Montag, 16. September 2024

Beeren, stark

Nachdem ich vor wenigen Wochen durch den Lidl-Prospekt von einem Gemüse namens Zucchiolo erfuhr, einer neuen Kreuzung zwischen Gurke und Zucchini (die seltsamerweise kugelförmig ist), las ich gestern, dass es diese Woche bei Netto Kiwibeeren geben sollte. Gehört hatte ich davon zwar schon mal, doch weder wusste ich, dass diese runden Früchte auch Honigbeeren, Kokuwa oder Kiwai genannt werden, noch hatte ich sie je gegessen. Eine 125-Gramm-Schale kostete 1,99 Euro.


Es gab welche aus Italien und welche aus Portugal, was sich lediglich im Packungsaufdruck niederschlug. Die Größe der Beeren, bei denen es sich übrigens um die Früchte des Scharfzähnigen Strahlengriffels handelt, variiert überraschend stark. Jene in der von mir mitgenommenen Schale (es waren italienische) waren, s.o., recht einheitlich und ungefähr so groß wie Stachelbeeren. Auch geschmacklich erinnerten sie mich an Stachelbeeren, sie waren jedoch noch süßer, enthielten freilich auch eine deutliche Kiwinote, kurzum, sie waren köstlichst. Kiwis lösen beim Verzehr meist ein unangenehmes Kribbeln in meinem Mundraum aus. Nicht so die Kiwibeeren: Sie konnte ich problemlos vertilgen. Im Gegensatz zur Kiwi muss man sie auch nicht schälen. Fazit: Ein Top-Obst, und es ist eine Schande, dass ich es erst so spät entdeckt habe.

Samstag, 14. September 2024

Torsten rät ab: Pfanni Semmelknödel

Ich habe absolut nichts gegen die Firma Pfanni. Deren Mini-Knödel zum Beispiel finde ich vorzüglich, wie ich überhaupt ein ausgesprochener Freund von Klößen und Knödeln bin. 'Warum nicht mal Semmelknödel machen, wenn dieses Produkt hier schon mal im Angebot ist?', dachte ich kürzlich.


'Einfach genug zuzubereiten sind sie ja', dachte ich weiter. 'Lecker Pilzsoße dazu, fein.' Pfeifendeckel! Die angegebene Zeit, in der man die Knödel (erst in kaltem, dann in köchelndem) Wasser ziehen lassen soll, erwies sich als deutlich zu kurz. Nach großzügiger Verlängerung waren die Bällchen immer noch klumpig, matschig, leprös. Sie aus ihrer Hülle zu bekommen, war ein Ding der Unmöglichkeit. "Kochbeutel an den Laschen aufreißen", das war leichter geschrieben als getan; ich musste mit einer Schere ran. Geschmacklich sind diese Klassiker der deutschen Küche in Ordnung, aber als ich sie auf dem Teller hatte, war mir vor lauter Verdruss der Appetit vergangen.

Dienstag, 10. September 2024

Neues Altes (Juli-September 2024)

  • Archäologische Sensation in England: Forschende entdecken römische Villen, Gräberfelder und Bauernhöfe (Frankfurter Rundschau, 10. Juli) Mit neuartigen Scan- und Kartierungsmethoden wurde auf über 1000 Hektar in der Grafschaft Shropshire das römische Erbe der Gegend nahe Wroxeter erhellt, wo sich mit Viriconium Cornoviorum einst die viertgrößte Stadt des römischen Britanniens befand.
  • "Fund des Jahres": Forscher zeigen 40.000 Jahre alte Otter-Figur (BR, 25. Juli) "5,9 Zentimeter lang, 1,5 Zentimeter hoch, 0,5 Zentimeter breit und nur wenige Gramm leicht: Es ist ein unscheinbares Objekt, das Wissenschaftler der Universität Tübingen heute vorgestellt haben", nämlich die eiszeitliche plastische Darstellung eines Tieres, dem zwar der Kopf fehlt, das aber nur ein Otter sein könne. "[B]isher sei die Forschung davon ausgegangen, dass nur gefährliche und große Tiere wie Höhlenbär und Löwe oder Mammut, Wisent und Wildpferd von den eiszeitlichen Menschen künstlerisch dargestellt wurden." Möglicherweise habe die Figur aus der Weltkulturerbe-Höhle "Hohle Fels" (Schwäbische Alb) einen Bezug zum Schamanismus.
  • Neolithische Revolution: Brot oder Wildschwein? (FAZ, 25. Juli; nur hinter Paywall) Gräber auf den mir bis vor kurzem unbekannten französischen Inseln Île Téviec und Île d'Hœdic enthielten Skelette, die Auskunft über die Ernährungsgewohnheiten in der Bretagne der späten Mittelsteinzeit geben. "Wie die Isotopenwerte zeigen, standen hauptsächlich größere Fische auf dem Speiseplan, womöglich auch Robben. Solche Tiere zu fangen dürfte eine hoch entwickelte Technologie mit Booten, Angeln und anderen ausgeklügelten Gerätschaften erfordert haben." Auch auf den Phänotyp der Bewohner und die damaligen Sozialstrukturen lasse sich durch die gut erhaltene DNA schließen.
  • Wurde Ägyptens älteste Pyramide mit einem hydraulischen Liftsystem errichtet? (Der Standard, 30. Juli) Hochkomplex ging es beim Bau der 4700 Jahre alten Djoser-Stufenpyramide zu. Alles deutet darauf hin, dass ein mit Wasser betriebenes Hebesystem eine entscheidende Rolle spielte.
  • Mittelalterliches Dorf freigelegt: Sensationsfund bei München (BR, 6. August) "Bei Bauarbeiten in Oberschleißheim bei München sind Überreste einer mittelalterlichen Siedlung entdeckt worden", die sich über 11.000 Quadratmeter erstreckte und wahrscheinlich um 1300 aufgegeben wurde. Der Grundriss einer Kirche sowie etwa 20 Skelette wurden freigelegt.
  • 900 Jahre alter Bildstein bei Bauarbeiten in Vorpommern entdeckt (NDR, 14. August) "Im kleinen Dorf Klotzow am Peenestrom ist an einem Haus in der Erde ein" 500 kg schwerer, 60 cm breiter und 40 cm tiefer Granitblock aus dem 12. Jahrhundert entdeckt worden, der "eine eingravierte menschliche Figur, die ein Kreuz vor dem Bauch hält", zeigt. Bei dieser könnte es sich um den Bischof Otto von Bamberg handeln, der in Pommern um das Jahr 1100 herum als Missionar tätig war.
  • Neue Erkenntnis über Stonehenge verblüfft Forscher (Tagesschau, 15. August) Der sechs Tonnen schwere Altarstein von Stonehenge stammt offenbar "aus dem rund 750 Kilometer entfernten Nordosten Schottlands". "Die Logistik eines Transports des Steins über eine so weite Strecke verdeutliche [...] ein hohes Maß an Koordination und kultureller Verbindung zwischen diesen beiden Regionen". Dass die sog. Blausteine im Zentrum des Kreises aus Wales herangeschafft wurden, wusste man bereits. Die aufrecht stehenden Sandsteine kamen hingegen aus dem nahegelegenen Marlborough.
