Montag, 30. September 2024

Shoppen in einem Zug

Ich halte das Folgende fest für den Fall, dass dieser Service der Deutschen Bahn – denn um einen solchen geht es – irgendwann abgeschafft wird und nur noch in nostalgischen Erzählungen fortbesteht: "Es gab doch mal diesen Service der Deutschen Bahn, erinnert ihr euch? Im Jahr 2024 muss das gewesen sein, dieses eine Blog hat das mal festgehalten ..."

Also, im Jahr 2024 konnten Bahnreisende auf dem Weg nach Leipzig dies tun:


Ich stelle mir per App oder im Webbrowser einen vollständigen Rewe-Einkauf zusammen und hole die Waren nach meinem Ankunft im Leipziger Hauptbahnhof in der dortigen Filiale ab. Wann die Bezahlung erfolgt, ob online oder im Markt, ist der Kurzanleitung nicht zu entnehmen. So oder so, das Herz jedes Fans von geschicktem Zeitmanagement sollte angesichts dieser Möglichkeit höher schlagen. Ich bin schon oft von Dresden nach Frankfurt bzw. von Frankfurt nach Dresden gefahren und hatte in Leipzig Umstiegsaufenthalte, in welche solch ein Abholmanöver gewiss locker reingepasst hätte. Wie oft der Service wohl genutzt wird?

UPDATE: Im Grunde ist dieser Post vollkommen unbrauchbar. Mit der Deutschen Bahn hat der Aushang nichts zu tun, das Beworbene ist der ganz normale Abholservice, wie ihn jede Rewe-Filiale anbietet.

Samstag, 28. September 2024

Update in Sachen Podcast

Eine gute Nachricht, Freunde! Seitenstraße, der Bücherschrank-Podcast von Sebastian Sachse und mir, ist ab sofort auch auf Spotify! Außerdem sind wir jetzt auf Amazon und in Kürze eventuell überall sonst, wo es Podcasts gibt (außer bei Google Podcasts, weil es das ja nicht mehr gibt, grrr ...). Wenn euch also SoundCloud zu undergroundig ist (Ich schätze es sehr!), geht gerne zu den Platzhirschen. Hauptsache, ihr folgt uns, hört uns und empfehlt uns bei Gefallen weiter.

Donnerstag, 26. September 2024

TITANIC vor zehn Jahren: 10/2014


Ich habe das Titelbild nicht aus Prüderie mit einem Zensurbalken versehen, sondern um eine etwaige Sperrung durch Google (zu dem Blogger gehört) zu umgehen. Wir hatten seinerzeit bei der Titelkonferenz überlegt, ob das Cover als sexistisch aufgefasst werden könnte, befanden dann aber, dass es in erster Linie ein merkelfreundlicher und den IS verhöhnender Witz ist: Was wäre für islamische Fundamentalisten schließlich empörender als eine mächtige, übergroße, komplett unverhüllte Frau?

Mehr oder weniger versöhnlich, geradezu lieb war auch unsere Aufmacher-Aktion. Damals tauchte in mehreren deutschen Städten eine selbsternannte "Scharia-Polizei" auf. In notdürftig auf offiziell umgemodelten Warnwesten, wie sie die jungen Muslim-Vigilanten trugen, mischten wir als "Humor-Polizei" die Frankfurter Innenstadt auf. Wobei "aufmischen" meinte: Wir grenzten Humorzonen ein, verteilten "Strafzettel", ließen die Bürger Karikaturen bewerten und Witze erzählen, setzten uns Karnevalsnasen auf, fahndeten nach "humoristischen Missetätern" und versahen zu guter Letzt den inzwischen verschwundenen Faschingszubehör-Laden in meiner Nachbarschaft mit Absperrband. Eine vergnügliche Harmlos-Aktion, und obendrein die erste, an welcher der spätere Redakteur und damalige Volontär Leo Riegel und ich gemeinsam teilgenommen haben (Leo war als Praktikant bereits bei einer Griechenland-Spendenaktion, ich glaube im Jahr 2010, dabei gewesen)!


Ernster wurde es in Bezug auf den schon letzten Monat und auch zehn Jahre später noch/wieder akuten Komplex "Deutsche Waffen für die Welt", so die Überschrift einer Kunden-Informationsbroschüre aus Ursula v.d. Leyens Kriegsministerium (Urheber: Hürtgen/Riegel/Ziegelwagner).


In dieser Ausgabe von "55ff" konnte ich zwei Ideen unterbringen, die jahrelang in meinem Notizbuch gestanden hatten, nämlich einen rätselheftbezogenen Cartoon (selbstgezeichnet!) sowie diesen Fotoscherz:


Zur Buchmesse 2014 ist auch was drin (S. 58f.), und, wenn ich das ganz uneitel sagen darf, es zählt m.M.n. zu den Highlights des Heftes. Das Gastland-Special "Die neuen Finnland-Bücher sind da!" von Michael Ziegelwagner und mir wurde dann auch beim "Finnternationalen Vorlesewettbewerb" (Ankündigung Innenseite U2) von Star-Juror M.A. Numminen zum Siegertext gekürt (Preis: eine Tüte Nudeln in Elch-Form). Mein zweiter Buchmessenlesungsgewinn in Folge!


