Dienstag, 31. Oktober 2023

Betr.: Franchises, Inhaltsstoffe, Meißen, Karussells

Ich habe eine Meinung: Popkultur-Franchises sollten nicht länger als für die Dauer einer Menschengeneration ausgewalzt werden. Stell dir vor, du warst 1982, als die Sitcom "Cheers" startete, bereits 40 Jahre alt. Dann bist du jetzt, wo das Spin-off "Frasier" ein Revival erhalten hat, ein veritabler Greis. Oder gar schon verstorben. Traurig.
Bei "Doctor Who" ist es natürlich noch krasser, die Serie feiert nächsten Monat ihr 60-jähriges Jubiläum. Wie viele, die von Anfang an dabei waren, werden das wohl noch miterleben? (Nun ja, zumindest eine Person fällt mir ein, die sogar in der allerersten wie auch der zuallerletzt ausgestrahlten Episode mitgespielt hat.) "Doctor Who" mag ein Sonderfall sein, weil es da einen deutlichen "Bruch" aufgrund der (TV-)Pause von 1989 bis 2005 gibt, wobei natürlich nicht wenige Fans existieren, die sowohl die alte als auch die neue Serie kennen und goutieren. Nein, halt, schlechtes Beispiel: Die Pause von "Frasier" war viel länger, die Finalfolge des Ur-Installments wurde im Mai 2004 ausgestrahlt. Das ist mal ein "Bruch"! Gute Güte.
Jedenfalls möchte ich nicht, dass beispielsweise "Star Wars" noch nach meinem Tode weitererzählt wird. Ich will nichts verpassen.

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Für Shampoos mit ungewöhnlichen Zusätzen habe ich nach wie vor ein Faible. Neuerdings fällt mir auf, dass der 08/15-Bestandteil Kokos gerne mit Jojoba-Öl kombiniert wird. Ich weiß nicht mal, was das ist. Mein aktuelles Haarwaschmittel (aus der stets feinen Garnier-Reihe) ist mit Banane. Das Abgefahrenste, was ich mir zuletzt in die Haare geschmiert habe, war Shampoo von Syoss mit violettem Reis. Dabei handelt es sich offenbar um ein neues Superfood. Fit for Fun wusste bereits 2019 zu berichten, dass die lila Variante "reichlich Anthocyane" enthält, "das sind pflanzliche Antioxidantien. Diese verleihen dem Reis – wie auch Himbeeren, Heidelbeeren, Rotkohl und Auberginen – ihre natürliche dunkle Färbung. Die Pflanzenfarbstoffe schützen zudem vor freien Radikalen und somit vor vorzeitiger Alterung, stärken die körpereigenen Abwehrkräfte und fördern die Sehkraft. Der hohe Gehalt an essentiellen Nähr- und Mineralstoffen in lila Reis ist sogar wissenschaftlich belegt." Und das kann unser Kopf freilich gebrauchen.

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Erst dieses Jahr habe ich gelernt, dass die seit 1885 unveränderte Verpackungsgestaltung von Lyle & Sons' Golden Syrup offiziell als "world's oldest branding" gilt. Letzte Woche jedoch erfuhr ich in der Meissener Porzellanmanufaktur dies: "Die blauen gekreuzten Schwerter wurden 1722 erstmals zur Kennzeichnung von Meissener Porzellan verwendet. Sie sind die älteste, ununterbrochen verwendete Marke der Welt."
Na gut, es gibt womöglich einen Unterschied zwischen einer Markenkennzeichnung und einem branding, der mir nicht bekannt ist. Geht man aber von einem Logo im weitesten Sinne aus, gewinnt das Weiße Gold aus Meißen.
Das wäre übrigens mit Fug mindestens 125.000 Euro bei "Wer wird Millionär?" wert: die Antwort auf die Frage, wie es offiziell heißt – A) Meißener, B) Meißner, C) Meissener oder D) Meissner Porzellan.

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Man braucht sich über die katastrophalen Defizite "unserer" Kinder in den Bereichen Lesen und Schreiben nicht zu wundern, wenn die Erwachsenen mit so schlechtem Beispiel vorangehen. Nach der Schreibung von Karussell wurde, apropos, auch mal bei "Wer wird Millionär?" gefragt, für mindestens 8000 Euro, soweit ich mich erinnere.
Mensch, gerade in Frankfurt sollte das Wort doch sitzen. Lernt man hier nicht schon im Kindergarten den Badesalz-Klassiker "Das Leben ist ein Karussell" kennen?

Sonntag, 29. Oktober 2023

Es ist Herbts

Mich erstaunt, dass ich in diesem Blog noch nie etwas über das zuverlässig halbjährlich von der Presse dankbar aufgewärmte Thema Zeitumstellung geschrieben habe! Im Eintrag vom 28. März 2011 in meinem alten Blog findet sich der letzte und wie's scheint einzige Vermerk dazu:

Nach Jahren der Ratlosigkeit habe ich vor kurzem einen Spruch kennen gelernt, mit dem ich mir endlich merken kann, wann man die Zeit eine Stunde vor und wann zurück stellt:
Frühling: englisch spring --> spring forward, Herbst: fall --> fall back.
Hilfreich für alle, die keine Zeitung lesen, nicht ins Internet gucken, kein Radio hören, kein Handy oder keinen Computer mit automatischer Zeitanpassung besitzen und keinerlei Smalltalk betreiben. Meine innere Uhr hat sich gestern leider aus Versehen eine Stunde zurück gestellt, so dass ich heute schon um 06 Uhr 15 aufgewacht bin.

Heute wurde planmäßig die Winterzeit eingeläutet, und die Uhrenumstellung in meiner Wohnung vollzog sich ohne viel Federlesens. Ich habe die Eselsbrücke verinnerlicht, beherrsche die Regel im Schlaf.

Warum eigentlich fall einerseits, andererseits autumn? Beides sind bekanntlich englische Bezeichnungen für die dritte Jahreszeit, und zwar, wie Merriam-Webster anmerkt, "used interchangeably". Freilich dominiert fall im amerikanischen Englisch. Wegen der Allgegenwärtigkeit von US-Medien ist man derart an fall gewöhnt, dass ich neulich gehörig stutzte, als ich in dem im Großraum Boston spielenden Roman "Moonlight Mile" von Dennis Lehane das Wort autumn las.