  • Jahrhundertealtes Samurai-Schwert bei Ausgrabungen auf Molkenmarkt gefunden (rbb24.de, 22. August) "[I]n einem mit Kriegsschutt verfüllten ehemaligen Keller eines Wohngebäudes in der Stralauer Straße [...] fanden sich bei der Freilegung diverse Militaria der Artillerie wie Trensen, Steigbügel, Kandaren und Zaumzeug, die offenbar in den letzten Zügen des Zweiten Weltkrieges dort eilig entsorgt worden waren". Der spektakulärste Fund: ein Wakizashi mit einem Griff aus der Edo-Zeit (17.-19. Jahrhundert) und einer Klinge, die sogar aus dem 16. Jahrhundert stammen könnte.
  • Hat Shakespeare sich hier umgezogen? (Süddeutsche Zeitung, 22. August; Paywall) Bei Untersuchungen des ältesten noch in Betrieb befindlichen Theaters des Vereinigten Königreichs, der St. George's Guildhall in King's Lynn, Norfolk, wurde ein 600 Jahre alter Torbogen entdeckt. "Es wird angenommen, die dazugehörige Tür habe zu dem Raum geführt, in der die Shakespeare-Truppe 'Earl of Pembroke's Men' sich umzog und ihre Requisiten lagerte, als sie 1593 in King's Lynn gastierte. Es wäre damit die einzig verbliebene von Shakespeare persönlich genutzte Garderobentür der Welt."
  • Archäologen lüften Geheimnis um spanische Grabkammer von Menga ("Spiegel online", 26. August) Wie konnten Jungsteinzeitmenschen einen aus 32 Riesensteinen bestehenden Dolmen in Andalusien errichten, deren schwerster Deckenstein rund 150 Tonnen auf die Waage bringt? "Anhand von Messungen und geologischen Untersuchungen zeigten die Forschenden, dass die Erbauer damals offenbar zunächst Fundamentgruben für die seitlichen Großsteine aushoben. Dann zogen sie die Brocken auf Holzschlitten heran und kippten sie mithilfe von Gegengewichten und Rampen in die Gruben. So ragten die Steine, nun präzise in einem Winkel ausgerichtet, nur wenig aus dem Boden heraus."
  • Haute Cuisine in der Bronzezeit (FAZ, 30. August; Paywall) "Eiweißspuren in mongolischen Kesseln verraten, was Menschen vor 2700 Jahren in Asien aßen." Genaueres war bereits im Juni auf "Archäologie Online" zu erfahren: In den Kesseln wurden neben Yakmilch (die man darin womöglich zu Joghurt hat fermentieren lassen) Blutreste von Wiederkäuern identifiziert. Aus dem bei Schlachtungen gesammelten Blut könnte Blutwurst gemacht worden sein.
  • 2500 Jahre altes Observatorium in Ägypten entdeckt ("Spiegel online", 3. September) Eine Sonnenuhr, astronomische Instrumente, einen Beobachtungsturm, Wandbilder mit sternkundlichen Motiven: Das alles und mehr fanden Archäologen in einem ca. 850 qm großen Observatorium aus der altägyptischen Spätzeit etwa 80 Kilometer östlich von Alexandria.
  • Versunkene Steinzeitbrücke auf Mallorca lässt Forscher staunen (t-online, 4. September) Ein Fund aus dem Jahr 2000 wurde u.a. mit Hilfe von Isotopenanalysen neu datiert und liefert die Erkenntnis, dass Mallorca bereits 1000 Jahre früher als bisher angenommen besiedelt war, mithin vor 5600 bis 6000 Jahren. Es handelt sich um eine heute unter dem Meeresspiegel liegende siebeneinhalb Meter lange Brücke, die zu einer trockenen Kammer einer Höhle an der Ostküste der Insel führte.
  • So schnell segelte ein römisches Schiff durchs Mittelmeer ("Welt online", 4. September) Experimentelle Archäologie aus Deutschland: "Dass ein antikes Schiff die Route von Karthago nach Ostia an der Tiber-Mündung in nur drei Tagen bewältigen konnte, bestätigt jetzt ein interdisziplinäres Langzeitprojekt der Universität Trier zur antiken Seefahrt. Kernstück ist der originalgetreue Nachbau eines römischen Handelsschiffs, das Ende der 1970er mit anderen Wracks bei Laurons westlich von Marseille geborgen werden konnte."