Seite 66 erinnert uns daran, dass Xavier Naidoo nicht erst während der Corona-Pandemie den Verstand verloren hat, sondern schon viel früher in die Schwurbel-, Verschwörungs- und "Reichsbürger"-Ecke abgedriftet ist. Leo Fischer fragte sich in "Der letzte Mensch": "Ist auch sein neues Album politischer geworden?" Songtext-Auszug: "Glaubst du, daß die Rothschilds / jeden Krieg bezahlen / und Satanistenbanden (Baaanden, yeah!) / Pentagramme malen? (Glaubst du das?) / Glaubst du, daß im Erdkern (Erdkern!) / böse Echsen leben, die, mit ihren Ufos, / an die Oberfläche streben? (Glaubst du das?) / Wenn du das glaubst, dann komm am Montag mal rum, / schau dich um, du kannst dabeisein! (Dabeisein!)"


Weiteres Notierenswertes
- Auf S. 12 finden wir die erste Folge von David Schuhs leider nach wenigen Monaten nicht mehr fortgeführter Personenerledigungsserie "Bilanz eines verpfuschten Lebens" (Günther Jauch; mein Favorit war die über Boris Becker).
- Wenn ich in den vorangegangenen Ausgaben nichts übersehen habe, taucht hier zum ersten Mal (im "Fachmann" auf S. 40) der Name Fabian Lichter auf. Den sollte man sich merken!
- Selten werden Fotoromane von nur einer Person verfasst. Ich selbst habe es, glaube ich, zweimal getan, davon einmal hier: Die vierseitige Story "Der Autokrat" über Verkehrsminister Alexander Dobrindt zusammenzukleben und zu betexten, hat viel Spaß gemacht, aber auch viel Zeit gekostet ...

Schlussgedanke
Eine im positiven Sinne nette Nummer, der es gelingt, Schlechte-Laune-Themen, wie sie in jener Ära virulent werden, gefällig auf eine tatsächlich unterhaltsame Satire-Ebene zu transponieren.
Nächstes Mal: ein Jubiläum, ein Abschied und ein Tiefpunkt.


Dienstag, 24. September 2024

The eagle hasn't landed (yet)

Was ist der Nationalvogel der Vereinigten Staaten von Amerika? Der Weißkopfseeadler natürlich, würden wohl die meisten auf diese Frage antworten. Tatsächlich ist der bald eagle, wenn er auch als Wappentier das Große Siegel ziert und somit in den USA allgegenwärtig ist, nie offiziell als national bird anerkannt worden. Dies könnte sich bald dank einer vom National Eagle Center in Wabasha, Minnesota, vorgeschlagenen gesetzlichen Verankerung ändern.

Das regelmäßig über minnesotische (?) Angelegenheiten berichtende Blog TYWKIWDBI hat darüber neulich informiert und dabei nicht unerwähnt gelassen, dass auch viele Menschen in den USA davon ausgehen bzw. ausgegangen sind, der Status des Weißkopfseeadlers als Nationalsymbol sei längst verbindlich festgelegt. Man denkt ja als Laie häufig, dass Selbstverständlichkeiten irgendwo kodifiziert seien, und dann sind sie es gar nicht, Stichwort Gewohnheitsrecht. Dass zum Beispiel Deutsch in Deutschland Staats- oder Landessprache ist, wird auch in keinem Gesetzestext schriftlich festgehalten (soweit ich weiß, regelt lediglich das Gerichtsverfassungsgesetz, dass die Gerichtssprache Deutsch ist, wobei Wirtschaftsprozesse hierzulande künftig auch auf Englisch geführt werden dürfen); Initiativen à la "Deutsch ins Grundgesetz!", wie sie alle paar Jahre von sich reden machen, sind meines Erachtens unsinnig.

Übrigens: "Einen wirklich offiziellen Nationalvogel gibt es in Deutschland wohl nicht. 1966 betitelte der Deutsche Bund für Vogelschutz den Weißstorch als Nationalvogel. [...] Auf dem Bundeswappen Deutschlands ist ein stilisierter schwarzer Adler abgebildet, der keine bestimmte Art repräsentiert. Trotz[dem] ist der Steinadler als Nationaltier Deutschlands bekannt." (vogelundnatur.de)

Sonntag, 22. September 2024

Die besten Weblogs (Doppelausgabe)

Heute möchte ich zwei Blogs empfehlen, die ich schon längst hätte empfehlen sollen, zumal mir die sympathischen Köpfe dahinter persönlich bekannt sind.

1.) Der Filmkenner und Historiker Csaba Lázár, der mein Redaktionskollege bei der Kinosendung war, die ich mal am Rande erwähnt habe, rezensiert seit vielen Jahren auf CineCsaba alte und neue Heimkino-Veröffentlichungen. Seine Kritiken sind unendlich kompetenter und umfangreicher als die meinigen und treffen so gut wie immer ins Schwarze.

2.) Das Frankfurter Urgestein Stefan Geyer hält in seinem Geyst-Blog Stadt-, Alltags- und literarische Beobachtungen fest. Zwar nur noch sehr sporadisch, aber es gibt ein stattliches Archiv. Stefan ist wie ich ein leidenschaftlicher Rumlatscher, und insbesondere die Rubrik "Spaziergangstagebuch" ist einen Blick wert.

Freitag, 20. September 2024

Albernes zum Wochenschluss

TV-WERBESPOT

SZENE 1
Ein Mann-Frau-Ehepaar begutachtet nach gemeinsamem Abendessen den noch nicht abgeräumten Esstisch.
MANN: Oh nein, Pesto auf der Tischdecke, das geht doch nie wieder raus!
FRAU: Ich könnte es mit Gallseife versuchen …
Eine weitere Frau – die betagte Schwiegermutter der Ehegattin – betritt koboldartig das Zimmer, in den Händen eine Flasche mit einem Reinigungsmittel.
SCHWIEGERMUTTER (SCHWM): Hier, nimm Acè! Die milde Bleiche ohne Chlor.
[Hinweis für Jüngere: Es wird "Atsche" ausgesprochen, auch wenn sich die Marke heute ohne Akzent gravis schreibt.]
FRAU (lacht): Du bist die Beste! Damit werde ich …
SCHWM: Acè! Der Fleckenentferner mit Farbschutz. Acè.

