Montag, 26. August 2024

Meine zehn zuletzt gesehenen Filme

Mudbound
Auf dieses historische Südstaaten-Drama von 2017 bin ich aus Zufall gestoßen, und ich wunderte mich hinterher, warum ihm seinerzeit nicht viel mehr Beachtung zuteil geworden ist. Die Figurenzeichnung und die dem Titel gerecht werdende Bildsprache (Mississippi wird von seiner unwirtlichsten, dreckigsten Seite gezeigt) sind superb. Es geht um Kriegsheimkehr, Familienfehden, die harte Fron der Agrarwirtschaft, Rassismus und Armut, und insgesamt ist alles sehr bedrückend. Man muss sich drauf einlassen.

Civil War
... ist nicht nur Alex Garlands bislang stärkster Film (Beim nächsten Mal bespreche ich "Men". Spoiler: Der ist so mittel), sondern auch der stärkste Film, den ich dieses Jahr gesehen habe. Dass ich ihn sogar in einem Premium-Kinosaal mit Dolby Surround sah, war ein Glücksfall, denn der Ton ist, v.a. was die Schussgeräusche betrifft, derart intensiv, dass man meint, man befinde sich mittendrin in den Kriegskulissen des Amerikas einer allzu wahrscheinlichen nahen Zukunft. (Am Rande: Ich las gerade, dass seit 2020 keine Oscars mehr für den besten Tonschnitt vergeben werden, nur noch in der Kategorie "Bester Ton". Schade, "Civil War" hätte sich dafür empfohlen!)
Dass vieles vage gelassen wird, dass keine der zwei Seiten in diesem Sezessionsszenario (was für ein Wort!) eindeutig als "die gute" oder "die böse" ausgemacht werden kann, dass bis zur verstörenden Klimax im letzten Akt kein erkennbarer Handlungs- im Sinne eines Kriegsverlaufes dargestellt wird, sondern die Erzähltechniken von Road Movie und Episodenfilm genutzt werden, das alles erweist sich als ungeheurer Gewinn.
Kirsten Dunst gibt als leading woman alles, und die Kürze der Auftritte von Nick Offerman und Dunsts Ehemann Jesse Plemons (uncredited!) machen diese nur noch effektvoller.

Serenity
Nachdem ich mir schon "Firefly" mit reichlich Verspätung angeschaut hatte, habe ich nun mit noch mehr Verspätung die Spielfilmfortsetzung der nach nur einer Staffel gecancelten Space-Western-Serie auf DVD nachgeholt und hatte dabei einen riesen Spaß! Es gibt was zu lachen, was zu staunen, es gibt Dramatik, Verluste, Action, Spannung, Erotik und eine mehr als passable Optik. Zudem kann man – bei allen Schweinereien, die man über den Mann mittlerweile weiß – Joss Whedons Schreibstil nicht genug loben: knackig, pointiert, rasant und bis in die Jetztzeit wegweisend. Mit dem eingespielten Ensemble wäre man gern noch auf viele weitere Reisen gegangen.
Ich frage mich nun, ob ich "Firefly", mit dem ich damals nicht so recht warm werden konnte, bei einem Rewatch mehr goutieren würde.

The Town
Mir ist Ben Affleck als Schauspieler relativ egal. Mehr übrig habe ich für ihn als Regisseur; "Gone Baby Gone" und "Argo" fand ich jedenfalls gelungen. Auch dieser raue Thriller ist nicht zu unterschätzen und wartet mit einer interessanten Prämisse auf: Ein Gangster (Affleck) kommt nach einem Banküberfall zufällig seiner Geisel (Rebecca Ferguson) näher, die ihn, weil er bei der Tat maskiert war, zunächst nicht wiedererkennt. Seine Komplizen wollen sicherstellen, dass sie keinen der Räuber identifizieren kann. Ein Dilemma!
Mit der Stadt ("town") ist natürlich Boston gemeint.

Furiosa: A Mad Max Saga
Auch den habe ich im Kino erlebt. Denn ein Erlebnis ist es allemal, eins fürs Auge zuvörderst. Das Charakter- und Kostümdesign, die Stuntchoreographie, die Verfolgungsjagden sprühen vor Kreativität. Nach dem Actionfeuerwerk "Fury Road", dessen Zauber sich niemand, den ich kenne, entziehen konnte, lag die Messlatte freilich hoch. Ganz ehrlich: Diese zu reißen, ist George Miller mit dem Prequel nicht gelungen. Der Kritikpunkt mag einfältig klingen, aber für mich ist da einfach zu viel Story drin. Und unglaublich geschwätzig ist diese Endzeit-Saga. Das passt nicht zu Mad Max, das ist substance over style.
War ich unzufrieden? Keineswegs. War ich enttäuscht? Ja, doch. Müsste ich meine Meinung in Zahlen ausdrücken, würde ich 6 von 10 Punkten vergeben.