Sonntag, 8. September 2024

Und was sagst du so?

Ich sehe es als meine Pflicht an, wie ich es im Januar 2012 (!) zum ersten Mal getan habe, darauf hinzuweisen, dass eine neue Erhebungsrunde im "Atlas zur Deutschen Alltagssprache" gestartet ist bzw. hat, Nr. 14 inzwischen. Diesmal bin ich besonders entzückt, wird doch nicht nur auf meine Anregung hin erörtert, wie verbreitet die Formulierung "alles dreis" ist, auch geht es in einem Punkt (zufällig direkt darunter) um die dialektologisch nur peripher bedeutsame Frage nach der Zubereitung von Kartoffelsalat – ein Streitthema, das ich in einer meiner letzten Titanic-Newsletter-Kolumnen berührte.

Außerdem sind die Ergebnisse der 13. Runde da! 

Freitag, 6. September 2024

Albernes zum Wochenschluss

HISTORIKERSTIMME
Historiker wie ich sind sich einig: Die TV-Comedywelle in Westdeutschland begann nicht erst 1984 mit der legendären öffentlich-rechtlichen Sendung “Sketchup”, sondern mit der von Radio Bremen produzierten “Rudis Tagesshow”. Oder mit der “Otto-Show” in den Siebzigern ... Trotzdem soll es heute um “Sketchup” gehen. Diether Krebs, der im Duett mit Beatrice Richter und später mit Iris Berben - (laut und übertrieben betont) die übrigens heute noch sehr attraktiv ist! - als trotteliger Stoffel und stieseliger Trampel brillierte, ist unvergesslich und unvergessen. Hören wir doch mal in eine Folge von “Sketchup” rein! Sie werden merken: Das hohe Tempo, die präzise platzierten Pointen und das geniale Spiel aller Beteiligten funktionieren auch heute noch so gut wie Iris Berben attraktiv ist.

TITELSONG (angelehnt an den Originalvorspann)
Sketchup, Rad ab, Hut ab, Bart ab, Knopf ab, Kopf ab -- Sketchup!
Sketchup, Ton ab, Film ab, Maz ab, Band ab, Schnitt ab -- Sketchup!
Sketchup, Bein ab, Arm ab, Ohr ab, Hand ab, Fuß ab -- Sketchup!
Sketchup, Huhn ab, Hund ab, Maus ab, Reh ab, Fisch ab -- Sketchup!
Sketchup, Schnur ab, Strick ab, Uhr ab, Ball ab, Schwanz ab -- Sketchup!
Sketchup, Stein ab, Salz ab, Senf ab, Hirn ab, Rumpf ab -- Sketchup!
Sketchup, Strom ab, Gas ab, Funk ab, Netz ab, Knall ab -- Sketchup!

Sketch beginnt

REGISSEUR
So, Teddy, schön, dass du’s geschafft hast. Hi!

TEDDY
Hallo. Klar, kein Problem.

REGISSEUR
Das Drehbuch hast du ja gelesen, hast du noch Fragen dazu?

TEDDY
Nein, ich bin gut vorbereitet. Das hier ist das Zeug?

REGISSEUR
Genau. Den Becher nimmst du am Ende in die Hand, schaust in die Kamera und nimmst einen kräftigen Schluck.

TEDDY
Na dann …

REGISSEUR
Kamera läuft. “Spilko Pampelmuse”-Werbespot, erster Take, uuuund Action!

TEDDY
Hey Leute, ich bin’s, Tour-de-France-Gewinner und Radfahrlegende Teddy Schreier, und wenn ich wieder mal an mein Limit gegangen bin, brauche ich ein Getränk, das mich erfrischt und aufpowert. Und es muss schmecken. Da ist die neue “Spilko Pampelmuse” genau das Richtige! Mit 100 Prozent Limonade. Mmmmhh. (Trinkgeräusche) Iiiihhh! (Spuckgeräusche) Pfui, was ist das denn? Das ist ja widerlich!

REGISSEUR
Cut! Ja, Teddy, was ist denn los?

TEDDY
Koste mal, das Zeug ist ätzend!

REGISSEUR
Also, Teddy, du hast das ganz wunderbar gemacht, aber du musst das schon überzeugend genießen. Komm schon, das geht ganz fix. Hinterschlucken und lächeln. So schlimm schmeckt sie doch nicht. Hier, nimm einen anderen Becher!

TEDDY
Uach, na schön. Gib her. Bin bereit.

REGISSEUR
Kamera läuft wieder. “Spilko Pampelmuse”-Werbespot, zweiter Take, Action!

TEDDY
Hey Leute, ich bin’s, Tour-de-France-Gewinner und Radfahrlegende Teddy Schreier, und wenn ich wieder mal an mein Limit gegangen bin, brauche ich ein Getränk, das mich erfrischt und aufpowert. Und es muss schmecken. Da ist die neue “Spilko Pampelmuse” genau das Richtige! Mit 100 Prozent Limonade. Mmmmhh. (Trinkgeräusche) (Spuckgeräusche) Baaaahhh! Scheiß die Wand an!

REGISSEUR
Schnitt!

TEDDY
Wollen die mich verarschen? Warum stellen die so was her?!

REGISSEUR
Teddy! Teddy! Ganz ruhig. Easy. Du schaffst das. Die zahlen schließlich gut. Denk dran, du bist deren Werbegesicht für die nächsten drei Jahre. Steht so im Vertrag.

TEDDY
Kaum zu fassen …

REGISSEUR
Hier ist noch mal ein anderer Becher. Alles klar? Läuft.

TEDDY
(seufzt) Na schön.

REGISSEUR
“Spilko Pampelmuse”-Werbespot, Take drei, und Action!

TEDDY
Hey Leute, ich bin’s, Tour-de-France-Gewinner und Radfahrlegende Teddy Schreier, und wenn ich wieder mal an mein Limit gegangen bin, brauche ich ein Getränk, das mich erfrischt und aufpowert. Und es muss schmecken. Da ist die neue “Spilko Pampelmuse” genau das Richtige! Mit 100 Prozent Limonade. Mmmmhh. (Trinkgeräusche) (Spuckgeräusche) Aaaahhhhhh! (Würgegeräusche) ICH BRING EUCH ALLE UM! (hustet) Schluss, aus, Abbruch.

REGISSEUR
Cut! (seufzt) In Ordnung … (ruft in den Raum) Hol’ mir mal jemand Ersatzflüssigkeit. Irgendwas, das wie “Spilko” aussieht!

TEDDY
Nein, schon gut. Ich hab überreagiert … Es tut mir leid. Ich schaffe das. Diesmal wirklich.

REGISSEUR?
Wirklich? Mit diesem Becher hier?

TEDDY Hey, ich hab schon ganz andere Hürden gerissen. Bin ready!

REGISSEUR
Klasse! Zurück auf eure Positionen, people. Kamera läuft noch, ja? ACTION!

TEDDY
Hey Leute, ich bin’s, Tour-de-France-Gewinner und Radfahrlegende Teddy Schreier, und wenn ich wieder mal an mein Limit gegangen bin, brauche ich ein Getränk, das mich erfrischt und aufpowert. Und es muss schmecken. Da ist die neue “Spilko Pampelmuse” genau das Richtige! Mit 100 Prozent Limonade. Mmmmhh. (Trinkgeräusche) Mmmmhhh …. (gequält) Lecker. (mehr Trinkgeräusche) Mjamm … Aahh! (vorgetäuschtes Genussgeräusch) Eine Tür öffnet sich quietschend.

FRAU
Entschuldigung, dass ich störe. Das Team von der Dopingprüfstelle hat vorhin die Becher mit den Urinproben irgendwo stehen lassen.

TEDDY
Oh-oh.

ANDERER REGISSEUR (JENER, DER DEN SKETCH INSZENIERT)
Cut!

REGISSEUR
Hä? Was hat denn nicht gestimmt?

ANDERER REGISSEUR
Der Schauspieler hat nach der Pointe nicht in die Kamera geguckt.
(Posaunentöne)

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Teil eines Manuskripts für ein nie realisiertes Radio- oder Podcast-Projekt aus dem Jahr 2020, in dem es um die Geschichte des deutschen Humors gehen sollte.
Wer die parodierte Fernsehsendung nicht kennt, muss eigentlich nur wissen, dass die Sketche darin sich oft durch teils quälende Wiederholungen und Überkonstruktion auszeichneten und fast immer damit endeten, dass Diether Krebs die Vierte Wand brach und konsterniert in die Kamera blickte. "Sketchup" traf nichtsdestotrotz einen gewissen Nerv und genießt bis heute bei vielen Deutschen einer gewissen Altersgruppe nicht zu Unrecht Kultstatus.