SZENE 2
Die Frau von eben befindet sich im Pausenraum ihrer Arbeitsstelle. Sie hat offenbar Brotaufstrich auf die crèmefarbene Hose ihres Kostüms gekleckert; sie wischt hektisch mit einem feuchten Tuch darauf herum.
FRAU: Marmeladenflecken – und das vor meinem wichtigen Termin!
SCHWM (erscheint aus dem Nichts, jetzt mit einer Acè-Flasche in beiden Händen, die circa dreimal so groß ist wie die in Szene 1): Du musst Acè nehmen! Kraftvolle Tiefenreinigung für Helles und Buntes.
FRAU (überrascht): Du und dein Acè … Wie bist du überhaupt hier reingekommen?
SCHWM: Mit Acè! Auch bei hartnäckigen Flecken auf allen Stoffen. Nimm Acè!
FRAU: Aber ich kann die Hose doch jetzt nicht reinigen, ich muss …
SCHWM (schraubt die Flasche auf und schüttet den gesamten Inhalt über das Bein ihrer Schwiegertochter): Acè! Nimm Acè! Bewährt bei Verschmutzungen und tiefsitzenden Verfärbungen.

SZENE 3
Die Frau steht im Keller, wo sie einen Wollpullover aus der Waschmaschine zieht. Auf dem Kleidungsstück prangt ein handgroßer, rostfarbener Fleck.
FRAU (verzweifelt): Der schöne Pulli, den kann ich wohl wegschmeißen.
SCHWM (aus einem Schrank kommend): Versuch's mit Acè. Hygienisch und für alle Textilien.
FRAU: Das ist Wolle. Eine Bleiche würde nur noch mehr Schaden anrichten.
SCHWM: Nicht Acè! Acè ist die erste Bleiche mit dem Wollsiegel. Schonende Reinigung mit neuer Formel.
FRAU: Aber ich habe den Pullover schon dreimal in die Maschi-…
SCHWM (zückt ein Jagdgewehr, entsichert es und zielt damit auf die verdatterte Frau) Ich sagte. Nimm. Acè.
Die Frau greift langsam nach einer der Acè-Flaschen, die zu Dutzenden auf dem Kellerboden stehen, und beginnt den Pullover einzuweichen.
SCHWM: Mehr. Mehr. Schön einweichen. Mit Acè.
MANN (erscheint am Ende der Kellertreppe): Was ist denn hier los?
FRAU (gießt mit Tränen in den Augen Acè auf den Pullover): Alles gut, Schatz, deine Mutter gibt mir nur ein paar Tipps.
SCHWM: Mehr Acè!
MANN (steigt die Treppe herab): Mutter, lass die Büchse fallen!
FRAU: Der Pullover ist schon ganz vollgesogen!
SCHMW: Ja! Mit Acè, der Bleiche mit dem Wollsiegel.
Der Mann schnappt sich eine Rohrzange und schlägt seiner Mutter damit auf den Schädel. Sie sinkt tot zu Boden.
FRAU: Herrjemine, was hast du getan?
MANN: Wir behaupten einfach, sie ist die Treppe runtergestürzt!
FRAU: Aber schau doch: Dein Hemd ist voller Blut! Was sollen wir denn …
Die beiden sehen sich an und brechen nach einem simultanen Geistesblitz in gemeinsames Gelächter aus.
(EINBLENDUNG) Acè. Bekommt alles raus. Damit nicht alles rauskommt.

Mittwoch, 18. September 2024

Traumberufe von gestern

Landschaftsgärtnerei ist ja ein endloses Faszinosum. (Ein Satz, von dem ich vor 20 Jahren auch nicht gedacht hätte, dass ich ihn mal äußern würde.) Insbesondere jene historisierenden Gestaltungselemente, die in Anlagen des 18. und 19. Jahrhunderts Einzug fanden, laden zum Staunen wie zum Schmunzeln ein, man denke an künstliche Ruinen und pseudomittelalterliche Gemäuer. Im Zuge der Recherchen für mein Binneninselbuch lernte ich das Konzept des Scheinfriedhofs kennen, vgl. etwa Rousseau-Inseln.

Die vorletzte Wochenendausgabe der Süddeutschen Zeitung stellte wiederum etwas vor, von dem ich noch nie gehört hatte: In der Rubrik "Dem Geheimnis auf der Spur" ging es um Schmuckeremiten (Artikel leider hinter Paywall). Das waren menschliche Zierelemente speziell in englischen Landschaftsgärten: Freiwillige, vorzugsweise fortgeschrittenene Alters, verpflichteten sich für mehrere Jahre, sich für ein paar Stunden täglich als naturromantisch verwahrloste Einsiedler in eigens eingerichteten Outdoor-Klausen grübelnd, chillend oder schmökernd zu präsentieren, zur Steigerung der "Authentizität" und zur Erbauung der Flanierenden. Auch in Deutschland soll es solche lebenden Gartenzwerge gegeben haben. Im Bergpark Kassel-Wilhelmshöhe könnte ich mir einen Schmuckeremiten ohne Weiteres auch heute noch vorstellen.

