Mich erstaunt, dass ich in diesem Blog noch nie etwas über das zuverlässig halbjährlich von der Presse dankbar aufgewärmte Thema Zeitumstellung geschrieben habe! Im Eintrag vom 28. März 2011 in meinem alten Blog findet sich der letzte und wie's scheint einzige Vermerk dazu:
Nach Jahren der Ratlosigkeit habe ich vor kurzem einen Spruch kennen gelernt, mit dem ich mir endlich merken kann, wann man die Zeit eine Stunde vor und wann zurück stellt:
Frühling: englisch spring --> spring forward, Herbst: fall --> fall back.
Hilfreich für alle, die keine Zeitung lesen, nicht ins Internet gucken, kein Radio hören, kein Handy oder keinen Computer mit automatischer Zeitanpassung besitzen und keinerlei Smalltalk betreiben. Meine innere Uhr hat sich gestern leider aus Versehen eine Stunde zurück gestellt, so dass ich heute schon um 06 Uhr 15 aufgewacht bin.
Heute wurde planmäßig die Winterzeit eingeläutet, und die Uhrenumstellung in meiner Wohnung vollzog sich ohne viel Federlesens. Ich habe die Eselsbrücke verinnerlicht, beherrsche die Regel im Schlaf.
Warum eigentlich fall einerseits, andererseits autumn? Beides sind bekanntlich englische Bezeichnungen für die dritte Jahreszeit, und zwar, wie Merriam-Webster anmerkt, "used interchangeably". Freilich dominiert fall im amerikanischen Englisch. Wegen der Allgegenwärtigkeit von US-Medien ist man derart an fall gewöhnt, dass ich neulich gehörig stutzte, als ich in dem im Großraum Boston spielenden Roman "Moonlight Mile" von Dennis Lehane das Wort autumn las.
Fakt ist: autumn (von lat. autumnus mit unklarer Bedeutung) schlich sich im 14. Jahrhundert in den englischen Wortschatz und ersetzte das bisher verwendete Wort harvest, welches mit dem deutschen Herbst verwandt ist. Dass autumn dankbar aufgenommen wurde, verdankte sich der offenbar Verwirrung stiftenden Doppeldeutigkeit von harvest als Jahreszeit und als Vorgang der Ernte. Im 17. Jahrhundert tauchte dann fall auf, als Verkürzung von fall of the leaves, dem "Fallen der Blätter". Wie es von da an in Großbritannien und in Nordamerika jeweils weiterging, kann im Merriam-Webster-Artikel nachvollzogen werden.
Das genannte Lehane-Buch ist übrigens eine Wucht. Lehanes Kenzie-und-Gennaro-Privatermittler-Krimis hatte ich in den Nullerjahren gelesen ("Gone Baby Gone" dürfte durch Ben Afflecks 2007er Verfilmung am bekanntesten sein), ebenso "Mystic River", "Shutter Island" und den Kurzgeschichtenband "Coronado". Danach hatte ich den Autor irgendwie aus den Augen verloren (staunte nur kurz, als ich seinen Namen als Drehbuch-Credit bei einer Folge von "Boardwalk Empire" entdeckte) und daher nicht mitbekommen, dass 2010 mit "Moonlight Mile", über zehn Jahre nach dem letzten, ein neuer Kenzie-und-Gennaro-Teil erschienen war. Ich hatte völlig vergessen, wie packend, lebendig und gediegen dieser Mann schreibt, jetzt mag ich den Schmöker gar nicht mehr weglegen. Eine taugliche Herbst-, von mir aus auch Strandlektüre!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen