Montag, 28. Oktober 2024
Steinernes Gedächtnis
Samstag, 26. Oktober 2024
10 Must-sees aus 100 Have-seens (5)
Weitere 100 Filme wurden von mir geschaut und bewertet, und ihr wisst, was das heißt: Aus diesen 100 gilt es zehn zu erkiesen, die ich für unverhandelbar sehenswert halte. Na ja, was heißt "unverhandelbar"; man kann über meine (zudem recht mainstreamige) Auswahl sicher streiten. Es ganz knapp nicht geschafft haben es z.B. "Nope" und "Yi Yi".
- Wer die Nachtigall stört
- The Menu
- All is Lost
- Zack Snyder's Justice League
- Indiana Jones und das Rad des Schicksals
- The Whale
- Triangle of Sadness
- Beau is Afraid
- 2001: Odyssee im Weltraum
- Civil War
Donnerstag, 24. Oktober 2024
Meine zehn zuletzt gesehenen Filme
Kann es sein, dass ich in meinem Blog noch nie einen Anime besprochen habe? Weil ich halt noch nie einen gesehen habe? Selbst die großen Ghibli-Klassiker, die mir von allen, die sie kennen, ans Herz gelegt werden, habe ich bisher verpasst.
Aber es gibt für alles ein erstes Mal, und der Grund, warum ich mir "Your Name" von 2016 auserkoren habe, ist so gut wie jeder andere: In einer Episode des "Omnibus"-Podcasts über Body-switch-Filme kam die Sprache auf ihn. Ein Körpertausch (bzw. Bewusstseinstausch) als plot device findet sich in allen möglichen Filmgenres: Komödie, Horror, Romanze. "Your Name" würde ich als Coming-of-Age-Drama einordnen. Es hat durchaus auch komische Elemente, Spannung und Herz. Leider gibt es einen gravierenden Logikfehler (den ich nicht verraten möchte, da er auf einen entscheidenden Twist Bezug nimmt), der sich nur mit sehr, sehr viel suspension of disbelief ignorieren lässt. Insgesamt war ich aber angetan: Die Geschichte ist ungewohnt und einfallsreich, ich habe das ein oder andere über die japanische Kultur erfahren (auch Dinge, die ich nicht unbedingt wissen muss), die Optik ist fantastisch, und selbst die typischen, mit unsynchronisiertem Gesang unterlegten Montagen wirkten nicht befremdlich, sondern im Gegenteil absolut stimmig und stimmungsvoll.
Fest steht: Das wird nicht mein letzter Anime gewesen sein.
Von Amts wegen muss eigentlich in jeder dieser Listen ein Nicolas-Cage-Film auftauchen! Einen ausreichend großen Pool, aus dem man schöpfen kann, gibt es ja. Der dystopische Minimalist-Cast-Horror "Arcadian" (2024) ist oberer Durchschnitt. Hinsichtlich Machart und Prämisse finden sich leider viele allzu vertraute Versatzstücke: "A Quiet Place" plus "Bird Box" mit einem Schuss von Shyamalans "The Village". Zu loben ist das einzigartige Kreaturen-Design; der Look und vor allem der Klang der Monster bleiben in Erinnerung. Nic Cages Spiel ist diesmal zurückgenommener, aber nicht weniger intensiv als sonst.
Habe ich an dem zuletzt von mir gesehenen Inspektor-Clouseau-Teil kein gutes Haar gelesen, so lobte ich doch den Einsatz des Hauptdarstellers. In einem aus den Gesetzen des Alltags gehebelten Kosmos eine ernste, ja überernste Miene zu wahren, ist eine Kunst, und Peter Sellers hat sie perfektioniert: Er ist der traurige Clown im absurdistanischen Staatszirkus.
Überaus straight spielt er auch in dieser Kultstatus genießenden Tragikomödie von 1979 – in seinem vorletzten Auftritt überhaupt – den geistig zurückgebliebenen Gärtner Mr. Chance. Dieser sieht sich nach dem Tod seines Dienstherren zum ersten Mal mit der echten Welt konfrontiert. Unfähig, Emotionen zu zeigen und zwischenmenschliche Signale zu deuten, seine simplen Worte sparsam einsetzend und unanfällig für soziale Marker, wird er von der ihn plötzlich umgebenden, sehr feinen und bis in die Kreise der Hochpolitik reichende Gesellschaft als erfrischend authentisch, ehrlich und to the point wahrgenommen. Dass ihm daraus Ruhm, Verehrung und Liebe erwächst, ist ein satirisches Element, das mir bisweilen etwas plump erschien. Da stolpert jemand ohne sein Zutun und gegen seinen Willen die Karriereleiter hinauf – und am Ende wie Jesus übers Wasser. Okay, verstanden, wir sind so blind und abgestumpft, dass wir den beschränkten Roboter als Messias akzeptieren. Dennoch ein bemerkenswertes Stück Kinogeschichte.
Ich schrieb es bereits beim letzten Mal im Zuge der Besprechung des bombastischen "Civil War": "Men" ist "so mittel". Angenehm schaurig ist er in den kameratechnisch ausgefuchsten Momenten schwelender Bedrohung (Bsp.: Am hellichten Tag steht ein nackter Freak vor dem Fenster der telefonierenden, achtlos durch ihr Feriendomizil irrenden Protagonistin); schockierend im Sinne von "Diese Bilder krieg ich nie wieder aus dem Kopf!" ist er hinsichtlich der auf elf gedrehten Bodyhorror-Klimax. Wie das Ganze gesellschaftspolitisch und feministisch einzuordnen ist, mögen Leute entscheiden, die sich mit derlei auskennen. Es bleibt der Nachgeschmack einer gemischten Tüte voller zusammenklebender Süßigkeiten ohne individuelle Note.
Endlich wieder was über hohe Berge! Die Netflix-Doku porträtiert die nepalesisch-amerikanische Sherpani Lhakpa, die den Mount Everest zwischen 2000 und 2022 zehn Mal bestiegen hat – öfter als jede andere Frau –, woraus sie aber nie einen großen Hehl gemacht hat. Im Gegenteil ist diese Heldin, die auch eine Heldin des Alltags ist, so unheroisch und bescheiden, dass man ihr die späte Anerkennung umso mehr gönnt. Durch diesen Film aus dem Jahr 2023 wurde die aus einfachsten Verhältnissen stammende Lhakpa gewiss (und zu Recht) noch berühmter.
Noch einmal muss ich mein Vergangenheits-Ich zitieren: "Die Fortsetzung(en) nachzuholen, behalte ich mir vor." Dies notierte ich in meinem kleinen Absatz zum ersten "Ant-Man", und nun ist's geschehen, ich habe Teil 2 geschaut. Mit Gewinn! Der Esprit und der Humor des Vorgängers wurden wieder aufgenommen (Hauptdarsteller Paul Rudd hat erneut am Drehbuch mitgewirkt, und tatsächlich fanden die allermeisten Gags bei mir Anklang), das eingespielte Ensemble muss man einfach liebhaben, die Action langweilt kaum. Die Verknüpfungen mit dem MCU, darunter jenes die dritte Phase beschließende Thanos-Event, kann man getrost ausblenden.
Über die Meuterei auf der Bounty und ihre Folgen glaubt man das Wesentliche zu wissen? Nun, ich habe durch diese filmische Nachzeichnung, die sich freilich die ein oder andere narrative Freiheit erlaubt, einiges gelernt. Vierzig Jahre nach seinem Kinostart ist das Abenteuer mit Anthony Hopkins und Mel Gibson so packend wie ein zeitgemäßes Bewegtbildprodukt, mit dialogischer und mimischer Intensität ersten Ranges. Die Angespanntheit, die Verzweiflung unter der Crew, die Motivation ihrer Mitglieder, das ist alles greifbar und erinnert an die Atmosphäre in der jüngeren Amazon-Serie "The Terror".
In weiteren Rollen: Daniel Day-Lewis, Bernard Hill, Liam Neeson und Laurence Olivier.
