (!) Jahre, und doch sind sie pointenmäßig und tonal auf gleicher Höhe, Coogans character work ist von konstanter Detailverliebtheit und technischer Finesse. Die Settings könnten indes verschiedener nicht sein (doch, könnten sie, aber solche Phrasen rutschen mir halt immer mal raus): Ersteres ist eine Talkshow mit Varieté-Elementen, Partridges verquere Vorstellung von Top-notch-Entertainment ("die erste Talkshow mit einem Jacuzzi!"), mit illustren Gästen und einer Hausband; es wird ein Format parodiert, das es so eigentlich kaum gibt (höchstens vielleicht auf Rai 1), zwischen den hochnotpeinlichen Gesprächen gibt es Einspieler, selbstherrliche Rubriken, Unterhaltungs-Acts und jede Menge ungeplante Zwischenfälle. Dass alles durchgescriptet ist, hat es mit Zweiterem gemein. Die Sendung "This Time" ist dagegen etwas ganz anderes, eine Art Frühstücksfernsehen mit sowohl soften als auch relevanten current affairs-Themen. Hier entdeckt Partridge, der unverdient vom Vertretungs- zum Dauer-Co-Moderator aufsteigt, seine investigative Ader, versucht sich an echtem Journalismus, möchte dabei sowohl seiner Partnerin als auch dem britischen Publikum imponieren, denn geltungssüchtig und zustimmungsbedürftig ist er wie eh und je. Wir verfolgen jeweils eine Aufzeichnung von "This Time" in Echtzeit, wobei fast jedes Mal, wenn eine Maz läuft, die Kameraperspektive im Studio verbleibt, so dass wir beim Geplänkel zwischen Alan und Jennie (Susannah Fielding) sowie bei diversem Behind-the-scenes-Chaos Mäuschen spielen dürfen. Nicht nur der gewohnte Cringe-Humor ist eine Freude, etwa wenn sich Partridge wieder mal in einem Endlossatz verheddert oder über seine eigenen rhetorischen Überkonstruktionen stolpert, sondern auch die Entscheidung, zwei Figuren aus älteren Coogan-Serien mitwirken zu lassen, nämlich Lynn aus "I'm Alan Partridge" und Simon aus "Mid Morning Matters". Brillant!

Der Achtteiler Outer Range weist gewisse Parallelen zu "Night Sky" auf. Beide Serien kommen aus den Amazon-Studios, beide führen – zunächst ohne Erklärung – ein übernatürliches Mysterium in Form eines "Portals" ein (hier: ein Loch im Boden, da: eine Art Aufzug im Keller), und beider Stärke ist die Darstellung der Fährnisse menschlichen Zusammenlebens. Der Schauplatz von "Outer Range" ist eine riesige Ranch in Wyoming, die Protagonisten sind eine alteingesessene Sippe und deren ungeliebte Nachbarn, die auf einer nicht minder großflächigen Ranch residieren, die Lebensweise dieser Cowboys scheint, wie man in faszinierenden und im modernen Kino seltenen Einblicken vermittelt kriegt, vor hundert Jahren stehen geblieben zu sein. Das alles holt mich natürlich ab. Dennoch hätte man das paranormale Element wenn schon nicht (pseudo-)wissenschaftlich fundieren, so doch häufiger zeigen und proaktiver zur plot device erheben sollen. Kurzum: Als Western-Soap funktioniert "Outer Range" – mit einem herrlich grummelig-knautschgesichtigen Josh Brolin – besser denn als Science-Fiction-Drama.

Wie gerade bekanntgegeben wurde, wird The Mosquito Coast keine dritte Staffel erhalten, und dieser Entschluss hat meinen Segen. Das mittelamerikanische Familienabenteuer war auserzählt, hat mit dem radikalen Einschnitt in der letzten Folge – der ein wenig holterdipolter daherkam – einen passablen Abpfiff bekommen und hatte zuletzt ohnehin mit Ermüdungserscheinungen zu kämpfen. Die Dynamiken zwischen Vater, Mutter, Tochter und Sohn strengten bisweilen arg an, und insbesondere der ständig verbittert und enerviert dreinschauende Charakter der Melissa George war augenscheinlich allein darauf angelegt, die Antipathie der Zusehenden auf sich zu ziehen. Das erste Drittel der zweiten Season konnte trotzdem mit reichlich Nervenkitzel aufwarten, und kinematographisch war diese Apple-Produktion sowieso überdurchschnittlich.

