Mittwoch, 5. März 2025

Komma runter!

Im "Sprachlabor" der Süddeutschen Zeitung ging es letztens lang und breit um die Frage, wie man eine gewisse, meist mündlich verwendete Phrase korrekt verschriftlicht:

[B]ei der Redensart "Geht nicht gibt's nicht" [...] entscheidet ein Komma über Sinn oder Nichtsinn. Im Streiflicht war sie in der Version "Geht nicht, gibt's nicht" zu lesen. Das ist die gängigste Fassung [...]
Wozu nun der Lärm? Weil das Komma den Satz in sein Gegenteil verkehrt. Bei Geht nicht gibt's nicht ist Geht nicht ein ganz besonderes Akkusativobjekt. Während Sätze wie Der Bauer pflügt das Feld anstandslos ins Passiv – Das Feld wird vom Bauern gepflügt – gewendet werden können, führte das bei Geht nicht gibt's nicht zu der Albernheit Geht nicht wird nicht gegeben. Die alte Dudengrammatik spricht hierbei von "reinen Existenzialurteilen" und rückt unseren Satz in die Nähe von Es gibt einen Gott, dem ja auch kein Mensch die Passivform Ein Gott wird nicht gegeben verpassen würde.
Jedenfalls darf das Objekt Geht nicht vom Prädikat gibt's nicht so wenig durch ein Komma getrennt werden wie etwa Bielefeld von gibt's nicht oder Bangemachen von gilt nicht. Ohne Komma bedeutet der Satz, dass der Sprecher, die Sprecherin sich vom vermeintlich Unmöglichen nicht beeindrucken lässt: Ein "geht nicht" gibt es bei mir nicht, wär' ja noch schöner! Trennt man jedoch die beiden Elemente durch ein Komma, macht sich Resignation breit: Die Sache ist weder möglich, noch ist sie machbar.

'Endlich schreibt's mal jemand!', dachte ich da. Und kurz darauf: 'Augenblick! Habe nicht ich persönlich mich schon vor langer Zeit über diesen Interpunktionsunfall ausgelassen?' Ich durchwühlte mein Textarchiv, und tatsächlich habe ich 2005 (!) in einer unveröffentlichten "Glosse" (Wie ich neulich schon andeutete: Mitte der Nullerjahre war ich "offenbar vom Studium nicht ausgelastet" ...) dies notiert:

Komplett unfähig scheinen die Werbefritzen der Baumarktkette Praktiker zu sein. Die ersannen sich nämlich den vielversprechenden Leitsatz "Geht nicht, gibt's nicht". Analog dazu wurde im Fernsehen eine Kochsendung mit dem Titel "Schmeckt nicht, gibt's nicht" geboren.

Stichhaltig begründet habe ich meinen Ärger damals nicht, und ganz ehrlich: Auf die Begründung mit der Passivbildung wäre ich nicht gekommen. Fairerweise muss ich außerdem festhalten: Ich habe eben noch mal Promo-Poster und digitale Banner der VOX-Show recherchiert, und da war das Komma eben nicht eingezeichnet.

PS: Oh Mann, hatte Tim Mälzer vor zwanzig Jahren noch ein Babyface!

Montag, 3. März 2025

Eis, heiß, maybe?

Bei TYWKIWDBI erschien am Wochenende ein Beitrag über ein Phänomen, von dem ich noch nie gehört hatte: Tut man einen Eiswürfel in eine Mikrowelle und bringt diese zum Laufen, passiert dem Eiswürfel angeblich nichts, er bleibe auch nach zweieinhalb Minuten noch unaufgetaut.

Das wollte ich selbst überprüfen! Heute Morgen legte ich zwei Eiswürfel in meine Mikrowelle, drehte diese auf 750 Watt und ließ sie mindestens 1,5 Minuten ihre Arbeit tun. Das Experiment verlief wie folgt:

Vorher

Nachher

Wie man auf dem Beweisfoto sieht, war von den Eiswürfeln nichts mehr übrig außer eine Pfütze warmen Wassers. "Myth busted!", rief ich aus, fragte mich aber zugleich, wie der Blogger Minnesotastan – vorausgesetzt, er hat nicht getrollt – zu seinem verblüffenden Ergebnis gekommen war. Lag es daran, dass er parallel zu seinem Würfel eine Glastasse mit Wasser erhitzt hat? Spielt die Form eine Rolle? (Meine Test-Eiskörper waren keine richtigen Eiswürfel, sondern ein Pyramidenstumpf und ein Herz.)

Als ich beim Anlegen dieses Posts noch einmal bei TYWKIWDBI vorbeischaute, war die Kommentarspalte voll von Mitteilungen über Nachahmerversuche. Die Eiswürfel der Leserinnen und Leser waren ebenfalls mehrheitlich geschmolzen. Es wurden auch Links und Erklärungsansätze geteilt: "But it is true that the 'ice' molecules lack the mobility to react to the oscillating electric field that heat the 'liquid' molecules by making their little dipoles follow the oscillating field. For that they have to turn around a lot and really fast which means they have to move and that causes them to warm up. The field kinda makes them do jumping jacks which we all know makes us hot." Der Post wurde inzwischen entsprechend angepasst ("I modified the post to eliminate the phrase "nothing happens," substituting "unexpected").

