Vor etlichen Jahren war ich mit Freunden im Besucherbergwerk "Marie Louise Stolln" in Bad Gottleuba-Berggießhübel. Ich könnte herausfinden, wann genau, das ist aber nicht so wichtig; es kann auf jeden Fall frühestens 2006 gewesen sein, denn da wurde es eröffnet. Letzte Woche erkundete ich, quasi als Fortsetzung, die Umgebung im Rahmen einer Wanderung. Über einiges Interessantes stolperte ich dabei.
Bemerkenswert ist schon mal, dass Bad Gottleuba-Berggießhübel als sog. Verwaltungsgemeinschaft, zu der im Jahr 2000 zwei Städte (Bad Gottleuba-Berggießhübel und Liebstadt) sowie eine Gemeinde (Bahretal) zusammengeschlossen wurden, total zersiedelt in dem Sinne ist, dass es zwischen den Ortsteilen keine fließenden Übergänge gibt. Zudem liegen sie teils weit auseinander, Oelsen zum Beispiel grenzt an die Tschechische Republik, während Langenhennersdorf im Norden bereits Neundorf und damit Pirna touchiert! Auf die zwölf Ortsteile von Bad Gottleuba-Berggießhübel, der größten der drei Einheiten, verteilen sich gerade mal knapp 9000 Seelen. Dieser Zustand, Ergebnis der Gemeindegebietsreform von 1999, ist freilich nichts speziell Sächsisches; auch anderswo in Deutschland sind mir solche rein verwaltungstechnischen, von der Geschichte und dem Selbstverständnis der Bewohner losgelösten "Zwangszusammenführungen" schon untergekommen. Am surrealsten wirkte auf mich Markersbach, das sich plötzlich als Aneinanderreihung von Häuschen mitten im Wald vor mir auftat. Warum, wie und seit wann leben hier Leute?, fragte ich mich. Später las ich nach, dass Markersbach, wie einige weitere Siedlungen in der Gegend, ein Waldhufendorf ist. Das hessische Zotzenbach im Odenwald soll das älteste Waldhufendorf Deutschlands sein – da muss ich mal hin!
An den Pfaden, im Forst versteckt oder in exponierter Lage stehen immer wieder uralte Steinkreuze, bei denen es sich zumeist nicht um Weg- oder Grenzmarkierungen, sondern um Sühnekreuze handelt, die anno dazumal von Mördern oder Totschlägern aufgestellt wurden; auf der Rückseite ist manchmal die entsprechende Tatwaffe eingemeißelt, eine Armbrust, ein Messer oder dergleichen. Auch sonstige Steine, deren Bedeutung mir nicht bekannt ist, buhlen um Aufmerksamkeit:
Apropos Steine: Auf den Eulensteinen, die einen daran erinnern, dass man sich im Gebirge befindet, kann man rumkraxeln oder rasten.
Kaum der Beachtung wert ist das Herrenhaus des Ritterguts Giesenstein. Es ist völlig verlassen und zugewuchert. Als ich kurz um diesen Lost Place herumgestromert bin (hineingetraut habe ich mich nicht), entdeckte ich zumindest zwei spannende Objekte: ehemalige Stolleneingänge, die der Natur- und Heimatverein Östliches Osterzgebirge zu Fledermausquartieren umgewidmet hat.
Am Laubbuschweg erinnert ein ungewöhnliches Denkmal an einen Pfarrer namens Hiltebrandt:
Am Siedlungsweg nördlich des Goetheparks (in den ein hübscher, von Wasservögeln bewohnter Teich mit Binneninsel integriert ist) würdigt ein Schild den Erfinder des Konzepts "Hitzefrei".
Gleich zwei Inschriften hinter Sitzbänken sind dem Dichter Christian Fürchtegott Gellert und dem Satiriker Gottlieb Wilhelm Rabener gewidmet, eine davon zusätzlich dem sächsischen König Johann, der Gottleuba 1865 beehrte.
Kurios die für moderne Ohren ungewohnt klingende Einzelschreibung von "in dem" statt "im". (Dass heute oft bspw. mit "zum" und "vom" gewissermaßen über-verkürzt wird, wo man "zu dem" resp. "von dem" erwarten würde, wäre auch mal einen eigenen Blogbeitrag wert.)
Auch auf dem 507 Meter hohen Augustusberg, wo es ein Hotelrestaurant (mit happigen Preisen) hat, stand einst ein Aussichtsturm. Aber auch ohne hat man einen netten Blick, etwa zur 1976 fertiggestellten Gottleubaer Talsperre.
Ich bin auf dieser Tour übrigens so gut wie keinem Menschen begegnet, denn die Ränder der Sächsischen Schweiz werden trotz ihrer landschaftlichen und heimatkundlichen Reize von Ausflüglern gern übersehen.
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