Die vier Fälle der vierten Staffel (2017) von Der junge Inspektor Morse vermochten mich nicht mehr gaaanz so in ihren Bann zu ziehen wie die vorangegangenen Filme, so dass ich hier erstmals einen Qualitätsverfall konstatieren muss; dieser ist aber so gering, dass ich mich mit ungebrochener Begeisterung auf Staffel 5 stürzen werde. Im Bereich "Britischer Krimi vor historischem Hintergrund" wird man kaum etwas Stärkeres finden.
PS: Ich habe es mir zur Gewohnheit gemacht, nach jeder "Morse"-Episode die entsprechenden "Trivia"-Abschnitte auf imdb zu lesen. Was man da alles lernt! Vor allem, wie hintergründig und anspielungsreich die Drehbücher sind. So einiges würde ohne diese Lektüre an mir vorbeigehen.

Vorab: Wer Wert darauf legt, dass das Label "auf einer wahren Geschichte basierend" zu 100 Prozent einlöst, was es verspricht, sollte die Augen von The Watcher lassen. Auch wer von Whodunits (denn um ein solches, nur ohne Mord, handelt es sich letztlich) grundsätzlich eine Lösung ohne offen bleibende Fragen fordert, könnte sich am Ende verschaukelt fühlen.* Allen anderen kann ich diesen Stoff, der von Ryan Murphy mitentwickelt wurde und erfreulich wenige Ryanmurphyismen aufweist (Ist es wirklich nötig, Jennifer Coolidge "Ihr müsst jeden Tag ficken!" in den Mund zu legen? [Nicht wenige werden sagen: Ja.]), ans Herz legen. Mich hatte der Netflix-Erfolg (der so erfolgreich war, dass ihm eine Fortsetzung spendiert wird) bereits überzeugt, als ich las, wer alles darin auftritt, nämlich gleich vier Schauspieler/innen, die mich noch nie enttäuscht haben: Naomi Watts, Bobby Cannavale, Margot Martindale und Richard Kind. Wow!
* Mein Rat: Man tauche unvorbereitet ein und lese oder höre hinterher, wie die Ereignisse um die Broaddus-Familie im Jahr 2014 abliefen.

Mittwoch, 1. Februar 2023

TITANIC vor zehn Jahren: 2/2013

Falls sich jemand gewundert hat, warum im Januar keine Titanic-Rückschau kam: Das Februarheft 2013 erschien tatsächlich erst am 1. Februar. Diese einzigartige Terminverschiebung ward durch verkürzte Endjahres-Produktionszeit bedingt, blablabla. Auf den Titel schaffte es – erstaunlicherweise zum ersten und letzten Mal – die Dauer-Witzvorlage Hauptstadtflughafen.


Zudem hat, in einem seltenen Fall von Titel-Inhalts-Korrespondenz, der Aufmacher mit dem berüchtigten "Pannen-Airport" zu tun, ein Fotoroman, dessen Herstellung Spaß gemacht hat, aber auch mit reichlich Mühsal verbunden war, denn die Aufnahmen fanden zu einem großen Teil bei klirrender Kälte in Frankfurt-Bonames statt, gebietet jener Stadtteil doch über einen ehemaligen Militärflugplatz, welcher als BER-Double herhalten konnte.


Der lustigste Moment des Photo-Shootings ergab sich, als wir mit den öffentlichen Verkehrsmitteln quer durch die Stadt fuhren und der als Bollenhut-Schwäbin verkleidete Mark-Stefan Tietze von einer Passagierin gefragt wurde "Wie seht ihr denn aus?", worauf er gelassen antwortete: "Casual Friday!"


Die anhaltende Antisemitismus-Debatte (s. Gärtner-Essay 1/13) kommentierten die Kollegen Fischer/Wolff/Ziegelwagner mit dem überfälligen Persönlichkeitstest "Bin ich Antisemit?", der als – auf die Gefahr hin, das Wort überzustrapazieren – Klassiker der Heftgeschichte gelten darf.


Anfang 2013 befinden wir uns auf dem Höhepunkt der "Steinbrück-Mania". "Genieße es, solange es andauert!", möchte man dem Vergangenheits-Peer zurufen, denn die Kratzer, die der Kanzlerkandidat sich mit Rede-Honorar-Skandälchen und anderen Ausrutschern zufügte, sollten sich schon bald zu einer weiteren unauswetzbaren SPD-Scharte auswachsen. (Man verzeihe mir das schiefe Bild.) Nicht nur auf der U4 wurde Steinbrück gewürdigt, auch mit der ersten Folge von Stephans Rürups Superhelden-Serie "Der Unglaubliche Ulk" bekam der Butter-bei-die-Fische-Mann ein Denkmal gesetzt:


Ihre volle Wirkung entfalteten die Comics übrigens, wenn sie ihr Schöpfer bei unserer monatlichen Lesung im Club Voltaire präsentierte. Dabei schrie der hünenhafte Zeichner die Parts des "Unglaublichen Ulks" nämlich mit einem solchen Furor, dass empfindsame Gäste sich die Ohren zuhielten. Einmal schimpften sogar ein paar ältere Zuschauer (es handelte sich um Freunde des Stargastes F.W. Bernstein) ob der emphatischen Performance und waren kurz davor, den Veranstaltungsort zu fliehen.