Fakt ist: autumn (von lat. autumnus mit unklarer Bedeutung) schlich sich im 14. Jahrhundert in den englischen Wortschatz und ersetzte das bisher verwendete Wort harvest, welches mit dem deutschen Herbst verwandt ist. Dass autumn dankbar aufgenommen wurde, verdankte sich der offenbar Verwirrung stiftenden Doppeldeutigkeit von harvest als Jahreszeit und als Vorgang der Ernte. Im 17. Jahrhundert tauchte dann fall auf, als Verkürzung von fall of the leaves, dem "Fallen der Blätter". Wie es von da an in Großbritannien und in Nordamerika jeweils weiterging, kann im Merriam-Webster-Artikel nachvollzogen werden.

Das genannte Lehane-Buch ist übrigens eine Wucht. Lehanes Kenzie-und-Gennaro-Privatermittler-Krimis hatte ich in den Nullerjahren gelesen ("Gone Baby Gone" dürfte durch Ben Afflecks 2007er Verfilmung am bekanntesten sein), ebenso "Mystic River", "Shutter Island" und den Kurzgeschichtenband "Coronado". Danach hatte ich den Autor irgendwie aus den Augen verloren (staunte nur kurz, als ich seinen Namen als Drehbuch-Credit bei einer Folge von "Boardwalk Empire" entdeckte) und daher nicht mitbekommen, dass 2010 mit "Moonlight Mile", über zehn Jahre nach dem letzten, ein neuer Kenzie-und-Gennaro-Teil erschienen war. Ich hatte völlig vergessen, wie packend, lebendig und gediegen dieser Mann schreibt, jetzt mag ich den Schmöker gar nicht mehr weglegen. Eine taugliche Herbst-, von mir aus auch Strandlektüre!

Freitag, 27. Oktober 2023

Aus meinem Einkaufsnotizbuch

21. April 2023. Zwei Beobachtungen im Tegut

1. Das Barbara-Rütting-Brot heißt nicht mehr Barbara-Rütting-Brot, sondern "Bio Gewürz Brot" [klein gedruckt] "nach Barbara Rütting", und ihr Konterfei wurde vollständig von der Packung entfernt. Ja ja, so wird dein Andenken getilgt, kaum biste unter der Erde! Oder will sich die Firma Pema von den Grünen distanzieren? Dann hat sich's wohl mit "Daniel Cohn-Bendits Pausenbrot für Kinder" ... Ich habe das Brot jedenfalls mitgenommen, weil es im Angebot war. Auf dem Nachhauseweg fiel mir dann ein, dass das gar nicht mal so gut schmeckt.
2. Unter der Avocado-Auslage in der notorisch miesen Obst- und Gemüseabteilung war auf einem Schildchen die Herkunftsangabe "Kolumbien und Südafrika" durchgestrichen und mit "Sambia" ersetzt worden. So viel Transparenz lobe ich mir. Gut fürs Gewissen ist es auch, denn die Lieferwege aus Kolumbien resp. Südafrika sind ja Wahnsinn, während Sambia praktisch um die Ecke liegt.

(Offenlegung: Ich führe nicht wirklich ein Einkaufsnotizbuch)

Mittwoch, 25. Oktober 2023

TITANIC vor zehn Jahren: 11/2013

Dass es diesmal bittersüß werden würde, kündigte ich in der vergangenen Folge an. Dahinter steckt, dass das Novemberheft 2013 die letzte Ausgabe der Ära Fischer ist. Seufz.


An diesem Titel – der zugleich den Beginn einer langen, alsbald äußerst ermüdenden Ära, nämlich jener der Satire zur sog. Flüchtlingskrise, einläutet – saßen Tom Hintner, Leo Fischer und ich bis zur buchstäblich letzten Minute. Es war Blaupausen-Mittwoch, alles war fertig, nur die Titelseite, auf welche die Druckerei hufenscharrend wartete, wollte nicht so recht gelingen. Es wurde immer später, es floss reichlich Abschiedsbier, und ein Titel-Gag nach dem anderen wurde verworfen (eine Wildwasserbahn als Fluchtroute, uff). Schließlich verließen wir uns auf die Kanzlerin als Lückenbüßerin, womit dies das vierte Merkel-Cover in Folge wurde (was freilich nix ist im Vergleich zu 1992, dem 8-Kohl-Titel-Jahr, in welchem es sogar einen Fünfer-Streak gab). Ich finde den Witz bis heute gelungen.

Dieses Heft markiert auch einen weiteren Schlussstrich: Das letzte "politische Gedicht" erschien darin (bis die Rubrik von Moritz Hürtgen wieder re-installiert wurde). Mir fiel die Ehre zu, es zu verfassen und zugleich eine andere Institution zu verabschieden.


Wie bereits angedeutet: Das Schicksal der (afrikanischen) Refugees und der Umgang speziell Deutschlands mit ihnen beschäftigte die hiesigen Medien und, als mittelbare Folge, satirisch arbeitende Redaktionen ab Ende 2013 eine gefühlte Ewigkeit lang (und tut es, während ich dies schreibe, erneut!). Der erste größere Artikel (S. 26-29) stammte von Tim Wolff und Stephan Rürup und griff den Diskurs in wohltuend titanischster Weise auf. "Es ist eine 'Schande' (Papst Franziskus): Statt wie von der Natur vorgesehen in ihren Bürgerkriegen und Hungersnöten zu sterben, lassen sich immer mehr Afrikaner an unseren schönen Mittelmeerstränden anschwemmen. Dabei ist Todesangst doch kein Grund, gleich ins friedliche und satte Europa zu flüchten".


Unter den weichen Themen in jenem heißen Herbst findet sich ein saisonales, präsentiert auf der Doppelseite 34/35 (dem Posterplatz!) von zweien meiner All-time-Lieblingsmenschen:


Mit Jungredakteur und -poet Hürtgen nimmt nun auch Lyrik wieder einen prominenteren Platz ein. Auf S. 38f.: Grußworte des Bundespräsidenten, die er in die Goldenen Bücher des Landes eingetragen hat (dem ergiebigen Fotomaterial nach eine von Gaucks bedeutendsten Beschäftigungen).


