Donnerstag, 26. September 2024

TITANIC vor zehn Jahren: 10/2014


Ich habe das Titelbild nicht aus Prüderie mit einem Zensurbalken versehen, sondern um eine etwaige Sperrung durch Google (zu dem Blogger gehört) zu umgehen. Wir hatten seinerzeit bei der Titelkonferenz überlegt, ob das Cover als sexistisch aufgefasst werden könnte, befanden dann aber, dass es in erster Linie ein merkelfreundlicher und den IS verhöhnender Witz ist: Was wäre für islamische Fundamentalisten schließlich empörender als eine mächtige, übergroße, komplett unverhüllte Frau?

Mehr oder weniger versöhnlich, geradezu lieb war auch unsere Aufmacher-Aktion. Damals tauchte in mehreren deutschen Städten eine selbsternannte "Scharia-Polizei" auf. In notdürftig auf offiziell umgemodelten Warnwesten, wie sie die jungen Muslim-Vigilanten trugen, mischten wir als "Humor-Polizei" die Frankfurter Innenstadt auf. Wobei "aufmischen" meinte: Wir grenzten Humorzonen ein, verteilten "Strafzettel", ließen die Bürger Karikaturen bewerten und Witze erzählen, setzten uns Karnevalsnasen auf, fahndeten nach "humoristischen Missetätern" und versahen zu guter Letzt den inzwischen verschwundenen Faschingszubehör-Laden in meiner Nachbarschaft mit Absperrband. Eine vergnügliche Harmlos-Aktion, und obendrein die erste, an welcher der spätere Redakteur und damalige Volontär Leo Riegel und ich gemeinsam teilgenommen haben (Leo war als Praktikant bereits bei einer Griechenland-Spendenaktion, ich glaube im Jahr 2010, dabei gewesen)!


Ernster wurde es in Bezug auf den schon letzten Monat und auch zehn Jahre später noch/wieder akuten Komplex "Deutsche Waffen für die Welt", so die Überschrift einer Kunden-Informationsbroschüre aus Ursula v.d. Leyens Kriegsministerium (Urheber: Hürtgen/Riegel/Ziegelwagner).


In dieser Ausgabe von "55ff" konnte ich zwei Ideen unterbringen, die jahrelang in meinem Notizbuch gestanden hatten, nämlich einen rätselheftbezogenen Cartoon (selbstgezeichnet!) sowie diesen Fotoscherz:


Zur Buchmesse 2014 ist auch was drin (S. 58f.), und, wenn ich das ganz uneitel sagen darf, es zählt m.M.n. zu den Highlights des Heftes. Das Gastland-Special "Die neuen Finnland-Bücher sind da!" von Michael Ziegelwagner und mir wurde dann auch beim "Finnternationalen Vorlesewettbewerb" (Ankündigung Innenseite U2) von Star-Juror M.A. Numminen zum Siegertext gekürt (Preis: eine Tüte Nudeln in Elch-Form). Mein zweiter Buchmessenlesungsgewinn in Folge!


Seite 66 erinnert uns daran, dass Xavier Naidoo nicht erst während der Corona-Pandemie den Verstand verloren hat, sondern schon viel früher in die Schwurbel-, Verschwörungs- und "Reichsbürger"-Ecke abgedriftet ist. Leo Fischer fragte sich in "Der letzte Mensch": "Ist auch sein neues Album politischer geworden?" Songtext-Auszug: "Glaubst du, daß die Rothschilds / jeden Krieg bezahlen / und Satanistenbanden (Baaanden, yeah!) / Pentagramme malen? (Glaubst du das?) / Glaubst du, daß im Erdkern (Erdkern!) / böse Echsen leben, die, mit ihren Ufos, / an die Oberfläche streben? (Glaubst du das?) / Wenn du das glaubst, dann komm am Montag mal rum, / schau dich um, du kannst dabeisein! (Dabeisein!)"


Weiteres Notierenswertes
- Auf S. 12 finden wir die erste Folge von David Schuhs leider nach wenigen Monaten nicht mehr fortgeführter Personenerledigungsserie "Bilanz eines verpfuschten Lebens" (Günther Jauch; mein Favorit war die über Boris Becker).
- Wenn ich in den vorangegangenen Ausgaben nichts übersehen habe, taucht hier zum ersten Mal (im "Fachmann" auf S. 40) der Name Fabian Lichter auf. Den sollte man sich merken!
- Selten werden Fotoromane von nur einer Person verfasst. Ich selbst habe es, glaube ich, zweimal getan, davon einmal hier: Die vierseitige Story "Der Autokrat" über Verkehrsminister Alexander Dobrindt zusammenzukleben und zu betexten, hat viel Spaß gemacht, aber auch viel Zeit gekostet ...

Schlussgedanke
Eine im positiven Sinne nette Nummer, der es gelingt, Schlechte-Laune-Themen, wie sie in jener Ära virulent werden, gefällig auf eine tatsächlich unterhaltsame Satire-Ebene zu transponieren.
Nächstes Mal: ein Jubiläum, ein Abschied und ein Tiefpunkt.


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