Baltasar Kormákur hat (apropos hohe Berge, s.o.) 2015 das hervorragende 3D-Abenteuer "Everest" gedreht und bleibt sich hier seinem Gespür für Nervenkitzel treu. "Beast" führt uns bzw. einen Witwer (immer wieder cool: Idris Elba) und seine Töchter in ein südafrikanisches Reservat, wo ein wild gewordener Löwe sein Unwesen treibt. Die bissige Menschenhatz inklusive notorischer Gefahrensituationen wie dem Steckenbleiben mit dem Jeep sorgen für gefälligen Survival-Horror. Da man dem Publikum keine anderthalb Stunden lange Verfolgungsjagd zumuten kann, musste das Bestienspektakel mit Familientragik aus dem Klischeehandbuch angedickt werden. Zwischen den eindrucksvollen Raubkatzenangriffen ist also hin und wieder Langeweile angesagt.
Peter Weirs Romanumsetzung von 1975 gilt als Meilenstein des australischen Kinos. Was ist das Besondere an diesem stillen, traumwandlerischen Sittengemälde? "Picnic at Hanging Rock" gibt vor, auf wahren Begebenheiten zu basieren, das tut es aber nicht. Dadurch, dass der vermeintliche zu Grunde liegende Kriminal(?)fall, das Verschwinden mehrerer Internatsschülerinnen, nie aufgeklärt worden sein soll, wirkt das Erzählte umso authentischer und beunruhigender. Was geschah wirklich bei jenem Ausflug am Valentinstag anno 1900?
Crime, ob True oder nicht, darf man indes nicht erwarten. Das gut zweistündige Drama verläuft ohne größere Spannungskurven, geschweige denn Gewaltspitzen. Es geht gemächlich zu, man muss sich drauf einlassen.
Um ein mysteriöses Verbrechen (und hier liegt tatsächlich ein solches vor) geht es auch in diesem Polit-Thriller von 1983: eine amerikanische Produktion, die in der Sowjetunion spielt. Wikipedia: "Im Original sprechen die Schauspieler, die Sowjetbürger darstellen, bis auf wenige Ausnahmen, englisch mit britischem Akzent, so auch der Amerikaner William Hurt. Die amerikanischen Charaktere sprechen mit amerikanischem Akzent. Dies dient dazu, die beiden Gruppen hörbar voneinander zu unterscheiden. In der deutschen Synchronisation sprechen alle Charaktere Hochdeutsch." (Ich habe die deutsche Synchronfassung gesehen, konnte aber stets erfassen, welche Figur welche Staatsangehörigkeit hatte.) Wikipedia ist auch zu entnehmen, dass Helsinki und Stockholm als Moskau-Doubles herhalten mussten.
Nettes Kalter-Kriegs-Flair, ordentliche Hard-boiled-Stimmung, eine Prise Action, ein sauber konstruierter Plot. Und mit der Auflösung dessen, worum es von Anfang an geht, i.e. einem gewissen Objekt der Begierde, hätte ich weiß Gott nicht gerechnet.
Dienstag, 22. Oktober 2024
Map(o) To(fu) the Stars
Wozu aber benötigte ich diese Chili-Bohnen-Soße? Um Mapo-Tofu zu machen! Und das geht so: 1,5 EL des Toban Djan werden mit 2 EL heißem Öl in einer Pfanne oder einem Wok etwa 2 Minuten unter Rühren angebraten. 2 Frühlingszwiebeln in Ringen (von denen ein wenig Grün zum Garnieren zur Seite gelegt worden ist) sowie 2 fein gehackte Knoblauchzehen* in die Pfanne geben und 1 Minute braten. 200 ml Wasser hineingießen, alles verrühren und 400 g Tofu (Natur) in Würfeln dazugeben. Mit 1/2 TL Zucker, 1/4 TL Salz und 1 Prise Pfeffer würzen und circa 10 Minuten köcheln lassen.
Wenn jemand einen Vorschlag hat, was ich mit den restlichen 350 Gramm Toban Djan anstellen kann, bin ich dankbar.
Sonntag, 20. Oktober 2024
Live von der Buchmesse (Tag 4, Tag 5, Fazit)
Gestern bin ich den ganzen Tag nicht zum Schreiben gekommen, und auch in den nächsten Stunden wird das Posten nur häppchenweise vonstatten gehen, was freilich zum "Live"-Charakter dieses Blog-Specials beiträgt. Es lohnt sich jedenfalls, später noch einmal auf Kybersetzung vorbeizusurfen! Diesen ersten Absatz verfasse ich auch gar nicht auf der Buchmesse, sondern noch in meinem Wohnzimmer. Ab 14 Uhr werde ich am Titanic-Stand anzutreffen sein (Halle 3.0, H85); WER WAS KLÄREN WILL ...
Für den gestrigen Messesamstag gab es bereits am Freitag, was meiner Erinnerung zufolge ein Novum war, keine regulären Besuchertickets mehr! Die per Pressemitteilung verlautbarten Rekordzahlen waren denn auch spürbar: So ein Gedränge und Geschiebe wie gestern habe ich selten erlebt. Der blanke Horror! Ob es heute noch doller wird? Ich fürchte, ja, steht doch ab 12 Uhr 30 die Cosplay-Meisterschaft an. Für Leute, die an "regulären" Ausstellern interessiert sind, lohnt sich ein Besuch am Sonntag indes weniger, da dann vor allem etliche ausländische Aussteller bereits abgereist und die Stände verwaist sind.
So, hier kommt der dritte Absatz, den ich nun doch wieder zu Hause tippe. Am Titanic-Stand war dermaßen viel los, dass ich mit nichts anderem als Verkauf, Finanzverwaltung und Kundengesprächen beschäftigt war. Hat aber Spaß gemacht. Erstmals habe ich auch den offiziellen Messeschluss miterlebt: Es ist Tradition, dass nach der Rausschmeißer-Lautsprecherdurchsage um 17 Uhr 30 alle noch verbliebenen mitgewirkt Habenden laut applaudieren, um zu zeigen: Das haben wir erfolgreich hinter uns gebracht! Und wie erfolgreich es war! Aus der soeben reinflatternden Pressemitteilung: "Mit 115.000 Fachbesucher*innen (Vorjahr: 105.000) aus 153 Ländern (Vorjahr: 130 Länder) und 115.000 Privatbesucher*innen (Vorjahr: 110.000) legte sie sowohl als internationale Geschäftsmesse der Publishing- und Medienbranche wie auch als Festival des Lesens zu – und dies trotz limitierter Kartenkontingente für die beiden Wochenendtage."
Drei netten Veranstaltungen habe ich heute noch beigewohnt: einer über Indie-Games, einer über taiwanische Comics sowie einer Mini-Einführung in die chinesische Sprache. Außerdem konnte ich endlich die Ausstellung der Stiftung Buchkunst mit den schönsten Büchern des Jahres bewundern. Es war im Übrigen weitaus weniger Andrang als befürchtet; der Besucher-Peak war tatsächlich gestern Mittag bis Nachmittag. Festzuhalten ist noch, dass im Gegensatz zu vergangenem Jahr nirgendwo "Free Palest*ne!"-Aushänge zu erblicken waren. Und KI-generierte Buchcover oder Werbemotive gab es zwar erwartungsgemäß durchaus, ihre Zahl blieb jedoch im Rahmen des Zumutbaren.
Zum Abschluss die am Donnerstag versprochene Rucksack-Geschichte. Haltet euch fest! Ich hocke also bei einem Vortrag, lasse den Blick schweifen und sehe, dass die Frau neben mir den gleichen Rucksack hat wie ich. So weit, so unspektakulär. (Es handelt sich um ein gewöhnliches Modell von Dakine.) Wer aber lässt sich zu meiner Linken nieder, während ich eine halbe Stunde später bei der nächsten Präsentation (an einem anderen Stand) sitze? Eine (andere!) Frau mit dem exakt gleichen Rucksack!!!
Freitag, 18. Oktober 2024
Live von der Buchmesse (Tag 3)
Freitag, erster Publikumstag: Der Einlass dauert länger, das Internet ist schlechter. Aber wie jedes Jahr bin ich entzückt angesichts der Massen an begeisterten jungen Leuten, die man mit so etwas (vermeintlich) Angestaubtem wie einer Buchmesse in die echte Welt locken kann. (In diesem Zusammenhang notierenswert: Es heißt jetzt nicht mehr "Young Adult", sondern "New Adult".)