Wie es der Zufall so will, habe ich just heute für eine TITANIC-Seite die Karriere Bernd Luckes recherchiert. Seine Allianz ALFA gibt es ja gar nicht mehr, und aus deren Nachfolgerin "Liberal-Konservative Reformer" ist dieses Jahr die Partei "Wir Bürger" geworden. 2013 jedenfalls war der AfD-Gründer in aller Munde, nachdem er den Einzug seiner Partei in den Bundestag haarscharf verpasst hatte, einer Partei, deren Programm ausweislich Michael Ziegelwagners Portrait "Lucky Bernd Lucke" damals noch als nahezu monothematisch galt.
"Der Professor für Eurokritik an der Uni Deppendorf ist keineswegs nur ein Zahlenmensch: Aus steuerlichen Gründen hat er eine Frau geheiratet, Dorothea, die ebenfalls in der AfD engagiert ist. Den Parteinachwuchs organisieren die Söhne Mark, Marko, Hans-Pfennig und Teurobert. [...] Ist die AfD eine Ein-Themen-Partei, besessen vom Fetisch D-Mark? 'Quatscho. Wir haben auch jede Menge Ideen zur Kulturpolitik.' Lucke schwärmt: 'Kunst ist nämlich eine topsichere Anlageform! Vor allem Bilder von Marc Chagall, Franz Marc, Marie Marcks und Mark Rothko.'"


Weiteres Notierenswertes
- Die Juxerei um Daniel Kehlmanns sichtbare Gewichtsabnahme (s. 10/13) geht weiter, wir initiierten den Wettbewerb "Ein neuer Name für Daniel Kehlmann", bei dem es als Hauptpreis eine (teure!) Nomos-Armbanduhr (s. 6/13) und als zweiten Preis die extrem nervig zur vollen Stunde zwitschernde Vogeluhr "von der Bürowand des scheidenden Chefredakteurs" zu gewinnen gab. Und wer jetzt maulend Fatshaming anmahnt, sei daran erinnert, dass "der dicke Kehlmann" nie krankhaft adipös, sondern allenfalls niedlich-pummelig war und außerdem Daniel fucking Kehlmann ist. Der Mann durfte letzte Woche Salman Rushdie laudieren und schwimmt in Literaturpreisen; he's doing fine, der hält das aus.
- Das Protokoll des Shutdowns in den USA – das war damals noch etwas ganz Besonderes –, das Leo und ich zusammenfabulierten, ist eines der wahnsinnigsten Produkte unserer Zusammenarbeit, enthält aber leider ärgerliche Tippfehler. Trotzdem eine vergnügliche Lektüre, if I may say so myself. "6. Oktober. Obama hat heute die Zahlungen für die Realitätsstabilisatoren an der Westküste eingestellt. Schon jetzt beginnen einige Naturkonstanten zu verschwimmen. Erste Schulen haben bereits das metrische System eingeführt, und in einer Wendy's-Filiale wurde erstmals seit 200 Jahren wieder mit Bargeld bezahlt." (S. 30-32)
- Für einen kleinen internen Skandal sorgte der "Letzte Mensch" über ... Robert Gernhardt. Das Interview "Der lustigste Mann der Welt packt aus", in welchem der beachtliche Reibach, den Gernhardts Schaffen (bis heute) generiert(e) und gegen den der Altmeister überliefertermaßen und verständlicherweise nie etwas einzuwenden hatte, verhandelte, kam bei einigen Vertreterinnen und Vertretern der TITANIC-Gründungsgeneration gar nicht gut an. Gallige Briefe von Autor(inn)en, von denen man jahrelang nichts gehört hatte und die das Heft gefühlt seit ihrem Ausschied nie mehr angerührt hatten, erreichten die Redaktion, die den im Grunde lieb gemeinten Quatsch, der Gernhardt vermutlich kaum gekränkt hätte, geschlossen verteidigte.
"Schlußfrage: Schenken Sie uns eine Lebensweisheit.
Geschenkt? Geschenkt gibt's den Tod. Und jetzt tschüs, habe so einen beschissenen Termin am Landgericht. Sie kennen das ja: Meine Mieter wollen die Kakerlaken raus, ich will die Mieter raus. Wem ich da wieder die Kniescheibe brechen lassen muß, ich will's gar nicht wissen ..."
Hahahaha!

Schlussgedanke
Ein glorioser Schwanengesang, ein herbstlich-stimmungsvoller Kürbis gefüllt mit beißendem Spott und beschwingten Schnurren. Next time: Neustart.

Montag, 23. Oktober 2023

Die südwestdeutsche Beinkleid-Provokation

Vor ein paar Wochen stieg ich irgendwo zwischen Koblenz und Mainz in eine sehr volle Regionalbahn. Lediglich ein Viererplatz war noch zu drei Vierteln frei: Ein Mann, gar nicht mal allzu desolat wirkend, hing isoliert in seinem Sessel. Ich hatte sofort die Eingebung: 'Hm, wenn die ganzen Passagiere hier lieber stehen als sich neben oder gegenüber diesem Kerl niederzulassen, muss irgendwas an ihm unangenehm sein.'
Zum Glück befand sich ein paar Reihen weiter doch noch eine Sitzgelegenheit für mich. Von dort aus konnte ich, da ich rückwärts fuhr, erkennen, was mit dem bärtigen, mittelalten, vorwärts fahrenden Mann nicht stimmte: Im Schritt seiner dünnen Stoffhose klaffte ein gewaltiges Loch und gewährte mangels darunter getragener Wäsche großzügigen Einblick in seinen Intimbereich. Diese subtile Form von Exhibitionismus fiel freilich auch anderen Mitreisenden auf, darunter einem älteren Wanderer vor mir, der den Freischwinger-Zausel alsbald in breitestem Pfälzisch zusammenstauchte: "Setz dich ordentlich hin ... Ich ruf die Polizei ... Ich lass dich aus dem Zug werfen ... so wie du aussiehst!" Diese Worte missfielen nun wiederum einer dem derart Beschimpften abgewandt hockenden Frau, Typ Waldorf-Pädagogin: "Niemand soll für sein Aussehen bloßgestellt werden!" Darauf der Pfälzer energisch: "Aber der hat ein Loch in der Hose! Man sieht den Schwanz und die Eier!"
Das machte mich schmunzeln. Der Zerschlissene setzte seine Füße auf den Boden und rückte seine Knie zusammen, dabei sagte er kein Wort.