Montag, 16. September 2024

Beeren, stark

Nachdem ich vor wenigen Wochen durch den Lidl-Prospekt von einem Gemüse namens Zucchiolo erfuhr, einer neuen Kreuzung zwischen Gurke und Zucchini (die seltsamerweise kugelförmig ist), las ich gestern, dass es diese Woche bei Netto Kiwibeeren geben sollte. Gehört hatte ich davon zwar schon mal, doch weder wusste ich, dass diese runden Früchte auch Honigbeeren, Kokuwa oder Kiwai genannt werden, noch hatte ich sie je gegessen. Eine 125-Gramm-Schale kostete 1,99 Euro.


Es gab welche aus Italien und welche aus Portugal, was sich lediglich im Packungsaufdruck niederschlug. Die Größe der Beeren, bei denen es sich übrigens um die Früchte des Scharfzähnigen Strahlengriffels handelt, variiert überraschend stark. Jene in der von mir mitgenommenen Schale (es waren italienische) waren, s.o., recht einheitlich und ungefähr so groß wie Stachelbeeren. Auch geschmacklich erinnerten sie mich an Stachelbeeren, sie waren jedoch noch süßer, enthielten freilich auch eine deutliche Kiwinote, kurzum, sie waren köstlichst. Kiwis lösen beim Verzehr meist ein unangenehmes Kribbeln in meinem Mundraum aus. Nicht so die Kiwibeeren: Sie konnte ich problemlos vertilgen. Im Gegensatz zur Kiwi muss man sie auch nicht schälen. Fazit: Ein Top-Obst, und es ist eine Schande, dass ich es erst so spät entdeckt habe.

Samstag, 14. September 2024

Torsten rät ab: Pfanni Semmelknödel

Ich habe absolut nichts gegen die Firma Pfanni. Deren Mini-Knödel zum Beispiel finde ich vorzüglich, wie ich überhaupt ein ausgesprochener Freund von Klößen und Knödeln bin. 'Warum nicht mal Semmelknödel machen, wenn dieses Produkt hier schon mal im Angebot ist?', dachte ich kürzlich.


'Einfach genug zuzubereiten sind sie ja', dachte ich weiter. 'Lecker Pilzsoße dazu, fein.' Pfeifendeckel! Die angegebene Zeit, in der man die Knödel (erst in kaltem, dann in köchelndem) Wasser ziehen lassen soll, erwies sich als deutlich zu kurz. Nach großzügiger Verlängerung waren die Bällchen immer noch klumpig, matschig, leprös. Sie aus ihrer Hülle zu bekommen, war ein Ding der Unmöglichkeit. "Kochbeutel an den Laschen aufreißen", das war leichter geschrieben als getan; ich musste mit einer Schere ran. Geschmacklich sind diese Klassiker der deutschen Küche in Ordnung, aber als ich sie auf dem Teller hatte, war mir vor lauter Verdruss der Appetit vergangen.

Dienstag, 10. September 2024

Neues Altes (Juli-September 2024)