Nach einer Präsentation über griechische Inseln als Reiseziele für archäologisch Interessierte begab ich mich zum Forum.1, wo sich alljährlich das jeweilige Gastgeberland präsentiert, und war baff: Der Saal mitsamt den kleineren Räumen ringsum ist in ein veritables Museum verwandelt worden. Zu bewundern sind originale (!) Exponate aus Italiens reichem Kulturschatz: Fresken aus Pompeji, Radierungen von Piranesi, Erstausgaben von Macchiavellis "Prinzen". Auf der zentralen Bühne interpretierte ein Pianist vor einer "Best of Cinema Italiano"-Slideshow beliebte Popnummern.
Kurzum: Das gerne mal links liegen gelassene Forum sollte bei einem Buchmessenbesuch 2024 auf keinen Fall ausgelassen werden.
Damit habe ich nun jede Halle besucht. Nachdem ich das hier fertig getippt habe, muss ich mich entscheiden, ob ich um 13 Uhr zu Bärbel Schäfers Büchertalk mit Horst Evers gehe oder zu "Der Herr vom Ringwall. Eine spannende Erzählung auf Basis neuster archäologischer Forschungserkenntnisse" (es geht um den Gallischen Krieg aus keltischer Perspektive). Hernach werde ich mir eine Ruhepause gönnen, weil der heutige Tag lang zu werden droht. (Freilich kein Vergleich zu FRÜHER, wo praktisch an jedem Abend der Woche eine Party anstand.)
Zeigen möchte ich noch diese Entdeckung an einer Spielestation in Halle 4.1, die mir die Tränen in die Augen zu treiben vermochte. Daneben stand sogar ein Super Nintendo zum Spielen bereit, befand sich aber gerade in Beschlag.
Donnerstag, 17. Oktober 2024
Live von der Buchmesse (Tag 2)
"Es ist wieder Extravagante-Brillen-und-schrille-Schals-Messe in Frankfurt." (Leo Fischer)
Der Vortrag über die "kleinen Sprachen" entpuppte sich als mein Highlight des ersten Tages. Eine rätoromanisch und eine ladinisch schreibende Autorin sprachen mit einer wiederum aus dem Katalanisch übersetzenden Expertin übers Dichten in verschiedenen Sprachen, Selbstübersetzung, Sprachensterben und das Denken außerhalb der Heimat.
Heute habe ich 9 Uhr 40 das Haus verlassen und war 10 Uhr 03 an der FAZ-Bühne (Andreas Platthaus traf Clemens Meyer). Nicht schlecht, was? Nach einer verlängerten Mittagspause werde ich a.a.O. Andrea Diener im Gespräch mit Jackie Thomae zuhören, und 14 Uhr steht der Vortrag "Dunkles Zeitalter? Das missverstandene Jahrtausend" am Stand von – die Feder sträubt sich, es hinzuschreiben – "The Länd" (Baden-Württemberg) an. [Korrektur: Der Vortrag fand am Podium Rheinland-Pfalz statt, drehte sich aber um eine Ausstellung im archäologischen Landesmuseum BaWü mit dem Titel "The hidden Länd".] Dann ist auch schon Schluss für heute, denn ich habe noch redaktionelle Schreibarbeiten zu erledigen. Außerdem ist wie jeden Donnerstag Wochenmarkt, ich werde vom Messegelände direkt dorthin trotten. Deshalb befindet sich in meinem Rucksack ein leerer Eierkarton, von dem ich gehofft hatte, er würde bei der Einlasskontrolle wahlweise für Amüsement oder Misstrauen sorgen ("Sie wollen wohl Thomas Gottschalk mit Eiern bewerfen?"), aber der Security-Check war heute ausnehmend lax. Über meinen Rucksack muss ich noch etwas schier Unglaubliches zum Besten geben, was ich mir aber für morgen oder übermorgen aufspare.
Seien wir ehrlich: Das primäre Ziel eines Messebesuchs ist das Abstauben möglichst vieler Give-aways. Hier ist meine gestrige Ausbeute:
Dabei halte ich mich dieses Jahr noch zurück, denn Kugelschreiber habe ich momentan in Hülle und Fülle, und Mini-Marsriegel und Gummibärchen würde ich nicht mal einstecken, um sie weiterzuverschenken. Verlockend war es gestern auch, sich am Willkommens-Buffet des Taiwan-Pavillons gütlich zu tun, doch zwischen all den Menschen, die wirkten, als wären sie im Business stärker involviert als ich, zog ich es vor, aufs Schmarotzen zu verzichten.
Apropos Schmausen: Heute werde ich mangels eigener Verpflegung tatsächlich etwas zu essen kaufen. Im Pressezentrum gibt es Wraps zu okayen Preisen. Und wo wir schon bei praktischen Tipps sind: Hier sind drei von mir. 1.) Auf der zentralen Freifläche gibt es Wasserspendesäulen, an denen man sich kostenlos seine Trinkflasche auffüllen kann, so man denn eine dabei hat. 2.) Es ist in den Messehallen immer wärmer, als man es sich vorzustellen vermag. Jedes Mal schwitze ich. Also: Zieht euch möglichst dünn an oder nach dem Zwiebelprinzip! 3.) Eine kaum bekannte, prima zum Verschnaufen geeignete Zone ist das Business-Center im Torhaus, direkt gegenüber dem Pressebereich. Dort ist es ruhig, es hat Steckdosen und bequeme Sitze, und die Toiletten sind stets sauber und meistens frei.
Zu guter Letzt dies: Kurz nachdem ich gestern den überraschend sympathisch gewordenen Jürgen Trittin erlebt hatte, sah ich an anderer Stelle zufällig Claudia Roth. Ob die beiden sich später noch getroffen haben?
Mittwoch, 16. Oktober 2024
Live von der Buchmesse (Tag 1)
Eigentlich erstaunlich, dass ich noch nie etwas Größeres über die Frankfurter Buchmesse, die ich immerhin seit über zehn Jahren regelmäßig besuche, geschrieben habe. Nicht dass ich erwarte, besonders Berichtenswertes zu erleben (lustiges Buchmessenbloggen überlasse ich Leuten, die das besser können als ich), aber da ich die kommenden Tage eh nicht dazu kommen werde, über Blogthemen nachzudenken, beginne ich jetzt einfach ein kleines Messetagebuch.
Das Pressezentrum, wo ich gerade den ersten Kaffee des Tages zu mir nehme, ist diesmal ganz woanders und viel schöner als sonst! Es befindet sich im sog. Torhaus, über welches ich zufälligerweise vorhatte, heuer das Messegelände zu betreten, da es in kaum zehn Minuten Gehweite von meinem Zuhause entfernt liegt. Leider kommt man ausgerechnet zur Buchmesse nicht über das Torhaus hinein, so dass ich einen der zwei mir bekannten, offiziellen Zugänge nutzen musste. Nun gut, hatte ich halt einen längeren Morgenspaziergang.
Nach ersten Erkundungen willkürlich ausgewählter Hallen wollte ich einem Vortrag mit dem vielversprechenden Titel "Die Macht von Subgenres und Tropes" lauschen, musste aber feststellen, dass der im Young-Adult-Bereich der "Frankfurt Authors Stage" stattfand, und als ich unter schätzungsweise 50 jungen Frauen lediglich einen mittelalten Mann erblickte, beschloss ich, dass das wohl eher nix für mich ist. Da praktischerweise die Literaturbühne von ARD, ZDF und (noch!!!) 3sat in der Nähe liegt, schaute ich dort vorbei und konnte Bärbel Schäfers Bücher-Talk mit Gast Jürgen Trittin beiwohnen.
