Dienstag, 10. September 2024

Neues Altes (Juli-September 2024)

  • Archäologische Sensation in England: Forschende entdecken römische Villen, Gräberfelder und Bauernhöfe (Frankfurter Rundschau, 10. Juli) Mit neuartigen Scan- und Kartierungsmethoden wurde auf über 1000 Hektar in der Grafschaft Shropshire das römische Erbe der Gegend nahe Wroxeter erhellt, wo sich mit Viriconium Cornoviorum einst die viertgrößte Stadt des römischen Britanniens befand.
  • "Fund des Jahres": Forscher zeigen 40.000 Jahre alte Otter-Figur (BR, 25. Juli) "5,9 Zentimeter lang, 1,5 Zentimeter hoch, 0,5 Zentimeter breit und nur wenige Gramm leicht: Es ist ein unscheinbares Objekt, das Wissenschaftler der Universität Tübingen heute vorgestellt haben", nämlich die eiszeitliche plastische Darstellung eines Tieres, dem zwar der Kopf fehlt, das aber nur ein Otter sein könne. "[B]isher sei die Forschung davon ausgegangen, dass nur gefährliche und große Tiere wie Höhlenbär und Löwe oder Mammut, Wisent und Wildpferd von den eiszeitlichen Menschen künstlerisch dargestellt wurden." Möglicherweise habe die Figur aus der Weltkulturerbe-Höhle "Hohle Fels" (Schwäbische Alb) einen Bezug zum Schamanismus.
  • Neolithische Revolution: Brot oder Wildschwein? (FAZ, 25. Juli; nur hinter Paywall) Gräber auf den mir bis vor kurzem unbekannten französischen Inseln Île Téviec und Île d'Hœdic enthielten Skelette, die Auskunft über die Ernährungsgewohnheiten in der Bretagne der späten Mittelsteinzeit geben. "Wie die Isotopenwerte zeigen, standen hauptsächlich größere Fische auf dem Speiseplan, womöglich auch Robben. Solche Tiere zu fangen dürfte eine hoch entwickelte Technologie mit Booten, Angeln und anderen ausgeklügelten Gerätschaften erfordert haben." Auch auf den Phänotyp der Bewohner und die damaligen Sozialstrukturen lasse sich durch die gut erhaltene DNA schließen.
  • Wurde Ägyptens älteste Pyramide mit einem hydraulischen Liftsystem errichtet? (Der Standard, 30. Juli) Hochkomplex ging es beim Bau der 4700 Jahre alten Djoser-Stufenpyramide zu. Alles deutet darauf hin, dass ein mit Wasser betriebenes Hebesystem eine entscheidende Rolle spielte.
  • Mittelalterliches Dorf freigelegt: Sensationsfund bei München (BR, 6. August) "Bei Bauarbeiten in Oberschleißheim bei München sind Überreste einer mittelalterlichen Siedlung entdeckt worden", die sich über 11.000 Quadratmeter erstreckte und wahrscheinlich um 1300 aufgegeben wurde. Der Grundriss einer Kirche sowie etwa 20 Skelette wurden freigelegt.
  • 900 Jahre alter Bildstein bei Bauarbeiten in Vorpommern entdeckt (NDR, 14. August) "Im kleinen Dorf Klotzow am Peenestrom ist an einem Haus in der Erde ein" 500 kg schwerer, 60 cm breiter und 40 cm tiefer Granitblock aus dem 12. Jahrhundert entdeckt worden, der "eine eingravierte menschliche Figur, die ein Kreuz vor dem Bauch hält", zeigt. Bei dieser könnte es sich um den Bischof Otto von Bamberg handeln, der in Pommern um das Jahr 1100 herum als Missionar tätig war.
  • Neue Erkenntnis über Stonehenge verblüfft Forscher (Tagesschau, 15. August) Der sechs Tonnen schwere Altarstein von Stonehenge stammt offenbar "aus dem rund 750 Kilometer entfernten Nordosten Schottlands". "Die Logistik eines Transports des Steins über eine so weite Strecke verdeutliche [...] ein hohes Maß an Koordination und kultureller Verbindung zwischen diesen beiden Regionen". Dass die sog. Blausteine im Zentrum des Kreises aus Wales herangeschafft wurden, wusste man bereits. Die aufrecht stehenden Sandsteine kamen hingegen aus dem nahegelegenen Marlborough.