Wieder einmal erinnert mich das Magazin an etwas, das ich vollständig vergessen hatte: nämlich dass offenbar, wie zehn Jahre später, Deutschland von einer Inflation heimgesucht wurde. Heute wissen wir zwar, dass sich diese Krise beizeiten ausgeschlichen hat, sie muss aber immerhin genug Angst im Land verbreitet haben, um Mark-Stefan Tietze ein lehrreich-unterhaltsames "Tagebuch aus schweren Zeiten" führen zu lassen:


Mit der siebten Ausgabe von "55ff" bin ich einigermaßen zufrieden. Die Rubrik findet hier mehr und mehr zu ihrer Form, nicht zuletzt dank Sebastian Klugs Kult-Verrücktheiten ("Leserfoto des Monats", "Magazine empfehlen andere Magazine"), aber auch kleinteiligen Dönekes wie diesen:


Weiteres Notierenswertes
- François Hollande in "Der letzte Mensch" zu Frankreichs Mali-Einsatz: "Wie genau unterscheidet sich Ihr Vorgehen von dem Sarkozys?" - "Sarkozy macht ja gar nichts. Wie man mir berichtet, liegt er zurzeit vor dem Fernseher, ißt Chips, und Carla muß um ihn herumsaugen." - "In seiner Amtszeit hat er mit Gaddafi einen gefährlichen Kriegsherrn ausgeknockt, während Sie mit Hippies Händchen hielten und Blumen für Gewehrläufe züchteten. Doppelmoral oder einfach Bigotterie?" - "Mit Sarkozy will ich mich nicht vergleichen. Sarkozy, das war Oberschicht, Promifaktor, L'Oréal-Gestank. Das habe ich nicht nötig. Wir machen hier einen ehrlichen, schweißgetränkten Krieg ohne Chichi, ohne Parfüm. Wir haben an der Front die 30-Stunden-Woche eingeführt, mit je einer Kaffeepause zwischen zwei Salven ..."
- Schon wieder will mir weder Name noch Charakter unseres (Schüler-?)Praktikanten (Aboanzeigen-Model auf S. 12) einfallen. Es tut mir leid.
- Schönes weiches, gleichsam schön von Rürup/Tietze umgesetztes Thema in der Heftmitte: "Ergänzungsmarken". Das Briefporto war von 55 auf 58 Cent erhöht worden (hach ...), und man musste eine Zeitlang hässliche 3-Cent-Zusatzmarken auf national versandte Briefe pappen. Die natürlich schon damals kaum noch jemand geschrieben hat.
- "Das neue deutsche Volkslied" ging doch noch weiter! Ich hatte es bereits beim letzten Mal beerdigt geglaubt.
- S. 54: Folge 2 meines 2011 installierten "Samuraischwert-Reports", in welchem ich anhand von Pressemitteilungen deutscher Polizeibehörden Straftaten, in denen ein Samuraischwert involviert war, gesammelt habe. Außer der Erkenntnis "Davon gibt es ja echt viele!" hat die langweilig geschriebene Reihe jedoch nix zu bieten, weswegen es auch nie einen dritten Teil gab, obwohl für einen solchen bestimmt genügend Material zusammengekommen wäre.
- Addendum zur letzten Ausgabe: Ich hatte einen Altmaier-Artikel von Wolff/Ziegelwagner bekrittelt, zu dem mir Freund Michael nun schrieb, dass er ein konkretes Vorbild in Form einer recht tendenziösen Spiegel-Homestory aufspießte und diese parodierte. Naaaa gut. Das ist halt die Gefahr bei diesen Reviews: Manche Vorlage ist einfach nicht mehr i(n meine)m Bewusstsein, auch wenn Titanic-Artikel in der Regel über Bande mitteilen, was jeweils persifliert bzw. worauf Bezug genommen wird.

Schlussgedanke
Abermals eine fetzige Nummer, in der so gut wie alles zündet.
PS: Im Impressum ist als Erscheinungstermin der Märzausgabe versehentlich jener der Aprilausgabe angegeben: 29.3. Ich schätze mal, dass das Märzheft am 22.2. rausgekommen sein wird und damit der normale Turnus wiederaufgenommen wurde. Deshalb kommt mein nächster Rückblick am 22. Februar.