  • Archäologische Sensation in England: Forschende entdecken römische Villen, Gräberfelder und Bauernhöfe (Frankfurter Rundschau, 10. Juli) Mit neuartigen Scan- und Kartierungsmethoden wurde auf über 1000 Hektar in der Grafschaft Shropshire das römische Erbe der Gegend nahe Wroxeter erhellt, wo sich mit Viriconium Cornoviorum einst die viertgrößte Stadt des römischen Britanniens befand.
  • "Fund des Jahres": Forscher zeigen 40.000 Jahre alte Otter-Figur (BR, 25. Juli) "5,9 Zentimeter lang, 1,5 Zentimeter hoch, 0,5 Zentimeter breit und nur wenige Gramm leicht: Es ist ein unscheinbares Objekt, das Wissenschaftler der Universität Tübingen heute vorgestellt haben", nämlich die eiszeitliche plastische Darstellung eines Tieres, dem zwar der Kopf fehlt, das aber nur ein Otter sein könne. "[B]isher sei die Forschung davon ausgegangen, dass nur gefährliche und große Tiere wie Höhlenbär und Löwe oder Mammut, Wisent und Wildpferd von den eiszeitlichen Menschen künstlerisch dargestellt wurden." Möglicherweise habe die Figur aus der Weltkulturerbe-Höhle "Hohle Fels" (Schwäbische Alb) einen Bezug zum Schamanismus.
  • Neolithische Revolution: Brot oder Wildschwein? (FAZ, 25. Juli; nur hinter Paywall) Gräber auf den mir bis vor kurzem unbekannten französischen Inseln Île Téviec und Île d'Hœdic enthielten Skelette, die Auskunft über die Ernährungsgewohnheiten in der Bretagne der späten Mittelsteinzeit geben. "Wie die Isotopenwerte zeigen, standen hauptsächlich größere Fische auf dem Speiseplan, womöglich auch Robben. Solche Tiere zu fangen dürfte eine hoch entwickelte Technologie mit Booten, Angeln und anderen ausgeklügelten Gerätschaften erfordert haben." Auch auf den Phänotyp der Bewohner und die damaligen Sozialstrukturen lasse sich durch die gut erhaltene DNA schließen.
  • Wurde Ägyptens älteste Pyramide mit einem hydraulischen Liftsystem errichtet? (Der Standard, 30. Juli) Hochkomplex ging es beim Bau der 4700 Jahre alten Djoser-Stufenpyramide zu. Alles deutet darauf hin, dass ein mit Wasser betriebenes Hebesystem eine entscheidende Rolle spielte.
  • Mittelalterliches Dorf freigelegt: Sensationsfund bei München (BR, 6. August) "Bei Bauarbeiten in Oberschleißheim bei München sind Überreste einer mittelalterlichen Siedlung entdeckt worden", die sich über 11.000 Quadratmeter erstreckte und wahrscheinlich um 1300 aufgegeben wurde. Der Grundriss einer Kirche sowie etwa 20 Skelette wurden freigelegt.
  • 900 Jahre alter Bildstein bei Bauarbeiten in Vorpommern entdeckt (NDR, 14. August) "Im kleinen Dorf Klotzow am Peenestrom ist an einem Haus in der Erde ein" 500 kg schwerer, 60 cm breiter und 40 cm tiefer Granitblock aus dem 12. Jahrhundert entdeckt worden, der "eine eingravierte menschliche Figur, die ein Kreuz vor dem Bauch hält", zeigt. Bei dieser könnte es sich um den Bischof Otto von Bamberg handeln, der in Pommern um das Jahr 1100 herum als Missionar tätig war.
  • Neue Erkenntnis über Stonehenge verblüfft Forscher (Tagesschau, 15. August) Der sechs Tonnen schwere Altarstein von Stonehenge stammt offenbar "aus dem rund 750 Kilometer entfernten Nordosten Schottlands". "Die Logistik eines Transports des Steins über eine so weite Strecke verdeutliche [...] ein hohes Maß an Koordination und kultureller Verbindung zwischen diesen beiden Regionen". Dass die sog. Blausteine im Zentrum des Kreises aus Wales herangeschafft wurden, wusste man bereits. Die aufrecht stehenden Sandsteine kamen hingegen aus dem nahegelegenen Marlborough.
  • Jahrhundertealtes Samurai-Schwert bei Ausgrabungen auf Molkenmarkt gefunden (rbb24.de, 22. August) "[I]n einem mit Kriegsschutt verfüllten ehemaligen Keller eines Wohngebäudes in der Stralauer Straße [...] fanden sich bei der Freilegung diverse Militaria der Artillerie wie Trensen, Steigbügel, Kandaren und Zaumzeug, die offenbar in den letzten Zügen des Zweiten Weltkrieges dort eilig entsorgt worden waren". Der spektakulärste Fund: ein Wakizashi mit einem Griff aus der Edo-Zeit (17.-19. Jahrhundert) und einer Klinge, die sogar aus dem 16. Jahrhundert stammen könnte.
  • Hat Shakespeare sich hier umgezogen? (Süddeutsche Zeitung, 22. August; Paywall) Bei Untersuchungen des ältesten noch in Betrieb befindlichen Theaters des Vereinigten Königreichs, der St. George's Guildhall in King's Lynn, Norfolk, wurde ein 600 Jahre alter Torbogen entdeckt. "Es wird angenommen, die dazugehörige Tür habe zu dem Raum geführt, in der die Shakespeare-Truppe 'Earl of Pembroke's Men' sich umzog und ihre Requisiten lagerte, als sie 1593 in King's Lynn gastierte. Es wäre damit die einzig verbliebene von Shakespeare persönlich genutzte Garderobentür der Welt."
  • Archäologen lüften Geheimnis um spanische Grabkammer von Menga ("Spiegel online", 26. August) Wie konnten Jungsteinzeitmenschen einen aus 32 Riesensteinen bestehenden Dolmen in Andalusien errichten, deren schwerster Deckenstein rund 150 Tonnen auf die Waage bringt? "Anhand von Messungen und geologischen Untersuchungen zeigten die Forschenden, dass die Erbauer damals offenbar zunächst Fundamentgruben für die seitlichen Großsteine aushoben. Dann zogen sie die Brocken auf Holzschlitten heran und kippten sie mithilfe von Gegengewichten und Rampen in die Gruben. So ragten die Steine, nun präzise in einem Winkel ausgerichtet, nur wenig aus dem Boden heraus."
  • Haute Cuisine in der Bronzezeit (FAZ, 30. August; Paywall) "Eiweißspuren in mongolischen Kesseln verraten, was Menschen vor 2700 Jahren in Asien aßen." Genaueres war bereits im Juni auf "Archäologie Online" zu erfahren: In den Kesseln wurden neben Yakmilch (die man darin womöglich zu Joghurt hat fermentieren lassen) Blutreste von Wiederkäuern identifiziert. Aus dem bei Schlachtungen gesammelten Blut könnte Blutwurst gemacht worden sein.
  • 2500 Jahre altes Observatorium in Ägypten entdeckt ("Spiegel online", 3. September) Eine Sonnenuhr, astronomische Instrumente, einen Beobachtungsturm, Wandbilder mit sternkundlichen Motiven: Das alles und mehr fanden Archäologen in einem ca. 850 qm großen Observatorium aus der altägyptischen Spätzeit etwa 80 Kilometer östlich von Alexandria.
  • Versunkene Steinzeitbrücke auf Mallorca lässt Forscher staunen (t-online, 4. September) Ein Fund aus dem Jahr 2000 wurde u.a. mit Hilfe von Isotopenanalysen neu datiert und liefert die Erkenntnis, dass Mallorca bereits 1000 Jahre früher als bisher angenommen besiedelt war, mithin vor 5600 bis 6000 Jahren. Es handelt sich um eine heute unter dem Meeresspiegel liegende siebeneinhalb Meter lange Brücke, die zu einer trockenen Kammer einer Höhle an der Ostküste der Insel führte.
  • So schnell segelte ein römisches Schiff durchs Mittelmeer ("Welt online", 4. September) Experimentelle Archäologie aus Deutschland: "Dass ein antikes Schiff die Route von Karthago nach Ostia an der Tiber-Mündung in nur drei Tagen bewältigen konnte, bestätigt jetzt ein interdisziplinäres Langzeitprojekt der Universität Trier zur antiken Seefahrt. Kernstück ist der originalgetreue Nachbau eines römischen Handelsschiffs, das Ende der 1970er mit anderen Wracks bei Laurons westlich von Marseille geborgen werden konnte."