  • Jahrhundertealtes Samurai-Schwert bei Ausgrabungen auf Molkenmarkt gefunden (rbb24.de, 22. August) "[I]n einem mit Kriegsschutt verfüllten ehemaligen Keller eines Wohngebäudes in der Stralauer Straße [...] fanden sich bei der Freilegung diverse Militaria der Artillerie wie Trensen, Steigbügel, Kandaren und Zaumzeug, die offenbar in den letzten Zügen des Zweiten Weltkrieges dort eilig entsorgt worden waren". Der spektakulärste Fund: ein Wakizashi mit einem Griff aus der Edo-Zeit (17.-19. Jahrhundert) und einer Klinge, die sogar aus dem 16. Jahrhundert stammen könnte.
  • Hat Shakespeare sich hier umgezogen? (Süddeutsche Zeitung, 22. August; Paywall) Bei Untersuchungen des ältesten noch in Betrieb befindlichen Theaters des Vereinigten Königreichs, der St. George's Guildhall in King's Lynn, Norfolk, wurde ein 600 Jahre alter Torbogen entdeckt. "Es wird angenommen, die dazugehörige Tür habe zu dem Raum geführt, in der die Shakespeare-Truppe 'Earl of Pembroke's Men' sich umzog und ihre Requisiten lagerte, als sie 1593 in King's Lynn gastierte. Es wäre damit die einzig verbliebene von Shakespeare persönlich genutzte Garderobentür der Welt."
  • Archäologen lüften Geheimnis um spanische Grabkammer von Menga ("Spiegel online", 26. August) Wie konnten Jungsteinzeitmenschen einen aus 32 Riesensteinen bestehenden Dolmen in Andalusien errichten, deren schwerster Deckenstein rund 150 Tonnen auf die Waage bringt? "Anhand von Messungen und geologischen Untersuchungen zeigten die Forschenden, dass die Erbauer damals offenbar zunächst Fundamentgruben für die seitlichen Großsteine aushoben. Dann zogen sie die Brocken auf Holzschlitten heran und kippten sie mithilfe von Gegengewichten und Rampen in die Gruben. So ragten die Steine, nun präzise in einem Winkel ausgerichtet, nur wenig aus dem Boden heraus."
  • Haute Cuisine in der Bronzezeit (FAZ, 30. August; Paywall) "Eiweißspuren in mongolischen Kesseln verraten, was Menschen vor 2700 Jahren in Asien aßen." Genaueres war bereits im Juni auf "Archäologie Online" zu erfahren: In den Kesseln wurden neben Yakmilch (die man darin womöglich zu Joghurt hat fermentieren lassen) Blutreste von Wiederkäuern identifiziert. Aus dem bei Schlachtungen gesammelten Blut könnte Blutwurst gemacht worden sein.
  • 2500 Jahre altes Observatorium in Ägypten entdeckt ("Spiegel online", 3. September) Eine Sonnenuhr, astronomische Instrumente, einen Beobachtungsturm, Wandbilder mit sternkundlichen Motiven: Das alles und mehr fanden Archäologen in einem ca. 850 qm großen Observatorium aus der altägyptischen Spätzeit etwa 80 Kilometer östlich von Alexandria.
  • Versunkene Steinzeitbrücke auf Mallorca lässt Forscher staunen (t-online, 4. September) Ein Fund aus dem Jahr 2000 wurde u.a. mit Hilfe von Isotopenanalysen neu datiert und liefert die Erkenntnis, dass Mallorca bereits 1000 Jahre früher als bisher angenommen besiedelt war, mithin vor 5600 bis 6000 Jahren. Es handelt sich um eine heute unter dem Meeresspiegel liegende siebeneinhalb Meter lange Brücke, die zu einer trockenen Kammer einer Höhle an der Ostküste der Insel führte.
  • So schnell segelte ein römisches Schiff durchs Mittelmeer ("Welt online", 4. September) Experimentelle Archäologie aus Deutschland: "Dass ein antikes Schiff die Route von Karthago nach Ostia an der Tiber-Mündung in nur drei Tagen bewältigen konnte, bestätigt jetzt ein interdisziplinäres Langzeitprojekt der Universität Trier zur antiken Seefahrt. Kernstück ist der originalgetreue Nachbau eines römischen Handelsschiffs, das Ende der 1970er mit anderen Wracks bei Laurons westlich von Marseille geborgen werden konnte."

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