Sonntag, 22. Oktober 2023

Schnelles "Porn"-Update

Nach rund anderthalb Jahren, in denen ich nicht mehr an das offenbar im Abflauen begriffene Phänomen gedacht hatte, sah ich auf der Frankfurter Buchmesse, am Stand des mir bis dahin unbekannten, aber sehr schöne Coffee-Table-Books herausbringenden Verlags Gestalten, das hier:

Freitag, 20. Oktober 2023

Hokus Remotus

Um die Jahrtausendwende herum, als immer mehr technische Geräte in private Haushalte einzogen, waren für kurze Zeit Universalfernbedienungen ein Ding. Auch unsere Familie schaffte sich so ein Teil an: Eine einzige Fernbedienung sollte drei, vier, sieben verschiedene ersetzen. Um die Universalbedienung "anzulernen", musste man sie gegenüber der jeweiligen Ausgangs-Fernbedienung platzieren – so, dass beide einander "anschauten" – und ihr die zu übernehmenden Tastenfunktionen "vormachen".
Wenn mich mal jemand bittet, ein Beispiel für echte, funktionierende Magie zu geben, werde ich DAS anführen.

(Foto von der Hama-Homepage)

Mittwoch, 18. Oktober 2023

Meine zehn zuletzt gesehenen Filme

Bird Box: Barcelona
... ist eine Parallelerzählung oder ein Addendum zu "Bird Box" von 2018, nur tragen sich die gezeigten Geschehnisse, wie schon der Titel wissen lässt, in Barcelona zu. Die Ausgangslage des Survivalhorrordramas ist demgemäß dieselbe. Menschen werden unter freiem Himmel ihrer inneren Dämonen ansichtig und davon derart erschüttert, dass sie sich augenblicklich in den Tod stürzen; die einzige Möglichkeit, sich vor diesem "Virus" oder "Gespenst" zu schützen, ist, mit verbundenen Augen umherzutapsen. Hier erfahren wir nun genauer, welcher Art die "inneren Dämonen" bei einzelnen Betroffenen sind und ob man immun gegen die "Krankheit" sein kann.
Bleibt die Frage, ob es solche Konkretisierungen und Entmystifizierungen gebraucht hat, denn wie die vielen Anführungszeichen in dieser Rezension nahelegen, ist das Vage, unbestimmt Schauderhafte ein essenzieller Aufhänger des Bird-Box-Franchise'. Die Charaktere erzeugen wenig Sympathie, und auch sonst bleibt so gut wie nichts im Gedächtnis haften. Ich empfehle die Originalfassung, denn die Multilingualität sorgt wenigstens für Immersion und ist das einzig Interessante.

The Eternal Daughter
Dieses (lt. Wikipedia) "Gothic mystery drama" aus dem vergangenen Jahr wurde von der Öffentlichkeit kaum wahr-, von der Kritik dafür äußerst positiv aufgenommen, nämlich, nach Rotten Tomatoes, zu 95 %. Ich wage zu behaupten, dass das allein Tilda Swinton zu verdanken ist. Die unbestreitbar talentierte Jahrhundertmimin glänzt zwar in ihrer Doppelrolle als Mutter und Tochter, davon abgesehen fehlt es an Reiz. Nichts gegen subtilen und zurückgenommenen Grusel, aber "The Eternal Daughter" schießt übers Ziel hinaus und verzichtet fast gänzlich auf Gothic-Elemente, sodass die Atmosphäre des Schauplatzes, ein abgeschiedenes Landhotel, geradezu lähmend wirkt. Mehr als die ohnehin kaugummiartigen 96 Minuten hätte ich nicht ausgehalten.

Oppenheimer
Vorab und quasi als Präludium ist es Zeit für mein persönliches Ranking aller Christopher-Nolan-Filme (ausgenommen sein Debüt "Following", weil ich nicht mehr weiß, ob ich das überhaupt gesehen habe):
1. Interstellar
2. Dunkirk
3. The Dark Knight
4. The Dark Knight Rises
5. Inception
6. Prestige
7. Batman Begins
8. Tenet
9. Oppenheimer
10. Memento
11. Insomnia
Die Platzierung von "Oppenheimer" – der gemeinsam mit "Barbie" 2023 den Glauben an die Magie des Kinos wiederhergestellt hat – soll keineswegs den Eindruck erwecken, er habe mir nicht gefallen! Ein schlechter Nolan ist immer noch ein guter Film. (Ich bekomme sogar gerade Lust, "Insomnia" mal wieder zu schauen.) Ich bin froh, "Oppie" auf einem Premiumsitz im Frankfurter CineStar (wenn schon nicht als 70-mm-IMAX-Fassung) genossen zu haben. Allein die Soundeffekte muss man in einem Kinosaal erleben; ich kann mich nicht erinnern, dass mir dröhnende Lautsprecher abseits von Konzerten je dermaßen den Brustkorb und das Zwerchfell haben vibrieren lassen. Die Besetzung ist natürlich superb. (Fun fact: Falls Robert Downey Jr. im Februar den Oscar als bester Nebendarsteller gewinnt, wäre er der erste Ex-"Saturday Night Live"-Cast-Member mit einem Academy Award. Nominierte gibt es bereits einige, darunter seine Season-11-Kollegin Joan Cusack, und oscarprämierte SNL-Alumni, die nicht Teil des Ensembles waren, gibt es schon zwei: Adam McKay, bestes adaptiertes Drehbuch, "The Big Short", 2016, und Howard Shore, drei Auszeichnungen für den "Herr der Ringe"-Score. Ja, genau, Howard Shore war in der Anfangszeit von SNL Musical Director und hatte in diesen Jahren sogar einige Hintergrundauftritte! Aber ich drifte ab.)
Die ganze Geschichte ist einerseits packend und lehrreich, andererseits sehr fordernd bis schwer verständlich sowie für meinen Geschmack zu langatmig erzählt. Und den Kniff, chronologisch Früheres in Farbe und zukünftige Ereignisse in Schwarz-Weiß zu zeigen, kennen wir schon aus "Better Call Saul". Darüber hinaus darf Nolans nächstes Science-Fiction-Werk meinetwegen wieder mehr Fiction als Science enthalten.