Mittwoch, 4. September 2024

Kamala

Es hat sich ja mittlerweile herumgesprochen, dass der Vorname der demokratischen US-Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris aus dem Altindischen stammt und so etwas wie "Lotosblume" bedeuten soll. Ich wollte noch mehr darüber wissen und schlug das Wort in Monier-Williams' Sanskrit-English Dictionary nach:


Wie man sieht, ist kamala zunächst ein Farbadjektiv, das substantiviert alles Mögliche bezeichnen kann: eine Reh-Art, den Saruskranich (der nach neuestem Stand auf Latein Antigone antigone oder Grus antigone heißt), ein Sternbild, "an excellent woman" (mit Donald-Trump-Stimme zu lesen), vereinzelt auch "Wasser", "Blase" (das Organ) oder, was mit Blick auf Trump am lustigsten ist, eine Orange.

Doch wo kommt das Wort her? Wenn ich einen ganzen Tag Zeit hätte, würde ich mich in die Universitätsbibliothek setzen, um dem Rätsel nachzuspüren. So aber kann ich bloß rasch Mayrhofers EWA (Etymologisches Wörterbuch des Altindoarischen) konsultieren. "Nicht klar" heißt es dort lapidar unter dem Stichwort "kamalá- Adj. Bezeichnung einer Farbe, vielleicht: blaßrot". Und weiter: "Wohl kaum als '*lotosfarbig' zu ep. kl. kamala- 'Lotos' (angeblich dravid[ischen] Ursprungs ...)". Jetzt bin ich verwirrt. War das Wort für die Farbe zuerst da oder das Wort für die Pflanze, das diese Farbe hat? Und wieso liegt der Akzent mal auf der letzten, mal auf der ersten Silbe? Wie gesagt, mir fehlt leider die Zeit, mich in dieses Kaninchenloch zu stürzen.

Montag, 2. September 2024

Serientagebuch 08/24

02.08. Saxondale 2.05
Saxondale 2.06
Evil 2.10
04.08. Gotham 4.17
06.08. House of the Dragon 2.08
07.08. Evil 2.11
08.08. Andor 1.01
Andor 1.02
11.08. Eric 1.05
Eric 1.06
13.08. Grace 4.01
14.08. Gotham 4.18
15.08. Andor 1.03
16.08. Evil 2.12
19.08. Grace 4.02
20.08. Evil 2.13
Andor 1.04
21.08. Futurama 9.01
Futurama 9.02
22.08.
Futurama 9.03
Futurama 9.04
26.08. Grace 4.03
27.08. Andor 1.05
28.08. Gotham 4.19
Gotham 4.20
30.08. Futurama 9.05

Exakt zwei Jahre, nachdem ich zufällig die erste Staffel von Saxondale auf DVD in der Stadtbücherei entdeckt habe, habe ich die zweite und letzte Staffel dieser Sitcom über Steve Coogans zweitbekannteste Figur nach Alan Partridge abgeschlossen. Zwei Jahre, in denen ich sämtliche Partridge-Shows gesehen habe: Auf so wundersame Weise schließt sich ein Kreis, der nun eine gähnende Leere in mir hinterlässt. Wobei, wie ich schon mehrmals schrieb, das "Partridge-verse" weitläufig und vielförmig genug ist, dass ich mich noch eine Weile auf diversen Nebenschauplätzen tummeln kann: Drei Alan-Partridge-Bücher gibt es mittlerweile, von denen ich bereits eins mit großem Vergnügen gelesen habe und das zweite gerade in der Mache habe; den Podcast "From the Oasthouse" habe ich mir auf Audible besorgt; auf Clips und Snippets stößt man immer wieder auf Youtube (oder in britischen Magazinen: Selbst Fake-Homestorys über und "Interviews" mit Alan Partridge erweitern den Kosmos und tragen zur Gesamterzählung bei).
Zurück zu "Saxondale": Die Titelfigur, ein ehemaliger Roadie, der jetzt als Kammerjäger arbeitet, seinen Rock'n'Roll-Jahren nachtrauert und wegen Aggressionsproblemen jede Woche zur Gruppentherapie muss, teilt mit Alan die Wesenszüge Überheblichkeit und Unsicherheit (wobei Letzteres Ersteres bedingt), ist im Grunde aber gewinnender und nahbarer als jener. Man hört sich seine Anekdoten und Belehrungen gerne an, und die Fremdschämmomente hauen nicht ganz so stark rein wie bei "I'm Alan Partridge" & Co. Unterm Strich ein kurzweiliger, überraschend solide gealterter Spaß.

