Im "Sprachlabor" der Süddeutschen Zeitung ging es letztens lang und breit um die Frage, wie man eine gewisse, meist mündlich verwendete Phrase korrekt verschriftlicht:
[B]ei der Redensart "Geht nicht gibt's nicht" [...] entscheidet ein Komma über Sinn oder Nichtsinn. Im Streiflicht war sie in der Version "Geht nicht, gibt's nicht" zu lesen. Das ist die gängigste Fassung [...]
Wozu nun der Lärm? Weil das Komma den Satz in sein Gegenteil verkehrt. Bei Geht nicht gibt's nicht ist Geht nicht ein ganz besonderes Akkusativobjekt. Während Sätze wie Der Bauer pflügt das Feld anstandslos ins Passiv – Das Feld wird vom Bauern gepflügt – gewendet werden können, führte das bei Geht nicht gibt's nicht zu der Albernheit Geht nicht wird nicht gegeben. Die alte Dudengrammatik spricht hierbei von "reinen Existenzialurteilen" und rückt unseren Satz in die Nähe von Es gibt einen Gott, dem ja auch kein Mensch die Passivform Ein Gott wird nicht gegeben verpassen würde.
Jedenfalls darf das Objekt Geht nicht vom Prädikat gibt's nicht so wenig durch ein Komma getrennt werden wie etwa Bielefeld von gibt's nicht oder Bangemachen von gilt nicht. Ohne Komma bedeutet der Satz, dass der Sprecher, die Sprecherin sich vom vermeintlich Unmöglichen nicht beeindrucken lässt: Ein "geht nicht" gibt es bei mir nicht, wär' ja noch schöner! Trennt man jedoch die beiden Elemente durch ein Komma, macht sich Resignation breit: Die Sache ist weder möglich, noch ist sie machbar.
'Endlich schreibt's mal jemand!', dachte ich da. Und kurz darauf: 'Augenblick! Habe nicht ich persönlich mich schon vor langer Zeit über diesen Interpunktionsunfall ausgelassen?' Ich durchwühlte mein Textarchiv, und tatsächlich habe ich 2005 (!) in einer unveröffentlichten "Glosse" (Wie ich neulich schon andeutete: Mitte der Nullerjahre war ich "offenbar vom Studium nicht ausgelastet" ...) dies notiert:
Komplett unfähig scheinen die Werbefritzen der Baumarktkette Praktiker zu sein. Die ersannen sich nämlich den vielversprechenden Leitsatz "Geht nicht, gibt's nicht". Analog dazu wurde im Fernsehen eine Kochsendung mit dem Titel "Schmeckt nicht, gibt's nicht" geboren.
Stichhaltig begründet habe ich meinen Ärger damals nicht, und ganz ehrlich: Auf die Begründung mit der Passivbildung wäre ich nicht gekommen. Fairerweise muss ich außerdem festhalten: Ich habe eben noch mal Promo-Poster und digitale Banner der VOX-Show recherchiert, und da war das Komma eben nicht eingezeichnet.
PS: Oh Mann, hatte Tim Mälzer vor zwanzig Jahren noch ein Babyface!