Sonntag, 8. September 2024

Und was sagst du so?

Ich sehe es als meine Pflicht an, wie ich es im Januar 2012 (!) zum ersten Mal getan habe, darauf hinzuweisen, dass eine neue Erhebungsrunde im "Atlas zur Deutschen Alltagssprache" gestartet ist bzw. hat, Nr. 14 inzwischen. Diesmal bin ich besonders entzückt, wird doch nicht nur auf meine Anregung hin erörtert, wie verbreitet die Formulierung "alles dreis" ist, auch geht es in einem Punkt (zufällig direkt darunter) um die dialektologisch nur peripher bedeutsame Frage nach der Zubereitung von Kartoffelsalat – ein Streitthema, das ich in einer meiner letzten Titanic-Newsletter-Kolumnen berührte.

Außerdem sind die Ergebnisse der 13. Runde da! 

Freitag, 6. September 2024

Albernes zum Wochenschluss

HISTORIKERSTIMME
Historiker wie ich sind sich einig: Die TV-Comedywelle in Westdeutschland begann nicht erst 1984 mit der legendären öffentlich-rechtlichen Sendung “Sketchup”, sondern mit der von Radio Bremen produzierten “Rudis Tagesshow”. Oder mit der “Otto-Show” in den Siebzigern ... Trotzdem soll es heute um “Sketchup” gehen. Diether Krebs, der im Duett mit Beatrice Richter und später mit Iris Berben - (laut und übertrieben betont) die übrigens heute noch sehr attraktiv ist! - als trotteliger Stoffel und stieseliger Trampel brillierte, ist unvergesslich und unvergessen. Hören wir doch mal in eine Folge von “Sketchup” rein! Sie werden merken: Das hohe Tempo, die präzise platzierten Pointen und das geniale Spiel aller Beteiligten funktionieren auch heute noch so gut wie Iris Berben attraktiv ist.

TITELSONG (angelehnt an den Originalvorspann)
Sketchup, Rad ab, Hut ab, Bart ab, Knopf ab, Kopf ab -- Sketchup!
Sketchup, Ton ab, Film ab, Maz ab, Band ab, Schnitt ab -- Sketchup!
Sketchup, Bein ab, Arm ab, Ohr ab, Hand ab, Fuß ab -- Sketchup!
Sketchup, Huhn ab, Hund ab, Maus ab, Reh ab, Fisch ab -- Sketchup!
Sketchup, Schnur ab, Strick ab, Uhr ab, Ball ab, Schwanz ab -- Sketchup!
Sketchup, Stein ab, Salz ab, Senf ab, Hirn ab, Rumpf ab -- Sketchup!
Sketchup, Strom ab, Gas ab, Funk ab, Netz ab, Knall ab -- Sketchup!

Sketch beginnt

REGISSEUR
So, Teddy, schön, dass du’s geschafft hast. Hi!

TEDDY
Hallo. Klar, kein Problem.

REGISSEUR
Das Drehbuch hast du ja gelesen, hast du noch Fragen dazu?

TEDDY
Nein, ich bin gut vorbereitet. Das hier ist das Zeug?

REGISSEUR
Genau. Den Becher nimmst du am Ende in die Hand, schaust in die Kamera und nimmst einen kräftigen Schluck.

TEDDY
Na dann …

REGISSEUR
Kamera läuft. “Spilko Pampelmuse”-Werbespot, erster Take, uuuund Action!

TEDDY
Hey Leute, ich bin’s, Tour-de-France-Gewinner und Radfahrlegende Teddy Schreier, und wenn ich wieder mal an mein Limit gegangen bin, brauche ich ein Getränk, das mich erfrischt und aufpowert. Und es muss schmecken. Da ist die neue “Spilko Pampelmuse” genau das Richtige! Mit 100 Prozent Limonade. Mmmmhh. (Trinkgeräusche) Iiiihhh! (Spuckgeräusche) Pfui, was ist das denn? Das ist ja widerlich!

REGISSEUR
Cut! Ja, Teddy, was ist denn los?

TEDDY
Koste mal, das Zeug ist ätzend!

REGISSEUR
Also, Teddy, du hast das ganz wunderbar gemacht, aber du musst das schon überzeugend genießen. Komm schon, das geht ganz fix. Hinterschlucken und lächeln. So schlimm schmeckt sie doch nicht. Hier, nimm einen anderen Becher!

TEDDY
Uach, na schön. Gib her. Bin bereit.

REGISSEUR
Kamera läuft wieder. “Spilko Pampelmuse”-Werbespot, zweiter Take, Action!

TEDDY
Hey Leute, ich bin’s, Tour-de-France-Gewinner und Radfahrlegende Teddy Schreier, und wenn ich wieder mal an mein Limit gegangen bin, brauche ich ein Getränk, das mich erfrischt und aufpowert. Und es muss schmecken. Da ist die neue “Spilko Pampelmuse” genau das Richtige! Mit 100 Prozent Limonade. Mmmmhh. (Trinkgeräusche) (Spuckgeräusche) Baaaahhh! Scheiß die Wand an!

REGISSEUR
Schnitt!

TEDDY
Wollen die mich verarschen? Warum stellen die so was her?!

REGISSEUR
Teddy! Teddy! Ganz ruhig. Easy. Du schaffst das. Die zahlen schließlich gut. Denk dran, du bist deren Werbegesicht für die nächsten drei Jahre. Steht so im Vertrag.

TEDDY
Kaum zu fassen …

REGISSEUR
Hier ist noch mal ein anderer Becher. Alles klar? Läuft.