Zur zweiten, weiterhin hyperkomplexen und detailbesessenen Staffel von House of the Dragon kann ich kaum etwas sagen, das andere nicht schon elaborierter festgehalten haben. Kurz: Sie funktioniert deutlich besser als die erste, denn es gibt diesmal keine Zeitsprünge, so dass die Figuren tatsächlich die Möglichkeit bekommen, sich zu entwickeln und Empathie beim Publikum zu erzeugen. Effekte, Kostüme und Musik sind wieder grandios. Ich habe vor kurzem (endlich!) mit der Buchvorlage "Fire & Blood" angefangen, und hätte ich dies vor dem Start der TV-Serie getan, hätte ich gedacht: Hä, wie will man das verfilmen? Es handelt sich um eine reine Chronik, eine Schilderung von historischen Abläufen, zumal von zwei unzuverlässigen Erzählern wiedergegeben. Das ist zwar eine durchaus ersprießliche Lektüre, aber eine ganz andere, deutlich weniger immersive und ergreifende Erfahrung als "ASoIaF". Das Kunststück, diesen narrativen Flickenteppich im positiven Sinne "aufzuseifenopern", aus einem mit dem "Silmarillion" vergleichbaren Werk dramatische Szenen zu extrahieren und den Handelnden wahre Tiefe zu verleihen, gelingt Ryan Condal und seinem Team prächtig. (Btw: In einem kurzen Video-Essay hat "The Nerdwriter" dargelegt, warum Tolkien-Stoffe fürs Serienformat ungeeignet sind. Auf "Die Ringe der Macht" habe ich denn auch vorerst nicht die geringste Lust.)

Die Grundidee der düsteren Miniserie Eric ist originell. Als sein neunjähriger Sohn auf dem Weg zur Schule verschwindet, verbeißt sich Vincent (Benedict Cumberbatch), einer der Stars einer "Sesamstraßen"-artigen Kindershow, in die Wahnvorstellung, dass er Kontakt zu ihm aufnehmen könne, wenn er eine neue Figur erschafft: das Flauschmonster "Eric". Die imaginäre Figur begleitet den nicht eben sympathischen Puppenspieler in seiner Abwärtsspirale auf Schritt und Tritt, "Mein Freund Harvey" und "Donnie Darko" lassen grüßen.
Am besten gefiel mir die Darstellung des New York der 1980er-Jahre. (Ich glaube, darüber muss ich mich bei Gelegenheit gesondert auslassen.) Der Entführungs(?)-Fall ist packend, Cumberbatch liefert ab wie gewohnt, nur will, wie auch die Zeitschrift Cinema monierte, "Eric" zu viele Felder aufmachen bzw. Fässer beackern. Die Seitenstränge und Parallelplots verwässern die Hauptsuppe, hier wäre weniger mehr gewesen.

Nach wie vor höchst angetan bin ich von Evil. Neben all dem Grusel im jeweiligen Fall der Woche kommt es im / in den übergreifenden Handlungsbogen/-bögen zu reichlich Drama und mitreißenden Entwicklungen der Charaktere, die mir zunehmend ans Herz wachsen. Die Dialoge geraten mitunter geradezu philosophisch. (Religion, konkret die römisch-katholische Kirche ist schließlich Dreh- und Angelpunkt.) Aber auch der ein oder andere Lacher hat seinen Platz (Zeuge: "Who are you?" -- Ben: "I'm the comic relief."). Mit "Evil" liegt endlich ein würdiger "Akte X"-Nachfolger vor.