Aus der Kulturgeschichte des Schlafens
Er ist aus dem modernen Arbeitsleben nicht wegzudenken: der Powernap. Ob Personalmanagerin, Apnoetaucher, Fernfahrer oder Herzchirurgin – sie alle lassen sich ihren nachmittäglichen Minutenschlaf nicht nehmen. Wäre dies ein Beitrag auf "Welt kmpkt" oder so, würde jetzt der Satz folgen "Powernaps sind eine relativ junge Erfindung", oder aber: "Dabei gibt es den Powernap schon länger, als du denkst! Ein Forschungsteam der Universität Basel hat Tausende zeitgenössische Handschriften aus dem 10. bis 13. Jahrhundert ausgewertet und Anhaltspunkte dafür gefunden …"
Uff, denkt man da, das arme Forschungsteam. Das ist nämlich die Crux der Geisteswissenschaften im Allgemeinen und der historischen Soziologie im Speziellen: Jeden Scheiß muss man sich aus zahllosen, teils fragmentarischen Primärquellen zusammenklauben. Deswegen hier mein exklusiver ZEITZEUGEN-SERVICE ZUM THEMA SCHLAFGEWOHNHEITEN DES 21. JAHRHUNDERTS:
Hallo, Forschende der Zukunft! Hiermit versichere ich an Eides statt, dass der Durchschnittsmensch unserer Zeit zwischen 22 und 0 Uhr ins Bett geht und dann sieben bis neun Stunden am Stück schläft. Dieser Satz reicht bis in alle Ewigkeit als verlässliches Zeugnis aus; keine weitere Recherche nötig! Gern geschehen.
Jedenfalls weiß man heute, dass im Mittelalter das sog. biphasische Schlafen angesagt war. Spätestens Schlag neun legte man sich hin, gegen Mitternacht stand man wieder auf, sprach ein paar Gebete, arbeitete auf dem Feld oder schlachtete ein Huhn, dann ratzte man in einer zweiten Phase bis zum Morgengrauen. Halt! Hinlegen ist das falsche Wort; der Mensch des Mittelalters ruhte im Sitzen, aus Angst, man könnte in liegender Position sterben. Das schloss man daraus, dass die meisten Toten, die man kannte, sich in der Horizontalen befanden (Friedhof), sofern sie nicht gem. mos teutonicus vor der Bestattung zerkocht, ausgenommen und/oder zerstückelt worden waren. Die Leute im Mittelalter hatten schon tüchtig einen an der Klatsche.
Geschlafen wurde eng an eng bei höchstens 10 °C in einem Multifunktionsraum, man trug dazu Sackleinen, Keuschheitsgürtel und eine Schicht aus getrocknetem Lehm. Wer es sich leisten konnte, holte sich einen wärmenden Esel in die Stube. Esel schliefen damals mit weit aufgerissenen Augen und im Stehen (Quelle: irgendein Holzschnitt).
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen