Samstag, 15. Februar 2025

Videospielbewertungs-Roundup (Teil 2 von x)

Das von Genrevertretern wie "Limbo" und "Little Nightmares" etablierte Prinzip, kindliche, hilflose Protagonisten in rätselhafte Horrorszenarien zu werfen, treibt Bramble: The Mountain King von 2023 auf die Spitze. Das Grauen wirkt hier noch stärker, weil der Knuddelfaktor – als Gegengewicht – ebenfalls gesteigert wurde: Wenn wir über sonnenbeschienene Blumenwiesen hüpfen und Waldzwergen in putzigen Pilzdörfern begegnen, denken wir uns: Ei, was für ein putziges Familienspiel! Nur um dann von einer Stachelfalle oder einem Troll umso kälter erwischt zu werden. Die Schweden von Dimfrost Studio haben sich großzügig im Bestiarium der nordischen Folklore bedient und präsentieren uns ein paar der albtraumhaftesten Monster, die ich je in einem Jump-and-Run(-and-Sneak) erlebt habe. Wegen der furchterregenden (und zum Schluss hin recht knackigen) Bosskämpfe sowie der expliziten Darstellungen von Infantizid empfiehlt sich "Bramble" eher für ältere Semester; bzw. was heißt "empfiehlt" – in Deutschland ist das Game ab 16, nach dem PEGI-System sogar erst ab 18 Jahren freigegeben.
Leider konnte ich das graphisch und erzählerisch absolut überzeugende Abenteuer nicht abschließen, da "Bramble" zwischendrin aus dem Xbox-Game-Pass verschwand. Viel fehlte allerdings nicht mehr bis zum Ende, wie ich später durch Gronkhs Let's Play erfahren habe.


Weil eben schon von "Limbo" die Rede war, bietet es sich an, kurz auf Somerville einzugehen. Dino Patti, Mitbegründer von Playdead, dem dänischen Indie-Studio hinter "Limbo" und "Inside", gründete nämlich 2017 zusammen mit dem Briten Chris Olsen die Spieleschmiede Jumpship und arbeitete fortan mit Olsen, der seit 2014 Vorarbeit zu "Somerville" geleistet hatte, an dessen Fertigstellung, welche schließlich Ende 2022 gelang. Im Geiste der genannten Puzzle-Plattformer ist "Somerville" dahingehend, dass auch hier ein gewöhnlicher John Doe (diesmal ein erwachsener) mit einer beunruhigenden Ausnahmesituation konfrontiert wird, für die keine Erklärung geliefert wird und die mit zahlreichen potentiell tödlichen Bedrohungen einhergeht. Während der unfreiwilligen Odyssee des von seiner Familie getrennten Helden wird kein einziges Wort gesprochen, dennoch kommt es zu emotionalen Momenten. Die Rätsel sind deutlich anspruchsvoller als bei "Limbo" und "Inside", zudem mit mehr Action verbunden; man brutzelt, lasert und leuchtet sich mithilfe fremdartiger Technologien durch bizarr veränderte Landschaften, bekommt es mit Schiebe- und Stromkreisrätseln zu tun, zudem muss man in gewohnter Duck- und Schleich-Manier diverse außerirdische Entitäten umgehen.
Dank mitreißender "Kamera"-Führung und spielerischer Linearität im positiven Sinne hat "Somerville" geradezu den Flow eines interaktiven Spielfilms. Allein, dieser Film weiß nicht, wann es zu viel des Guten ist. 'Das wäre jetzt das perfekte Ende!', habe ich mehr als einmal gedacht, nur um dann einen weiteren Abschnitt vorgesetzt zu bekommen. Gegen ordentlich Inhalt fürs Geld ist nichts einzuwenden (und howlongtobeat.com veranschlagt selbst für Komplettionisten gerade mal viereinhalb Stunden), doch dieses Aneinanderklatschen von immer neuen Volten und Epilogen gab mir das Gefühl, hier wurde unnötig gestreckt. Weil ich für "Somerville" letztlich nichts zahlen musste, weil auch dieses Spiel im Game-Pass inkludiert war, und ich die meiste Zeit Spaß hatte, will ich mich aber nicht beschweren.


Ebenfalls im Game-Pass enthalten: As Dusk Falls aus den Xbox Game Studios, ein episodisches Abenteuer allererster Güte. Man lasse sich nicht von der gewöhnungsbedürftigen Präsentation, die von der GamePro passend als "grob bewegter Comic" bezeichnet wurde, abschrecken. Nach einer Weile fand ich diesen erfrischenden Stil sogar sehr einnehmend und dem Storytelling dienlich: Auch wenn sich die Gesichter und Lippen der Figuren nicht fließend bewegen, kommen diese glaubwürdig und überhaupt nicht uncanny rüber – wozu das herausragende Voice-Acting seinen Teil beiträgt. "As Dusk Falls" ist mehr Film als Spiel und dürfte auch Leuten gefallen, die sonst kaum zocken. Die Quicktime-Events sind bewältigbar (wobei ausgeprägtes Reaktionsvermögen belohnt wird), größtenteils treibt man diesen teils hochdramatischen Action-Thriller durch das Treffen schwerer und schwerwiegender Entscheidungen voran. Nach jedem Kapitel gibt es eine zeitstrahlartige Auswertung der getroffenen Entscheidungen, so dass man die Konsequenzen seines Handelns nachvollziehen kann. Der Wiederspielfaktor ist demgemäß hoch. Neben dem streckenweise schweißtreibenden Plot und den Auswirkungen jedweden Eingreifens in das Geschehen hat mich das Setting überzeugt: Arizona im Jahr 1998. Wer jetzt noch hadert, möge anhand eines Testvideos entscheiden (!), ob "As Dusk Falls" das Richtige für ihn oder sie ist. Spoilerfrei und ausgewogen ist zum Beispiel das von Gamersglobal:

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