Als nächstes, um 13 Uhr 30, steht "Über Odin und andere Helden. Sabine Appel im Gespräch mit Madelyn Rittner über ihre Zeit in Bad König" auf meiner Veranstaltungs-Agenda. (In Bad König war ich erst dieses Jahr! [Korrektur: Stimmt gar nicht. Hab's mit Bad Orb verwechselt.]) Danach folgen "Teil einer grossen Sprachfamilie sein – Vom Schreiben, Übersetzen und Selbstübersetzen in und aus Sprachen mit wenig Sprecher*innen" und die feierliche Eröffnung des taiwanischen Pavillons. Insgesamt ist das Programm m.M.n. eher mau; 2023 konnte ich nahezu durchgängig interessante Shows, Interviews und Paneldiskussionen erleben, oftmals musste ich mich zwischen zwei gleichzeitig terminierten Events entscheiden. Auch geben sich weniger Promis die Ehre als im Vorjahr, ist mein Eindruck. Ansonsten aber ist viel los, es herrscht tüchtiges Gedränge, und bereits am Vormittag waren an beinahe allen Ständen Meet-and-greets im Gange. Eine Zufallsbegegnung mit einem Bekannten hatte ich auch schon – erfahrungsgemäß werden noch einige folgen. Der Wettergott zeigt sich gnädig, für Speis und Trank ist gesorgt. Auf der Agora bieten zig Fressbuden internationale Gerichte zu Mondpreisen an. Ich habe mir wohlweislich ein Jausenpaket gepackt: eine Käse-, eine Hummusstulle, eine halbe Minigurke und einen Apfel. Äpfel liegen löblicherweise auch am Presseschalter gratis herum. Ich fülle aber jetzt erst mal meinen Kaffeepott auf ...
Montag, 14. Oktober 2024
Symptomatisches Kauderwelsch?
Anett Enzmann [freiberufliche Übersetzerin] beziffert folgendermaßen, wie die Honorare zustande kommen: "Erzielbare Preise bewegen sich auf einer Spanne von sechs bis zwölf Cent pro Wort im Ausgangstext für die Übersetzung und zwei bis vier Cent für Korrektorat."
Läuft der Auftrag über eine Agentur, besteht auch meistens kein direkter Kontakt zu Entwicklern, weder zu Beginn des Projekts noch währenddessen. Stattdessen gibt es vorab schriftliche Briefings zur Welt und zu allem, was sonst noch zu beachten ist. [...] Das Spiel selbst bekommen die Texter mehrheitlich auch nie zu sehen, sondern nur exportierte Dateien und Begleitdokumente zur Einführung in die jeweilige Welt und ihre Besonderheiten. Spielzeit würde ohnehin nicht bezahlt werden. Bildmaterial wird lediglich in Form von Screenshots oder als Video gestellt.
[...] Übersetzungsfehler seien deshalb oft ärgerliche Resultate von fehlendem oder zu ungenau erläutertem Kontext, so Anett Enzmann.
Abseits sogenannter Computer Assisted Translation (CAT) Tools mit integrierter Datenbank und einiger Sonder-Features verbreiten sich verstärkt Ansätze, Spiele komplett automatisiert zu übersetzen und nur jemanden drüberschauen zu lassen. Aber der Aufwand ist teils höher, als gleich alles selbst zu erledigen, wie Anett Enzmann im Gespräch erläutert: "Die KI macht Fehler, teils winzige, aber dafür etliche, und das andauernd. Denn sie versteht den Kontext nicht, in Gesprächen übersieht sie geschlechtsspezifische Anreden oder sie kann den Fluss eines Dialogs nicht nachvollziehen."
[...] Der notwendige Aufwand werde obendrein sträflich unterschätzt – und mies bezahlt: Es gibt meist nur ein Drittel des regulären Wortpreises hierfür.
Anett Enzmann erklärt den Unterschied zwischen Übersetzung und Lokalisierung: "Es ist mehr als nur eine reine Übertragung in eine andere Sprache, es ist die Anpassung an eine andere Kultur." Es gehe darum, den Gepflogenheiten der Zielsprache zu entsprechen.
Ein lokalisierter deutscher Text ist meistens rund 30 Prozent länger als ein englischer. Wortlänge und Grammatik sind hierfür entscheidend. Bei begrenztem Platz in Benutzeroberflächen kann es deshalb oft gequetscht zugehen. Die mögliche Bandbreite solcher Änderungen ist gewaltig, und doch ist das simpelste Beispiel ein Witz. Denn Scherze, Sprichwörter oder Umgangssprache generell in eine neue Sprache zu übertragen, erfordert Fingerspitzengefühl und Kenntnis der spezifischen Situation, in der der Originalsatz vorkommt.
Samstag, 12. Oktober 2024
Das gute Samstagsvideo
Donnerstag, 10. Oktober 2024
Ich und du und ees und alle
Auf einer Südtiroler Alm schlug ich eine Speisekarte auf und fand darin etwas vor, das mir als historisch-vergleichenden Sprachwissenschaftler das Herz höher schlagen ließ:
enk heißt "euch", hatte aber ursprünglich die Bedeutung "euch beide" und fiel somit in die Numeruskategorie Dual. Zur Auffrischung: Singular = Einzahl ("du"), Plural = Mehrzahl ("ihr"). Mit Letzterem ist der indogermanische Dual, die Zweizahl, zusammengefallen – in manchen Einzelsprachen früher, in manchen später. (Einige nicht-indogermanische Sprachen kannten bzw. kennen sogar einen Trial.)
Alte Dualformen, die Pluralbedeutung angenommen haben, finden sich im Bairisch-Österreichischen des 14./15. Jhs. (2. Pl.Nom. ëʒ, Dat.Akk. ënc).
Dienstag, 8. Oktober 2024
Soulfood für Faule
Im Mai 2008 habe ich ein Rezept namens "Mexikanischer Tomatenauflauf" auf meiner Festplatte gespeichert, letztes Wochenende habe ich es zum ersten Mal umgesetzt, und heute möchte ich das Ergebnis mit euch, liebe Fans der unkomplizierten Wohlfühl-Kulinarik, teilen.
Und so könnt ihr es nachkochen. (Wie so oft habe ich die Zutatenliste leicht an meinen Geschmack angepasst.) In einer großen Pfanne je nach Geschmack (bzw. geplanter sozialer Interaktion am Folgetag) 1 bis 2 zerdrückte Knoblauchzehen in Öl anbraten. Eine grüne Paprikaschote, gewürfelt, sowie 2 Dosen gehackte Tomaten hinzugeben. Mit 1 EL Rotweinessig o.ä. (ich habe Himbeeressig verwendet), 1 TL Zucker, 1 TL Chilipulver (oder mehr, wer's schärfer mag), etwas Pfeffer und nach Wunsch weiteren Gewürzen (1/2 TL Paprikapulver, eine Prise Kreuzkümmel ...) verfeinern und unter gelegentlichem Umrühren maximal 10 Minuten simmern lassen. Dann den abgetropften Inhalt von 3 kleinen Dosen Mais (à 140 g) in die Masse schütten, weitere 3 Minuten erhitzen.
Den Boden einer Auflaufform mit Tortilla-Chips (Sorte: Natur/Salz) auslegen, die Hälfte der Tomatenmasse drüber gießen und darauf die Hälfte einer 150-g-Tüte Reibekäse streuen. Eine weitere Lage Chips auslegen, den Rest der Masse und darauf den restlichen Käse verteilen. Zuoberst 100 bis 150 g saure Sahne tupfen. 15 Minuten im Ofen auf der mittleren Schiene backen, anschließend mit gehacktem Schnittlauch bestreuen. ¡Que aproveche!
Sonntag, 6. Oktober 2024
Tod eines Übersetzers
Das ganz nette Videospiel "Open Roads" habe ich schon vor einer Weile durchgespielt. Zwei weitere Lokalisierungs-Fehlgriffe habe ich dabei fotografisch festgehalten (nicht: "gescreenshotted", denn ich spiele Xbox am Fernseher), und diese ließen in mir den Verdacht aufkeimen, dass für die Übersetzungen von allem, was kein Dialog ist – also Itembezeichnungen, Namen, Schriftzüge in der Spielwelt etc. –, überhaupt keine Menschen verantwortlich zeichneten, sondern Maschinen, Software, KI. (Wobei die Verdeutschung der Dialoge ehrlich gesagt auch nicht unbedingt gelungen ist.) Wie sonst ist so etwas zu erklären?
Lange habe ich hierüber gegrübelt:
... bis mir aufging, dass hier im Original "Close" steht, jedoch nicht als Verb ("Schließen"), sondern als Adjektiv gedeutet wurde.
PS: Obwohl ich immer noch gerne und regelmäßig spiele, habe ich schon lange keine Rezension mehr veröffentlicht. Ich hab's nicht vergessen! Irgendwann werde ich es schaffen, meine zuletzt gespielten Computer- und Xbox-Games in einem Sammelbeitrag vorzustellen.
Freitag, 4. Oktober 2024
Schon jetzt an Weihnachten riechen!
Leute, ich gebe es auf, meine Liste der Räucherkerzchensorten aus dem Hause Knox weiterzuführen. Vergangenes Wochenende war ich in der Erzgebirgsstadt Seiffen, wo 365 Tage im Jahr Weihnachten ist, und in den unzähligen Holzkunst- und Endjahresschmuck-Geschäften sah ich so viele mir unbekannte Varianten, dass mir schwindelig wurde (das könnten aber auch die ganzen sich ununterbrochen drehenden Pyramiden ausgelöst haben). Nicht nur bei Knox, sondern auch bei der Konkurrenz (Crottendorfer, Neudorfer) sind sie scheint's völlig außer Rand und Band: Melonenduft fand ich vor, Pfirsich, Waldhonig, Edel-Kakao und etwas, das sich "Winter-Orange" nannte. Außerdem das alles hier:
Müßig zu erwähnen, dass ich aus Neugier hie und da zugeschlagen habe ...
Mittwoch, 2. Oktober 2024
Serientagebuch 09/24
04.09. Futurama 9.06
Andor 1.06
05.09. Grace 4.04
06.09. Insomnia 1.01
Insomnia 1.02
16.09. Andor 1.07
Insomnia 1.03
Gotham 4.21
17.09. Futurama 9.07
18.09. Futurama 9.08
19.09. Insomnia 1.04
Insomnia 1.05
Gotham 4.22
23.09. Insomnia 1.06
Andor 1.08
Andor 1.09
24.09. Criminal Record 1.01
Person of Interest 3.01
26.09. Criminal Record 1.02
Futurama 9.09
Grace ist mittlerweile nach "Der junge Inspektor Morse" meine Lieblingskrimireihe aus England. Die Fälle der vierten Staffel führten auf erfrischende Weise in verschiedene Milieus, waren geistreich, vertrackt und forderten den Zuschauer. Das Ensemble wächst einem immer mehr ans Herz. Der folgenübergreifende Plot, welcher zum Teil in Deutschland spielt (wobei ich mich gefreut hätte, wenn tatsächlich mal in Deutschland gedreht worden wäre), nimmt gerade genug Raum ein, dass er nicht vom jeweiligen Hauptfall ablenkt. Gelegentlich war, wie bei "Morse" zwischenzeitlich auch, eine leichte Genre-Verschiebung vom klassischen Whodunit zum Thriller hin zu vernehmen, was mich aber nicht verstimmte.
Erstaunlich, dass ich noch nie etwas zu Gotham geschrieben habe bis auf jene Notiz vor ziemlich genau sieben Jahren: "Mir fällt eine Last von den Schultern. Ich habe beschlossen. 'Gotham', 'The Big Bang Theory' sowie 'Mr. Robot' nicht weiterzuschauen. Die jeweilige Begründung spare ich mir, ich empfehle aber, es mir gleichzutun."
Haha! Die zwei letztgenannten Serien habe ich später sehr wohl bis zum Finale weitergeschaut und habe es nicht vollends bereut. Auch "Gotham" bin ich bereit irgendwann zu beenden. Wenn ich, vsstl. 2025, mit der fünften und letzten Staffel durch bin, werde ich ausführlicher auf die Probleme wie auch auf die positiven Aspekte der Batman-Interpretation eingehen. Zur mit 22 Episoden abermals sehr lang (zu lang imho) geratenen vierten Staffel kann und möchte ich vorerst dies festhalten: Der Anfang war nicht nur überdurchschnittlich unterhaltsam, sondern stellenweise grandios, der Mittelteil mit seinen zig "Jeder gegen jeden"-Wendungen ermüdete und stresste mich (und offenbar auch den Writers' Room; 'Herrje, euch schwimmen langsam die Felle davon, oder?', dachte ich mehr als einmal), zum Ende hin wurde es dann wieder okay. "Gotham" gucken ist Hate-watching par excellence.
In der Mitte schwächeln, das ist ein Symptom, das leider auch beim Psychodrama Insomnia auszumachen war. Und das bei gerade mal sechs Folgen Umfang! Zum Glück ging der nicht unspannenden und bisweilen subtil gespenstischen Geschichte nicht komplett die Luft aus. Es passierte allerlei, und ich wollte unbedingt wissen, was dahinter steckt. Vicky McClure als von Schlafstörungen geplagte (hence the title) Mutter und Rechtsanwältin überzeugte mich in dieser britischen Miniserie unerklärlicherweise weniger als in früheren Produktionen, in denen ich sie erlebte.
Montag, 30. September 2024
Shoppen in einem Zug
Ich halte das Folgende fest für den Fall, dass dieser Service der Deutschen Bahn – denn um einen solchen geht es – irgendwann abgeschafft wird und nur noch in nostalgischen Erzählungen fortbesteht: "Es gab doch mal diesen Service der Deutschen Bahn, erinnert ihr euch? Im Jahr 2024 muss das gewesen sein, dieses eine Blog hat das mal festgehalten ..."
Also, im Jahr 2024 konnten Bahnreisende auf dem Weg nach Leipzig dies tun:
Ich stelle mir per App oder im Webbrowser einen vollständigen Rewe-Einkauf zusammen und hole die Waren nach meinem Ankunft im Leipziger Hauptbahnhof in der dortigen Filiale ab. Wann die Bezahlung erfolgt, ob online oder im Markt, ist der Kurzanleitung nicht zu entnehmen. So oder so, das Herz jedes Fans von geschicktem Zeitmanagement sollte angesichts dieser Möglichkeit höher schlagen. Ich bin schon oft von Dresden nach Frankfurt bzw. von Frankfurt nach Dresden gefahren und hatte in Leipzig Umstiegsaufenthalte, in welche solch ein Abholmanöver gewiss locker reingepasst hätte. Wie oft der Service wohl genutzt wird?
UPDATE: Im Grunde ist dieser Post vollkommen unbrauchbar. Mit der Deutschen Bahn hat der Aushang nichts zu tun, das Beworbene ist der ganz normale Abholservice, wie ihn jede Rewe-Filiale anbietet.
Samstag, 28. September 2024
Update in Sachen Podcast
Eine gute Nachricht, Freunde! Seitenstraße, der Bücherschrank-Podcast von Sebastian Sachse und mir, ist ab sofort auch auf Spotify! Außerdem sind wir jetzt auf Amazon und in Kürze eventuell überall sonst, wo es Podcasts gibt (außer bei Google Podcasts, weil es das ja nicht mehr gibt, grrr ...). Wenn euch also SoundCloud zu undergroundig ist (Ich schätze es sehr!), geht gerne zu den Platzhirschen. Hauptsache, ihr folgt uns, hört uns und empfehlt uns bei Gefallen weiter.
Donnerstag, 26. September 2024
TITANIC vor zehn Jahren: 10/2014
Ich habe das Titelbild nicht aus Prüderie mit einem Zensurbalken versehen, sondern um eine etwaige Sperrung durch Google (zu dem Blogger gehört) zu umgehen. Wir hatten seinerzeit bei der Titelkonferenz überlegt, ob das Cover als sexistisch aufgefasst werden könnte, befanden dann aber, dass es in erster Linie ein merkelfreundlicher und den IS verhöhnender Witz ist: Was wäre für islamische Fundamentalisten schließlich empörender als eine mächtige, übergroße, komplett unverhüllte Frau?
Ernster wurde es in Bezug auf den schon letzten Monat und auch zehn Jahre später noch/wieder akuten Komplex "Deutsche Waffen für die Welt", so die Überschrift einer Kunden-Informationsbroschüre aus Ursula v.d. Leyens Kriegsministerium (Urheber: Hürtgen/Riegel/Ziegelwagner).
In dieser Ausgabe von "55ff" konnte ich zwei Ideen unterbringen, die jahrelang in meinem Notizbuch gestanden hatten, nämlich einen rätselheftbezogenen Cartoon (selbstgezeichnet!) sowie diesen Fotoscherz:
Zur Buchmesse 2014 ist auch was drin (S. 58f.), und, wenn ich das ganz uneitel sagen darf, es zählt m.M.n. zu den Highlights des Heftes. Das Gastland-Special "Die neuen Finnland-Bücher sind da!" von Michael Ziegelwagner und mir wurde dann auch beim "Finnternationalen Vorlesewettbewerb" (Ankündigung Innenseite U2) von Star-Juror M.A. Numminen zum Siegertext gekürt (Preis: eine Tüte Nudeln in Elch-Form). Mein zweiter Buchmessenlesungsgewinn in Folge!