Triangle of Sadness
... wird seinem Ruf vollends gerecht. Eine beißende Satire über die Welt der Superreichen mit wahren Laugh-out-loud-Momenten, aber auch mit bisweilen schmerzhafter Brutalität – da liegt ein Vergleich mit "The Menu" nahe, gezogen etwa von den "Overthinking It"-Jungs in ihrer Doppelbesprechung der zwei im selben Jahr erschienenen Filme, von welchen "Triangle of Sadness" der "europäischere" sein mag, die aber beide für sich stehend funktionieren. Ich habe mich prächtig amüsiert und habe jetzt noch weniger Lust auf eine Luxuskreuzfahrt, als ich ohnehin schon hatte.

The Trip - Ein mörderisches Wochenende
Dass die Schwedin Noomi Rapace eine der beiden Hauptrollen in diesem norwegischen Home-Invasion-Actioner von 2021 ergattern konnte, verdankt sich wohl auch dem Umstand, dass sie die Sprache fließend beherrscht (vgl. "Lamb" aus demselben Jahr). Ich habe ihn auf deutsch auf Amazon Prime gestreamt. Nach der Beschreibung dort bin ich von einer Art "Mr. & Mrs. Smith" im Blockhütten-Setting ausgegangen, schnell entpuppte sich die schwarze Komödie jedoch als mehr und sorgte mit der ein oder anderen Überraschung für Kurzweil. Ich bin ja nun nicht der größte Splatterfreund, doch die Rohheit in ihrer typisch skandinavischen Gnadenlosigkeit kann ich respektieren.

White Noise
Bevor ich "Barbie" sehe (jaaa, irgendwann muss ich das tun), vielleicht erst mal einen weiteren von Noah Baumbachs ("Marriage Story") früheren Werken? Wobei: "White Noise" kam direkt vor "Barbie" raus, lief zunächst in ausgewählten Kinos, dann exklusiv bei Netflix, wie das heutzutage halt so ist. Um das Fazit vorwegzunehmen: Er hat mir gefallen. Handwerklich und vom Ton her hat mich diese Umweltkatastrophen-Familien-Groteske oft an Wes Anderson, manchmal an Spielberg, punktuell an Tarantino erinnert. Alles nicht die schlechtesten Vorbilder, doch ich fragte mich immer wieder: Ist das Baumbachs Handschrift, imitiert er einfach zu ungehemmt oder parodiert er sogar? Zum Gesamtpaket fügt sich dieser stilistische Bausatz nur klappernd und wacklig. Man guckt aber gerne hin. Selbst Lars Eidinger störte mich kaum, und schön fand ich, Don Cheadle mal wieder zu begegnen.

Tatis herrliche Zeiten (OT: PlayTime)
Dem Œuvre Jacques Tatis hatte ich mich zeit meines Lebens verweigert. Ich würde damit nicht warm werden, fürchtete ich, und nun weiß ich, dass ich damit auch nicht mehr warm werden werde. Nichtsdestotrotz sollte man und sollte auch ich einmal hineingeschnuppert haben, zumal ich kurz zuvor 1.) die "All Movie Talk"-Folge über ebenjenen französischen Regisseur gehört hatte und 2.) auf Ken Jennings' Top-10-Filmliste gestoßen war, in welcher auf Platz 8 "PlayTime" zu finden ist.
In der Bibliothek gab es die 4-DVD-Tati-Collection, also sagte ich mir: Allons-y! Ken Jennings hat recht: Der Star dieses überlangen (und über-teuren, den Regisseur an den Rand des Ruins getrieben habenden) Streifens ist die Stadt. Die durchindustrialisierte, entmenschlichte Großstadt mit all ihren Mechanismen, Konstruktionen und standardisierten Abläufen, sie wird als bewegliches Diorama eingefangen, und der Zuschauer entdeckt in jeder Ecke dieses überdimensionierten Puppenhauses irgendetwas. Produktionstechnisch ist dieses "Tativille" durchaus beeindruckend. Der Protagonist, der mit seinem Mantel, seinem Stock und seinem Hut zwar markant, mit seinem verdeckten Gesicht aber anonym bleibt, ist so passiv, wie es etwa ein Mr. Bean niemals ist. Hilflos und überfordert zwar von der futuristischen Version eines rein funktionalen Paris, ist er gleichsam neugieriger Beobachter und stummes Opfer. Dabei tritt er gar nicht in jeder der meist unzusammenhängenden Szenen in dieser handlungsfreien Collage auf; oft werden scheinbar willkürlich verschiedenste Grüppchen und Individuen eingefangen, aus dem Gewusel herausgepickt. Wirkungsvoll ist der Klangteppich, auch in der deutschen Tonspur dominiert französische Zunge, man vernimmt nur vereinzelte Wortfetzen, Kommunikation verkommt zum Hintergrundrauschen, ich wurde an Wenders' "Himmel über Berlin" erinnert.
Langer Rede kurzer Sinn: Es ist im Grunde ein (Welt-)Theaterstück über NPCs. Künstlerisch hat das alles seinen Wert, aber ich habe es lieber, wenn ein bisschen mehr los ist, wie bei Chaplin. Mag sein, dass die Betulichkeit besonders auffällig und störend ist, wenn man "Herrliche Zeiten" wie ich lediglich auf dem Wohnzimmerfernseher verfolgt (wenigstens nicht auf'm Laptop).

Scary Stories to Tell in the Dark
André Øvredal, der norwegische "Trollhunter"-Macher, der zuletzt die Dracula-Fußnote "The Last Voyage of the Demeter" verfilmt hat, konnte mich vor sechs Jahren schon mit "The Autopsy of Jane Doe" überzeugen. 2019 hat er den auf der gleichnamigen Kinderbuchreihe basierenden Episodenhorror "Scary Stories to Tell in the Dark" vorgelegt. Gute Bewertungen ließen mich einschalten, und was soll ich sagen? Der hätte mich als Teenager tüchtig das Fürchten gelehrt, selbst als Erwachsener taugte mir der auch visuell ansprechende, von Guillermo del Toro mitproduzierte Halloween-Spaß durchaus.

