Montag, 14. August 2023

Schöne Stellen aus deutschen Gerichtsentscheidungen

"Die Bezeichnung einer anderen Person als 'Fettes ' stellt ohne Zweifel eine grobe Beleidigung dar. [...] Ob aber tatsächlich Herr F. wegen seiner Körperfülle das einzige in Betracht kommende Beleidigungsopfer ist, oder ob ein anderer Vorgesetzter gemeint gewesen sein könnte oder gar Herr D. C., wie vom Kläger behauptet, kann dahinstehen und bedarf keiner weiteren Sachaufklärung. Es wird nachfolgend zugunsten der Beklagten unterstellt, dass ihre Behauptung insoweit zutrifft.
Ob und wie grob 'kopf' eine Beleidigung darstellt, hängt von den Umständen und auch vom Adressaten der Beleidigung ab.
Das vom Kläger benutzte Emoticon bedeutet ausweislich der List of Emoticons for Facebook (http://www.symbols-n-emoticons.com/p/facebook-emoticons-list.html) nämlich nicht 'Bärenkopf', sondern 'monkey face'. Ein Bärenkopf wird dagegen mit dem Emoticon ausgedrückt, welches 'teddy bear Emoticon' heißt. Aber offenbar haben beide Parteien das verwendete Emoticon als Bärenkopf angesehen.
Die Benutzung des Spitznamen 'Bärenkopf“ wäre jedenfalls dann grob beleidigend, sollte damit Herr H. gemeint gewesen sein und sollte damit beabsichtigt gewesen sein, sich über dessen krankheitsbedingt ausgeprägte Gesichtszüge lustig zu machen. [...]
Es ist aber zugunsten des Klägers angesichts der tatsächlichen Gesamtumstände davon auszugehen, dass dem Kläger die Tragweite seines Tuns und die Reichweite seiner Beleidigungen so nicht bewusst war. Auch wenn sich der Kreis der Kommentatoren (21 Personen) nicht nur aus einem kleinen Kreis mit den betrieblichen Verhältnissen der Beklagten vertrauter Person beschränkte, ging der Kläger offenkundig davon aus, dass die von ihm verwendeten Codes und Spitznamen nicht allgemein verständlich sind, sondern eben nur für Eingeweihte, insbesondere für den Chronikinhaber Herrn I.. Das 'fette Schwein' wurde von Herrn I. sofort einer Person zugeordnet, die den synonymen Spitznamen 'Spanferkel' trage. Es handelt sich also erkennbar um einen Insidersprachgebrauch. So ist auch der Spitznamen 'Bärenkopf' zu verstehen. Mit dieser Bezeichnung vermag ein Außenstehender nichts anzufangen. Ein Außenstehender vermag darin noch nicht einmal notwendigerweise eine Beleidigung sehen. Es handelt sich um einen Herrn H. von einer Gruppe an Eingeweihten gegebenen Spitznamen, der am äußeren Erscheinungsbild anknüpft, von dem aber nicht zu erwarten ist, dass dieser von irgendeinem des eingeweihten Kreises jemals direkt gegenüber Herrn H. verwendet würde. Der Kläger ging davon aus, dass nur in den Code eingeweihten Personen eine Zuordnung möglich wäre. Dies ergibt sich auch aus dem ebenfalls verwendeten Spitznamen 'Lars Ricken' für den ehemaligen Mitarbeiter der Beklagten Herrn H.. Eine Zuordnung von Namen an Personen außerhalb eines Kreises von Eingeweihten sollte vermieden werden, wie sich aus dem Kommentar des Klägers zur Namensnennung 'Schonny' durch Herrn H. ergibt."

Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, 4 Sa 5/16

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