Seite 66 erinnert uns daran, dass Xavier Naidoo nicht erst während der Corona-Pandemie den Verstand verloren hat, sondern schon viel früher in die Schwurbel-, Verschwörungs- und "Reichsbürger"-Ecke abgedriftet ist. Leo Fischer fragte sich in "Der letzte Mensch": "Ist auch sein neues Album politischer geworden?" Songtext-Auszug: "Glaubst du, daß die Rothschilds / jeden Krieg bezahlen / und Satanistenbanden (Baaanden, yeah!) / Pentagramme malen? (Glaubst du das?) / Glaubst du, daß im Erdkern (Erdkern!) / böse Echsen leben, die, mit ihren Ufos, / an die Oberfläche streben? (Glaubst du das?) / Wenn du das glaubst, dann komm am Montag mal rum, / schau dich um, du kannst dabeisein! (Dabeisein!)"
- Wenn ich in den vorangegangenen Ausgaben nichts übersehen habe, taucht hier zum ersten Mal (im "Fachmann" auf S. 40) der Name Fabian Lichter auf. Den sollte man sich merken!
- Selten werden Fotoromane von nur einer Person verfasst. Ich selbst habe es, glaube ich, zweimal getan, davon einmal hier: Die vierseitige Story "Der Autokrat" über Verkehrsminister Alexander Dobrindt zusammenzukleben und zu betexten, hat viel Spaß gemacht, aber auch viel Zeit gekostet ...
Eine im positiven Sinne nette Nummer, der es gelingt, Schlechte-Laune-Themen, wie sie in jener Ära virulent werden, gefällig auf eine tatsächlich unterhaltsame Satire-Ebene zu transponieren.
Nächstes Mal: ein Jubiläum, ein Abschied und ein Tiefpunkt.
Dienstag, 24. September 2024
The eagle hasn't landed (yet)
Was ist der Nationalvogel der Vereinigten Staaten von Amerika? Der Weißkopfseeadler natürlich, würden wohl die meisten auf diese Frage antworten. Tatsächlich ist der bald eagle, wenn er auch als Wappentier das Große Siegel ziert und somit in den USA allgegenwärtig ist, nie offiziell als national bird anerkannt worden. Dies könnte sich bald dank einer vom National Eagle Center in Wabasha, Minnesota, vorgeschlagenen gesetzlichen Verankerung ändern.
Das regelmäßig über minnesotische (?) Angelegenheiten berichtende Blog TYWKIWDBI hat darüber neulich informiert und dabei nicht unerwähnt gelassen, dass auch viele Menschen in den USA davon ausgehen bzw. ausgegangen sind, der Status des Weißkopfseeadlers als Nationalsymbol sei längst verbindlich festgelegt. Man denkt ja als Laie häufig, dass Selbstverständlichkeiten irgendwo kodifiziert seien, und dann sind sie es gar nicht, Stichwort Gewohnheitsrecht. Dass zum Beispiel Deutsch in Deutschland Staats- oder Landessprache ist, wird auch in keinem Gesetzestext schriftlich festgehalten (soweit ich weiß, regelt lediglich das Gerichtsverfassungsgesetz, dass die Gerichtssprache Deutsch ist, wobei Wirtschaftsprozesse hierzulande künftig auch auf Englisch geführt werden dürfen); Initiativen à la "Deutsch ins Grundgesetz!", wie sie alle paar Jahre von sich reden machen, sind meines Erachtens unsinnig.
Übrigens: "Einen wirklich offiziellen Nationalvogel gibt es in Deutschland wohl nicht. 1966 betitelte der Deutsche Bund für Vogelschutz den Weißstorch als Nationalvogel. [...] Auf dem Bundeswappen Deutschlands ist ein stilisierter schwarzer Adler abgebildet, der keine bestimmte Art repräsentiert. Trotz[dem] ist der Steinadler als Nationaltier Deutschlands bekannt." (vogelundnatur.de)
Sonntag, 22. September 2024
Die besten Weblogs (Doppelausgabe)
Heute möchte ich zwei Blogs empfehlen, die ich schon längst hätte empfehlen sollen, zumal mir die sympathischen Köpfe dahinter persönlich bekannt sind.
1.) Der Filmkenner und Historiker Csaba Lázár, der mein Redaktionskollege bei der Kinosendung war, die ich mal am Rande erwähnt habe, rezensiert seit vielen Jahren auf CineCsaba alte und neue Heimkino-Veröffentlichungen. Seine Kritiken sind unendlich kompetenter und umfangreicher als die meinigen und treffen so gut wie immer ins Schwarze.
2.) Das Frankfurter Urgestein Stefan Geyer hält in seinem Geyst-Blog Stadt-, Alltags- und literarische Beobachtungen fest. Zwar nur noch sehr sporadisch, aber es gibt ein stattliches Archiv. Stefan ist wie ich ein leidenschaftlicher Rumlatscher, und insbesondere die Rubrik "Spaziergangstagebuch" ist einen Blick wert.
Freitag, 20. September 2024
Albernes zum Wochenschluss
MANN: Oh nein, Pesto auf der Tischdecke, das geht doch nie wieder raus!
FRAU: Ich könnte es mit Gallseife versuchen …
Eine weitere Frau – die betagte Schwiegermutter der Ehegattin – betritt koboldartig das Zimmer, in den Händen eine Flasche mit einem Reinigungsmittel.
SCHWIEGERMUTTER (SCHWM): Hier, nimm Acè! Die milde Bleiche ohne Chlor.
[Hinweis für Jüngere: Es wird "Atsche" ausgesprochen, auch wenn sich die Marke heute ohne Akzent gravis schreibt.]
FRAU (lacht): Du bist die Beste! Damit werde ich …
SCHWM: Acè! Der Fleckenentferner mit Farbschutz. Acè.
SZENE 2
Die Frau von eben befindet sich im Pausenraum ihrer Arbeitsstelle. Sie hat offenbar Brotaufstrich auf die crèmefarbene Hose ihres Kostüms gekleckert; sie wischt hektisch mit einem feuchten Tuch darauf herum.
FRAU: Marmeladenflecken – und das vor meinem wichtigen Termin!
SCHWM (erscheint aus dem Nichts, jetzt mit einer Acè-Flasche in beiden Händen, die circa dreimal so groß ist wie die in Szene 1): Du musst Acè nehmen! Kraftvolle Tiefenreinigung für Helles und Buntes.
FRAU (überrascht): Du und dein Acè … Wie bist du überhaupt hier reingekommen?
SCHWM: Mit Acè! Auch bei hartnäckigen Flecken auf allen Stoffen. Nimm Acè!
FRAU: Aber ich kann die Hose doch jetzt nicht reinigen, ich muss …
SCHWM (schraubt die Flasche auf und schüttet den gesamten Inhalt über das Bein ihrer Schwiegertochter): Acè! Nimm Acè! Bewährt bei Verschmutzungen und tiefsitzenden Verfärbungen.
Die Frau steht im Keller, wo sie einen Wollpullover aus der Waschmaschine zieht. Auf dem Kleidungsstück prangt ein handgroßer, rostfarbener Fleck.
FRAU (verzweifelt): Der schöne Pulli, den kann ich wohl wegschmeißen.
SCHWM (aus einem Schrank kommend): Versuch's mit Acè. Hygienisch und für alle Textilien.
FRAU: Das ist Wolle. Eine Bleiche würde nur noch mehr Schaden anrichten.
SCHWM: Nicht Acè! Acè ist die erste Bleiche mit dem Wollsiegel. Schonende Reinigung mit neuer Formel.
FRAU: Aber ich habe den Pullover schon dreimal in die Maschi-…
SCHWM (zückt ein Jagdgewehr, entsichert es und zielt damit auf die verdatterte Frau) Ich sagte. Nimm. Acè.
Die Frau greift langsam nach einer der Acè-Flaschen, die zu Dutzenden auf dem Kellerboden stehen, und beginnt den Pullover einzuweichen.
