Dienstag, 14. Januar 2025

Spaß mit Homographen

Bei der Spazur ist mir ein Satz eingefallen, der, geschrieben, zunächst höchst enigmatisch erscheinen mag:

        Versende Versende, Versende!

Sein Sinn erschließt sich, sobald man erkennt, dass jedes der drei Wörter anders ausgesprochen wird und eine andere Bedeutung hat:

- Das Versende am Satzanfang ist der Imperativ Singular des Verbs versenden.
- Das 2. Versende ist ein zusammengesetztes Substantiv: "Ende eines Verses".
- Das 3. Versende ist ebenfalls ein Substantiv, und zwar das substantivierte Partizip Präsens (im "Vokativ" Femininum Singular) des Verbs versen, welches zugegebenermaßen nicht gebräuchlich, aber nicht unbekannt ist, siehe den Eintrag in Grimms Wörterbuch "VERSEN, verb. verse machen, nur in älterer sprache". Eine Versende ist, wie eine Dichtende, eine Lyrikerin.

Gebildet werden könnte dieser Satz in folgender Situation: Eine Dichterin hat, zum Beispiel für eine Tageszeitung, ein Gedicht geschrieben und es bereits vollständig abgeliefert – bis auf den Schluss; es fehlt die entscheidende letzte halbe Zeile. Ungeduldig mailt ihr der Auftraggeber eine Erinnerung, aus Zeitgründen elliptisch gehalten und aus Liebe zu Homonymie und Augenreimen in obiger Wortwahl. Hübsch, gell?

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