TEDDY
(seufzt) Na schön.

REGISSEUR
“Spilko Pampelmuse”-Werbespot, Take drei, und Action!

TEDDY
Hey Leute, ich bin’s, Tour-de-France-Gewinner und Radfahrlegende Teddy Schreier, und wenn ich wieder mal an mein Limit gegangen bin, brauche ich ein Getränk, das mich erfrischt und aufpowert. Und es muss schmecken. Da ist die neue “Spilko Pampelmuse” genau das Richtige! Mit 100 Prozent Limonade. Mmmmhh. (Trinkgeräusche) (Spuckgeräusche) Aaaahhhhhh! (Würgegeräusche) ICH BRING EUCH ALLE UM! (hustet) Schluss, aus, Abbruch.

REGISSEUR
Cut! (seufzt) In Ordnung … (ruft in den Raum) Hol’ mir mal jemand Ersatzflüssigkeit. Irgendwas, das wie “Spilko” aussieht!

TEDDY
Nein, schon gut. Ich hab überreagiert … Es tut mir leid. Ich schaffe das. Diesmal wirklich.

REGISSEUR?
Wirklich? Mit diesem Becher hier?

TEDDY Hey, ich hab schon ganz andere Hürden gerissen. Bin ready!

REGISSEUR
Klasse! Zurück auf eure Positionen, people. Kamera läuft noch, ja? ACTION!

TEDDY
Hey Leute, ich bin’s, Tour-de-France-Gewinner und Radfahrlegende Teddy Schreier, und wenn ich wieder mal an mein Limit gegangen bin, brauche ich ein Getränk, das mich erfrischt und aufpowert. Und es muss schmecken. Da ist die neue “Spilko Pampelmuse” genau das Richtige! Mit 100 Prozent Limonade. Mmmmhh. (Trinkgeräusche) Mmmmhhh …. (gequält) Lecker. (mehr Trinkgeräusche) Mjamm … Aahh! (vorgetäuschtes Genussgeräusch) Eine Tür öffnet sich quietschend.

FRAU
Entschuldigung, dass ich störe. Das Team von der Dopingprüfstelle hat vorhin die Becher mit den Urinproben irgendwo stehen lassen.

TEDDY
Oh-oh.

ANDERER REGISSEUR (JENER, DER DEN SKETCH INSZENIERT)
Cut!

REGISSEUR
Hä? Was hat denn nicht gestimmt?

ANDERER REGISSEUR
Der Schauspieler hat nach der Pointe nicht in die Kamera geguckt.
(Posaunentöne)

-----

Teil eines Manuskripts für ein nie realisiertes Radio- oder Podcast-Projekt aus dem Jahr 2020, in dem es um die Geschichte des deutschen Humors gehen sollte.
Wer die parodierte Fernsehsendung nicht kennt, muss eigentlich nur wissen, dass die Sketche darin sich oft durch teils quälende Wiederholungen und Überkonstruktion auszeichneten und fast immer damit endeten, dass Diether Krebs die Vierte Wand brach und konsterniert in die Kamera blickte. "Sketchup" traf nichtsdestotrotz einen gewissen Nerv und genießt bis heute bei vielen Deutschen einer gewissen Altersgruppe nicht zu Unrecht Kultstatus.

Mittwoch, 4. September 2024

Kamala

Es hat sich ja mittlerweile herumgesprochen, dass der Vorname der demokratischen US-Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris aus dem Altindischen stammt und so etwas wie "Lotosblume" bedeuten soll. Ich wollte noch mehr darüber wissen und schlug das Wort in Monier-Williams' Sanskrit-English Dictionary nach:


Wie man sieht, ist kamala zunächst ein Farbadjektiv, das substantiviert alles Mögliche bezeichnen kann: eine Reh-Art, den Saruskranich (der nach neuestem Stand auf Latein Antigone antigone oder Grus antigone heißt), ein Sternbild, "an excellent woman" (mit Donald-Trump-Stimme zu lesen), vereinzelt auch "Wasser", "Blase" (das Organ) oder, was mit Blick auf Trump am lustigsten ist, eine Orange.

Doch wo kommt das Wort her? Wenn ich einen ganzen Tag Zeit hätte, würde ich mich in die Universitätsbibliothek setzen, um dem Rätsel nachzuspüren. So aber kann ich bloß rasch Mayrhofers EWA (Etymologisches Wörterbuch des Altindoarischen) konsultieren. "Nicht klar" heißt es dort lapidar unter dem Stichwort "kamalá- Adj. Bezeichnung einer Farbe, vielleicht: blaßrot". Und weiter: "Wohl kaum als '*lotosfarbig' zu ep. kl. kamala- 'Lotos' (angeblich dravid[ischen] Ursprungs ...)". Jetzt bin ich verwirrt. War das Wort für die Farbe zuerst da oder das Wort für die Pflanze, das diese Farbe hat? Und wieso liegt der Akzent mal auf der letzten, mal auf der ersten Silbe? Wie gesagt, mir fehlt leider die Zeit, mich in dieses Kaninchenloch zu stürzen.