Lady Bird
Die "Barbie"-Connection in diesem Monat schließt sich mit Greta Gerwigs 2017er Coming-of-Age-Drama "Lady Bird", der mir, wie "Scary Stories ...", als Teenager auch gefallen hätte. In meinem Alter meide ich Stoffe für und mit Teenager(n), aber wenn man was wagt, wird man gelegentlich belohnt: "Juno" und "It's Kind of a Funny Story" waren ja auch super. Die gewitzte Leichtigkeit, die der Schwermut und den ernsten Themen entgegengesetzt wird, ist ebenso zu loben wie der Cast, von Hauptdarstellerin Saoirse Ronan über den jungen Timothée Chalamet bis zu Laurie Metcalf, die für ihre Rolle als Lady Birds Mutter für den Oscar nominiert wurde. (Fun fact: Damit ist sie eine weitere oscarnominierte SNL-Alumna, denn, und das wissen wirklich nur Hardcore-Fans, Laurie Metcalf war tatsächlich ein Featured Player – für gerade mal eine einzige Episode in der 6. Staffel, welche neben der elften, in der Robert Downey Jr. dabei war, zu den Tiefpunkt-Jahrgängen, den cursed seasons, zählt. In der in diesem Blog besprochenen Sitcom "Norm" glänzte sie dann neben Norm Macdonald, der bekanntlich in der ebenfalls berüchtigt schlechten Season 20 einer der wenigen Lichtpunkte war. Aber ich drifte ab.)
Kurios, fast schon putzig ist, dass der Marker von Unterprivilegiertheit (Lady Birds Familie ist armutsbetroffen) in diesem Anfang der 2000er angesiedelten US-Porträt ist: Man wohnt zwar in einem riesigen Haus, das indes nicht über die mondänste und modernste Ausstattung verfügt.

Paint
Owen Wilson spielt einen Bob-Ross-Verschnitt, dessen langlebige Lokal-TV-Sendung in Existenznöte gerät. Klingt banal, ist auch wirklich nicht sonderlich tiefgründig, aber die imdb-Wertung von 4,9 ist unfair. Harmlos nett, hie und da zum Schmunzeln, ordentlich gespielt (Nebenrollen: Stephen Root, Michaela Watkins) und mit dem gewissen Feelgood-Faktor versehen, ist der dieses Jahr erschienene "Paint" nämlich exakt das Passende für einen Vermont-artigen Herbstnachmittag.

Montag, 16. Oktober 2023

Erinnerung: Verschatzt

Am 12. November 2011 bin ich besonders früh aufgestanden – nach nur 5 Stunden Schlaf (der Freitag davor war ein langer Arbeitstag) – und fuhr zum Industriepark Frankfurt-Höchst, um dort eine sehr teure Uhr zu finden. Um es vorwegzunehmen: Da war keine Uhr, stattdessen erwartete mich und eine Handvoll weiterer Schatzsucher folgende Plakette (zum Lesen vergrößern):


Der Rätseltext des Zeit-Magazins, der mich dorthin geführt hatte, lautete: "9.45 Uhr, da brach Kjell-Erik Ståhl mit 2587 anderen zu seinem ersten großen Triumph auf. Wer heute suchen will, gehe, laufe zum Tor, wo alles anfing. Dort befindet sich ein Drehkreuz. TAG Heuer, Carrera Mikrograph 1/100th, 40000 Euro." Die geizigen Milliardäre von der Zeit hatten allerdings lediglich in Wiesbaden eine Uhr ausgelegt. Da wäre ich auch in kurzer Zeit hingekommen, und das dazugehörige Rätsel hatte ich natürlich ebenfalls gelöst! Der Trostpreis entpuppte sich übrigens als 15-Euro-Gutschein für den Zeit-Shop. Hier kann man alles nachlesen.

(ursprünglich notiert am 29.11.2011)

Samstag, 14. Oktober 2023

Mensch, Google ...

Ich wollte diesen Beitrag erst mit "Alles wird schlechter, Teil XYZ" betiteln, aber ich bin mir sicher, eine Überschrift dieser Art schon mindestens einmal verwendet zu haben, und es soll ja nicht der Eindruck entstehen, Pessimismus sei das Grundrauschen meines Gedankenstroms. Aber womit mich Google kürzlich überraschte, nay: überfiel, das war schon ähnlich enragierend (ein Wort, für das Google nur zwei Belege liefert!) wie die Abschaffung des Google Readers vor zehn Jahren (Kybersetzung berichtete). Google schiebt scheint's alles aufs Abstellgleis, was praktisch, nacheifernswert und zukunftssicher ist. Ja, auch Google+ fand ich damals gar nicht schlecht und hielte es gerade in Zeiten des Niedergangs von Facebook und X (vormals Twitter) für eine achtbare Alternative. Oder wisst ihr noch, Google Glass? Okay, das war wirklich Quatsch.

Jedenfalls bekomme ich, wie Hunderte, wenn nicht gar Tausende andere, am 26.9. eine Mail mit dem Betreff "Google Podcasts wird eingestellt". Da wusste ich sofort: Google Podcasts wird eingestellt. Meine liebgewonnene, makellose, unersetzliche Podcast-App, einfach zum Tode verurteilt! Warum? Why? Ferner: Wie? Wie geht's nun weiter? Zitat aus der E-Mail: "In den ersten Monaten des Jahres 2024 werden wir in deiner Region Tools einführen, mit denen du deine Podcast-Abos von Google Podcasts auf YouTube Music übertragen kannst. Anfang 2024 führen wir dann in deiner Region Tools ein, mit denen du deine Podcast-Abos von Google Podcasts auf YouTube Music übertragen kannst." (Doppelt hält besser, wie?) "Du kannst dir dann in YouTube Music deine Podcasts genauso anhören wie auf Google Podcasts. Dafür ist kein kostenpflichtiges YouTube Music Abo erforderlich. Falls YouTube Music nicht die optimale Lösung für dich ist, hast du mit diesen Tools auch die Möglichkeit, eine Datei deiner Podcast-Abos herunterzuladen und in eine App hochzuladen, die den Import unterstützt. Es besteht außerdem die Option, deine Google Podcasts-Daten mit Google Datenexport aus deinem Google-Konto zu exportieren." Klingt erst mal unproblematisch. Eine reibungslose Transition, im Zuge derer auch meine sämtlichen Fortschrittsstatus, i.e. welche Podcasts habe ich (bis wohin) gehört?, beibehalten werden, erwarte ich dennoch nicht. Denn, siehe oben, alles wird immer schlechter.