SCHWM: Mehr. Mehr. Schön einweichen. Mit Acè.
MANN (erscheint am Ende der Kellertreppe): Was ist denn hier los?
FRAU (gießt mit Tränen in den Augen Acè auf den Pullover): Alles gut, Schatz, deine Mutter gibt mir nur ein paar Tipps.
SCHWM: Mehr Acè!
MANN (steigt die Treppe herab): Mutter, lass die Büchse fallen!
FRAU: Der Pullover ist schon ganz vollgesogen!
SCHMW: Ja! Mit Acè, der Bleiche mit dem Wollsiegel.
Der Mann schnappt sich eine Rohrzange und schlägt seiner Mutter damit auf den Schädel. Sie sinkt tot zu Boden.
FRAU: Herrjemine, was hast du getan?
MANN: Wir behaupten einfach, sie ist die Treppe runtergestürzt!
FRAU: Aber schau doch: Dein Hemd ist voller Blut! Was sollen wir denn …
Die beiden sehen sich an und brechen nach einem simultanen Geistesblitz in gemeinsames Gelächter aus.
(EINBLENDUNG) Acè. Bekommt alles raus. Damit nicht alles rauskommt.
Mittwoch, 18. September 2024
Traumberufe von gestern
Landschaftsgärtnerei ist ja ein endloses Faszinosum. (Ein Satz, von dem ich vor 20 Jahren auch nicht gedacht hätte, dass ich ihn mal äußern würde.) Insbesondere jene historisierenden Gestaltungselemente, die in Anlagen des 18. und 19. Jahrhunderts Einzug fanden, laden zum Staunen wie zum Schmunzeln ein, man denke an künstliche Ruinen und pseudomittelalterliche Gemäuer. Im Zuge der Recherchen für mein Binneninselbuch lernte ich das Konzept des Scheinfriedhofs kennen, vgl. etwa Rousseau-Inseln.
Die vorletzte Wochenendausgabe der Süddeutschen Zeitung stellte wiederum etwas vor, von dem ich noch nie gehört hatte: In der Rubrik "Dem Geheimnis auf der Spur" ging es um Schmuckeremiten (Artikel leider hinter Paywall). Das waren menschliche Zierelemente speziell in englischen Landschaftsgärten: Freiwillige, vorzugsweise fortgeschrittenene Alters, verpflichteten sich für mehrere Jahre, sich für ein paar Stunden täglich als naturromantisch verwahrloste Einsiedler in eigens eingerichteten Outdoor-Klausen grübelnd, chillend oder schmökernd zu präsentieren, zur Steigerung der "Authentizität" und zur Erbauung der Flanierenden. Auch in Deutschland soll es solche lebenden Gartenzwerge gegeben haben. Im Bergpark Kassel-Wilhelmshöhe könnte ich mir einen Schmuckeremiten ohne Weiteres auch heute noch vorstellen.
Montag, 16. September 2024
Beeren, stark
Nachdem ich vor wenigen Wochen durch den Lidl-Prospekt von einem Gemüse namens Zucchiolo erfuhr, einer neuen Kreuzung zwischen Gurke und Zucchini (die seltsamerweise kugelförmig ist), las ich gestern, dass es diese Woche bei Netto Kiwibeeren geben sollte. Gehört hatte ich davon zwar schon mal, doch weder wusste ich, dass diese runden Früchte auch Honigbeeren, Kokuwa oder Kiwai genannt werden, noch hatte ich sie je gegessen. Eine 125-Gramm-Schale kostete 1,99 Euro.
Es gab welche aus Italien und welche aus Portugal, was sich lediglich im Packungsaufdruck niederschlug. Die Größe der Beeren, bei denen es sich übrigens um die Früchte des Scharfzähnigen Strahlengriffels handelt, variiert überraschend stark. Jene in der von mir mitgenommenen Schale (es waren italienische) waren, s.o., recht einheitlich und ungefähr so groß wie Stachelbeeren. Auch geschmacklich erinnerten sie mich an Stachelbeeren, sie waren jedoch noch süßer, enthielten freilich auch eine deutliche Kiwinote, kurzum, sie waren köstlichst. Kiwis lösen beim Verzehr meist ein unangenehmes Kribbeln in meinem Mundraum aus. Nicht so die Kiwibeeren: Sie konnte ich problemlos vertilgen. Im Gegensatz zur Kiwi muss man sie auch nicht schälen. Fazit: Ein Top-Obst, und es ist eine Schande, dass ich es erst so spät entdeckt habe.
Samstag, 14. September 2024
Torsten rät ab: Pfanni Semmelknödel
Ich habe absolut nichts gegen die Firma Pfanni. Deren Mini-Knödel zum Beispiel finde ich vorzüglich, wie ich überhaupt ein ausgesprochener Freund von Klößen und Knödeln bin. 'Warum nicht mal Semmelknödel machen, wenn dieses Produkt hier schon mal im Angebot ist?', dachte ich kürzlich.
'Einfach genug zuzubereiten sind sie ja', dachte ich weiter. 'Lecker Pilzsoße dazu, fein.' Pfeifendeckel! Die angegebene Zeit, in der man die Knödel (erst in kaltem, dann in köchelndem) Wasser ziehen lassen soll, erwies sich als deutlich zu kurz. Nach großzügiger Verlängerung waren die Bällchen immer noch klumpig, matschig, leprös. Sie aus ihrer Hülle zu bekommen, war ein Ding der Unmöglichkeit. "Kochbeutel an den Laschen aufreißen", das war leichter geschrieben als getan; ich musste mit einer Schere ran. Geschmacklich sind diese Klassiker der deutschen Küche in Ordnung, aber als ich sie auf dem Teller hatte, war mir vor lauter Verdruss der Appetit vergangen.
Donnerstag, 12. September 2024
Dienstag, 10. September 2024
Neues Altes (Juli-September 2024)
- Archäologische Sensation in England: Forschende entdecken römische Villen, Gräberfelder und Bauernhöfe (Frankfurter Rundschau, 10. Juli) Mit neuartigen Scan- und Kartierungsmethoden wurde auf über 1000 Hektar in der Grafschaft Shropshire das römische Erbe der Gegend nahe Wroxeter erhellt, wo sich mit Viriconium Cornoviorum einst die viertgrößte Stadt des römischen Britanniens befand.
- "Fund des Jahres": Forscher zeigen 40.000 Jahre alte Otter-Figur (BR, 25. Juli) "5,9 Zentimeter lang, 1,5 Zentimeter hoch, 0,5 Zentimeter breit und nur wenige Gramm leicht: Es ist ein unscheinbares Objekt, das Wissenschaftler der Universität Tübingen heute vorgestellt haben", nämlich die eiszeitliche plastische Darstellung eines Tieres, dem zwar der Kopf fehlt, das aber nur ein Otter sein könne. "[B]isher sei die Forschung davon ausgegangen, dass nur gefährliche und große Tiere wie Höhlenbär und Löwe oder Mammut, Wisent und Wildpferd von den eiszeitlichen Menschen künstlerisch dargestellt wurden." Möglicherweise habe die Figur aus der Weltkulturerbe-Höhle "Hohle Fels" (Schwäbische Alb) einen Bezug zum Schamanismus.
- Neolithische Revolution: Brot oder Wildschwein? (FAZ, 25. Juli; nur hinter Paywall) Gräber auf den mir bis vor kurzem unbekannten französischen Inseln Île Téviec und Île d'Hœdic enthielten Skelette, die Auskunft über die Ernährungsgewohnheiten in der Bretagne der späten Mittelsteinzeit geben. "Wie die Isotopenwerte zeigen, standen hauptsächlich größere Fische auf dem Speiseplan, womöglich auch Robben. Solche Tiere zu fangen dürfte eine hoch entwickelte Technologie mit Booten, Angeln und anderen ausgeklügelten Gerätschaften erfordert haben." Auch auf den Phänotyp der Bewohner und die damaligen Sozialstrukturen lasse sich durch die gut erhaltene DNA schließen.
- Wurde Ägyptens älteste Pyramide mit einem hydraulischen Liftsystem errichtet? (Der Standard, 30. Juli) Hochkomplex ging es beim Bau der 4700 Jahre alten Djoser-Stufenpyramide zu. Alles deutet darauf hin, dass ein mit Wasser betriebenes Hebesystem eine entscheidende Rolle spielte.