Samstag, 1. März 2025

Serientagebuch 02/25

02.02. Bosch 2.06
03.02. This Country 1.01
06.02. This Country 1.02
Bosch 2.07
Twelve Monkeys 2.12
08.02. This Country 1.03
09.02. Lost 1.09 (RW)
10.02. This Country 1.04
Twelve Monkeys 2.13
11.02. The Hot Zone 2.01
Bosch 2.08
Bosch 2.09
12.02. The Hot Zone 2.02
Bosch 2.10
13.02. The Hot Zone 2.03
American Rust 2.01
Person of Interest 3.13
17.02. American Rust 2.02
American Rust 2.03
18.02. Family Guy 23.03
19.02. The Hot Zone 2.04
20.02. This Country 1.05
This Country 1.06
Person of Interest 3.14
21.02. American Rust 2.04
22.02. Squid Game 2.03
Squid Game 2.04
25.02. Family Guy 23.04
27.02. The Hot Zone 2.05
American Rust 2.05

Mit einer Pause von zweieinhalb Jahren, nachdem Twelve Monkeys einfach so aus der Prime-Videothek genommen worden war, konnte ich nun endlich die zweite Staffel zu Ende schauen. Zur Weihnachtszeit schenkte mir Amazon nämlich ein Guthaben in Höhe von 5,- €, und davon (sowie einer kleinen Zuzahlung) kaufte ich mir die restliche Season. Die komplexe Zeitreise-Story fordert nach wie vor den Verstand heraus und duldet keinen Moment der Unaufmerksamkeit. Dennoch konnte ich dem Plot einigermaßen folgen, denn er wird fokussiert und mit geordneten Strukturen erzählt. Jede Episode ist insoweit in sich abgeschlossen, als sie sich eine narrative Teilstrecke vornimmt: So, heute wird das abgehandelt, und am Ende leiten wir hierzu über. Zwangsläufig gibt es immer wieder Rückverweise und Anknüpfungspunkte, aber die versteht man in der Regel, dank zuschauerfreundlich rekapitulierender, aber nie aufgesetzt wirkender Dialoge sowie hilfreicher "Was bisher geschah"-Montagen zu Beginn jeder Folge. Der Look der verschiedenen Epochen, insbesondere der postapokalyptischen Zukunft, gefällt mir gut; man merkt zwar, dass die Syfy-Produktion kein riesiges Budget hatte, aber aus den zur Verfügung stehenden Mitteln wurde das Maximum herausgeholt.

Nach noch längerer (allerdings freiwilliger) Pause habe ich auch Bosch fortgesetzt. In dessen zweiter Staffel wird eine zusammenhängende Geschichte um einen ermordeten Erwachsenenfilmproduzenten, korrupte Cops und die armenische Mafia erzählt, die im Wesentlichen auf dem fünften Bosch-Roman basiert, den ich nicht gelesen habe. (Tatsächlich bin ich mit Michael Connellys Krimireihe überhaupt nicht vertraut. Sollte ich das mal ändern?) Ich hatte völlig vergessen, wie viele Nebenfiguren es im Bosch-Universum gibt. Allesamt sind mit Liebe zum Detail geschrieben, wirken geerdet und glaubhaft.
Kurzum: Kann man gucken. Gefreut hat mich vor allem, die ewig faszinierende Stadt der Engel mal nicht in Flammen zu sehen ...

Zum Schluss eine Britcom, die von 2017 bis 2020 in drei Staffeln lief. In der Mockumentary This Country begleiten wir das heranwachsende Cousin-Cousine-Gespann Kerry und Kurtan, das in einem namenlosen Dorf in den Cotswolds in den Tag hineinlebt. Es ist ein bestürzend inhaltsleeres und langweiliges Leben, das die beiden abgehängten, weder bauern- noch sonstwie schlauen Youngsters führen. Den BBC Studios ist das Kunststück gelungen, den einzigen Flecken des ruralen Englands aufgespürt zu haben, in den man sich nicht sofort verliebt. (Zumindest stelle ich mir die gesamte britische countryside pittoresk und charmant bis zum Zuckerschock vor.) Hauptdarstellerin Daisy May Cooper, die zusammen mit ihrem Serien-Cousin und Real-Life-Bruder Charlie Cooper für die Idee und sämtliche Drehbücher der vielfach ausgezeichneten Reihe verantwortlich zeichnet, sagte hinsichtlich des location scouting: "All the material is based around stuff that happens in Cirencester, but when we went to the channel they thought that Cirencester was a bit too big and Northleach [das letztlich der Drehort wurde] is a smaller village, and sort of isolates the characters a bit more. Makes them more claustrophobic."
Bei aller deprimierenden Grundstimmung gibt es doch reichlich zu lachen.