Dienstag, 10. Oktober 2023

Notizen & Gedankensplitter

Was ich gerne in den Nachrichten sähe: einen schönen, altmodischen Eisenbahnraub

Am dümmsten komme ich mir immer vor, wenn Menschen aus dem süddeutschen Sprachraum "hier" meinen und "da" sagen.
- "Da is' schee!"
- "Wo?"
- "?"
- "..."

Musste gerade dran denken, wie unsere Deutschlehrerin in der 5. Klasse einmal zum Unterrichtsbeginn ungefragt den Plot von "Candyman" nacherzählt hat.

Der Mensch ist das einzige Tier, das Dinge gratiniert.

Dass es 2023 noch Hip-Hop-Newcomer mit "Lil'" im Namen geben würde, hätte ich vor 20 Jahren auch nicht gedacht.

Idee: Feuer in festem Aggregatzustand

Zum Glück habe ich mir damals aus Athen ein paar Antik-Histaminika mitgebracht.

Schade, dass das Schimpfwort "Schrumpfgermane" ausgestorben ist.

Schon praktisch, dass heutzutage jedes Smartphone einen QR-Scanner hat. Früher mussten wir diese Codes händisch umrechnen - Stunden hat das gedauert!

So nicht: Seinen Kindern statt den Abendgruß den Hitlergruß zeigen

Der Firmenname Dyson ist eine Kürzung aus "DYSfunktiONalität"? Na ja, müssen sie selber wissen.

Moules-frites, aber als französisierter deutscher Männername (Muhlfried)

[sieht eine Lieferdrohne wegfliegen] "Aha, und das hat's jetzt gebracht?"

Den Nachwuchs statt im Kinderparadies versehentlich in der Vorhölle abgeben

Paralleluniversum, in dem die Mainzelmännchen nie erfunden worden sind: nicht die schlechteste aller möglichen Welten

Guter Name für einen Blumenlieferdienst: "Call a Calla"

Gäbe es eine Porreekönigin, wäre es angemessen, sie mit "Eure Durchlaucht" zu adressieren.

Der Film "The Nun" heißt auf deutsch "Je nun".

Mulder & Scully & Charybdis

Der Tobi und das Bo are afraid

Mit dem Gila-Monster auf dem Gillamoos

Ein Profi-Trainer namens Profit-Rainer

Gib mir die Hand / 
ich führ dich nach Samarkand

Art Spiegelman: "Spart Igel, Mann!"

Max riemelt schon wieder.

Großkopfert, aber als Alpengipfel

Wo war Kobern-Gondorf, als die Westford fiel?

"Was hat vier Daumen und erklärt euch jetzt, was Polydaktylie ist? This guy!"

Die Mühle ist schon eine der irrwitzigsten Erfindungen der Menschheit. 
"Hast du eine Idee, wie man das Korn hier leichter zerkleinern kann?"
"Hmm ... Okay, ich hab's: Zuerst brauchen wir EINEN BACH."

Sonntag, 8. Oktober 2023

Kurz getestet: Die neuen Mühlenscheibchen

Ich find's immer etwas albern, wenn Leute Fleisch-Ersatzprodukte albern finden. Dass mittlerweile jedes ursprünglich nicht-vegetarische Produkt, von Bacon über Räucherlachs bis Leberwurst, ein Pendant auf Pflanzenbasis hat, mag übertrieben sein, aber wie immer lässt sich die rhetorische Gegenfrage stellen: Warum nicht? Essen und essen lassen.

Die Firma Rügenwalder darf in Sachen Veggie-Brotbeläge und -aufstriche als Vorreiter gelten, als sehr erfolgreicher zumal. Schon vor Jahren las ich in einem Interview mit der Geschäftsführung, dass das traditionell auf Schlachtgut spezialisierte Haus inzwischen mehr Umsatz mit seinen fleischfreien Erzeugnissen generiert als mit dem "klassischen" Sortiment. Auch ich greife beispielsweise gerne zur veganen Teewurst, wenn mir nach Abwechslung auf der Stulle ist. Scheiben à la "Lyoner Art" reizen mich weniger, da ich Wurstaufschnitt nie besonders mochte. Die vegane Mühlen-Salami Feinschmecker-Art nahm ich letzte Woche jedoch impulsiv mit, denn das 80-Gramm-Päckchen war 1. bei Rewe im Angebot und 2. mit dem Aufdruck NEU versehen, und da kann ich bekanntlich nicht widerstehen.


'Was ist denn im Vergleich zur normalen Veggie-Salami Feinschmecker?', fragte ich mich. Was soll ich sagen: Das Zeug schmeckt wirklich fein. Es wartet mit einer so gut abgestimmten Würze (Konzentrate aus Rettich, Karotte, karamellisierter Karotte und Paprika) samt betörendem Rauch-Aroma auf, wie ich sie selten in einer Wurst-Alternative vorgefunden habe. Das Versprechen "Auch perfekt für Pizza" nehme ich der Verpackung sofort ab. Dafür vergebe ich 8/10 Punkten.

PS: In unserer Familie nannten wir Salami gelegentlich halb scherzhaft "Eselswurst". "Den Begriff 'Eselswurst' verdankt die Salami der Tatsache, dass sie im 19. Jahrhundert in Italien und Ungarn oft aus Eselsfleisch hergestellt wurde. Allerdings nicht deshalb, weil es so gut schmeckte, sondern weil es schlichtweg nur wenig Rind- und Schweinefleisch gab. Heute stecken meist Rind und Schwein in Salami", antwortete die Freie Presse im Mai 2015 auf die Frage einer Leserin, warum Salami auch als Eselswurst bezeichnet werde, obwohl doch gar kein Esel drin ist.

Freitag, 6. Oktober 2023

Was es nicht alles nicht gibt!