Montag, 2. September 2024

Serientagebuch 08/24

02.08. Saxondale 2.05
Saxondale 2.06
Evil 2.10
04.08. Gotham 4.17
06.08. House of the Dragon 2.08
07.08. Evil 2.11
08.08. Andor 1.01
Andor 1.02
11.08. Eric 1.05
Eric 1.06
13.08. Grace 4.01
14.08. Gotham 4.18
15.08. Andor 1.03
16.08. Evil 2.12
19.08. Grace 4.02
20.08. Evil 2.13
Andor 1.04
21.08. Futurama 9.01
Futurama 9.02
22.08.
Futurama 9.03
Futurama 9.04
26.08. Grace 4.03
27.08. Andor 1.05
28.08. Gotham 4.19
Gotham 4.20
30.08. Futurama 9.05

Exakt zwei Jahre, nachdem ich zufällig die erste Staffel von Saxondale auf DVD in der Stadtbücherei entdeckt habe, habe ich die zweite und letzte Staffel dieser Sitcom über Steve Coogans zweitbekannteste Figur nach Alan Partridge abgeschlossen. Zwei Jahre, in denen ich sämtliche Partridge-Shows gesehen habe: Auf so wundersame Weise schließt sich ein Kreis, der nun eine gähnende Leere in mir hinterlässt. Wobei, wie ich schon mehrmals schrieb, das "Partridge-verse" weitläufig und vielförmig genug ist, dass ich mich noch eine Weile auf diversen Nebenschauplätzen tummeln kann: Drei Alan-Partridge-Bücher gibt es mittlerweile, von denen ich bereits eins mit großem Vergnügen gelesen habe und das zweite gerade in der Mache habe; den Podcast "From the Oasthouse" habe ich mir auf Audible besorgt; auf Clips und Snippets stößt man immer wieder auf Youtube (oder in britischen Magazinen: Selbst Fake-Homestorys über und "Interviews" mit Alan Partridge erweitern den Kosmos und tragen zur Gesamterzählung bei).
Zurück zu "Saxondale": Die Titelfigur, ein ehemaliger Roadie, der jetzt als Kammerjäger arbeitet, seinen Rock'n'Roll-Jahren nachtrauert und wegen Aggressionsproblemen jede Woche zur Gruppentherapie muss, teilt mit Alan die Wesenszüge Überheblichkeit und Unsicherheit (wobei Letzteres Ersteres bedingt), ist im Grunde aber gewinnender und nahbarer als jener. Man hört sich seine Anekdoten und Belehrungen gerne an, und die Fremdschämmomente hauen nicht ganz so stark rein wie bei "I'm Alan Partridge" & Co. Unterm Strich ein kurzweiliger, überraschend solide gealterter Spaß.

Zur zweiten, weiterhin hyperkomplexen und detailbesessenen Staffel von House of the Dragon kann ich kaum etwas sagen, das andere nicht schon elaborierter festgehalten haben. Kurz: Sie funktioniert deutlich besser als die erste, denn es gibt diesmal keine Zeitsprünge, so dass die Figuren tatsächlich die Möglichkeit bekommen, sich zu entwickeln und Empathie beim Publikum zu erzeugen. Effekte, Kostüme und Musik sind wieder grandios. Ich habe vor kurzem (endlich!) mit der Buchvorlage "Fire & Blood" angefangen, und hätte ich dies vor dem Start der TV-Serie getan, hätte ich gedacht: Hä, wie will man das verfilmen? Es handelt sich um eine reine Chronik, eine Schilderung von historischen Abläufen, zumal von zwei unzuverlässigen Erzählern wiedergegeben. Das ist zwar eine durchaus ersprießliche Lektüre, aber eine ganz andere, deutlich weniger immersive und ergreifende Erfahrung als "ASoIaF". Das Kunststück, diesen narrativen Flickenteppich im positiven Sinne "aufzuseifenopern", aus einem mit dem "Silmarillion" vergleichbaren Werk dramatische Szenen zu extrahieren und den Handelnden wahre Tiefe zu verleihen, gelingt Ryan Condal und seinem Team prächtig. (Btw: In einem kurzen Video-Essay hat "The Nerdwriter" dargelegt, warum Tolkien-Stoffe fürs Serienformat ungeeignet sind. Auf "Die Ringe der Macht" habe ich denn auch vorerst nicht die geringste Lust.)

Die Grundidee der düsteren Miniserie Eric ist originell. Als sein neunjähriger Sohn auf dem Weg zur Schule verschwindet, verbeißt sich Vincent (Benedict Cumberbatch), einer der Stars einer "Sesamstraßen"-artigen Kindershow, in die Wahnvorstellung, dass er Kontakt zu ihm aufnehmen könne, wenn er eine neue Figur erschafft: das Flauschmonster "Eric". Die imaginäre Figur begleitet den nicht eben sympathischen Puppenspieler in seiner Abwärtsspirale auf Schritt und Tritt, "Mein Freund Harvey" und "Donnie Darko" lassen grüßen.
Am besten gefiel mir die Darstellung des New York der 1980er-Jahre. (Ich glaube, darüber muss ich mich bei Gelegenheit gesondert auslassen.) Der Entführungs(?)-Fall ist packend, Cumberbatch liefert ab wie gewohnt, nur will, wie auch die Zeitschrift Cinema monierte, "Eric" zu viele Felder aufmachen bzw. Fässer beackern. Die Seitenstränge und Parallelplots verwässern die Hauptsuppe, hier wäre weniger mehr gewesen.

Nach wie vor höchst angetan bin ich von Evil. Neben all dem Grusel im jeweiligen Fall der Woche kommt es im / in den übergreifenden Handlungsbogen/-bögen zu reichlich Drama und mitreißenden Entwicklungen der Charaktere, die mir zunehmend ans Herz wachsen. Die Dialoge geraten mitunter geradezu philosophisch. (Religion, konkret die römisch-katholische Kirche ist schließlich Dreh- und Angelpunkt.) Aber auch der ein oder andere Lacher hat seinen Platz (Zeuge: "Who are you?" -- Ben: "I'm the comic relief."). Mit "Evil" liegt endlich ein würdiger "Akte X"-Nachfolger vor.