- Mittelalterliches Dorf freigelegt: Sensationsfund bei München (BR, 6. August) "Bei Bauarbeiten in Oberschleißheim bei München sind Überreste einer mittelalterlichen Siedlung entdeckt worden", die sich über 11.000 Quadratmeter erstreckte und wahrscheinlich um 1300 aufgegeben wurde. Der Grundriss einer Kirche sowie etwa 20 Skelette wurden freigelegt.
- 900 Jahre alter Bildstein bei Bauarbeiten in Vorpommern entdeckt (NDR, 14. August) "Im kleinen Dorf Klotzow am Peenestrom ist an einem Haus in der Erde ein" 500 kg schwerer, 60 cm breiter und 40 cm tiefer Granitblock aus dem 12. Jahrhundert entdeckt worden, der "eine eingravierte menschliche Figur, die ein Kreuz vor dem Bauch hält", zeigt. Bei dieser könnte es sich um den Bischof Otto von Bamberg handeln, der in Pommern um das Jahr 1100 herum als Missionar tätig war.
- Neue Erkenntnis über Stonehenge verblüfft Forscher (Tagesschau, 15. August) Der sechs Tonnen schwere Altarstein von Stonehenge stammt offenbar "aus dem rund 750 Kilometer entfernten Nordosten Schottlands". "Die Logistik eines Transports des Steins über eine so weite Strecke verdeutliche [...] ein hohes Maß an Koordination und kultureller Verbindung zwischen diesen beiden Regionen". Dass die sog. Blausteine im Zentrum des Kreises aus Wales herangeschafft wurden, wusste man bereits. Die aufrecht stehenden Sandsteine kamen hingegen aus dem nahegelegenen Marlborough.
- Jahrhundertealtes Samurai-Schwert bei Ausgrabungen auf Molkenmarkt gefunden (rbb24.de, 22. August) "[I]n einem mit Kriegsschutt verfüllten ehemaligen Keller eines Wohngebäudes in der Stralauer Straße [...] fanden sich bei der Freilegung diverse Militaria der Artillerie wie Trensen, Steigbügel, Kandaren und Zaumzeug, die offenbar in den letzten Zügen des Zweiten Weltkrieges dort eilig entsorgt worden waren". Der spektakulärste Fund: ein Wakizashi mit einem Griff aus der Edo-Zeit (17.-19. Jahrhundert) und einer Klinge, die sogar aus dem 16. Jahrhundert stammen könnte.
- Hat Shakespeare sich hier umgezogen? (Süddeutsche Zeitung, 22. August; Paywall) Bei Untersuchungen des ältesten noch in Betrieb befindlichen Theaters des Vereinigten Königreichs, der St. George's Guildhall in King's Lynn, Norfolk, wurde ein 600 Jahre alter Torbogen entdeckt. "Es wird angenommen, die dazugehörige Tür habe zu dem Raum geführt, in der die Shakespeare-Truppe 'Earl of Pembroke's Men' sich umzog und ihre Requisiten lagerte, als sie 1593 in King's Lynn gastierte. Es wäre damit die einzig verbliebene von Shakespeare persönlich genutzte Garderobentür der Welt."
- Archäologen lüften Geheimnis um spanische Grabkammer von Menga ("Spiegel online", 26. August) Wie konnten Jungsteinzeitmenschen einen aus 32 Riesensteinen bestehenden Dolmen in Andalusien errichten, deren schwerster Deckenstein rund 150 Tonnen auf die Waage bringt? "Anhand von Messungen und geologischen Untersuchungen zeigten die Forschenden, dass die Erbauer damals offenbar zunächst Fundamentgruben für die seitlichen Großsteine aushoben. Dann zogen sie die Brocken auf Holzschlitten heran und kippten sie mithilfe von Gegengewichten und Rampen in die Gruben. So ragten die Steine, nun präzise in einem Winkel ausgerichtet, nur wenig aus dem Boden heraus."
- Haute Cuisine in der Bronzezeit (FAZ, 30. August; Paywall) "Eiweißspuren in mongolischen Kesseln verraten, was Menschen vor 2700 Jahren in Asien aßen." Genaueres war bereits im Juni auf "Archäologie Online" zu erfahren: In den Kesseln wurden neben Yakmilch (die man darin womöglich zu Joghurt hat fermentieren lassen) Blutreste von Wiederkäuern identifiziert. Aus dem bei Schlachtungen gesammelten Blut könnte Blutwurst gemacht worden sein.
- 2500 Jahre altes Observatorium in Ägypten entdeckt ("Spiegel online", 3. September) Eine Sonnenuhr, astronomische Instrumente, einen Beobachtungsturm, Wandbilder mit sternkundlichen Motiven: Das alles und mehr fanden Archäologen in einem ca. 850 qm großen Observatorium aus der altägyptischen Spätzeit etwa 80 Kilometer östlich von Alexandria.
- Versunkene Steinzeitbrücke auf Mallorca lässt Forscher staunen (t-online, 4. September) Ein Fund aus dem Jahr 2000 wurde u.a. mit Hilfe von Isotopenanalysen neu datiert und liefert die Erkenntnis, dass Mallorca bereits 1000 Jahre früher als bisher angenommen besiedelt war, mithin vor 5600 bis 6000 Jahren. Es handelt sich um eine heute unter dem Meeresspiegel liegende siebeneinhalb Meter lange Brücke, die zu einer trockenen Kammer einer Höhle an der Ostküste der Insel führte.
- So schnell segelte ein römisches Schiff durchs Mittelmeer ("Welt online", 4. September) Experimentelle Archäologie aus Deutschland: "Dass ein antikes Schiff die Route von Karthago nach Ostia an der Tiber-Mündung in nur drei Tagen bewältigen konnte, bestätigt jetzt ein interdisziplinäres Langzeitprojekt der Universität Trier zur antiken Seefahrt. Kernstück ist der originalgetreue Nachbau eines römischen Handelsschiffs, das Ende der 1970er mit anderen Wracks bei Laurons westlich von Marseille geborgen werden konnte."
Sonntag, 8. September 2024
Und was sagst du so?
Ich sehe es als meine Pflicht an, wie ich es im Januar 2012 (!) zum ersten Mal getan habe, darauf hinzuweisen, dass eine neue Erhebungsrunde im "Atlas zur Deutschen Alltagssprache" gestartet ist bzw. hat, Nr. 14 inzwischen. Diesmal bin ich besonders entzückt, wird doch nicht nur auf meine Anregung hin erörtert, wie verbreitet die Formulierung "alles dreis" ist, auch geht es in einem Punkt (zufällig direkt darunter) um die dialektologisch nur peripher bedeutsame Frage nach der Zubereitung von Kartoffelsalat – ein Streitthema, das ich in einer meiner letzten Titanic-Newsletter-Kolumnen berührte.
Außerdem sind die Ergebnisse der 13. Runde da!
Freitag, 6. September 2024
Albernes zum Wochenschluss
Sketchup, Ton ab, Film ab, Maz ab, Band ab, Schnitt ab -- Sketchup!
Sketchup, Bein ab, Arm ab, Ohr ab, Hand ab, Fuß ab -- Sketchup!
Sketchup, Huhn ab, Hund ab, Maus ab, Reh ab, Fisch ab -- Sketchup!
Sketchup, Schnur ab, Strick ab, Uhr ab, Ball ab, Schwanz ab -- Sketchup!
Sketchup, Stein ab, Salz ab, Senf ab, Hirn ab, Rumpf ab -- Sketchup!
Sketchup, Strom ab, Gas ab, Funk ab, Netz ab, Knall ab -- Sketchup!
(Posaunentöne)
Wer die parodierte Fernsehsendung nicht kennt, muss eigentlich nur wissen, dass die Sketche darin sich oft durch teils quälende Wiederholungen und Überkonstruktion auszeichneten und fast immer damit endeten, dass Diether Krebs die Vierte Wand brach und konsterniert in die Kamera blickte. "Sketchup" traf nichtsdestotrotz einen gewissen Nerv und genießt bis heute bei vielen Deutschen einer gewissen Altersgruppe nicht zu Unrecht Kultstatus.