"Kuck mal, hier gibt es keine Panini! Kriegen wir keine Panini?"
"Ihr hattet gestern schon keine Panini, heute gehen wir wohin, wo es Panini gibt."


Dies ist eine Fortsetzung zu den Blogbeiträgen
Unique Not-Selling Point
How Much is the Coffee in the Window?
Eis ist aus

Mittwoch, 4. Oktober 2023

Immer mitten in die Fresse rein

Erinnert ihr euch noch an meine kleine Sammlung in der Neon gebeichteter absonderlicher Nahrungsvorlieben junger Partnersuchender? Diese Sammlung erhielt jüngst neues, haha!, Futter, freilich nicht aus der längst eingestellten Zeitschrift Neon, sondern aus einer Sonderausgabe des Spiegel. Am 30. August gab es nämlich ein "Schmeckt's?"-Spezial, in dem sich auf 130 Seiten alles ums Essen drehte. Im hinteren Teil kam eine Fotostrecke: "Mal ehrlich. Was und wie essen wir, wenn niemand zuschaut?" Ja, was? Ich halte es hier für die Nachwelt fest.

  • Jil, 25: Sprühsahne, pur
  • Bernard, 61: das Wasser aus Würstchendosen
  • Elke, 71: Schokoküsse mit Gewürzgurken, Gurkensud
  • Helena, 20: "Banane und dazu Nutella mit 'm Löffel aus dem Glas"
  • Timo, 25: Salzstangen mit Ketchup ("Mit Ketchup geht alles.")
I don't judge, ich dokumentiere nur.

Montag, 2. Oktober 2023

Serientagebuch 09/23

01.09. Leverage 2.12
03.09. Hijack 1.02
04.09. Doctor Who (Classic) 20.S
06.09. Hijack 1.03
Hijack 1.04
07.09. Fleabag 2.05
Fleabag 2.06
10.09. Archive 81 1.07
Archive 81 1.08
11.09. Hijack 1.05
Hijack 1.06
12.09. Hijack 1.07

Wegen Unterwegsseins konnte ich diesen Monat nur wenig gucken, dafür gleich vier Dinger beenden.

Hin und her habe ich überlegt, ob das Special "The Five Doctors" von 1983 als Film zu behandeln sei, schließlich wurde es damals anlässlich des 20-jährigen Doctor Who-Jubiläums zusammenhängend und losgelöst von der offiziellen Episodenzählung (zwischen Serial 128 und 130) ausgestrahlt. In Deutschland allerdings wurde "Die fünf Doktoren" durchaus in drei 25-minütigen Parts (1995 auf VOX) gesendet, sodass ich die Story regulär ins Serientagebuch aufnehme, auch wenn ich sie jetzt wiederum als 100-minütigen "Special Edition"-Film auf DVD gesehen habe, haha.
Langer Rede kurzer Sinn: Endlich habe ich diesen Meilenstein nachgeholt! Gefallen hat mir zuvörderst natürlich das Wieder- und, was ja der Gag war, gemeinsame Auftreten der alten Doktoren, insbesondere war es eine Wonne, Patrick Troughton, meinen Lieblings-Doktor der Classic-Ära, unverändert quirlig und erstmals in Farbe zu sehen. Dass auch mehrere ehemalige Companions auftreten, hatte ich vorher gar nicht gewusst. Die Geschichte an sich ist einem Spezial mit Abstrichen angemessen, das Tempo passt, die Effekte und Kostüme sind leider teilweise noch schrappiger als gewohnt (Lowlights: das Himmelsobjekt, das die Doktoren aus der Zeit reißt, und der Raston-Kampfroboter).

Zeit wurde es auch, die zweite und leider letzte Staffel von Phoebe Waller-Bridges preisgekrönter Dramedy Fleabag anzusehen, die ist schließlich auch schon wieder über vier Jahre alt. Die sechs Folgen waren kurzweilig, solide bis überraschend besetzt (Prof. Moriarty aus "Sherlock" als namenloser Priester!), hätten aber für meinen Geschmack einerseits noch witziger und noch trauriger sein können. Na ja, Jammern auf hohem Niveau. Was für mich bis zum Schluss funktioniert hat, war das Durchbrechen der Vierten Wand (das, quasi als Durchbrechen dieses Durchbrechens, ein paarmal thematisiert wurde); diese kecken Blicke und scharfzüngigen asides (mitunter an Kevin Nealons "Mr. Subliminal" erinnernd) der Hauptfigur in die Kamera: einfach köstlich.

Nicht zu 100 % überzeugt hat mich Archive 81. Anfangs durch dezenten Found-Footage-Grusel und nur angedeuteten Paranormal-Horror Neugier schürend, wurde die Schaueratmosphäre zunehmend "in your face", das Szenario dabei immer verworrener, und die finale Einstellung konnte ich exakt vorhersagen. Man muss dem Plot dabei zugute halten, dass er Volten schlägt und mit Zeitsprüngen um die Ecke kommt, die man so nicht erwartet. Viel Liebe wurde in die gefaketen TV-Sequenzen und VHS-Schnipsel von anno dazumal gesteckt. Die Hauptdarstellerin und der Hauptdarsteller, zwei unverbrauchte Gesichter, waren sympathisch.

Die Top-1 in diesem Viererreigen erreicht für mich Hijack, eine weitere Edelproduktion aus dem Hause Apple. Idris Elba (auch Executive Producer) findet sich in einer Flugzeugentführung wieder und muss das Schlimmste verhindern. Das klingt nun nicht gerade wie die Neuerfindung des Rades, aber hier wird die Spannungsschraube so überdreht, dass es eine Freude ist, zumal viele Tropen elegant auf links gekrempelt werden: Wann hat man zum Beispiel in diesem Genre mal westeuropäische Terroristen gesehen? Und wann kommt es schon vor, dass sich der Held in der geschilderten (hier in Echtzeit ablaufenden) Ausnahmesituation nicht als Ex-Marschall/Elitekämpfer/Profikiller entpuppt? Elbas Figur ist ein business negotiator, ein Geschäftsverhandlungsführer, seine Waffe mithin die Sprache. Einer seiner Gegenspieler wird von Neil Maskell verkörpert, der bereits in der mystisch-verstörenden Brit-Serie "Utopia" einen durchgeknallten Verbrecher mimte. Stark!