In a World...
Den Titel dieses leicht mumblecorigen Dramas dürfte der Großteil des deutschen Publikums gar nicht einzuordnen gewusst haben. "In a world...", das ist seit mindestens drei Jahrzehnten der klischeegewordene Anfang unzähliger Kinotrailer im englischen Sprachraum: Eine sonore, bedeutungsschwere Männerstimme setzt mit den Worten "In einer Welt, in der ..." das Setting des vorgestellten Films. Und um diese Stimmen geht es in dieser kleinen, aber feinen Produktion von 2013, die hierzulande dann zum Glück doch den Untertitel "Die Macht der Stimme" erhalten hat.
Lake Bell, die auch das Drehbuch geschrieben und Regie geführt hat, spielt eine junge Schauspielerin, die sich mit gelegentlichen Sprechrollen mehr schlecht als recht über Wasser hält, bis sie plötzlich die Chance ihres Lebens wittert: Könnte sie die Nachfolgerin der größten lebenden Voice-over-Legende – ihres eigenen Vaters – werden?
Die kurzweiligen 90 Minuten liefern eine gefällige Showbusiness-Story, die was über female empowerment zu sagen hat, mit sympathischem Humor aufwartet und mit fröhlich stimmenden Gesichtern aus der US-Comedyszene überrascht (Demetri Martin, Tig Notaro, Michaela Watkins, schon wieder Nick Offerman ...). Schön!

Massive Talent (OT: The Unbearable Weight of Massive Talent)
Ich hatte befürchtet, dass diese Action-Komödie, in der Nicolas Cage eine leicht bzw. nach eigener Auskunft stark abgewandelte Version seiner selbst verkörpert ("Nick Cage"), zu krampfhaft auf Kult getrimmt ist. Gewiss: "Massive Talent" ist eine Nic-Cage-Show für Nic-Cage-Fans. Andererseits: Wer ist kein Fan von Nic Cage, wenn dieser klug besetzt ist? Hier ist er es, und die Meta-Sause funktioniert. Die Turbulenzen sind vergnüglich anzuschauen, zumal vor pittoresker Kulisse, die Schlagabtausche mit dem stets liebenswerten Pedro Pascal heben die plot-technisch eher mäßige Gangster-Farce auf das Niveau einer unterhaltsamen Buddy-Comedy – nicht unbedingt haha-funny, aber mit Herz.
In weiteren Rollen: Tiffany Haddish, Demi Moore, Neil Patrick Harris.

2001: Odyssee im Weltraum (OT: 2001: A Space Odyssey)
Ja, ich gebe es zu: Erst 23 Jahre nach dem Jahr, in dem der mir bis dahin nur aus Zitaten und Parodien bekannte Sci-Fi-Meilenstein angesiedelt ist, habe ich ihn nachgeholt. Ich weiß nicht mehr, welche Remaster-Version genau mir vorlag, aber sie war gestochen scharf und dadurch so bildgewaltig und immersiv, wie es Kubrick intendiert haben muss. Man kann seinen Blick nicht abwenden. Die schleichende Bedrohung, die durch das Kammerspiel (ein solches ist es mehr denn eine "Odyssee") wabert, fühlt sich angesichts des Umsichgreifens von sog. Künstlicher Intelligenz anno 2024 womöglich noch realer an als zum Zeitpunkt seiner Entstehung.
Dass "2001" so ... nun ja: esoterisch, metaphysisch und psychedelisch endet (und damit, wie mir jetzt klar wird, u.a. "Unendliche Begegnung der Dritten Art", "Interstellar" oder sogar "Moonfall" extrem beeinflusst hat), war mir unbekannt. Arthur C. Clarkes literarische Vorlage kenne ich nicht. Als zu gedehnt und artsy-fartsy mag das manch einer empfinden; ich war geflashed!
Müsste ich eins kritisieren, dann wäre es, dass man die ikonischen Einsätze des Donauwalzers und des "Zarathustra" auf je einziges Mal hätte beschränken sollen, um ihnen noch mehr Pathos und Gewicht zu geben.

Withnail & I
... von 1987 genießt im Vereinigten Königreich wohl einen gewissen Kultstatus, sagte mir aber gar nichts, als ich zufällig im Amazon-Prime-Katalog darauf stieß. Richard E. Grant und Paul McGann ("Doctor Who" aus dem TV-Film von 1996) sind zwei mittellose Schauspieler und Säufer, die sich Zugang zur Ferienhütte von Withnails Onkel verschaffen und dort heimlich Urlaub machen, bis ebenjener Onkel persönlich dort aufkreuzt. Das liest sich jetzt reichlich banal und obendrein wie eine launige Männertrip-Komödie. Worum es wirklich geht, ist indessen ernst und vielschichtig: unterdrückte Homosexualität, die Toxizität des Schauspielgeschäfts, die als Romantik verklärte Trostlosigkeit des Landlebens (hier: im Lake District) und vor allem Alkoholismus und Drogenabhängigkeit. Ich schwör's, ich bin seit "Trainspotting" nicht solchem Abfuck ausgesetzt worden. Insgesamt äußerst sehenswert und unter die Haut gehend. (Es lohnt sich übrigens, den dazugehörigen Wikipedia-Artikel zu lesen.)

Screwed
Zum Schluss etwas extrem Behämmertes: ein Kidnapping-Klamauk aus dem Jahr 2000 mit Norm Macdonald und Dave Chappelle. Die Macher haben offenbar versucht, dem Klassiker "Ruthless People" nachzueifern, doch mit diesem gemein hat "Screwed" lediglich, dass Danny DeVito mitspielt. Der gibt sich abermals größte Mühe, jedoch sind etliche seiner Auftritte unnötig gestreckt und wirken wie etwas, das man auf der DVD unter "Deleted Scenes" finden würde. Doch konnte man es sich anscheinend nicht leisten, irgendetwas herauszuschneiden, weil der ohnehin nur 80 Minuten dauernde Streifen dann noch kürzer geraten wäre. Retten konnte DeVito den vor Logiklöchern und humoristischen Rohrkrepieren strotzenden Slapstick ebensowenig wie der nach wie vor schmerzlich vermisste Norm.

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